World of X

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Witness: Prequel

von Agent Myers

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It was only one hour ago

It was all so different then.

Nothing yet has really sunk in

Looks like it always did

This flesh and bone.

It's just the way that we are tied in

But there's no one home.



Es war nur eine Stunde zuvor

Damals war alles so anders

Noch nichts ist richtig durchgedrungen

Scheint, als ob es immer so gewesen wäre

Haut und Knochen.

Es ist nur die Art und Weise, auf die wir gefesselt sind

Aber es ist niemand zuhause.



I grieve for you

You leave me



Ich trauere um dich

Du verlässt mich



So hard to move on

Still loving what's gone.

Still, life carries on

Carries on and on

and on and on...



Es ist so schwer, weiterzumachen

Während man das, was weg ist, immer noch liebt

Doch immer noch, das Leben geht weiter

Geht weiter und weiter

Und weiter und weiter...



~ Peter Gabriel, “I grieve” (Ich trauere)





Witness: Prequel







„Es ist ungeheuerlich, Dad.“



Ich war mit der Schlagzeile in der Zeitung beschäftigt, ich konnte nicht richtig verarbeiten, was mein Sohn mir gerade gesagt hatte.



„Hmm? Was ist das, Luke?“



„Mein Müsli. Es ist ungeheuerlich. Ich will es nicht essen.“



Ich seufzte und legte die Zeitung auf dem Küchentisch ab. Ich schaute auf die Uhr. Luke musste in zwanzig Minuten in der Schule sein, und man brauchte zehn, um dorthin zu kommen. Vielleicht könnte ich ihn absetzen, aber jetzt, da er ein neues Fahrrad hatte, würde er niemals zulassen, dass ich ihn mitnehme.



„Gib es der Katze. Was willst du denn dann essen?“, fragte ich ein wenig verwirrt.



“Pop Tarts.”



“Ah, das ist ein nahrhaftes Frühstück. Hast du deine Bücher und dein Baseball-Trikot?



„Ja, Dad!“, erwiderte Luke, als ob ich ihm eine dumme Frage gestellt hätte. Ich wuschelte durch sein Haar, als er wegging, um sich Pop Tarts zu machen. Er schlug meine Hand weg und lachte.



„Irgendwelche wichtigen Tests heute?“



„Nö“, antwortete mein Sohn. „Am Freitag habe ich aber einen Buchstabier-Test.“



Und es war Montag. Ein weiterer Tag, meinen Sohn startklar für die Schule zu machen, obwohl er es mittlerweile schon fast selbstständig erledigen konnte. Er hasste es, wenn ich ihn fragte, ob er seine Bücher hätte, seine Zähne geputzt und frische Socken angezogen hätte. Aber ich bin nun mal ein Vater, und alte Angewohnheiten sterben langsam. Als Linda von uns ging, schwor ich, dass ich genau dasselbe wie sie für unseren Sohn tun würde. Es war schwer, sowohl Mom und Dad für ihn zu sein, aber ich habe geschafft – und das schon seit zwei Jahren.



„Kommt Monica heute vorbei?“, wollte er wissen, als er sich ein Stück Blaubeer-Pop-Tart in den Mund schob.



„Ja, ich dachte, wir könnten alle zum Park hinuntergehen oder etwas in der Art. Magst du sie, Luke?“



Luke nickte. Es war zwar keine überwältigend positive Antwort, aber es war ein Ja. Ich war seit fast sieben Monaten mit Monica zusammen, und alles lief extrem gut. Ich hätte unsere Beziehung schon längst auf eine neue Stufe gebracht, aber ich wollte, dass mein Sohn damit einverstanden ist. Immerhin war er das Allerwichtigste für mich.



Ich beobachtete ihn, während er am Tisch saß, und dachte darüber nach, wie sehr er in den letzten zwei Jahren gewachsen war. Sein bräunlich-blondes Haar hatte einen Haarschnitt dringend nötig, aber den Besuch beim Friseur war ihm nicht weniger zuwider wie der beim Arzt. Genau wie sein Dad.

Seit ich ihm das letzte Mal Turnschuhe gekauft hatte, waren seine Füße eine halbe Nummer größer geworden. Ich lächelte. Beim Baseball war er auch richtig gut.



„Warum schaust du mich denn so an, Dad?“



„Hmm?“ Ich schreckte aus meiner Träumerei.



„Du schaust mich so komisch an.“



„Tut mir leid, ich habe nur nachgedacht. Du siehst deiner Mom ganz schön ähnlich, weißt du.“



Luke lächelte nur. Ich glaube, er vermisste seine Mutter sehr, aber nur selten kam er damit heraus und sagte es tatsächlich. Er hatte so viel von mir.



