World of X

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The Thing That Should Not Be

von XFilerN

1/1

Georgetown

Vor Scullys Apartmenthaus



Ich weiß nicht, seit wie vielen Stunden ich schon hier in meinem Jeep sitze und regelmäßig den Radiosender wechsle, weil ich keines dieser Liebeslieder mehr ertragen kann. Ständig wird von unerwiderten Gefühlen gesungen oder von einer Frau, die nur einen Freund in dem Mann sieht, der an nichts anderes mehr, als an sie, denken kann. Es ist frustrierend - nein das ist es nicht. Es tut einfach nur weh, denn ich weiß nur zu gut, wie es ist der Falsche zu sein.



Zum x-ten Mal sehe ich an dem Apartmenthaus hinauf zu ihrem Fenster und sehe die Schatten von zwei Personen, die sich dort aufhalten. Es sind die Schatten von ihr und ihm - Mulder. Ich frage mich, weshalb er schon seit mehr als drei Stunden dort oben ist und was sie dort tun.



Ich könnte ja hochgehen, einfach anklopfen und ihr sagen, dass ich gekommen bin, um das Baby zu sehen und um ihr zu gratulieren, aber ich kann es nicht. Ich habe schon so ein seltsames Gefühl in der Magengegend gehabt, als ich den Wagen an den Straßenrand geparkt hatte und im selben Augenblick als ich aussteigen wollte, sah, dass Mulder ins Haus ging. Eine innere Stimme sagt mir, dass das kein rein freundschaftlicher Besuch ist und dass ich stören würde.



Eigentlich habe ich ja nichts dagegen die Beiden, bei was immer sie auch tun zu stören. Ich habe es für Agent Scully nicht getan, bin wegen ihr hier sitzen geblieben und warte darauf, dass er endlich nach Hause fährt. Warum zur Hölle verpisst du dich nicht, Mulder!



Okay, zugegeben ich bin eifersüchtig. Das bin ich seit dem Tag, als ich Scully kennen gelernt hatte und mir ziemlich schnell bewusst wurde, was sie für ihren damals vermissten Partner empfand und wohl immer noch empfindet. Ich hatte es ihr versprochen, ihn zu finden und das habe ich auch getan, aber nicht weil es mein Job war, nicht weil ich dadurch Pluspunkte für meine Personalakte bekam, sondern weil ich den Schmerz in ihren Augen nicht ertragen konnte.



Und jetzt könnte ich mich selbst treten, dafür dass ich den Mann gefunden habe, der immer zwischen mir und ihr stehen wird. Sie haben soviel zusammen erlebt, dass ich Monate brauchen würde, um alles zu erzählen. Und wie mir inzwischen scheint, sind sie nicht nur seelisch, sondern auch körperlich miteinander verbunden - verbunden an der Hüfte. Gott, ich hasse es, das zu denken, aber ich wünschte Mulder wäre unter der Erde geblieben.



Vielleicht hätte sie ihn nie vergessen. Was heißt vielleicht, das ist sogar sehr wahrscheinlich, aber womöglich hätte ich ihr den nötigen Halt geben können, den sie gebraucht hätte. Ich hätte sie getröstet, ihr gezeigt, dass die Welt sich auch ohne Fox Mulder weitergedreht hätte, dass ich immer für sie und ihren Sohn da gewesen wäre.



Ich muss lächeln. Sie hat einen Sohn zur Welt gebracht, einen Jungen, der denselben Ort auf der Geburtsurkunde stehen hat, wie ich. Ich frage mich, welchen Namen sie ihm gegeben hat. Als ich Monica am frühen Abend gefragt hatte, konnte sie es mir noch nicht sagen.



Marissa und ich hatten Luke seinen Namen unmittelbar nach der Entbindung gegeben. Wir hatten uns den Namen schon lange vor seiner Geburt ausgesucht. Es war der Name meines damaligen Partners beim Police Department, der mir mehr als einmal das Leben gerettet hatte. Doch leider konnte ich weder meinen Sohn, noch meinen Partner Luke retten. Das nenne ich Ironie.



Ich hoffe, dass Scully ihren Sohn nicht nach Mulder benennt, aus eben denselben Gründen aus denen wir damals den Namen für Luke genommen hatten. Fox Scully würde einfach schrecklich klingen.



Ich atme tief durch und sehe auf die Uhr. Es ist schon kurz nach elf. Wenn Mulder nicht bald verschwindet, dann werde ich mir meinen Besuch bei ihr wohl stecken können. Sie braucht sicher ihren Schlaf, nach den Strapazen der letzten Tage und vor allem nach der Entbindung.

Ich würde sie aber dennoch gerne sehen. Ich möchte den Glanz, den Stolz in ihren Augen sehen, wenn sie mir ihr Baby zeigt.



