World of X

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Als die Hölle gefror...

von Karin Ropers, Steffi Raatz

Kapitel 6

Eigentlich wollte er sie nur warnen, doch ein komischen Gefühl machte sich in ihm breit und er nahm den Finger nur zögernd wieder von ihren weichen Lippen.

Ihre Blicke hafteten weiter aneinander und ihr Atem ging sehr flach. Wie ein magnetisches Feld schien die Luft zwischen ihnen zu flirren und er spürte seinen Puls rasen.

Dann war der Augenblick vorbei und beide sahen ein wenig verlegen zu Boden. Sie hatten nicht bemerkt, dass sie von Mulder entdeckt und beobachtet worden waren...

Mulder war zuerst geschockt, von dem was er gesehen hatte und merkte seinerseits nicht das er von Jack beobachtet worden war. Dem war nämlich auf seiner Rückrunde aufgefallen, dass Scully und Krycek sich an einen Baum geschmiegt hatten. Er griente zwar leise in sich hinein, merkte aber doch, dass seine Eifersucht wieder hoch kam.

Während Mulder wütend zur Hütte zurück eilte und in Gedanken immer wieder zu verarbeiten versuchte, was Scully dazu bewegt haben mochte, sich Krycek, seinem Todfeind, zu nähern, erklang aus der oberen Etage ein gellender Schrei.

Sofort dachte er an Diana, als die jedoch aus der oberen Etage nach Scully rief, traf ihn die Erkenntnis wie ein Schlag.

Scully kam hinter ihm angerannt und spürte ihr Herz rasen. Doch es war nicht der Spurt, der das Rasen verursacht hatte, sondern die Angst um das Leben des Jungen.

Sie und Mulder sahen sich an, als sie auf gleicher Höhe waren und es herrschte Einvernehmen zwischen ihnen. Er hielt ihr die Tür auf und sie eilte in die obere Etage.

"Er ist tot! Er ist tot!", schrie Melissa zwischen Weinkrämpfen und umklammerte den Bettpfosten als einzigen Halt.

Die beiden Agenten erstarrten und Scully lief es eiskalt den Rücken hinab, als sie die Szenerie betrachtete.

Der Junge lag verdreht in seinem Bett, so als wenn ihn jemand aufgehoben und wieder hingelegt hätte. Scully schob Melissa zu Mulder in die Arme und sprach mit ruhiger Stimme, auch wenn sie lieber geweint hätte, auf alle im Raum stehenden ein: "Bitte geht alle hinaus. Und bitte, Mulder, bringe mir meine Arzttasche!" Mulder wußte, was das bedeutete. Sie würde den Jungen noch mal untersuchen wollen.

Kurze Zeit später stand er wieder neben ihr und beobachtete sie bei ihrer Untersuchung: "Meinst du, Jack war hier?"

"Unwahrscheinlich", murmelte sie und betrachtete die Male am Hals des Jungen, "direkt nach dem Essen war ich bei dem Jungen und da lebte er noch."

"Und danach?"

"Nichts danach. Jack kam hier rein, stellte mich zur Rede, wurde handgreiflich und dann ging Krycek dazwischen. Jack floh. Wenige Augenblicke später sind wir an Euch vorbei und ihm nach draußen gefolgt - wie du sicherlich weißt!", erklärte sie und spielte auch noch auf seine Nachspioniererei an.

"Also hatte er gar keine Zeit hierher zurück zu kommen?!", überlegte Mulder laut.

"Exakt! Er hätte hier hoch kommen müssen, an dir und mir vorbei, wäre Melissa und Diana begegnet und hätte dann noch zudrücken müssen. Und dann hätte er auch noch wieder verschwinden müssen. Wie hätte er das machen sollen? Da hätte er schon magische Kräfte haben müssen", ergänzte sie seine Überlegungen.

"Woher willst du wissen das er keine hat?", Mulder sah Scully zusammen zucken, als er das sagte.

"Ich weiß es eben nicht!", fuhr sie ihn an.

"Soll das heißen, dass du ihm so etwas zutraust?", jetzt schwang Erstaunen in seiner Stimme mit.

"Ich traue Jack alles zu! Der Mann wäre in der Lage mit dem Teufel einen Pakt zu schließen, nur um wieder an mich heran zu kommen!", brauste sie auf.

"Mit dem Teufel...." grübelte Mulder und wurde mit strafenden Blicken von Scully bedacht: "Mulder, das war nur eine Redensart!"