„Ich muss zur Schule, Dad“, rief er und sprang vom Tisch auf. Ein Haufen Krümel lag auf seinem Stuhl. Ich wusste, dass er spät dran war, deshalb ließ ich es ihn nicht sauber machen. Ich stand auf, umarmte ihn und gab ihm einen Kuss auf sein Haar. Auch er drückte mich, und diesmal verblieb er sogar noch einen kurzen Augenblick in dieser Stellung. Ich denke, er konnte spüren, dass ich seine Mutter vermisste.



„Ich hab’ dich lieb.“



„Ich hab’ dich auch lieb, Dad.“



Und schon war er aus der Tür und gegangen.



* * *





Ich machte ein paar Notizen in einer Fallakte und schloss sie. Ich war nahe daran, sie aus dem Fenster zu werfen.



Ich legte meinen Stift weg und rieb meine Augen. Ich hasste Papierarbeit. Die Uhr besagte, dass bald Mittagspause sein würde, also konnte ich mich zumindest darauf freuen. Das Telefon klingelte.



„Doggett.“



Eine schrille Stimme sprach auf der anderen Seite der Leitung. „Mr. Doggett, hier ist Majorie aus der Schule. Wir haben uns gefragt, ob Sie vielleicht vergessen haben, Ihren Sohn heute Morgen krank zu melden.“



Erst einmal war ich ziemlich verwirrt. „Ähm, nein. Warum... geht es Luke nicht gut?“



„Nein Mr. Doggett... Ihr Sohn ist nicht da.”



„Nicht da?“ Ich versuchte, die Sorge in meiner Stimme zu verbergen. Eine Million Gedanken rauschten mir durch den Kopf, doch keiner davon war gut. Wenn Luke sich etwas eingefangen hätte und deshalb nach Hause gegangen wäre, hätte er mich angerufen.



Ich stellte Majorie noch einige Fragen, aber bei jeder ergab sich dieselbe Antwort. Mein Sohn hatte die Schule nie erreicht. Ich legte auf, als Panik mich wie die Nachwirkungen eines harten Drinks durchflutete. Ich wählte unsere Telefonnummer so schnell ich konnte.



Es klingelte viermal. Meine eigene Stimme begrüßte mich. „Sie haben 242-5396 erreicht. Niemand ist zuhause, also hinterlassen Sie bitte eine Nachricht. *Beep*“



„Luke? Junge, wenn du da bist, dann nimm bitte ab. Hier ist Dad. Luke, nimm ab.“ Ich versuchte ruhig zu bleiben, aber meine Stimme wurde immer lauter. „Luke, NIMM AB!“ Als ich wartete, füllten Stille und ein gelegentliches Knacken in der Leitung meine Ohren. Ich schloss die Augen, als tiefe Angst von mir Besitz ergriff.



Ich schnappte mir meinen Mantel und stürmte aus dem Büro.



* * *





Auf dem Weg zur Schule fühlte ich mich wie betäubt.



Mein Verstand ratterte alle schrecklichen, fürchterlichen Möglichkeiten herunter. Aber irgendwo, in den dunkelsten Ecken meines Gehirns, glaubte ich, dass sich alles wieder einrenken würde. Dass alles wieder gut werden würde.



Mein Handy klingelte.



„Doggett.“



„John? Ich bin’s, Monica.“



„Hi“, grüßte ich, ein wenig enttäuscht, dass nicht mein Sohn am anderen Ende der Leitung war. „Was gibt’s?“



„Na ja... ich... ist alles in Ordnung?“ Irgendwie hatte Monica einen sechsten Sinn. Ich habe sie noch nie danach gefragt, aber sie schien immer zu spüren, wenn mit mir etwas nicht stimmte.



“Tatsächlich, Monica, ist NICHTS in Ordnung. Luke hat es heute Morgen nie bis zur Schule geschafft. Von ihm fehlt jede Spur.“



„Oh mein Gott, John.“ Mir gefiel ihr Tonfall nicht. Er beängstigte mich mehr als Majories Stimme, die mir mitgeteilt hatte, dass mein Sohn nicht in der Schule war. Es war so, als ob sie etwas wüsste... etwas, das mir selbst nicht bekannt war.



„Ich bin auf dem Weg zur Schule.“



„Ich treffe dich dort. Und ich hole Hilfe, okay?“



Oh Gott. Sie holte Hilfe. Das ist real, sagte ich mir selbst. Jetzt ist es kein Kind mehr, das krank ist, sondern ein Kind, das vermisst wird. Nicht nur ein vermisstes Kind, sondern ein Fall. Mein Sohn war ein Fall. Und einmal mehr durchströmte mich Panik.