X X X X X X X X



Es ist kurz vor Mitternacht, als ich im Augenwinkel eine Bewegung bemerke. Endlich, ich kann es nicht glauben, Mulder verlässt das Haus. Das wird auch langsam Zeit, dass du verschwindest!

Ich sehe abwartend zu, wie er zu seinem Auto hinübergeht, einsteigt und losfährt und öffne dann langsam die Tür.



Mir ist bewusst, dass es spät ist, doch ich kann nicht anders. Ich will nur schnell zu ihr, das Baby sehen, ihr gratulieren und schnell wieder verschwinden. Das wird keine fünf Minuten dauern und dann ist sie mich wieder los und kann schlafen gehen.



Ich steige aus dem Jeep und eile zum Haus hinüber.



Sachte klopfe ich bei ihr an. Ich will schließlich nicht riskieren das Baby zu wecken. Es dauert einige Zeit bis sie die Tür schließlich einen winzigen Spalt breit öffnet.



Auch wenn sie nur ein schwaches Licht an hat und das auch noch von hinten zu uns herüber scheint, kann ich ihre roten leicht geschwollenen Augen und das aufgesetzte Lächeln sofort sehen. Sie hat geweint...



"Agent Scully... geht es Ihnen nicht gut? Ist alles okay?", frage ich besorgt. Mulder, du Hurensohn, was hast du mit ihr gemacht!



Sie nickt, obwohl ihr bewusst sein müsste, dass ich mich nicht verarschen lasse und ich ihr ansehe, dass was nicht stimmt. "Das ist nicht wahr", sage ich mit sanfter Stimme. "Was ist passiert?" Auch auf die Gefahr hin, dass sie mir jetzt sagt, dass mich das nichts angeht, musste ich sie das einfach fragen. Sie soll wissen, dass ich ihr Freund bin und sie mit mir reden kann.



Was immer er ihr auch angetan hat oder was er ihr gesagt hat... Sie kann mit mir darüber sprechen. Scully kann diesen Mist jetzt nicht gebrauchen, weiß dieser Idiot das denn nicht?



"Es ist nichts von Bedeutung, Agent Doggett", sagt sie leise und wischt sich die letzten Tränen von der Wange. Dann öffnet sie die Tür gänzlich. "Möchten Sie nicht reinkommen?" Sie bedeutet mir an zur Couch zu gehen und ich folge ihrer Aufforderung.



"Wenn Sie reden möchten, Agent Scully... Ich bin für Sie da, das wissen Sie, nicht wahr?"



Sie setzt sich mit einem tiefen Seufzen ans andere Ende der Couch und faltet die Hände in ihrem Schoß. Sie sieht erschöpft aus und sehr traurig. Wenn ich Mulder erwische, dann...



"Danke, John", ihre Stimme reißt mich zurück in die Wirklichkeit. "Aber das kann ich nicht mit Ihnen bereden. Es ist zu... persönlich."



Ich wusste es. "Hat er Ihnen was angetan?", frage ich unbeabsichtigt zu laut und senke sofort meine Stimme, als mir das Baby wieder einfällt.



"Nein, das nicht." Sie sieht hinüber zum Schlafzimmer, dessen Türe angelehnt ist.



"Sie weinen doch aber nicht grundlos, oder? Das sieht Ihnen nicht ähnlich, Agent Scully." Wieso schaffe ich es nicht, ihrem Beispiel nachzukommen und sie beim Vornamen anzusprechen? Das kann doch nicht so schwer sein. Sie weiß doch auch so, dass ich sie respektiere.



Sie reagiert nicht, sitzt stumm da und bewegt sich keinen Millimeter. Was würde ich jetzt dafür geben, wenn ich ihre Gedanken lesen könnte. Ich sehe sie an und schließe mich ihrem Schweigen an. Ich kann sie weder überreden noch zwingen mir zu erzählen, was vorgefallen ist. Aber eins weiß ich, wenn er ihr was angetan hat, dann...



"Er hat mich geküsst." Mein Kopf schnellt hoch, als ihre Stimme plötzlich die Stille durchschneidet und mir einen Keil in die Brust jagt. Er hat was? Hervorragend, wirklich toll. Bleib ruhig John, so toll war es offensichtlich nicht, sonst würde sie nicht weinen. Ganz cool bleiben, Junge.



"Tatsächlich. - Und?", versuche ich überrascht zu klingen. Sie sieht von ihren Händen zu mir auf und wieder sammeln sich Tränen in ihren Augen. Vielleicht sollte ich nicht weiter nachhaken und stattdessen das Thema wechseln. Denn so genau will ich es eigentlich gar nicht wissen.



