World of X

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Es bleibt uns Hawaii

von Kinona

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Es war doch immer wieder dasselbe! Wieder einmal waren sie aufgrund von irgendeinem obskuren Fall ans andere Ende des Landes geschickt worden. Wobei die Tatsache, dass das andere Ende des Landes diesmal Hawaii hieß, die Sache etwas erträglicher machte. Es war wohl so eine Art glücklicher Zufall gewesen, das der nächste Flug nach Washington erst in zwölf Stunden ging. Es ist so eine Art bezahlter Urlaub, versuchte sich Dana einzureden. Mulder war mit dem Vorschlag gekommen, nach dem Abendessen an der Bar auf der Hotelterrasse noch was trinken zu gehen. Die Aussicht war wirklich herrlich. Direkter Blick aufs Meer. Und die blonde Barkeeperin hatte ihnen bereits jeweils ein halbes Duzend von diesen wundervollen Tequilas serviert. Müde ließ Dana ihren Kopf kreisen, in dem vergeblichen Versuch, die Verspannungen in ihrem Nacken zu lösen. Die Anstrengungen der letzten Tage waren eben doch nicht spurlos an ihr vorbeigegangen. Ohne genau zu wissen, was er da tat, legte Mulder zärtlich seine Hände auf ihre Schultern und begann sie mit sanftem Druck zu massieren. Es fühlte sich richtig an seine Hände auf ihrer bloßen Haut zu spüren. Er wollte nicht darüber nachdenken weshalb ihre kleinen Gesten plötzlich eine so große Anziehungskraft auf ihn ausübten. Nach all dem Tequila, zweifelte er daran, dass er überhaupt nachdenken konnte. Überrascht blickte sie ihn an. Das Licht der Kerzen spiegelte sich in ihren Augen wieder.



„Das sind ja ganz neue Qualitäten, die ich da an Ihnen entdecke, Mulder!“, lächelte sie verschmitzt.



„Na ja.“, grinste er. „Ein bisschen was habe ich auch gelernt in den langweiligen Anatomiestunden in der Highschool.“



„Lassen Sie mich raten: Sie hatten eine junge, große, gutaussehende, blonde Biologielehrerin!“



Mulder war aufgestanden und stand nun hinter ihr.



„Nein!“, antwortete er lachend. „Aber eine sehr zuvorkommende sommersprossige Nebensitzerin.“



Einen Augenblick lang sah ihn Scully an um in seinen Augen zu lesen. Ein ungewohnter Glanz lag ihn ihnen, der sie irritierte. Sie hätte nicht einmal sagen können ob er scherzte.



„Entspannen Sie sich, Scully!“, flüsterte er ihr ins Ohr.



