World of X

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6 o'clock in the morning

von Steffi Raatz

Kapitel 1

Scully's Appartement - Part I



Ich stehe auf, jeden morgen zur gleichen Zeit, jeden Tag in einem unglaublichen Trott, jede gottverdammte Woche... immer. Heute habe ich keine Lust! Ich bleibe einfach liegen, lasse es mir gut gehen und werde mich krank melden. Was soll's! Ich bin schon viel zu lange pflichtbewußt und aufopferungsvoll. Warum soll ich nicht mal was für mich tun. Genau! Ich werde einfach liegen bleiben.



[...Rrrrrrrrrr...]



Der Wecker. Dieser verdammte Wecker. Ich dachte ich hätte ihn bereits ausgeschaltet. Nein? Na dann jetzt aber!



[...Rrrrrrrrrr...]



Verdammt, ich hab den Wecker doch... oh, es ist die Tür...

Bleibe ich liegen? Ignoriere ich sie einfach? ... Ehhhhhhhhhh... nein, das kann ich nicht.

Also doch aufstehen. Mist, dabei dachte ich, der Vormittag könnte so schön werden.

Ein Blick durch den Spion... Skinner! Jetzt muß ich die Tür öffnen. Tu ich's nicht, würde mich mein schlechtes Gewissen einholen.



"Sir, warum..." ich stocke, weil er mich merkwürdig anstarrt. Hat er gerochen, daß ich krank spielen wollte?



"Scully, Sie...äh..."



Oh, klar, ich hab keinen Bademantel übergezogen. Ich stehe im Shorty vor ihm. Für mich normal, selbst bei Mulder, bei ihm jedoch.... gehe ich einen Bademantel besorgen? - Nein, soll er sich ruhig wundern. Er muß sich an die lässige, neue Scully gewöhnen.

"Kann ich Ihnen helfen?"

Eigentlich will ich ihn ja lieber fragen, warum er mich um diese Uhrzeit stört, aber ich lasse es.



"Entschuldigen Sie, aber Ihr Aufzug irritiert mich jetzt schon ein wenig."

Ich ziehe die Augenbraue hoch. Er ist ehrlich. Nicht schlecht, es imponiert mir. Trotzdem weiß ich immer noch nicht, warum er hier ist.



"Agent Scully, ich ähm... wie soll ich es sagen..."



Langsam werde ich ungeduldig und kalt wird mir auch. Warum kommt er nicht zum Punkt? Hole ich mir doch noch einen Bademantel? Ne, das sähe merkwürdig aus. Ich bleibe so, schließlich soll er sich daran gewöhnen... ähm... wieso sollte er sich daran gewöhnen sollen? Ich will ihn eigentlich nicht öfter hier ..oder doch? DANA, reiß dich zusammen!



"Erinnern Sie sich an den Fall im Bermuda Dreieck?"

Seine Stimme wirkt unruhig.



"Natürlich, Sir."

Ich frage mich immer mehr, was er mir sagen möchte.

Nervös läuft er vor mir auf und ab. Ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll. Jetzt frage ich mich langsam ernsthaft, ob etwas mit Mulder nicht in Ordnung ist. Ist er wiedermal verschwunden? Hat Unfug angestellt?



"Also... sie haben mich..."



"Ja?"



"Na ja..."



Worauf will er nur heraus? Was war da?

Ups... oh je... mir kommt plötzlich so ein Gedanke. Meint er etwa... das kann er doch nicht meinen... oder? Walter Skinner ist doch nicht morgens um 6 Uhr in meiner Wohnung und versucht mir zu sagen...



"Sie haben mich geküßt."



... doch, genau das! Ich habe einen leicht trockenen Mund und bekomme erstmal keinen Ton hervor. Wieso erinnert er sich daran?



"Scully, ich ...äh...."



Immer noch verweigert mir mein Sprechapparat den Dienst. Wenn er mir jetzt noch sagt, daß er in mich verliebt ist, dann springe ich aus dem Fenster... na ja, vielleicht nicht so schlimm, aber ich denke, ich werde mich dann erstmal setzen müssen.



"...Sie sagen ja nichts mehr!"



Kluges Kerlchen. Sprechen sie sich aus...



"Scully, ich werde Sie damit vermutlich überrumpeln..."



Neeeeein, üüüüberhaupt nicht. Ich bin ganz entspannt. Ich weiß gar nicht, woher plötzlich dieser Galgenhumor kommt. So bin ich doch normalerweise nie. Ok... wir akzeptieren es, wir sind eine neue Scully! Und wir sind total bescheuert.



"Ich kann es gar nicht glauben, daß ich den Mut habe, es zu sagen, aber seither geistern Sie in meinen Gedanken umher und ich ... ich liebe Sie, Scully."