"Ich habe ihn zurück geküsst." Ja, dreh den Keil noch etwas, Dana. Wenn du ihn jetzt noch etwas tiefer in mein Herz stößt, dann kannst du mir endgültig wehtun und mich innerlich zerstören. "Das hatte ich schon so lange gewollt, dass ich dachte es immer noch zu wollen und..." Genauso, Dana - noch ein kleines Stückchen, dann hört es auf zu schlagen. "Plötzlich wollte ich es nicht mehr und stieß ihn zurück." Oh ha, schon besser.



"Deshalb haben Sie geweint?", stelle ich mich dumm und sehe sie mit zusammengezogenen Augenbrauen an.



Sie lacht leise auf und schüttelt den Kopf. "Es hat lange gedauert, bis mir damals bewusst wurde, dass ich mich in Mulder verliebt hatte und noch länger, bis ich mir erlaubte mir selbst diese Gefühle einzugestehen. Dann kam das Warten und als es dann endlich soweit war, war es zu spät." Langsam sinkt sie in die Couch zurück und lässt den Kopf nach hinten auf die Lehne fallen. Sie starrt an die Decke, während ich es nicht schaffe, etwas anderes als sie anzusehen. "Vielleicht habe ich ihn geliebt, weil ich dachte, dass wir uns diese Gefühle nie eingestehen würden, weil es etwas war woran ich festhalten konnte, von dem ich träumen durfte."



"Schon möglich..." Was soll ich dazu sagen? Egal was ich sagen würde, es würde dämlich und hohl klingen.



Scully dreht ihren Kopf und sieht zu mir herüber. "Jetzt ist der Traum wahr geworden, er hat mir meinen Wunsch erfüllt und der Reiz daran ist verflogen. Kennen Sie das?"



Ich schüttle den Kopf. "Ich kann es zwar nicht ganz nachvollziehen, aber versuchen zu verstehen."



"Ich habe ihm wehgetan - Deshalb habe ich geweint. Es tat mir weh den Schmerz und die Enttäuschung in seinen Augen zu sehen."



"Er wird darüber wegkommen." Das glaube ich zwar nicht unbedingt, aber vielleicht schafft Mulder es ja trotzdem. Eine solch bittersüße Zurückweisung kann tiefe Wunden reißen, das weiß ich, aber sie macht einen auch stärker und irgendwann verschwindet der Schmerz.



"Ich hoffe, dass ich auch darüber hinwegkomme."



"Jemanden zurückzuweisen ist immer leichter, als selbst zurückgewiesen zu werden." Das weiß ich ebenfalls aus eigener Erfahrung und ich kann mir wirklich gut vorstellen, wie Mulder sich jetzt fühlen muss. Sicher hat er seinen ganzen Mut aufgebracht, um sie zu küssen und dann...



"Ich habe ihn verloren."



"Weshalb denken Sie das, - Dana?" Okay, das war jetzt nicht einfach, aber ich habe es geschafft.



"Ich kenne ihn einfach. Er gehört zu den Menschen, die mit Zurückweisungen ganz besonders schlecht zu Recht kommen und sich gänzlich in ihr Schneckenhaus zurückziehen. Nach diesem Jahr hat sich vieles in meinem und seinem Leben verändert und dieser Kuss... er war sein Anker, Mulder wollte sich somit an mein Leben binden, weiterhin dazu gehören." Sie atmet tief durch und reibt sich mit beiden Händen über das Gesicht und die leicht geröteten Wangen. "Ich habe ihm diesen Platz verweigert."



"Sie beide waren doch aber auch Freunde, oder nicht?", frage ich leise, auch wenn ich die Antwort kenne.



"Sicher, aber das reicht eben nicht immer. Unsere Freundschaft ist an einem Punkt angekommen, an einer Weggabelung, wo wir uns entweder für einen gemeinsamen Weg oder die getrennten Wege entscheiden mussten. Das war schon längst hinfällig. - Ich weiß jetzt, was er wollte und erst jetzt konnte ich mich entscheiden."



Sie hat wirklich Recht. Es ist schön, wenn man von jemanden träumen kann, sich nach jemanden sehnt, schöner manchmal als die Realität. Lieber ewig von etwas träumen, als festzustellen, dass die Wirklichkeit ganz anders abläuft. Vielleicht sollte auch ich einfach weiter von ihr träumen, und es nicht wagen ihr wirklich nahe zu kommen. Es könnte alte Wunden neu aufreißen, wenn sie mich genauso zurückweisen würde, wie Mulder. Ich hasse es zu kneifen, den Dingen nicht ins Gesicht zu sehen, ihr niemals sagen zu können, dass ich mich in sie verliebt habe. Sie wird es nie erfahren... es sei denn, das absolut Unwahrscheinliche würde eintreten, dass sie auf mich zukommt. Noch so ein Traum an dem man festhalten kann.