"Sicher, das denkst du! Aber was wäre, wenn er seine Seele tatsächlich dem Teufel verkauft hätte?", abwartend sah er sie an.

"Dann würde sich auch erklären, weshalb ich das Gefühl habe, in der Hölle gelandet zu sein!", brummte sie resigniert.

"Ja... ja... als die Hölle zu Eis gefror..." murmelte ihr Partner und warf einen Blick aus dem Fenster.

"So habe ich es vorhin auch empfunden!", horchte sie auf.

"Tatsächlich?", kam es erstaunt von ihm, "sollte doch etwas Wahres dran sein?"

"Nicht möglich!", winkte Scully ab und sah dann ihren Partner an, "oder doch?"

Dieser zuckte nur mit den Schultern.

Krycek betrat den Raum und steuerte auf Scully zu. In seiner Hand hielt er zwei Patronenhülsen.

"Woher? Ich meine, ich habe doch gar keine Schüsse gehört!", sie sah ihn erstaunt an.

"Ich habe diese Hülsen am Bootssteg gefunden. Als Mulder verwundet wurde...ich vermute mal, euer Schütze ist Jack."

"Aber auf den wurde doch gezielt!", lamentierte Scully.

Mulder gebot ihr Einhalt: "Moment, wenn er tatsächlich übernatürliche Fähigkeiten hat, dann hätte er auch das einfädeln können!"

"Hätte er? Aber wie erklärst du dir dann den Kerl, der in der Abstellkammer eingesperrt ist!", erwiderte Scully und verschränkte ihre Arme.

"Gehen wir mal rational an die Sache. Jack will sie zurück, "Krycek tippte Scully auf die Schulter, "und heckt einen Plan aus."

"Er engagiert einen Killer?", sie sah ihn ungläubig an.

"Nein nein, er verursacht in seinem Umfeld einige merkwürdige Dinge, nachdem er herausgefunden hat, was sie beruflich machen, bringt ein paar Menschen um und ruft das FBI auf den Plan als angeblicher Zeuge", erläuterte Krycek.

"Macht Sinn", kommentierte Mulder, "dann täuscht er extreme Gefahr vor und verlangt Schutz. Da er aber nicht in das Zeugenschutzprogramm will, spielt er gegen Skinner aus, dass er dich kennt."

"Skinner verfrachtet ihn zwar in meine Wohnung wie er geplant hatte, aber statt dessen ziehe ich zu dir und er muß sich wieder was neues einfallen lassen, damit er an mich ran kommt", murmelte Scully, "dann werden wir in die Hütte geschickt, also beauftragt er einen Killer, der uns Angst einjagen soll, aber er hat weder mit ihnen, Krycek oder Diana gerechnet und muß umdisponieren."

"Ist ja alles schön und gut, aber wieso sollte er sein eigenes Kind umbringen?", warf Mulder ein.

"Weil es nicht sein Kind war!", erklang Melissas tränen erstickte Stimme von der Tür.

Drei Köpfe ruckten herum und starrten sie an.

Melissa bewegte sich langsam auf ihren Sohn zu und strich über das blasse und kalte Gesicht: "Jack war nie in der Lage Kinder zu zeugen, von daher suchten wir uns einen Samenspender. Es war alles gewollt und dennoch glaube ich, er hat mir das nie verziehen."

Scully schwieg und sah betreten zu Boden, während Mulder Melissa die Hand auf die Schulter legte.

"Sie meinen, er dreht durch?" Krycek sah sie bedrückt an.

"Ich weiß es. An dem Tag, als ich ihm mit der Scheidung kam, begann das Fiasko", erwiderte sie und tiefer Schmerz stand in ihren Augen geschrieben.

"Du wolltest die Scheidung?", jetzt wurde Scully hellhörig.

"Nachdem ich lange Jahre mit erleben mußte, wie er mein Geld zum Fenster herauswarf, wie er andere Frauen zu sich ins Bett holte und mich beim Sex mit deinem Namen ansprach, hatte ich es endlich geschafft, von ihm loszukommen."

Scully und Melissa sahen sich direkt an.

"Und jetzt? Was schätzen sie, hat er vor?" Mulder sah Jacks Frau aufmerksam an.

"Er wird versuchen, mich und meine Tochter zu töten, da bin ich mir sehr sicher", kam es ungerührt von ihr.

Mulder, Scully und Krycek starrten sich wissend an.

"Er wird nicht nur Dich und deine Tochter töten, sondern auch den Rest!", Scully sprach mit Melissa als wären die beiden Männer gar nicht mehr im Raum.