Und der Klang seiner Stimme ließ ihr eine Gänsehaut über den Rücken fahren. Sie versuchte es zu ignorieren. Fast automatisch schloss sie ihre Augen und ließ ihren Kopf leicht nach vorne fallen. Zärtlich strich er ihr das Haar aus dem Nacken. Überrascht stellte er fest, dass es sich angenehm kühl anfühlte. Wie kalte Seide! Mit seinen Fingerspitzen fuhr er die Bahn ihrer Wirbel entlang. Scully genoss jede einzelne seiner Berührungen. Ihre angespannten Muskel begannen sich langsam zu entspannen. Mulders Augen versuchten jeden Millimeter der bloßgelegten Haut zu erfassen. Er wunderte sich selber über das, was er plötzlich empfand. Sicher war ihm nicht entgangen, wie attraktiv und wunderschön seine Partnerin war. Und er liebte ihren Charme. Es war ein offenes Geheimnis, das er alles für sie tun würde. Doch sie war Special Agent Dana Scully, seine Partnerin und beste, wenn nicht einzige, Freundin. Mehr konnte und durfte da nicht sein. Sicher hatte er sich schon oft gewünscht, das sie bei ihm wäre um ihm an Stelle seiner Videokassetten Gesellschaft in einsamen Nächten zu leisten, doch das hatte nicht wirklich etwas zu bedeuten, oder?! Er versuchte sich auf die Massage zu konzentrieren. Doch ihre samtweiche Haut unter seinen Fingern machte das schwer. Ein tiefer kaum hörbarer Laut der Entspannung entwich unbewusst Scullys Kehle, der ihm wie ein kalter Schauer über den Rücken fuhr. Wieder fokussierten seine Augen ihren braungebrannten Nacken. Eine blasse, kaum sichtbare, Narbe zog plötzlich seine Aufmerksamkeit auf sich. Ein undefinierbarer Schmerz durchfuhr ihn, als er daran dachte, woher sie stammt. Er hielt mit seiner Massage inne. Das Gefühl sie zu verlieren und nichts dagegen tun zu können war furchtbar gewesen. Er hatte auf einmal das unbändige Bedürfnis sie festzuhalten und nie wieder loszulassen. Einem verrückten Instinkt folgend beugte er sich über sie, schloss seine Augen und küsste die Stelle an der der winzige Computerchip eingepflanzt worden war. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte er das Salz, das die Meeresluft auf ihrer Haut hinterlassen hatte, auf seinen Lippen schmecken. Irritiert zuckte Scully unter der ungewohnten Berührung zusammen und sah ihn an.



„Mulder, was...“



„Es... es tut mir Leid, ich...“, unterbrach er sie stotternd noch bevor sie aussprechen konnte. Plötzlich sahen sie sich in die Augen und mussten lachen.



„Ich...“, versuchte Mulder erneut zu erklären, doch Scully legte sanft ihren Finger auf seine Lippen um ihn am Sprechen zu hindern.



„Schon o.k.!“, lächelte sie sanft.



Wieder trafen sich ihre Blicke. Erst als die Barkeeperin zwei weitere Drinks brachte wurde die angespannte Stille, die sich aufgebaut hatte, unterbrochen.



„Zwei Tequila für das süße Pärchen!“, grinste sie.



Dana spürte wie sie rot wurde. Sie wusste nicht einmal warum sie versuchte ihrem Blick auszuweichen.



„Cheers, Scully!“, Mulder reichte ihr lächelnd eines der beiden Gläser.



„Scully?“, mischte sich die Kellnerin erneut ein. „Na kommt schon: Niemand nennt sich nach dem sechsten Tequila noch beim Nachnamen. Nicht so verklemmt! Es wird Zeit das ihr beiden Brüderschaft trinkt!“



Scully fühlte wie sie erneut rot wurde. Doch als sie in Mulders Augen blickte, musste sie lächeln.



„Dana!“, sie hob ihr Glas.



„Fox!“, grinste er.



Sie verschränkten ihre Arme und tranken den Tequila in einem Zug aus.



„Und wo bleibt der obligatorische Kuss? Muss man bei euch denn alles selber machen?“, fragte die Kellnerin kritisch.



Mit fragendem Blick sah er sie an. Ihre Augen antworteten. Schüchtern näherten sie sich einander. Vorsichtig berührten sich ihre Lippen zu einem zärtlichen Kuss. Instinktiv schloss Dana ihre Augen. Es fühlte sich gut an seine sanften, weichen Lippen auf ihren zu spüren.



„Na also!“, nickte die Barkeeperin zufrieden. „Das ist doch schon mal ganz gut für den Anfang!“



Sie brauchte ihn nicht einmal anzusehen um zu wissen, dass er lächelte.



„Sollen wir ihr sagen wie lange wir uns schon kennen?“, flüsterte er.



Dana konnte seinen Atem auf ihrer Haut fühlen.



