World of X

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Raindrops fallin' from ahead...

von Franzi, Steffi Raatz

Kapitel 2

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Scully und Mulder fuhren die Straße entlang, als ein kleiner, aber heftiger Regenschauer einsetzte. Mulder schaltete die Scheibenwischer ein und schwieg. Scully ebenso.

Plötzlich begann Scully in ihrer Manteltasche rumzukramen. Mulder blickte dafür umso demonstrativer auf die Straße. Nach schier endlosem Suchen, zog sie etwas heraus und bearbeitete ihre rechte Hand damit. Das Geräusch kam ihm sehr bekannt vor, doch er wollte sicher gehen und riskierte einen Blick nach rechts.

Dort saß seine Partnerin und feilte sich seelenruhig die Nägel. Mulder stieß einen grunzenden Laut des Verdrusses aus und blickte weiter starr auf die Straße.

Nachdem Scully die Nägel ihrer rechten sowie linken Hand vollkommen heruntergefeilt hatte seufzte sie laut und begann damit, ihren Mantel zu glätten.

Das reichte Mulder nun endgültig. "Scully, wie lange wollen Sie das eigentlich noch durchhalten?"

"Was?", kam es blitzschnell von ihr zurück.

"Dass Sie mich anschweigen, als hätte ich etwas getan."

"Sie haben mich ja nur wieder in ein verlassenes Kaff gelockt, um mich dann Zeuge ihrer Hormonschübe werden zu lassen." Ihr Blick war giftig und zugleich angriffslustig.

"Scully, das führt doch zu nichts! Okay, zugegeben, ich war von der Dame begeistert, aber haben Sie vielleicht eine Erklärung dafür, dass sie sich innerhalb von Sekunden von dem typischen Bild einer Hexe in eine, nun ja, ...attraktiven Frau verwandelt hat?"

Scully atmete tief durch und begann eine Antwort zu formulieren.

"Erstens, habe ich gemerkt wie begeistert Sie von der Dame waren, zweitens, wer sagt denn, dass das nicht ein mieser Trick war? Sie hat uns einen Streich gespielt! In dem Haus war es stockdunkel, es hätte locker ihre Tochter oder wer auch immer in der Ecke stehen können, und sie hätten sich austauschen können, oder es war ein Trick mit dem Licht, ich weiß es auch nicht genau, aber Sie kennen sich doch mit so etwas aus ..."

Nun sah ihn seine Partnerin nahezu verzweifelt an und Mulder konnte sich das Grinsen nicht verkneifen.

"Was gibt es denn da zu lachen?", empörte sie sich sofort.

"Nichts... gar nichts, ich lache nicht, Scully, " brachte Mulder mühsam hervor, doch seine Gesichtsmuskeln spielten ihm einen Streich und er fing hilflos an zu lachen.

"Das ist gar nicht komisch, Mulder."

"Nein, das ist es wahrlich nicht... doch, Scully. Die Art wie Sie mühsam Ihre Wissenschaft verteidigen, das ist schon fast theaterreif, wissen Sie das?"

Er wandte den Kopf, um sie zur Versöhnung anzuschmunzeln, doch Scully blickte angestrengt aus dem Beifahrerfenster.

"Das ist komisch...", murmelte sie.

"Was denn?"

"Da hinten sieht es so aus, als ob es nicht regnen würde... es scheint fast so, als ob es nur... über uns regnen würde."

"Na, da spielt die Nacht Ihnen wohl einen Streich, Scully", neckte er sie.

Mit einem "hm" lehnte sich Scully zurück und schloss die Augen, das stetige Arbeiten der Scheibenwischer schien beruhigend auf sie zu wirken und sie driftete langsam in einen ruhigen Schlaf.

+++

Scully schlief nun schon eine ganze Weile neben ihm und zunehmend ging ihm ihre Aussage bezüglich des Regens nicht mehr aus dem Kopf.

Die Scheibenwischer quietschten noch immer und dieses Geräusch ging ihm langsam aber stetig auf die Nerven. Was, wenn seine Partnerin mit ihrer Aussage Recht hatte und es tatsächlich nur über ihnen regnete?

Mulder schüttelte den Kopf und versuchte diese verrückte Idee zu verdrängen. Warum sollte es ausgerechnet nur über ihnen regnen?

Sein Blick schweifte zu einer Gruppe von Jugendlichen, die auf einem Court im Scheinwerferlicht Basketball spielten. Sie sahen weder naß aus, noch konnte man die Regenstreifen vor den Scheinwerfern sehen. Zumindest die hätten sichtbar sein müssen.