Mulder und Krycek sahen sich im stummen Zwiegespräch an und gingen gemeinsam vor die Tür, um sich ohne die beiden Frauen zu beratschlagen.

"Was meinen sie, wie wollen wir mit Bishop weiter verfahren? Sollen wir ihn kaltstellen? Oder nur zur Rede stellen?" Krycek sprach als erster aus, was er dachte.

Mulder zuckte zuerst mit den Schultern und antwortete trocken und mit eiskalter Stimme: "Kaltstellen und hinterher Fragen stellen!", Mulder sah sehr wütend aus und ballte seine Hände zu Fäusten.

"Im Allgemeinen bin ich ja völlig ihrer Meinung, meine Herren", schaltete sich Scully ein, die unterdessen mitbekommen hatte, dass die Männer den Raum verlassen hatten, "aber ich bin mir nicht sicher, ob wir das ohne Beweise tun sollten. Was wenn es jemanden gibt, der so clever eingefädelt hat, dass wir glauben Jack sei der Mörder? Wollen wir einen Unschuldigen töten?"

Die beiden Männer sahen ein wenig verlegen zu Boden, hatten sie sich doch von ihrer maßlosen Wut verleiten lassen.

Krycek hatte sich als erster wieder unter Kontrolle, was Scully natürlich nicht wunderte, war er doch der Profikiller von ihnen und hatte sich noch nie großen Schuldgefühlen hingegeben.

"Hören sie zu Scully, wir können das Spiel nicht weiter spielen! Es ist viel zu gefährlich! Wir können unmöglich noch mehr Menschenleben sinnlos aufs Spiel setzen!"

"Ihre Sorgen in Ehren, Krycek, ich bin erstaunt, aber ich kann das nicht zu lassen!" Scully verschränkte die Arme.

"Du willst also dein Leben für Jack riskieren?" Mulder wurde ärgerlich.

"Nein, ich will mein Leben für euch riskieren!", konterte sie.

"Das lasse ich nicht zu! Ich will dich nicht verlieren, Scully!" Mulder griff bei diesen Worten nach Scully und zog sie, trotz ihres Protestes in seine Arme.

Krycek zog bei Mulder´s Worten die Augenbrauen zusammen. Scully ihrerseits war für den Moment überrumpelt und zu überrascht , um zu antworten. Melissa, die diese Szene still verfolgt hatte, spürte einen leichten Stich.

"Halt... Mulder!" Scully wand sich aus seiner Umarmung, "wir sind nicht aus persönlichen Gründen hier! Wir müssen einen Fall klären! Also halte mich nicht davon ab, meine Arbeit zu tun. Davon abgesehen habe ich schon oft um dein Leben Angst gehabt, doch du hast dich nicht darum gekümmert."

Er schluckte und ließ von ihr ab. Er war leicht betroffen, denn er wusste, sie hatte Recht mit dieser Aussage.

Krycek runzelte die Stirn: "Wenn sie möchten, stehe ich ihnen natürlich gern wieder als 'Schatten' zur Verfügung", und sah Scully an.

"Na super, fallt mir alle in den Rücken!", brauste Mulder auf, drehte sich wütend um und verschwand in der unteren Etage.

Melissa seufzte: "Viel Erfolg. Ich werde jetzt erst einmal nach meiner Tochter sehen..."

Scully sah Krycek dankbar an. Noch vor Tagen hätte sie es nicht für möglich gehalten, dass er ihr einmal als einziger zur Seite stehen würde.

Er drückte ihre Hand kurz und sah sie fest an: "Sagen sie Bescheid, wenn es los gehen soll. Wir schaffen das schon."

Sie lächelte ein wenig müde: "Wir müssen. Aber mit ihrem Rückhalt werden wir das schon schaffen!"

Krycek stieg die Treppe hinab und Scully ging zurück in den Raum. Ihr Blick haftete an der Leiche des kleinen Jungen. Minutenlang stand sie einfach nur starr auf einem Fleck und sah ihn an.

Langsam trat sie dann zum Fenster und beobachtete Jack. Ihr Finger wanderte über die Scheibe und ihre Stimme war gefährlich leise: "Ich werde nicht ruhen, bis ich dich getötet habe, Jacob Bishop!"

Die Nacht war kalt und klar. Es hatte aufgehört zu schneien, dennoch wirkte es nicht so, als ob in den nächsten Tagen eine Verbesserung der Wetterverhältnisse zu erwarten war. Krycek stand vor der Tür und starrte in die Dunkelheit. Er hatte sich mal wieder mit Diana über Mulder gestritten und langsam bereute er es, dass er sie geheiratet hatte.

Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter und drehte sich zur Seite. Scully hielt ihm einen Becher Kaffee hin und gesellte sich wortlos zu ihm.

Er nahm dankend an und ließ das heiße Gebräu seine Kehle hinab rinnen. Scully tat es ihm gleich und so standen sie wenige Minuten einfach schweigend nebeneinander.

"Es ist ein Alptraum", brummte er irgendwann.

"Ich weiß..." kam es leise von ihr.

"Ich..." begann er, schloß seinen Mund dann jedoch wieder.

"Ich denke wir stehen alle unter Strom, die einen mehr und die anderen weniger", sie sprach weiterhin leise, so als wolle sie die anderen nicht wecken.

"Sie mögen ja recht haben, aber ich liebe meine Frau, doch was macht sie, sie trauert immer noch ihrem Partner Mulder hinterher." Krycek fauchte seine Antwort fast und der Becher Kaffee zerschellte am nächstliegenden Baumstumpf.

Scully drückte ihn sanft am Arm, und Krycek drehte sich zu ihr. Ihr Gesicht zeigte Verständnis und den gleichen Schmerz.

"Ich hatte vergessen... " murmelte er entschuldigend und erinnerte sich daran, gehört zu haben, dass Mulder durchaus bereit war, Dianas Kind anzuerkennen. Es hatte seine Erzrivalin im Prinzip genauso getroffen wie ihn. Wunderbare Situation. Sie waren auf der Suche nach einem Mörder... nein vielmehr auf einer Jagd, denn er hatte sich geschworen diesen Mistkerl umzubringen - keiner würde ihn davon abhalten können! - und doch machten sie sich alle gegenseitig das Leben schwer.

Scully lächelte nur matt, dann goß sie ihren Kaffee in den Schnee und stellte ihren Becher zur Seite. Wieviel mußten sie alle noch ertragen, ehe diese Hölle endete? Sie spürte nicht nur ihre Resignation und Erschöpfung, sondern auch Kryceks. Und dabei hatte sie ihn immer für so stark und abgebrüht gehalten.

Er faßte nach ihrer Hand auf seinem Arm und drückte sie tröstend. Einen Augenblick sahen sie sich stumm in die Augen, dann drehten beide sich wieder nach vorne und atmeten aus.

Der Augenblick war so vertraut gewesen, dass es Scully kalt den Rücken hinunter gelaufen war. Auch Krycek atmete tief durch.

Nach einem Augenblick des Schweigens räusperte sich Scully leise: "Ich denke wir sollten wieder rein gehen..."

"Ja... natürlich... es wird ziemlich kalt", nickte Krycek, jedoch ohne ihr in die Augen zu sehen.

Beide drehten sich um, um in die Hütte zu gehen und blieben dennoch vor einander stehen. Erst sahen beide zu Boden, dann wanderten ihre Blicke langsam aneinander aufwärts, bis sie sich in die Augen sahen.

Einen Herzschlag lang schien alles um sie herum zu versinken. Sie standen einfach da und sahen sich an.

Plötzlich waren ihre Lippen aufeinander, seine Hand fuhr durch ihr Haar. Ihre Hände umschlossen seinen Körper. Es war wie ein Blitzlichtgewitter. Die Gefühle stoben durch ihre Körper und ihre Herzen schienen sich gegenseitig zu überholen.

Nur kurz ließen sie von einander und sahen sich an, dann preßten sich seine Lippen wieder heiß und begierlich auf ihre. Ihnen blieb kaum Zeit zum Atmen. Es war als würde sie von der Leidenschaft überrollt... es war als würde der Kuß nie enden.

Doch dann erklang ein Geräusch und beide stoben auseinander. Sie wechselten nur kurz Blicke, drehten sich zur Seite und starrten in die Dunkelheit.

Irgendwo war dieses Geräusch hergekommen. Es war definitiv nicht aus dem Haus gekommen, also woher kam es? Wer hatte es verursacht?

Scully gab Krycek Zeichen und reichte ihm eine FBI-Taschenlampe. Er sah sie erstaunt an und sie lächelte. Unter Garantie fragte er sich, weshalb sie so etwas in der Tasche hatte, aber eigentlich war sie ja auf einem Einsatz und dann war es auch Gewohnheit.