„Okay“, entgegnete ich zitternd. Ich legte auf.



* * *





Ich starrte das Fahrrad völlig ungläubig an.



„Ist das das Rad Ihres Sohnes?“, fragte mich jemand. Ich nickte, ohne meinen Blick von dem Fahrrad oder dem Rucksack, der daneben lag, abzuwenden. Ich hob ihn auf und starrte ihn an. Meine Atemzüge wurden kurz, meine Brust fühlte sich an, als ob sie zusammensacken würde.



„John...“



Das war Monica. Ich drehte mich um und sah sie an. Der Ausdruck auf meinem Gesicht musste anscheinend etwas Furchtbares widergespiegelt haben, denn ihr Gesicht reflektierte nun meine Sorge.



„Er wurde entführt. Jemand hat mir meinen Sohn genommen, Monica.“



„Oh Gott...“



Sie legte ihre Hand auf meine Schulter. Ich erwartete von ihr, mich mit Worten wie „Es kommt schon in Ordnung, John. Alles wird gut.“ zu trösten, aber das tat sie nicht. Aus irgendeinem Grund machte mir das Sorgen.



* * *



Drei Tage später



Ich stand auf dem Feld und sah zu. Ich konnte sehen, wie sich die Beamten versammelten und auf den Boden blickten. In meinem Hals stieg Galle auf. Auch Monica entdeckte ich dort. Sie drehte ihren Kopf und schaute mich an. Und ich wusste, was sie alle anstarrten.



Nein.



Das kann einfach nicht wahr sein.



Das kann es einfach nicht.



Bitte lass es nicht wahr sein.



Meine Füße weigerten sich, sich zu bewegen. Ich konnte nicht da hinüber laufen und es mir ansehen. Mein Körper, ausgelaugt von den vergangen paar Tagen ohne Schlaf, fühlte sich an, als ob er unter meinem eigenen Gewicht zusammenbrechen würde. Mein Herz fühlte sich an, als ob es sterben würde, physisch richtig sterben würde. Aufhören würde zu schlagen. Ich wünschte es mir fast, damit ich das nicht würde durchstehen müssen.



Ich begab mich auf den Weg zu der Gruppe aus Männern in Blau. Sie drehten sich zu mir um und sahen mich an. Ihre Augen waren traurig, ein paar besorgt, wahrscheinlich um mich. Sie verließen den Schauplatz langsam. Plötzlich wurde mein Körper taub, und meine Augen waren auf etwas auf dem Boden fixiert. Ich ging darauf zu und wurde mit jedem Schritt mehr mit Grauen erfüllt.



Das kann unmöglich wahr sein. Bitte lass es nicht wahr sein...



Die Welt schien in Zeitlupe an mir vorbeizuziehen. Die Geräusche des raschelnden Laubes unter meinen Füßen, die Stimmen der Beamten, der Klang der Natur... alles verblasste. Ich lief wie in Trance, wie in einer Wolke. Alles, was ich sehen konnte, war Monica. Und als ich sie erreichte, auch meinen Sohn.



Meine Hände begannen zu zittern, als ich zu ihm hinunterblickte. Mit dem Gesicht zum Boden. Blut. Regungslos, still. Tot.



Tot.



Plötzlich wurde mir mein Atem geraubt. Ich bekämpfte es nicht.



Monicas Stimme klang weit weg. „John, es tut mir so leid...“, schluchzte sie. Ich denke, sie legte mir ihre Hand auf die Schulter.



Ich schloss meine Augen, als ich Tränen spürte. Ich sog sie hinunter, schluckte den Kloß in meinem Hals. Ich kniete mich neben den leblosen Körper meines Sohnes und starrte ihn an. Monica ging weg. Ich konnte sie schluchzen hören.



Mein Atem ging stoßweise.



Und langsam starb ich innerlich...



* * *





Es war passend, dass es am Tag der Beerdigung meines einzigen Sohnes in Strömen regnete. Warmer Regen, wie ein Ersatz für die Tränen, die ich nicht vergieße. Ich stehe inmitten eines Meeres aus schwarzen Anzügen und Regenschirmen, und ich fühle mich, als ob dieser Schmerz nur abklingen könnte, wenn der Erdboden mich verschlucken würde.



Monica steht regungslos neben mir, als sich ein immerwährender Strom Tränen den Weg über ihr Gesicht bahnt. Ihre Hand liegt in meiner, und während der Lobrede drückt sie sie von Zeit zu Zeit.



Das Lied, das bei der Beerdigung gespielt wurde, wiederholt sich immer wieder in meinem Kopf.



