World of X

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Sie hatte nur eine Schulter zum Anlehnen gesucht...

von Kinona

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Wie konnte ich das alles nur zulassen? Was habe ich nur getan? Es ist alles meine Schuld! Mitten in der Nacht stand sie plötzlich vor meiner Tür. Vollkommen aufgelöst. So verstört hatte ich sie noch nie zuvor gesehen. So hilflos, so verletzlich... so weiblich!

"Was wenn er tot ist?", fragte sie mich mit einem unglaublich entwaffnenden Blick.

Einen Moment lang verschlug mir die Offenheit, mit der sie die Frage stellte, die uns alle seit Monaten beschäftigt, die Sprache. Und noch bevor ich antworten konnte, sprach sie weiter. Sie sagte, sie habe schlecht geträumt. Ich sah die Angst und das pure Entsetzten in ihren Augen, und konnte nur ahnen wie schrecklich dieser Traum gewesen sein musste...

Ich stellte keine Fragen. Schon vor langer Zeit ist mir klar geworden, dass das bei Scully und Mulder keinen Sinn macht. Doch was noch viel wichtiger war, war das sie jetzt jemanden zum Reden brauchte. Einen Freund. Und die Tatsache, das sie zu mir gekommen war, ehrte mich.



Ich weiss nicht genau wie oder warum es geschah, doch seitdem Mulder weg ist, und ich von dem Baby weiss, hat sich unser Verhältnis geändert. Irgendwie fühlte ich mich für Scully und ihr Kind verantwortlich. Sie zu beschützen ist plötzlich zu meiner obersten Pflicht geworden. Und auch wenn sie es nicht zeigt, so weiss ich, dass sie dankbar dafür ist. Sie vertraut mir. Bisher dachte ich, all das läge daran dass wir jetzt das selbe Ziel haben: Mulder zu finden. Doch jetzt bin ich mir gar nicht mehr so sicher, dass meine Motive so rein und selbstlos sind...



Aber an jedem Abend waren all diese Erkenntnisse noch weit entfernt. Alles woran ich denken konnte, war das sie mich brauchte. Und das einzige, was mir durch den Kopf ging, war wie unglaublich schwach sie mir vorkam. Scully gehört zu den stärksten Menschen, die ich kenne, und sie hasst es schwach zu sein. Und dennoch war es genau diese Eigenschaft, die ihr an diesem Abend eine unglaubliche Ausstrahlung verlieh.



Dann standen wir da. Sie erzählte mir von Mulder und der Unsterblichkeit des Sternenlichts. Doch alles was ich sehen konnte, war der Glanz in ihren Augen.

Ich habe mein bestes versucht ihr zu helfen. Ich habe sie in den Arm genommen. Ich sagte ihr, dass wir ihn finden würden. In diesem Moment begann sie zu weinen. Sie weinte in meinen Armen, so wie sie es oft bei ihm getan hatte.

Vielleicht wünschte sie sich einfach, ich wäre er. Vielleicht ist es deshalb soweit gekommen. Sie hatte nur eine Schulter zum Anlehnen gesucht, doch genau das wurde zu unserem Verhängnis.



Hätte sie bloss niemals an meiner Tür geklopft. Ich habe nicht nur sämtliche Regeln beim FBI gebrochen, sondern auch sämtliche moralischen und ethischen Grundsätze. Nach allem was ich erlebt habe, war diese Nacht das Erlebnis woran ich mich ewig erinnern werde. Mit einer Frau zu schlafen, die das ungeborene Kind eines anderen unter ihrem Herzen trägt, ist etwas, was nicht spurlos an einem vorübergeht. Doch in dieser Nacht, war mir alles egal. Wir liebten uns, wie zwei Ertrinkende, die einen Strohalm gefunden haben, an den sie sich klammern können. Mein Gott, es war so... so... so unbeschreiblich.



Und dennoch habe ich permanent sein Gesicht vor Augen. Mulder! Was auch immer zwischen Scully und mir geschehen ist, wird nie wieder geschehen. Wir müssen beide mit der Last leben, das wir es nicht verhindert haben.



Sie liebt ihn mehr als ihr Leben. Sie hat ihn schon immer geliebt. Niemand könnte jemals auch nur das geringste an dieser Tatsache ändern. Vielleicht sollte ich versuchen mir einzureden, dass alles nur ein Traum war. Alles was jetzt zählt, ist das wir unser gemeinsames Ziel erreichen. Wir müssen Mulder finden. Wir haben beide gar keine andere Wahl. Wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Sie sucht den Mann, den sie liebt, den Vater ihres ungeborenes Kindes. Ich muss ihn finden, weil ich sonst nicht weiss, wie ich mit der Schuld, die ich mir aufgeladen habe und dem was passiert ist, leben soll!
Ich glaube ja immer noch nicht, dass ich das hier geschrieben habe. Ich schwöre, ich bin die letzte, die gedacht hätte, das ich mal eine Skinner-Scully-Romanze schreibe. Doch manchmal machen sich meine Gedankengänge selbständig und Dinge passieren ganz ohne mein Zutun...
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