Es stimmte ihn verdammt nachdenklich und als Scully sich neben ihm regte, konnte er seine Gedanken nicht mehr länger für sich behalten. "Sie hatten Recht!"

Sie schlug die Augen auf und sah sich verschlafen um. Wovon redete ihr Partner eigentlich?

"Sie hatten vollkommen Recht, ich muss mich bei Ihnen entschuldigen!", redete Mulder weiter und Scully sah ihn mit einem halb verschlafenden, halb irritierten Blick an.

"Na mit dem Regen!", kommentierte Mulder schließlich, als er ihre Ratlosigkeit registrierte. Doch sie war noch immer verwirrt, konnte seinen Gedankengängen nicht folgen.

"Wovon reden Sie, Mulder? Ja, es regnet noch!" Sie zuckte mit den Schultern und zog die Augenbrauen hoch. War er jetzt ganz durchgedreht?

Ihr Partner seufzte und hielt am Straßenrand an, dann drehte er sich zu ihr und deutete auf die Windschutzscheibe: "Regen!"

Sie nickte mit aufgerissenen Augen und wartete mit einem Gefühl von Furcht und Neugier auf seine Erklärungen.

Sein Finger deutete auf den Basketballplatz einige Meter weiter: "Trocken!"

"Muss ich jetzt Angst vor Ihnen haben?", platzte es unbeabsichtigt aus ihr heraus und ein grimmiger Blick traf ihren.

"Sie haben doch mit dieser Theorie angefangen!", kam es zwischen zusammen gebissenen Zähnen von der Fahrerseite und Scully musste sich ein Lachen verkneifen.

Sie blickte aus dem Beifahrerfenster, um vor Mulder ihr breites Grinsen zu verbergen, doch auch sie stutzte. Es sah tatsächlich so aus, als wäre ihre Umgebung trocken... nur über ihnen stand eine dunkle Regenwolke. Scully rieb sich hilflos die Augen, sie sah immer dasselbe Bild.

Mulder betrachtete amüsiert die Versuche seiner Partnerin.

"Das ist unmöglich...", murmelte sie abwesend.

"Das haben Sie auch gesagt, als Sie die Schublade mit den Videos, die nicht mir gehören, entdeckt haben...", Mulder schmunzelte zu ihr hinüber.

"Dafür gibt es eine logische Erklärung!" Sie war wieder ganz in ihrem Element.

"Bestimmt!", versicherte ihr Mulder.

"Hm...", machte sie und blickte weiter besorgt aus dem Fenster.

"Und die wäre?", kam es von ihrer linken Seite.

"Was?" Langsam ging ihr Mulder auf die Nerven.

"Wir waren uns vorher einig, dass es eine logische Erklärung dafür gibt... jetzt frage ich mich nur welche das wäre."

Er setzte sein Unschuldsgesicht auf und ein diabolisches Lächeln umspielte seine Lippen.

Scully seufzte schwer, warum tat er ihr das nur an?

"Ich weiß es nicht", sagte sie leise.

"Och kommen Sie, Scully! Wir haben doch erst damit begonnen, Sie können nicht so einfach aufgeben!"

Er sah sie herausfordernd an.

"Nein, ich habe keine Lust für das hier eine wissenschaftliche Erklärung zu finden, die Sie dann wieder kaputt machen. Heute nicht, vergessen Sie´s!" Demonstrativ sah sie aus ihrem Fenster.

"Spielverderberin."

Scully zuckte nur mit den Schultern.

"Kollegin? ...Partnerin? ...Freundin? Hey... Sie sind so unnatürlich ruhig, was ist los?" Mulder hielt den Wagen an und sah besorgt zu ihr hinüber.

Sie unterließ es, ihn anzusehen und starrte weiter aus dem Fenster.

"Scully!" Er drehte sich ganz zu ihr um und starrte erstaunt ihren Rücken an. So kannte er sie gar nicht.

"Was?", kam es bissig zurück.

"Warum sind Sie so ruhig?" versuchte er sein Glück noch mal.

"Ich denke nach."

"Das tun Sie ständig und trotzdem sind Sie nicht zum Schweigen zu bekommen... au!"

Kommentarlos schlug sie ihm gegen das Bein, ohne sich umzudrehen.

"Was zum... !" Mulder rieb sich das Knie.

"Ich habe Angst, dass ich mit meinen wissenschaftlichen Erklärungen diesmal nicht Recht haben werde, " kam es gemurmelt von ihr und Mulder horchte auf.