„Lassen wir sie doch in ihrem Glauben.“ Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, während sie ihm tief in die Augen schaute. „Klingt doch irgendwie romantisch: Zwei Unbekannte treffen sich in einer lauen Vollmondnacht am Strand von Hawaii und erkennen bei Tequila und Kerzenschein ihre Gefühle füreinander. So eine Art Schicksal und Vorbestimmung!“



„Scully Sie schockieren mich!“, erwiderte Mulder ungläubig. „Sie glauben an Vorbestimmung, Schicksal und Liebe auf den ersten Blick?“



„Warum nicht?“, grinste sie. „Davon träumen doch alle kleinen Mädchen irgendwann einmal.“



„Träumen kleine Mädchen nicht auch davon Arm in Arm mit dem Mann ihrer Träume zur langsamen Musik zu tanzen?“, fragte Mulder plötzlich vollkommen ernst.



„Aber es läuft doch gar keine Musik!“, entgegnete Dana.



„Das können wir ändern!“, lächelte die blonde Barkeeperin, die ihr Interesse an diesem ach so süßen, frisch verliebten Paar offenbar immer noch nicht verloren hatte.



Sie holte unter dem Tresen ein altes kleines Radio heraus und drehte an ein paar verstaubten Knöpfen. Mulder stand auf und machte eine übertrieben tiefe Verbeugung vor ihr.



„Darf ich um diesen Tanz bitten?“



Mit einem leisen Seufzer gab sich Scully geschlagen und reichte ihm die Hand. Während sie sich langsam zu den Takten der Musik bewegten, blickte sie in seine glänzenden Augen. Überdeutlich spürte sie die Wirkung des Tequila auf ihren Gleichgewichtssinn und war froh, in seinen starken Armen Halt zu finden. Die Tatsache, dass Mulder tatsächlich ein guter Tänzer war, überraschte sie immer wieder. Vorsichtig lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter und schloss ihre Augen. Sie spürte den warmen Sand unter ihren nackten Füßen, hörte das Rauschen der Welle und genoss es. Zu deutlich fühlte Mulder Scullys zarten Körper an seinem. Das atemberaubende, knöchellange Sommerkleid, das sie trug, war so leicht, das er es unter seinen Händen kaum fühlen konnte. Nur zwei Lagen Stoff trennten ihre Haut von seiner. Vergeblich versuchte er diesen Gedanken beiseite zu schieben. Zärtlich strich er über ihren Rücken. Dann schloss auch er die Augen und sog gierig den Duft ihres Haares in sich hinein. Irgendwo in seinem Hinterkopf versuchte eine Stimme ihm standhaft einzureden, dass das, was er hier tat, falsch war. Dana Scully war seine Partnerin, seine Freundin... Doch das alles konnte ihn nicht darüber hinweg täuschen, das sie auch eine verdammt attraktive Frau war. Sie waren beide erwachsen. Was war schon dabei?



„Es tut mir Leid ihr beiden Turteltäubchen!“, rief die Barkeeperin als die letzten Takte der Musik verklungen waren. „Wir schließen!“



Erst jetzt fiel Dana auf, das die restlichen Gäste schon alle gegangen waren. Krampfhaft versuchte sie wieder in die Realität zurückzufinden. Doch alles was sie im Moment wollte, war wieder Mulders Hände auf ihrem Körper zu spüren, seinen Herzschlag zu hören und diese unglaubliche Präsenz und Stärke zu fühlen, die er ausstrahlte. In seinen Armen fühlte sie sich geborgen, und das war alles was sie jetzt wollte. Stillschweigend zahlte Mulder ihre Getränke und bedankte sich bei der Barkeeperin.



„Viel Spass noch ihr beiden!“, lächelte sie. „Ich hoffe wir sehen uns mal wieder.“



Scully beobachtete wie er wieder auf sie zukam. Über ihm konnte sie silbrig den Vollmond glänzen sehen.



„Es wird Zeit, dass ich dich in dein Zimmer bringe!“, flüsterte Mulder und legte zärtlich wieder seinen Arm um ihre Hüften.