Vorsichtig verließen sie die Veranda und betraten den Schnee. Vor ihnen war der Schnee noch unberührt und knirschte unter ihren Schritten. Scully biß ärgerlich die Zähne zusammen. Es war zu laut, um unbemerkt zu bleiben und dennoch durften sie es nicht unterlassen einer Spur nachzugehen. Davon abgesehen spürte sie ihr schlechtes Gewissen. Was sie und Krycek da getan hatten... sie mochte gar nicht daran denken, dass sie ihren Erzfeind geküßt hatte.

Krycek gab ihr Zeichen, ihm zu folgen. Irgend etwas schien er entdeckt zu haben. Sie folgte ihm und eilte durch den hohen Schnee so schnell sie konnte.

Sie hatten sich dem Bootssteg bereits beträchtlich genähert, da blieben sie stehen und lauschten. Das Geräusch war fort und es war still... zu still für beider Geschmäcker. Sie blickten sich kurz an, dann gab er das Zeichen zum Weitergehen.

Plötzlich schoß etwas dunkles aus dem Nichts. Scully schrie nur noch Alex' Namen, um ihn zu warnen, doch da hatte dieses Wesen ihn bereits überrumpelt und war über ihm.

Verzweifelt suchte sie nach ihrer Waffe an ihrer Seite, doch sie hatte sie im Haus gelassen. Ein Fluch löste sich von ihren Lippen, ehe sie die Augen zusammen kniff und einen Spurt auf den am Boden liegenden Pulk machte.

Mit all ihrem Mut und ihrer Kraft griff sie nach dem Wesen, versuchte es von Alex zu ziehen und lenkte dessen Aufmerksamkeit auf sich. Der Angriff und das Ablenkungsmanöver gelangen und das Wesen fixierte nun sie.

Mit schnellen Schritten, so schnell der Schnee es zuließ, rannte sie blind zum Steg hinab. Ihre Taschenlampe war irgendwo verloren gegangen. Ein Blick zurück verriet ihr, dass Alex wieder aufstand und ihr fassungslos hinterher sah, dann spürte sie eine Schnur an den Beinen und fiel...

Sie spürte wie nicht nur ihre Beine nachgaben, sondern auch der Steg. Keinen Halt findend, sah sie das schwarze kalte Wasser auf sich zukommen und spürte hinter sich das Wesen, das nach ihren Beinen griff.

Die Angst lähmte ihre Stimme, ihre Sinne und jeglichen Gedanken, bis auf den, dass dies ihr Ende war. Dann schwappte nach unendlich langer Zeit das Wasser über ihrem Kopf zusammen und sie glaubte sterben zu müssen. Stechende Schmerzen nahmen ihr die Luft, die Kälte versagte ihr alles und noch immer spürte sie ihren unbekannten Gegner an ihren Beinen, der sie in die Tiefe zog...

Krycek war wie erstarrt. Er sah das Geschehen, aber begriff es nicht. Dann sickerte langsam die Erkenntnis in seine Gedanken und er rannte so schnell er konnte durch den Schnee zum Ufer.

Sein Blick ging fieberhaft suchend über die Wasseroberfläche. Irgendwo mußten Luftbläschen zu sehen sein, irgendwo...

Das Wasser war zu kalt, als dass irgendwer dort drinnen lange überleben konnte, Panik wallte in ihm auf. Er war nicht einer der Guten, aber sie hatte ihm sein Leben gerettet... er hatte sie geküßt und... er strich den Gedanken fort und sah sich weiter suchend nach Luftbläschen um, aber die Wasseroberfläche war ruhig und glatt.

Verdammt, sie würde das nicht lange überleben, sie mußte da raus!

Er spielte gerade mit dem Gedanken, selbst ins Wasser zu springen, da stoben die Wassermassen auseinander.

"Dana!", entfuhr es ihm und er watete ins Wasser, um sie herauszuziehen.

Mit Mühe hatte sie es an die Oberfläche zurück geschafft und versuchte sich nun mit letzter Kraft über Wasser zu halten.

Alex erreichte sie rechtzeitig und zog sie heraus.

Ihre Lippen waren blau angelaufen und ihr Blut schien aus Eis zu bestehen.

Schützend zog er sie in seine Arme und versuchte ihr von seiner Körperwärme ein wenig abzugeben, während er sie zum Haus führte. Ihre Beine knickten jedoch ein und so hob er sie hoch und trug sie das letzte Stück.

Ihre Blicke trafen sich und in beider Augen stand so viel Dankbarkeit, wie keiner je hätte aussprechen können.