"Bitte?", er vermutete schon, dass er richtig verstanden hatte, doch das wollte er noch einmal laut hören.

"Ich sagte, dass ich Ihnen vermutlich Recht geben muss wegen der Hexe!", schnaufte sie lauter und sah ihm nun in die Augen.

"HA!" entglitt es ihrem Partner, noch ehe er sich eines Besseren besinnen konnte.

"Wunderbar!" Sie kniff die Augen zusammen. "Sie wissen ganz genau, wie schwer es mir fällt, etwas Derartiges zuzugeben und Sie machen sich auch noch lustig darüber!"

"Nein, mache ich nicht... Scully... ?!" Er wollte sie festhalten, doch sie hatte bereits den Wagen verlassen und stand im Regen.

Mulder stieg ebenfalls aus und sah über den Wagen hinweg. Auch er durchweichte augenblicklich bis auf die Knochen.

Er verfolgte Scully mit seinen Augen, doch er konnte ihnen nicht trauen.

Wie über ihm, war auch eine kleine Regenwolke über ihr, die sie stetig verfolgte.

"Scully?"

"Lassen Sie mich in Frieden!", kam es von ihr zurück.

Sie ging einfach die Straße entlang, ohne auf den Regen zu achten.

"Scully!" Sie reagierte überhaupt nicht und Mulder lief ihr hinterher, bis er sie eingeholt hatte.

Er nahm sie vorsichtig an den Schultern und drehte ihren Oberkörper so, dass sie dazu gezwungen war ihn anzusehen.

Mulder konnte ein paar leichte Falten in ihrem Gesicht entdecken, nicht des Alters wegen, sondern diese, die sie immer bekam, wenn sie etwas nicht einsah oder verstand.

Sie hatte einen leichten Schmollmund gezogen und sah demonstrativ an ihm vorbei.

"Hey, Sie wissen genau wie ich es meine, nicht wahr?"

Sie ignorierte ihn weiter.

"Geben Sie sich einen Ruck und verzeihen Sie einem Trottel!"

Mulder konnte beobachten, wie sich ein Lächeln in ihrem Gesicht ausbreitete.

"Sehen Sie, Scully, ich muss tagtäglich zugeben, dass Sie Recht haben und dass meine Ideen verrückt sind. Da war ich eben nur einmal froh, dass ich Recht habe... vielleicht habe ich auch gar nicht Recht ich meine nur..." Hilflos sah er sie an.

Scully schmunzelte wissend und blickte nach oben.

"Okay, wir vertragen uns wieder, aber was sollen wir gegen den Dauerregen tun?"

"Das Beste wird wohl sein, wenn wir zurückfahren, meinen Sie nicht auch?"

Dass das ein Fehler war, bemerkte Mulder erst, als Scully wieder demonstrativ ihre Hände zum Himmel hielt.

"Ah, ja, darauf läuft es hinaus! Sie wollen zu ihr natürlich nur zurück, weil eine Wolke uns verfolgt...

Gut, tun Sie das, Mulder! Aber nicht mit mir! Ich werde jetzt ein Motel suchen und eine angenehme, trockene Nacht verbringen. Was Sie irgendwelchen Frauen erzählen ist mir so was von egal!" Mit diesen Worten schritt sie energisch gen Auto.

Mulder fügte sich seinem Schicksal und trottete hilflos hinterher.

Scully setzte sich ans Steuer und ließ den Motor an.

So fuhren sie eine Weile, bis Mulder meinte: "Scully?"

Er bekam keine Antwort, sondern nur ein verstimmtes Brummen.

"Das mit dem Motel ist ja eine ganz nette Idee, aber was ist, wenn uns die Wolke auch bis aufs Zimmer verfolgt?"

Unwillkürlich trat sie auf die Bremse, und zwar genauso hart, dass der Wagen abrupt stand und die beiden Agenten in ihren Sitzen nach vorne schleuderte.

"Sind Sie noch zu retten, Himmelherrgott!", platzte es aus Mulder heraus, der sich an seine Brust fasste, als ob sein Herz ihm Schmerzen bereitete.

"Ob ich noch zu retten bin, Mulder?" Sie starrte ihn unglaublich wütend an.

"Das ist mir nur so rausge...", weiter kam er nicht. Sie würgte den Motor ab, schnallte sich ab und verließ fluchtartig den Wagen. Wieder einmal...