Dana musste lächeln über seinen süßen Versuch einen Gentleman zu spielen. Bis zu ihrem Zimmer waren es keine zehn Schritte. Dennoch folgte sie ihm widerspruchslos. Es fühlte sich zu gut an, um sich dagegen zu wehren. Eine ungewohnte Stille trat plötzlich ein, als sie vor ihrer Zimmertür angelangt waren. Augenblicke lang standen sie beide da, ohne genau zu wissen, was sie jetzt tun oder sagen sollten.



„Es war ein wunderschöner Abend.“, durchbrach Mulder das peinliche Schweigen.



Wieder trafen sich ihre Blicke.



„Er muss noch nicht vorbei sein!“, antwortete Dana und erschrak im selben Augenblick vor sich selbst. Sie wusste selber nicht warum sie so etwas sagte. Die Worte waren ausgesprochen noch bevor sie darüber nachdenken konnte. Und an Mulders Blick konnte sie erkennen das er genauso überrascht darüber war.



„Ich...“



„Nein!“, unterbrach sie ihn und legte sanft ihren Finger auf seine Lippen. „Ich will jetzt nicht hören, was Sie für mich empfinden und wieviel ich Ihnen bedeute, Mulder. Denn ich zweifle nicht an Ihrer Aufrichtigkeit. Sag mir einfach nur was du willst.“



„Ich will wissen wie weit wir gehen können, ohne dass etwas kaputt geht!“, antwortete er plötzlich vollkommen ernst.



„Wir sind schon viel zu weit gegangen“, flüsterte sie.



„Wir können immer noch zurückgehen“, entgegnete Mulder. „Und...“



„...so tun als ob nichts gewesen wäre?“, unterbrach ihn Scully. „Ja, darin sind wir gut!“



Es lag keinerlei Vorwurf in ihrer Stimme. Dennoch umspielte ein ironisches Lächeln ihre Lippen. Momente lang versuchten beide in den Augen des anderen zu lesen.



„Es ist deine Entscheidung!“, sagte Dana schließlich.



„Ist es wirklich nur meine Entscheidung?“, fragte er ungläubig.



„Ja!“, nickte sie. „Denn meine ist schon längst gefallen!“



Sekundenlang blickten sie sich in die Augen. Eine beinahe unerträgliche Spannung lag in der Luft. Es schien Ewigkeiten zu dauern bis er sich schließlich zu ihr herunter beugte und seine unglaublich weichen Lippen den Weg zu ihren fanden. Etwas unbeholfen öffnete sie ihre Zimmertür. Sie stolperten mehr oder weniger in den Raum hinein. Irgendwie schaffte es Mulder die Tür hinter ihnen zuzuschlagen. Ohne ihre Hände und Lippen voneinander lassen zu können, gingen sie auf das Bett zu. Dana konnte weder einen klaren Gedanken fassen, noch konnte sie glauben was hier geschah. Seine wundervoll zärtlichen Hände an ihrem Körper, seine Lippen auf ihren... Es war wie ein Traum. Ein Traum von dem sie nicht einmal glauben konnte, dass er endlich wahr wurde. Und doch fühlte es sich alles so gut, so natürlich an, als wäre es nie anders gewesen. Ein Stöhnen entwich ihrer Kehle, als er sie mit sanfter Gewalt auf das Bett drückte. Ohne seine Hände von ihrem Körper lassen zu können, wich er zurück und sah sie an.



„Wenn dir das zu weit geht,...“



„Nein!“, unterbrach sie ihn.



„Nein?“, vergewisserte er sich noch mal.



„Ich will dich!“, lächelte sie und strich zärtlich mit ihren sanften Fingern über sein Gesicht.



Wieder trafen sich ihre Lippen. Und sie küssten sich. Gierig nach Körperkontakt schmiegte sich Dana in seine starken Arme. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen.



