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Requiem aeternam dona eis, Domine

von PurityC

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Scherben. Seine Schritte knirschen. Hallen wieder.



Scharf. Kantig. Spitz. Blitzend. Die eingeschlagene Fensterscheibe. Ein Luftzug. Zaust sein Haar. Reißt an seinem Mantel. Der Mond lugt durch das Fenster. Stiller Beobachter. Blasser Schein. Kalt. Schal.



„Scully! - Scully wo sind Sie?“



Seine Stimme verliert sich. Dringt bis in jeden Winkel. Doch verhallt. Hoffentlich nicht zu spät das Unglück zu verhindern. Gezogene Waffe. Bereit. Gespannt.



Stille. Nur sein Atem. Tief. Sich vorbereitend. Ein. Aus. Ein. Aus. Weitere Schritte. Um die Ecke. HALT! -



Rot. Braun. Blut. Seine Augen starren. Weiten sich.



/ Doch halt, o Pein!

Was soll dies sein?

Was für ein Graus ist dies?/



Blutschlieren an den Wänden. Lachen auf dem Boden. Bruchsekunden. Sein Herz hämmert. Reißt ihm beinahe die Brust entzwei.



/ Aug, siehst du noch?

O schweres Joch!

Mein Herz, mein Liebchen süß,/



Lässt den Blick schweifen. Sein Herz setzt einen Schlag aus. Vom Mond beschienen lag sie da. Zerrissen. Dreckig. Blutig. Ein kleiner Klumpen. Dunkel.



Scullys Jacke.



/ Dein Mantel gut

Befleckt mit Blut!

Ihr Furien, kommt im Trab /



Zu spät. Er war zu spät. Hatte es nicht rechtzeitig geschafft. Hatte versagt. Seine Scully war fort. Unwiederbringlich fort.



Erst Unglauben. Dann Wut. Wut auf sein Versagen. Wut auf den Teufel der Tat. Wut auf seine Arbeit. Wut auf seine Liebe.



/ Herbei, und rächt,

Und löscht, und brecht

Den Lebensfaden ab!/



Begreifen? Hilflosigkeit. Lässt sich auf die Knie fallen. Starrt vor sich hin. Scherben schneiden durch seine Hose. Schneiden ins Fleisch. Bemerkt es nicht. Taub.



Seine Unterlippe zittert. Bebt. - Tränen steigen ins Auge. Wässern. Wogen.



/ Komm Tränenschar!

Aus, Schwert! Durchfahr

Die Brust dem Pyramo!/



Laufen über. Rollen herab. Striemen auf den Wangen. Kleine Tropfen auf dem Hemdkragen.



Was tun? Leben? - Sinnlos. Kein Zweck. Kein Grund. Er war zu spät gekommen. Alles aus.



Fühlt das Metall in seiner Hand. Kalt. Umklammert es. Hebt es. Hebt es an seine Schläfe. Fühlt sich nicht richtig an. Nicht die Schläfe. Nein. Die Liebe würde weiterhin schmerzen. Auch nach dem Tod. Nein. Das Herz soll es sein.



/ Die Linke hier,

Wo’s Herz hüpft mir;

So sterb ich denn, so, so! /



Der Mond blickt untätig herab. Spiegelt sich im Lauf der Waffe.



Er spürt ihren Druck auf der Brust. Den Punkt überm Herzen. - Seine Hand zittert nicht als er den Abzug durchzieht.



Zeit steht still. Ist langsamer. Ein Körper gleitet nach vorn. Schlägt auf den Boden. Blut sickert. Tränkt alles.



/ Nun tot ich bin,

Der Leib ist hin,

Die Seel speist Himmelsbrot./



Letzte rasselnde Atemzüge. Das Herz pumpt. Pumpt die Lebenskraft heraus. Ein See aus Blut. Tot.



/ O Zung, lisch aus!

Mond geh nach Haus!