"Scully...? Scully! Verdammt, bleiben Sie doch stehen!" Er hievte sich auf seiner Seite aus dem Auto und sah über das Wagendach hinter ihr her.

"Ich habe es satt", sie ballte Hände zu Fäusten und versuchte sich unter Kontrolle zu halten, "ich habe es so satt, Mulder! Hier ist ein Fall mit Hexerei, hier einer mit UFO's, wissen Sie, ich bin ja in all den Jahren durchaus aufgeschlossen ihren Theorien gegenüber getreten, aber das hier, war zu viel! Ist zu viel! Ich muss mir Ihre Schmachtblicke für andere Frauen ansehen, dann hängt eine Regenwolke über uns und nur über uns. Ich bin durchnässt, ich bin erschöpft, verdammt ärgerlich und Sie, Sie machen mir jetzt auch noch das letzte bisschen Hoffnung, einen geruhsamen Abend zu verbringen völlig zu Nichte."

Sie riss ihre Arme hoch und deutete auf die Wolke: "Wissen Sie, das ist absolut unmöglich! Egal was ich jemals behauptet habe. Es ist und bleibt unmöglich!"

Mulder blieb am Wagen stehen, sah sich ohne ein Wort ihren Ausbruch an und wartete. Etwas anderes wäre auch nicht möglich gewesen. Scully zu unterbrechen oder ihr gar zu widersprechen, hätte ihn in diesem Augenblick vermutlich nicht nur ihre Freundschaft, sondern auch sein Leben gekostet.

Sie wandte sich von ihm ab und überblickte die Landschaft.

Obwohl Mulder ihr Gesicht nicht sehen konnte, merkte er wie heftig sie schnaufte.

Scully war zu einem Teil seines Lebens geworden, er kannte sie in- und auswendig, doch er hatte nicht gedacht, dass ein kleiner Flirt sie so auf die Palme bringen würde...

Aber das waren Gedanken, die er lieber für sich behielt, er wollte den Frieden wahren und überlegte an seiner Taktik, als sie sich wieder gen Wagen bewegte.

Er hörte einen lauten Seufzer und sah, dass sie wieder hinter das Steuer glitt.

Artig setzte er sich auf den Beifahrersitz und wartete ab.

Sie seufzte ein zweites Mal, startete den Motor,... und wendete.

"Scully?"

Es kam wieder nur ein böses Brummen zurück.

"Wohin fahren wir?"

"Na, wohin wohl?", zischte sie.

"Ich weiß wirklich nicht, was Sie vorhaben."

"Na, wir machen das, was wir immer machen!", erklärte sie und nach einer kleinen Pause…

"Wir fahren zu der netten Lady zurück..."

"Ich habe gedacht, Sie können sie nicht leiden?" Mulder versuchte sachlich zu klingen.

Nach einem kurzen Grollen, bei dem Mulder nicht bestimmen könnte, ob es von der schwarzen Wolke über ihnen, oder der indignierten Partnerin neben ihm kam, antwortete sie endlich auf seine Frage. "Hab ich gesagt, dass ich zurückkomme um der Frau Kekse anzubieten? Oder vielleicht noch ihre annehme? Die sind bestimmt vergiftet!"

Mulder legte eine nachdenkliche Mine auf. "Und was wollen Sie dann machen?"

"Ich werde das Haus räumen lassen, mir meine Waffe schnappen und aus der Pseudo-Latinobraut

herausquetschen, was sie da angerichtet hat ... und mit welchem Spruch sie meinen Partner verhext hat."

Ein Schmunzeln war die Reaktion von Mulders Seite. "Da wird die gute Frau aber ganz schön überrascht sein."

"Warum?", kam es prompt zurück.

"Na, wenn sie - nach Ihrer Theorie - gar keine Hexe ist, wie soll sie Ihnen das dann erklären?" Ein Spitzbubenlächeln bemächtigte sich seines Gesichtes, bevor er merkte, dass das wieder ein Schritt zu weit gewesen sein könnte.

Doch Scully brachte nur ein zwischen zusammengepressten Zähnen: "Das wird Ihnen noch vergehen!", heraus.

Schweigend fuhren sie weiter.

Während Scully sich krampfhaft und mit einer Stinkwut im Bauch auf die Straße zu konzentrieren versuchte, suchte Mulder verzweifelt nach Sonnenblumenkernen in seinen Taschen.

Es herrschte eine angespannte, äußerst explosive Stimmung im Wagen und die Luft war so dick, dass man sie mit einem Messer hätte zerschneiden können.