>Das hier geschieht wirklichEs ist kein Traum.<



Nach Jahren und Stunden der Sehnsucht durfte sie endlich all das tun, was sie bis jetzt nicht einmal zu hoffen gewagt hatte. Ihn zu spüren, seine weiche Haut zu fühlen, seinen wunderschönen Körper zu berühren, war plötzlich alles, was sie jemals gewollt hatte. Und zum ersten Mal seit Jahren waren alle Probleme und Sorgen dieser Welt unendlich weit weg. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich wirklich glücklich. Wie ein Teil eines Ganzen, der seine zweite Hälfte, nach langer Suche, endlich gefunden hatte...







Als Dana Scully am nächsten Morgen aufwachte, war das Erste was sie fühlte Leere. Eine kalte, erschreckende Leere, die sich auszubreiten schien. Dunkel erinnerte sie sich an die letzte Nacht. Ein pochender Schmerz machte sich in ihrem Hinterkopf bemerkbar. Mulder musste sich irgendwann heute Nacht aus ihrem Zimmer geschlichen haben. Erst als sie erneut das ungeduldige Klopfen an ihrer Zimmertür vernahm, begriff sie, was sie aus dem Schlaf gerissen hatte. Noch vollkommen verschlafen zog sie sich den viel zu großen Hotelbademantel über und öffnete die Tür. Sie war nicht überrascht ihren Partner vor sich zu erblicken. Seiner Kleidung nach zu Urteilen war er Joggen gewesen. Wahrscheinlich um Nachzudenken. Etwas, wozu sie noch keine Möglichkeit gehabt hatte.



„Wir müssen reden!“, erklärte Mulder.



Wortlos nickte sie und deutete ihm mit einer Geste an hereinzukommen. Besorgt beobachtete er, wie sie Aspirintabletten aus ihrer Handtasche heraus kramte und sich ein Glas Wasser eingoss. Trotz ihrer sonnengebräunten Haut wirkte sie plötzlich sehr blass.



„Ist alles o.k.?“, fragte er.



„Ich habe den schlimmsten Kater meines Lebens!“, antwortete Scully.



Ohne ihn anzusehen würgte sie die Tabletten hinunter. Er konnte förmlich spüren, wie sie versuchte seinem Blick auszuweichen.



„Ich...“, begannen plötzlich beide gleichzeitig.



Ihre Blicke trafen sich und sie mussten lächeln.



„Sie zuerst!“, sagte Scully schließlich.



Nur beiläufig fiel ihr auf, das sie automatisch wieder zum „Sie“ zurückgekehrt war.



„Was gestern abend passiert ist...“, begann Mulder.



„Was gestern abend passiert ist, war ein Fehler!“, unterbrach sie ihn. „Wir waren beide betrunken, und Hawaii gehört zu den romantischsten Plätzen dieser Erde. Da kann man sich schon mal einsam vorkommen.“ Scully wunderte sich selbst über ihre Worte.



Es war erschreckend, wie schnell sie wieder zu ihrer gewohnten Rolle der kühlen Rationalistin, des Vernunftmenschen und der professionellen FBI-Agentin zurückgekehrt war. Doch der Blick, den er ihr zuwarf ließ sie verstummen.



„Das was gestern passiert ist, hatte nichts mit dem Alkohol zu tun, und genauso wenig mit Einsamkeit, Scully. Und das wissen Sie!“



Wieder versuchte sie seinem bohrenden Blick auszuweichen. Irgendetwas in ihr wehrte sich dagegen über die gestrige Nacht zu reden. Sie wollte nicht ausdiskutieren, was zwischen ihnen geschehen war. Zu oft hatte sie schon die Erfahrung gemacht, dass so etwas immer in einer Katastrophe endete. Egal was sie sagen würden. Worte würden das, was geschehen war, nur zerstören. Doch Mulder schien entschlossen dieses Gespräch zu führen.



„Dana, ich bereue nicht einen Augenblick von dem was passiert ist.“, flüsterte er.