Es wird Zeit das Thema zu wechseln, bevor wir uns weiterhin anschweigen und womöglich noch auf der Couch hier einschlafen.

"Weshalb ich eigentlich gekommen bin... ich wollte mir gerne Ihr Baby ansehen, Dana." Einmal ausgesprochen ist es gar nicht mehr so schwer.



Sie lächelt und ihre Augen glänzen, diesmal vor Freude und es lässt sie wunderschön und glücklich aussehen. "Genau. Genug Trübsal geblasen." Sie steht von der Couch auf und bittet mich mit einem Kopfnicken ihr in Richtung Schlafzimmer zu folgen.



Leise schleiche ich hinter ihr her und bleibe vor dem kleinen Bett stehen. Dana hebt die riesig wirkende Bettdecke etwas an und dreht sich voller Stolz zu mir um. Es ist winzig und sehr zierlich, aber wunderschön. "Ich gratuliere, Dana, Sie haben einen wirklich süßen kleinen Jungen." Ich lächle sie an und beuge mich etwas hinab zu dem Baby. Behutsam streichle ich die winzige Faust und kann seinen Atem an meinen Fingern spüren. Sofort habe ich wieder das Bild von Luke vor mir, als ich ihn damals das erste Mal gesehen hatte. Er fehlt mir so sehr...



"Wie ist sein Name?", frage ich nach einer Weile flüsternd, da mir diese Frage noch immer im Kopf herum spukt.



"William, nach meinem Vater und meinem ältesten Bruder, nach Mulder Vater und weil er so mit zweitem Vornamen heißt." Sie lächelt und ich muss mir ernsthaft ein ungläubiges Blinzeln verkneifen. Ein weiterer William, mit einer Menge Vorgängern. Nun ja, es ist ihr Sohn und sie wird schon wissen, weshalb sie ihm diesen Namen gegeben hat. Zumindest klingt William Scully besser als Fox Scully. Ich nicke ihr kurz zu und streichle den flaumigen Kopf des Kleinen. Dann deckt sie ihn langsam zu und gibt ihm einen Kuss auf die Wange.



Dieses Mal bin ich es, der das Zimmer zuerst verlässt und zurück ins Wohnzimmer geht und sie folgt mir.

Dana bietet mir an, wieder auf der Couch platz zu nehmen, doch ich lehne ab. Es ist viel zu spät und ich will sie nicht noch länger belästigen.



"Ich denke es ist besser, wenn ich jetzt gehe", sage ich schließlich und mache mich auf den Weg zur Tür.



"Es hat mich gefreut, dass Sie gekommen sind, John. Und vielen Dank, fürs Zuhören. Es hat gut getan darüber zu reden." Sie sieht mir in die Augen und ich sehe, dass sie es ehrlich meint.



"Kein Problem, das habe ich gern gemacht." Sie öffnet mir die Tür und ich trete auf den Gang hinaus. Ich frage mich, ob sie etwas dagegen hätte, irgendwann mit William und mir zusammen spazieren zu gehen, oder vielleicht in den Zoo? Na ja, mehr als ‚Nein’ sagen kann sie ja nicht. Was soll’s also.

"Was halten Sie davon, wenn wir mal zusammen mit William in den Park oder den Zoo gehen, Dana?"



"Gerne, das wird sicher nett." Sie lächelt mich an, wodurch mir ein Stein vom Herzen fällt. „Was halten Sie von Sonntag? Das Wetter soll sehr schön werden.“



"Das klingt wunderbar. Ich komme Sie dann abholen, sagen wir gegen 15:00 Uhr." Sie nickt und schenkt mir erneut ein Lächeln.



Ich gehe aus, mit Dana Scully und ihrem Sohn, ich fasse es nicht. Gut, vielleicht sieht sie es anders an als ich, aber im Augenblick sehe ich unsere Verabredung als ein Date an und wer weiß, vielleicht entwickelt sich ja etwas daraus.

Auf jeden Fall bin ich meinem Traum ein Stückchen näher gekommen. Und selbst wenn sie die Gefühle nicht erwidert, die ich für sie hege, dann kann ich mich dennoch glücklich schätzen ein Freund zu sein.



Bevor ich die Tür zum Treppenhaus öffne winke ich ihr nochmals zum Abschied und warte bis sie die Haustür langsam schließt. Ein zufriedenes Lächeln macht sich auf meinem Gesicht breit, während ich das Apartmenthaus verlasse, zu meinem Wagen gehe und einsteige. Dieses Mal, als der Radiosender wieder eines dieser Liebeslieder spielt, drehe ich die Anlage etwas auf und lasse den Song auf mich wirken.





Ende
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