Ganze zehn Minuten schaffte Scully es, sich zusammen zu reißen, dann zuckte es um ihre Mundwinkel und ein hysterisches: "Ich halt das nicht mehr aus!", platzte aus ihr hervor.

Mulder sah von seiner Suchaktion auf, vermied es diesmal jedoch irgendwas zu sagen. Zu offensichtlich waren schon seine vorangegangenen Versuche gescheitert, etwas Sinnvolles von sich zu geben.

"Wieso verschwindet diese dämliche Wolke denn nicht? Ich seh sie noch, ich seh sie!", ihre Stimme überschlug sich und endete in einem elendigen Schluchzen.

Mulder griff geistesgegenwärtig ins Lenkrad und manövrierte den Wagen auf die Seite, ehe seine Partnerin verzweifelt mit dem Kopf über dem Lenkrad zusammenbrach.

Der Wagen stand und er zog sie sacht, aber bestimmend in seine Arme.

"Shhh... Scully, es wird alles gut. Wir fahren zurück und dann wird alles gut. Es wird sich klären", vermutlich hatte er auch diesmal die richtigen Worte verfehlt, doch seine Partnerin war zu erschöpft, um sich noch einmal zu wehren. Sie blieb in seinem Arm und weinte bitterlich.

Mulder begann darüber nachzudenken, ob sie nicht nur mit einer Wolke gestraft worden waren, sondern mit mehr. Bisher kannte er seine Partnerin nämlich ganz und gar nicht so labil, so stimmungsschwankend.

Mit einer leicht übertrieben Geste wischte sich Scully die Tränen aus dem Gesicht und versuchte sich aus Mulders Umarmung zu befreien. Aus lauter Sorge musste er sie wohl ein bisschen zu sehr gedrückt haben. Sie kramt umständlich einen kleinen Handspiegel aus ihrer Manteltasche und beäugt das ihr Dargebotene kritisch.

"Scully?"
"Keine Sorge, Mulder." Sie versucht angestrengt die wenig verlaufene Wimperntusche abzuwischen. "...es ist alles in Ordnung."

Oh nein, nicht schon wieder. Wenn sie so was sagte, war ganz und gar nichts in Ordnung.

Aber was sollte er machen? Als das starke Geschlecht mit einer hysterischen Frau im Wagen und einer bösen Regenwolke, die einen verfolgt? Wohl das, was er am Besten konnte. Klappe halten, geradeaus schauen und weiterfahren.

Neben ihm gab es noch zwei schwere Seufzer, aber die galten nicht ihm, sondern, der Wolke, die sich wieder in Bewegung gesetzt hatte.

Sollte er es auf eine Verfolgungsjagd ankommen lassen? Mit der Wolke ein Wettrennen veranstalten? Was würde wohl ein Psychiater dazu sagen?
Er wollte es sich gar nicht ausmalen und auch nicht ausprobieren, da er einen wieder ziemlich bissig gewordenen Blick von der Beifahrerseite erntete.

Nach ewiger Irrfahrt waren sie tatsächlich wieder angekommen.

Scully öffnete ohne Widerrede ihre Tür und blickte gen Himmel, die Wolke blickte bedrohlich zurück.

Mulder nahm sie sachte an der Schulter und raunte: "Vielleicht sollten wir ihr einen Namen geben, wenn wir schon so lange beisammen sind..."

Er warf ihr ein *das-hab-ich-mir-extra-für-Sie-ausgedacht-Mulder-Lächeln* zu, aber sie reagierte gar nicht.

War sie schon so verärgert, dass sie ihn zu ignorieren begann oder war sie einfach zu erschöpft, um gegen seine - zugegebener Maßen - dummen Sprüche gegen an zu gehen?

Mulder kniff die Augen feste zusammen, aber als er sie wieder öffnete, stand Scully immer noch genauso da, nass geregnet und mit einem abwesenden Gesichtsausdruck. Keine Reaktion von ihr.

"Okay, Partnerin." Er lächelte matt. "Dann werden wir jetzt da rein gehen und die Sache aufklären."

"Werden wir?", kam es zurück und brachte ihn zum Stocken.

"Wieso stellen Sie das jetzt in Frage?", erwiderte er erstaunt.

"Werden wir wirklich die Sache aufklären oder uns nur wieder mal als Idioten outen, wenn wir feststellen, dass wir entweder einem großen Schwindel erlegen sind oder wie so oft nichts mehr da ist, was beweisen könnte, dass wir Recht haben", philosophierte Scully.