Der Klang ihres Namens aus seinem Mund ließ sie zusammenzucken. Und plötzlich konnte sie seinen Augen nicht mehr länger ausweichen. Vorsichtig kam er näher, und noch bevor sie verstand wie ihr geschah, spürte sie seine Lippen auf ihren. Fast automatisch schloss sie ihre Augen. Erst Sekunden nachdem der Kuss zu Ende war, konnte sie sich dazu durchringen sie wieder zu öffnen.



„Warum muss so etwas nur immer so verdammt schmerzhaft sein?“, fragte sie leise.



„Was soll das heißen?“, entgegnete Mulder irritiert.



„Wir wissen doch beide, dass das nicht gut gehen würde.“, antwortete Scully sachlich. „Mulder wir sind Partner!“



„Wir sind schon lange viel mehr als das!“, entgegnete er bestimmt.



„Mulder, das ist nicht fair!“, flüsterte sie. „Sie drängen mich in eine Rolle, die ich nicht spielen kann. Sie zwingen mich dazu, diejenige zu sein, die das ganze rational betrachtet und erklärt, dass es nicht sein kann. Das ist nicht fair! Ich will diese verdammte Rolle nicht. Ich habe nicht die gottverdammte Kraft dazu!“



Dana versuchte verzweifelt sich zusammen zu reißen. Sein verfluchter Hundeblick gekoppelt mit der post-alkoholischen Übelkeit war einfach zu viel. Allzu lange würden ihre Nerven das hier nicht mehr durchhalten. So langsam wusste sie wieder, weshalb sie diesen „Morgen-danach-Geschichten“ krampfhaft aus dem Weg ging.



„Mulder warum machen Sie die Sache schwerer als sie eh schon ist?“, schrie sie. „Was zu Teufel wollen Sie eigentlich von mir hören? Das Sie mein bester Freund sind, der einzige Mensch in meinem armseligen Leben, der mir alles bedeutet, das ich Sie geliebt habe seit dem ersten Augenblick an dem ich Sie traf? Das ich mir seid Jahren nichts sehnlicher gewünscht habe als das endlich das passiert, was letzte Nacht passiert ist? Es stimmt! Sind Sie jetzt zufrieden? Ich gebe zu, alles das ist die Wahrheit, doch das bringt uns jetzt nicht weiter!“



Ungläubig starrte er sie an. Ihre wunderschönen Augen füllten sich plötzlich mit Tränen. Und erst jetzt begann er zu verstehen, wie schwer ihr das hier fallen musste.



„Die letzte Nacht war für mich wie ein wahr gewordener Traum. Und ich will sie für nichts in der Welt ungeschehen machen. Doch wir können dafür nicht alles aufgeben. Unsere Freundschaft, unsere Arbeit... Es geht nicht! Das Risiko ist einfach zu groß.“



Zärtlich wischte er die Tränen von ihren blassen Wangen und nahm sie in die Arme.



„Es tut mir Leid!“, flüsterte er. „Sie haben Recht. Die letzte Nacht hätte nie passieren dürfen, aber ich will dich nicht verlieren, Dana!“



„Ich verspreche dir, das wirst du auch nicht!“, sanft schmiegte sie sich in seine Arme. „Sobald wir zurück in Washington sind, wird wieder alles so sein, als wäre es nie passiert!“



„Es wird nie wieder so sein wie früher!“, entgegnete Mulder. „Es bleibt uns Hawaii!“



Plötzlich mussten beide lächeln. Ein letztes mal blickte sie in seine Augen. Etwas unsicher erhob sie sich auf ihre Zehenspitzen und küsste ihn.