Hier bin ich, Herr

Bin es ich, Herr?

Ich habe dich in der Nacht rufen gehört

Ich werde gehen, Herr

Wenn du mich führst

Werde ich deine Leute in meinem Herzen halten.



Obwohl das Lied wunderschön war, verabscheue ich seine süße Melodie, als es immer und immer wieder durch meinen Kopf geht. Mein Sohn... gerufen? Gerufen, um in diesem jungen Alter diesen schrecklichen, tragischen Tod zu sterben? Unsinn. Gott kann nicht so grausam sein. Ich weigere mich zu glauben, dass Gott erlauben würde, dass mein Sohn wie ein Lamm zum Schlächter geführt wird. Erlauben würde, nicht in hohem Alter friedlich von einer Welt in die andere überzugehen, sondern von der Hand des Teufels selbst ermordet zu werden, mit dem Gesicht im Schlamm.



Wie kann ich dich nicht hassen, Herr?



Ich spüre, wie Monica meine Hand drückt, als ich zu zittern beginne. Wegen dem Schmerz. Wegen der Schuld. Wegen der Angst. Wegen dem Hass. Ich will töten. Ich will getötet werden. Ich will in der Schlucht von Dunkelheit versinken. Ich kann schon fühlen, wie sie meine Lungen füllt. Alles, was ich tun muss, ist loszulassen...



* * *





Wie betäubt werde ich durch die Tür meines Hauses geführt. Die letzten paar Tag war ich hier nicht länger als eine Stunde. Monica setzt mich auf die Couch. Ich stütze mich auf die Armlehne und bedecke meine Augen mit meinen Händen.



„Soll ich dir etwas zu trinken holen, John?“, möchte sie wissen. Es wirkt wie eine dumme Frage, aber na ja, schließlich wirkt alles irgendwie falsch.



„Ja...“, antworte ich. „Im Kühlschrank ist Bier.“ Ich höre sie hinter mir. Sie bewegt sich nicht.



“John…”



“Streite dich nicht mit mir, Monica.“



Sie macht eine Pause und begibt sich dann auf den Weg in die Küche. Meine Augen wandern zum Kaminsims, wo die Bilder meines Sohnes stehen. Ich fixiere mich auf sein Baseballfoto, sein sanftes, lächelndes Gesicht.



Ich springe von der Couch auf, weil ich es nicht anschauen will, und mache mich auf die Suche nach einem Bier.



Monica wühlt durch den Kühlschrank, als ich die Küche betrete. Sie scheint überrascht, mich zu sehen. „Hier“, meint sie und überreicht mir die Flasche. Sie selbst holt sich auch eine. Ich öffne sie und nehme einen großen Schluck.



Der Haufen Krümel auf dem Küchenstuhl. Von seinem Pop Tart.











Ich schließe meine Augen, als Wut mich durchströmt. Wie ein Vulkan, der bereit ist, auszubrechen, muss auch bei mir etwas hinhalten.



„John?“ Ich höre Monicas Stimme, aber meine Augen sind auf die Bierflasche in meiner Hand fixiert.



„Gottverdammte Scheiße!“, brülle ich, als ich die Flasche durch den Raum schleudere, wo sie an der Wand in eine Million kleiner Zeile zerspringt. Die braune Flüssigkeit spritzt uns beide voll und rinnt an der Mauer hinunter.



Monica ist erstarrt vor Schock.



„WARUM?“, belle ich. „WARUM MONICA? WARUM IST MEIN SOHN TOT?“



“Ich weiß es nicht, John... ich weiß es nicht!”



Ich lege meine Hände auf den Tisch und lehne mich darüber.



„Ich werde wahrscheinlich einhundert Jahre alt, und mein Sohn wird nicht einmal erfahren, wie es ist, zehn zu sein! Er wird nie mehr Baseball spielen... er wird nie den Highschoolabschluss machen... er wird nie eine Freundin haben...“



Ich fühle den Knoten in meinem Hals. Diesmal kann ich es nicht für mich behalten. Die Tränen beginnen aus versteckten Tiefen aufzusteigen. Der Damm bricht stark.



„Gottverdammte scheiße...“, brülle ich. Meine vulgären Worte symbolisieren einen Protest Gott gegenüber. „Wie kann das wahr sein? Wie kann das Leben eines Kindes... einfach so weggenommen werden?“



Ich sage das nicht laut, aber ich denke es.