Mulder betrachtete seine Partnerin mit in Falten gelegter Stirn und deutete dann nach oben. "Okay, dann sagen Sie mir mal, wie man diese Beweise verschwinden lassen kann, dann bin ich gern dazu bereit, denen zu helfen... wer immer das auch sein mag."

Sie sah nach oben und bekam einen Schwall Wasser ins Gesicht. Prustend wischte sie sich die Augen frei und verzog den Mund. "Ich glaube, ich bin kurz davor einen Mord zu begehen."

"Wen wollen Sie denn töten? Die Wolke? Die Hexe?", er verschränkte die Arme vor der Brust und grinste.

"Es gibt keine Hexen! Verdammt, was auch immer das ist, es kann gar keine Hexen geben... sollte nicht... darf nicht... ach Herrgott!" Sie schüttelte sich. "Warum passiert so etwas immer nur uns?"

Mulder lachte laut auf. "Vielleicht wegen unserem Beruf?"

"Gut, dann erinnern Sie mich dran, dass ich eine Gefahrenzulage beantrage!", erwiderte sie und ging schnurstracks auf das Haus mit der Nummer 13 zu. Mulder folgte ihr in kurzem Abstand.

An der Tür wurden sie bereits erwartet. Die junge Frau von vorhin stand mit verschränkten Armen da und sah die beiden Agenten finster an.

"Sie!", zischte Scully und deutete sie, "machen Sie das sofort rückgängig!"

"Oho", kam es nur von der jungen Frau, "denken Sie denn, dass ich das kann?"

Mulder schüttelte den Kopf und betete, dass seine Partnerin jetzt nichts falsches sagte.

"Ich weiß nicht, was ich denken soll, aber Fakt ist, dass diese Wolke erst über mir schwebt, seit wir bei Ihnen raus sind. Ergo muss dieser ganze Wahnwitz in irgendeiner Weise mit Ihnen zusammen hängen." Scully wirkte verzweifelt.

Die junge Frau lächelte. "Na das ist doch schon mal was! Versprechen Sie mir jetzt noch, dass Sie mich und mein Haus in Frieden lassen werden, dann werde ich sehen, was ich für Sie tun kann."

Scully nickte eifrig, während Mulder die Hand hob und auf sich aufmerksam machte.

"Aber warum dann das ganze Theater. Wenn wir erst an Hexen glauben sollen, dann aber nichts darüber berichten dürfen. Ich kann das doch nicht ignorieren."

Die beiden Frauen drehte ihre Köpfe in seine Richtung und sahen ihn ärgerlich an. Ihm war augenblicklich klar, dass er keine Chance hatte und dass es wohl auch besser war, wenn er ab sofort seinen Mund hielt.

"Okay, dann zaubern Sie diese Wolken weg und dann verschwinden wir", seufzte er, "und wir lassen uns nie wieder hier sehen."

Er merkte, wie seine Partnerin erleichtert aufatmete, als der Regen über ihr nachließ. So schnell, wie die Wolken entstanden waren, so schnell waren sie auch wieder verschwunden. Lediglich ihre durchnässte Kleidung bewies, dass etwas gewesen war.

"Danke und auf Nimmerwiedersehen!", erklärte Scully und machte eiligst auf dem Absatz kehrt. Mulder lächelte der jungen Frau noch einmal zu und ließ sich mitziehen.

"Hören Sie auf, Sie anzustarren, das ist ja wohl peinlich!", erklärte seine Partnerin und schloss den Wagen auf.

"Ich starre nicht!", demonstrierte Mulder und war erneut einen Blick zurück. Doch statt der schönen jungen Frau, stand eine runzlige Alte in der Tür. Er schüttelte den Kopf, rieb sich die Augen, aber das Bild blieb.

Einen kurzen Augenblick war er gewillt, Scully darauf hinzuweisen. Aber als er sie ansah und beobachtete, wie sie entnervt ihr Jackett auswrang, kam er zu dem Schluss, es besser sein zu lassen. Die kleine Rache der Hexe war nervraubend gewesen. Aber die Rache seiner Partnerin, wenn er wirklich wieder zurück wollte, würde wesentlich schrecklicher ausfallen, also versuchte er gar nicht darüber nachzudenken. Vermutlich war es besser, er fügte sich seinem Schicksal.

Scully startete den Motor und gab Gas, während ihr Partner sich im Sitz zurück lehnte und die Augen schloss. Er hoffte nur, dass es so bald nicht mehr regnen würde...

Ende
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