Im Haus angekommen, setzte er sie auf dem ersten Sessel ab, den er fand und eilte los, um ihr neue Kleidung zu holen. Als er wenige Augenblicke später zurück in den Raum kam, stand Mulder bei Scully und sah ihn fragend an. Er reichte wortlos die Kleidungsstücke an Scully weiter und schob Mulder aus dem Raum.

Während er einen Kaffee für sie aufsetzte, sprach er kein Wort und auch Mulder blieb stumm. Erst als sie wieder zu Scully in den Wohnraum gingen, stellte dieser die ersten Fragen.

Krycek reichte Scully zwei Decken und den Kaffee, ehe er antwortete: "Es gab einen Unfall..."

"Wir wurden angegriffen", gab sie mit zitternder Stimme von sich.

"Angegriffen? Von wem? Es waren alle im Haus!" Mulder sah beide skeptisch an.

"Von einem Dämon... oder so was ähnlichem", druckste Scully herum, da sie es sich eigentlich nicht eingestehen wollte, dass es wirklich so war.

"Bitte von vorne..." murmelte Mulder und setzte sich ihr gegenüber. Noch glaubte er die Sache nicht so ganz, aber es wurde durchaus interessant.

"Wir waren auf der Terrasse und hörten ein merkwürdiges Geräusch in der Nähe des Bootsstegs", begann sie und unterließ es den Grund zu nennen, warum sie auf der Terrasse gestanden hatten, "wir sind also Richtung Bootssteg gegangen, da schoß auf einmal eine dunkle Gestalt aus dem Nichts und überwältigte Krycek. Ich hatte meine Waffe vergessen und versuchte dann so dieses Wesen von Krycek wegzulocken. Es gelang mir auch und ich rannte zum Steg, doch dort stolperte ich über etwas und fiel samt Wesen ins kalte Wasser. Einen kurzen Augenblick konnte ich das Wesen sehen und erkannte Hörner... Hörner, Mulder! Es hatte mich an den Beinen und zog mich in die Tiefe, doch dann war es auf einmal weg. Ich.. weiß nicht wie ich an die Oberfläche kam, aber es geschah in letzter Sekunde."

Mulder sah sie erstaunt und nachdenklich zugleich an.

"Irgendwer oder -was will uns alle töten, aber warum?" Krycek sprach aus, was sie alle dachten.

"Kommt Jack überhaupt noch in Frage?" Scully sah die beiden Männer fragend an.

Mulder seufzte: "Wir sollten es noch nicht ausschließen, aber wir müssen jetzt noch vorsichtiger sein, vielleicht haben wir einen unbekannten Gegner."

"Jack hat ein Seil gespannt, an dem ich fast zu Grunde gegangen wäre", murmelte Scully und erreichte Alex Aufmerksamkeit.

"Am Steg?", erklang seine Stimme und ihr Nicken bestätigte seine Frage.

"Also doch er?" Mulder fuhr sich nachdenklich durch das zerzauste Haar.

"Nicht unbedingt", entgegnete sie, "vielleicht wollte er Melissa einen Schrecken einjagen, aber ich denke, wir haben es mit einem weitaus gefährlicheren Gegner zu tun."

Alex sah sie an und verstand. Auch Mulder wurde klar, was das bedeutete... sie saßen schutzlos in der Falle!

Nachdem Sie alle eine unruhige Nacht verbracht hatten, hatte Scully am frühen Morgen schon ungebetenen Besuch in ihrem Zimmer. Jack hatte sich herein geschlichen und Scully mit Küssen aufgeweckt. Im ersten Augenblick hatte sie an Alex gedacht, dann an Mulder und als sie die Augen aufschlug, entglitt ihrer Kehle ein angewiderter Schrei. Sie war noch nicht ganz wach, aber schon stinksauer: "Was tust du in meinem Zimmer!"

"Ich wollte dich wecken", grinste er und Scully sah wie verklärt seine Augen waren.

"Geh zu deiner Frau, Bastard", sie wischte sich demonstrativ den Mund mit dem Hemdsärmel ab, "aber laß mich in Ruhe!"

Plötzlich wurden Jacks Augen listig: "Weiß dein Partner denn unterdessen, dass du dich mit diesem anderen vergnügst?!"

Scully rieb sich die Augen. Jack konnte doch unmöglich gesehen haben, was letzte Nacht auf der Terrasse geschehen war.

"Woher willst du denn so etwas wissen?", erwiderte sie so kühl, wie es ihr möglich war.
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