Monica tritt einen Schritt vor, um mich zu trösten. Ich gehe zur Seite, um ihr auszuweichen. „Es ist verdammt noch mal nicht fair, Monica. Warum ist das Leben meines Kindes vorbei? Warum, wenn Millionen von Kindern aufwachsen... WARUM ist *mein* Kind das, das tot ist? Wie ist das fair?“



Niemand hat je gesagt, das Leben wäre fair, oder?



Sie antwortete nicht, sie starrte mich nur mit einem leidvollen Gesichtsausdruck an, die Tränen liefen ihre Wangen hinunter. Ich schrie sie nicht an; ich suchte keine Antworten bei ihr. Ich hoffe, sie wusste das.



„Warum...?“, bringe ich mühsam hervor. Dieses Wort ist gefolgt von Tränen. Ich glaube, Monica ist geschockt, als sie an meinem Gesicht herunterrollen. „Warum...“



Sie tritt vor und nimmt mich in die Arme, und ich lasse es zu. Verzweifelt suche ich ihren Trost. Ich habe eine menschliche Berührung noch nie so sehr gebraucht... Ich lasse alles heraus, weine still an ihrer Schulter. Sie streichelt meinen Hinterkopf, genau wie eine Mutter. Sie hält mich noch fester, und ich weine noch stärker. Ich vergesse meinen Vater, der mir gesagt hat, ich würde überreagieren, als ich acht Jahre war und beim Begräbnis meiner Großmutter geweint habe. In diesem Moment bin ich ein Mann, der soeben seinen einzigen Sohn beerdigt hat.



* * *





Wie soll sie das jemals verstehen?



Ich sitze jetzt im dunklen Wohnzimmer. Allein. Geistig allein, körperlich allein. Mein Kopf liegt in meinen Händen.



Monica ist vor ungefähr dreißig Minuten gegangen. Ich sagte ihr, ich würde im Moment nicht mit einer Beziehung fertig werden, dass es zu viele andere Dinge gab, über die ich nachdenken müsste. Sie war verletzt, schrecklich verletzt, fürchte ich, aber sie versicherte mir, dass sie verstand. Ich habe meine Frau und meinen Sohn verloren, und nun habe ich das einzig Gute in meinem Leben weggeworfen. Sie ist weg, weil ich ihr sagte, sie solle gehen.



Wird sie jemals erfahren, dass ich es für sie getan habe? Dass ich sie nur vor der Schwärze bewahren wollte, die mich verschluckte? Macht es irgendwie Sinn für sie... versteht sie es so wie ich?



Und wird sie mir verzeihen?



Natürlich wird sie. Sie liebt mich.



Ich bin ein Idiot.



Ich lief ihr nach. Aber es war zu spät. Ich erkannte zu spät, dass ich einen Fehler gemacht hatte, und jetzt, sogar wenn ich sie anrufen und versuchen würde, alles wieder gerade zu biegen... es wäre egal. Ich habe meine Worte schon ausgesprochen. Ich habe ihr schon wehgetan, und es ist nichts, was ich zurücknehmen könnte, weil sie weiß, dass es die Wahrheit war, genau wie ich.



Ich würde sie nur verletzen. Und so viel Liebe ich auch für sie empfinde, ich kann sie nicht lieben. Mein Herz ist gebrochen, mein Verstand ist mit Dunkelheit erfüllt. Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder lächeln werde. Wie könnte ich ihr das geben, das sie mir gegeben hat?



Ich kann es nicht.



Und deshalb sitze ich hier in der Dunkelheit. Ich kann die Leere, die einmal ein Zuhause war, nur anstarren. Und ich frage mich, ob das je vorbeigehen wird.







Ich weiß, dass es nur eins gibt, was die Gebrochenheit heilen kann. Zeit.



Ich stehe auf und laufe zum Kamin. Ich suche ein Foto aus den vielen meines Sohnes aus und halte es in meiner Hand. Ich setze mich wieder und starre es an. Es ist ein Bild meines Sohnes in seinem Baseballtrikot. Ich schließe meine Augen und erinnere mich an den Klang seiner Stimme. Ich erinnere mich an sein Gesicht, und daran, dass er Linda so ähnlich sah. Ich erinnere mich an ihn. Und ich versuche zu lächeln, aber...



Im Moment kommt es nur als eine Träne hervor.



* * *



Lass es raus und mach weiter

Vermisse, was weg ist

Doch das Leben geht immer noch weiter

Doch das Leben geht immer noch weiter

Und weiter und weiter...



* * *



~FINI~



*schnief* Ich hasse Nicht-Happy-Ends. Wenn du an einer Überdosis Angst leiden solltest, verschreibe ich ein erneutes Lesen von Witness I & II. Die anderen beiden Teile sind um einiges fröhlicher und spielen *nach* dieser Geschichte.
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