Suuuuuuuper. Ich muß mich setzen. Jetzt muß ich mich wirklich setzen. Wie soll ich denn jetzt reagieren? Er ist mein Vorgesetzter und er hat das über sich gebracht, was Mulder nie schaffen würde. Ich weiß, was Mulder für mich empfindet, ich bin mir nicht sicher, ob ich das auch für ihn empfinde, doch Skinner? Wohow...



"Jetzt hab ich Sie überrumpelt..."



"Jep..."



"Es tut mir leid..."



"Jep..." Ich verkneife mir, daß es mir auch leid tut.



"Agent Scully?"



"Jep?"



Skinner sieht mich merkwürdig an. Durchaus verständlich. Mein Wortschatz scheint im Moment sehr eingeschränkt.

"Ich habe Sie mit meiner Aussage ziemlich geschockt, oder?"



Ich lächle - ein blödes, äußerst subtiles Lächeln. Ja, was hat er denn erwartet? Daß ich ihm freudestrahlend um den Hals fallen würde?

"Uhm... na jaaaaaaaa...."



Skinner sieht zu Boden und setzt sich mir gegenüber. Ich überlege, was ich jetzt tun soll.

Mein erster Gedanke - ein Bademantel! Ich sollte mir schleunigst einen Bademantel überziehen.



"Dana, vielleicht könnten wir..."



Zu vertraut... definitiv zu vertraut!

"Agent Scully," verbessere ich ihn.



"Tut mir leid."



Oh Gott, kann mir mal jemand verraten, was ich jetzt tun soll? Wie läßt man seinen Vorgesetzten abblitzen, ohne daß es das Arbeitsverhältnis stört? Doofe Frage Dana, das geht nicht! Und jetzt?



"Ich äh... geh wohl besser!"



Er steht auf - meine Chance? Er nimmt mir die Entscheidung ab. Ich müßte glücklich sein, doch er tut mir so leid.

Was macht er denn jetzt? Haaaaaaaaaaalt, nicht!

Zu spät. Er kommt zu mir rüber und nimmt meine Hände in seine. Wenn er sich jetzt noch hinkniet, dann... er tut's... zu spät!

Wie lächerlich komme ich mir jetzt bitte vor? Als ob er mir einen Antrag machen will... und ich sitz hier im Shorty. Hätte ich mal doch den Bademantel...



"Vielleicht könnten wir ja mal..."



"...Kaffee trinken gehen?"

Ich versuche, nicht so verkrampft auszusehen.



"Ja, das wäre schön."

Sein Lächeln sagt mir, daß er weiß, wie seine Chancen bei mir stehen. Ich bin ein wenig erleichtert.



"Okay, wir sehen uns nachher im Büro. Vergessen Sie einfach, daß ich hier war."



Jetzt tut er mir wirklich leid. Wie konnte ich nur... Stop! Dana, reiß dich zusammen!

Ich bleibe hart, öffne ihm die Tür und... ohhhhhhhh, aber er tut mir so leid.... vielleicht sollte ich... na ja... eine kleine Geste, nur eine ganz kleine. Es war ja schließlich irgendwie mutig von ihm... und nett. Ich meine, es war ein Kompliment... irgendwie.



"Danke, daß sie es mir erzählt haben!"

Was habe ich denn nun schon wieder getan? Ok, das war nett von mir. Und jetzt ist endgültig Schluß mit dem schlechten Gewissen.

Er lächelt und nickt, ein süßes, beschämtes Lächeln. Ich wußte gar nicht, daß Skinner so gucken kann? Es ist wirklich süß.

Schlechtes Gewissen... höre ich dich schon wieder? Nein, ich werde mich zusammen reißen! Ich habe keinen Grund für ein schlechtes Gewissen. Nein, den hab ich nicht!

Ich küsse ihn zum Abschied freundschaftlich auf die Wange. Das hat er verdient und ich hab kein schlechtes Gewissen mehr. Dana, du bist bescheuert!



"Bis nachher im Büro!"

Kaum sage ich das, bereue ich es schon wieder.

Hatte ich erwähnt, daß ich immer noch nur mit dem Shorty bekleidet bin und friere?



"Dana!"



Ich drehe mich zur Seite und stocke.

"Mom?!"



Sie sieht mich erstaunt, teils entsetzt an, dann wandert ihr Blick zu Skinner.

Ich seufze, ob ich ihr das jetzt plausibel erklären kann???



[.......Rrrrrrrrrrrrrr......]



Mein Wecker im Nebenzimmer schrillt wieder. Hatte ich ihn nicht ausgestellt? Nein, das war die neue Scully. Eben diese, die auch auf den Bademantel verzichtet hat. Zum Teufel mit der neuen Scully!
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