„Geh jetzt!“, flüsterte sie. „Denn wenn ich dich jetzt nicht gehen lasse, weiß ich nicht, ob ich es jemals wieder tun kann.“







Sie hatten nicht viel geredet auf der Fahrt zum Flughafen. Und auch der Check-In war ohne große Worte vor sich gegangen. Teilnahmslos realisierte sie wie das Flugzeug startete. Schweigend saß Dana neben Mulder im Flugzeug und hing ihren Gedanken nach. Ungefiltert stürmten die Gefühle auf sie ein. Ohne das sie sich dagegen wehren konnte, ohne das sie sich dagegen wehren wollte. Dana Kathrin Scully war schon immer gut darin gewesen ihre Gefühle zu verdrängen. Sie schottete sich von ihnen ab, so als ob sie nicht wirklich zu ihr gehörten. Doch im Gegensatz zu vielen anderen, die dasselbe taten, wusste sie genau, weshalb: Sie machten ihr Angst! Vor allem die undefinierbaren Gefühle für Mulder, die sich über all die Jahre hinweg angestaut und gestern Nacht schließlich überhand genommen hatten, waren so unbändig, das sie Angst hatte sich in ihnen zu verlieren. Denn unter ihrer rauhen unantastbaren Schale der Icequeen verbarg sich die Angst verletzt zu werden! Doch diesmal wollte sie die Emotionen, die auf sie eindrangen nicht verbannen. Nur noch einen Augenblick lang wollte sie sie genießen. Sich ein letztes Mal gefühlstrunken in sich selbst verlieren. Es war verrückt! Nach all den Jahren, hatte sie sich bereits so an die Gefühle für ihren Partner gewöhnt, dass sie niemals erwartet hätte, sie irgendwann tatsächlich ausleben zu dürfen. Doch noch vielmehr als alles, was letzte Nacht passiert war, erstaunte sie die Tatsache, dass es sich so verdammt normal angefühlt hatte. So als wäre es die natürlichste Sache der Welt gewesen. Als hätte niemals auch nur die Möglichkeit bestanden, das irgend etwas anders laufen würde. Als hätte sie nach all den Jahren endlich einen längst verlorenen und beinahe vergessenen Teil von sich selbst gefunden, und wäre endlich zu einem Ganzen geworden.



„Alles in Ordnung?“, unterbrach Mulder plötzlich ihre Gedankengänge.



Erst jetzt wurde Scully bewusst, das sie vollkommen hilflos und verloren gewirkt haben musste. Verloren in ihren Gefühlen.



„Ja!“, antwortete sie und versuchte zu lächeln. „Ich versuche nur mein Leben wieder in den Griff zu kriegen...“



Und so verrückt diese Antwort auch klang, Mulder musste sie verstanden haben. Sie konnte es in seinen Augen sehen. Er nickte stumm. Und Scully blickte aus dem Fenster. Unter sich sah sie die wunderschöne Landschaft der Insel Hawaii. Ein Ort, der auf ewig in ihrem Herzen bleiben würde. Dana Scully wurde bewusst, dass sie gewusst hatte, dass all dies geschehen würde. Sie hatte vom ersten Augenblick an, als sie ins Kellerbüro des FBI-Gebäudes getreten war, gewusst das es irgendwann passieren musste. Sie hatte gewusst, dass sie diesen Mann auf ewig lieben würde. Doch genauso wusste sie, dass Mulder und sie schon morgen wieder zur Tagesordnung übertreten würden, so als ob nichts geschehen wäre. Darin waren sie gut. Manchmal dauert die Ewigkeit eben nur eine Nacht. Doch die Erinnerung an diese eine Nacht würde sich für immer in ihre Seele brennen.
Eigentlich sollte das ganze hier eine NC-17 Story werden. Aber irgendwie hat sich das ganze dann irgendwann verloren und ist stattdessen eine mehr als persönliche Geschichte geworden. Autobiografische Züge nennt man so was, glaub ich. Und das obwohl ich noch nie in Hawaii gewesen bin. ;-) Also, wenn das Ganze etwas kitschig oder seltsam ist: Nicht böse sein! Ich bin zwar Vollblutshipper, doch leider musste ich die Erfahrung machen, dass der Schritt von Freundschaft zu Liebe nicht immer ganz so unkompliziert vor sich geht, wie es in den meisten MSRs dargestellt wird. Denn Rest könnt ihr auf meine labile Psyche und meinen kranken, verkappten Sinn für Romantik schieben.
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