Nun tot, tot, tot!/



Wolken verdecken den Mond.



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Außer Atem. Tritt ein. Starre Haarsträhnen vorm Auge. Starr vor Blut. Metallischer Geschmack. Dumpfer Schmerz.



Entkommen. Ist entkommen. Ausgelaugt. Leer.



Blickt auf. Eine Gestalt auf dem Boden. Gekrümmt. Fast wie schlafend. Reglos.



Mulder?



/ Schläfst du, mein Kind?

Steh auf geschwind!

Wie, Täubchen, bist du tot?/



Begreift erst jetzt. Eilt zu ihm. Sieht herab. Zittert. Lässt sich sacht auf die Knie nieder. Noch feuchtes Blut. Saugt sich in ihre Hose. Fast noch warm.



Keine Bewegung. Beobachtet genau. Kein Atem. Kein Herzschlag. Nicht schlafend.



/O sprich! O sprich!

O rege dich!

Ach! Tot ist er! O Not!/



Bebend. Zaghaft berührt Hand Mund. Warme Hand toten Mund. Streicht ihn entlang. Als würd’s ihn zum Leben erwecken. Tote Augen blicken aus toten Höhlen. Blinzeln nicht. Weiten sich nicht. Erkennen nicht.



/Dein Lilienmund,

Dein Auge rund,

Wie Schnittlauch frisch und grün,/



Die Hand zeichnet Nase. Prägt sich alle Konturen ein letztes Mal ein. Gleitet über Wangen. Wangen die blass und kühl.



/Dein’ Kirschennas’

Dein’ Wangen blass,

Die wie ein Goldlack blühn,/



Visionen.



Sie in Schwarz. Der Himmel weint. Das Loch. Ein Sarg. Sinkt herab. Herab in die kalte Dunkelheit. Weiße Lilien sinken mit.



Die erste Schaufel Erde. Die zweite. Die dritte. Bedecken alles. Sein Grab.



/Soll nun ein Stein

Bedecken fein?

O klopf, mein Herz, und brich!/



Will es nicht mit ansehen müssen. Nicht länger den Schmerz des Verlustes spüren. Will es nicht ertragen! Zorn! Wut!



Warum kam sie nicht eher zurück? - Wut auf sich.



Warum hat er so übereilt gehandelt? - Wut auf Mulder.



Warum muss sie ihn lieben? - Wut auf ihre Liebe.



Will nicht mehr.



/Ihr Schwestern drei!

Kommt, kommt herbei,

Und leget Hand an mich!/



Will nichts mehr fühlen. Will sterben.



Sieht die Erlösung in Mulders Hand. Waffe. Munition. Zieht darum gekrallte Finger auseinander. Ergreift sie. Liegt schwer in ihrer Hand. Sieht nieder. Stahlgrau. Glatt. Der einzige Ausweg.



/Zung, nicht ein Wort!

Nun, Dolch, mach fort,

zerreiß des Busens Schnee!/



Ein dunkelroter Fleck auf seiner Brust. Sei Herz zerfetzt. Gefühl abgetötet. Will nichts fühlen. Ja. So soll es sein.



Ihre Hand hebt sich wie von selbst. Setzt den vertrauten Gegenstand an. Setzt ihn über’s Herz. Sein Klopfen protestiert gegen das Bevorstehende. Finger am Abzug. Augen fest auf ihn gerichtet. Drückt ab.



Ein kurzer Ruck. Wieder kriecht die Zeit. Ihr Körper sinkt auf den seinen. Blut vermischt sich. Verbunden im Tod. Ihre Finger krampfen um die seinen.



/Lebt wohl, ihr Herrn!

Ich scheide gern.

Ade, ade, ade!/



Schließt die Augen. Fällt in ewigen Schlaf. Zwei Liebende. In einander verschlungen. Beinahe schlafend.



Jedoch vereint im Tod.





Requiem aeternam dona eis, Domine.




FINIS
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