World of X

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Unexpected

von Kinona

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Das Leben ist eine Anreihung von Momenten. Eine sehr lange Anreihung von Momenten. Wie viele Bilder, die nacheinander abgespielt einen Film ergeben. Einen komplizierten Bewegungsablauf, hinter dem eine bestimmte Aussage steckt. Doch was wenn sich ein einzelnes Bild, das nicht in diesen Ablauf passt, plötzlich dennoch einschleicht. Wenn sich dieses eine Bild, dass wir unbewusst aufnehmen, in unser Gedächtnis brennt? Kann dieses eine Bild die Aussage aller anderen Bilder verändern? Was wenn ein einziger Augenblick plötzlich alles was man zu wissen glaubte in Frage stellt? Wenn es die Ausnahmen sind, die die Regel bestätigen, warum sind es dann genau diese Ausnahmen, die wir nicht vergessen können? Warum geht mir, nach allem was er getan hat, diese eine Begegnung mit ihm nicht mehr aus dem Kopf?

Wir waren mal wieder bei einer von Mulders halsbrecherischen Aktionen mitten in der Wüste. Auf einer dieser angeblich streng geheimen Militärbasen. Natürlich ohne irgendeinen triftigen Grund, auf bloße Vermutungen hin, und ohne irgendeine Genehmigung. Selbstverständlich war das ganze Mulders Idee gewesen. Wessen auch sonst? Aus irgend einem Grund war er der festen Überzeugung, dass sich irgendwo auf diesem Gelände ein UFO befinden würde. Es war mitten in der Nacht, wir waren schon unzählige Meilen gelaufen und es wimmelte nur so von Sicherheitskräften. Im Grunde genommen war es nur eine Frage der Zeit bis man uns finden würde. Und wie immer in solchen Situationen hatte Mulder mehr Glück als Verstand! Wir hatten uns getrennt. Eher unfreiwillig als geplant, denn irgendwie scheint es Mulder einen Kick zu geben mir jedes mal wieder zu beweisen, dass er der schnellere Läufer von uns beiden ist. Jedenfalls war nicht er es, der den Sicherheitswachen direkt in die Arme lief, sondern ich. Ich war in eine Sackgasse geraten und hinter mir waren schon deutlich aufgeregte Stimmen zu hören. Offenbar war unser Eindringen nicht ganz so unbemerkt geblieben, wie wir gehofft hatten. Es war nur noch eine Frage von Sekunden. Die Wachen kamen immer näher und ich saß wie die Ratte in der Falle. Wäre ich nicht so sehr mit dem Gedanken beschäftigt gewesen, dass diese Leute erst schießen und dann fragen, hätte ich Mulder in diesem Moment verflucht. Ich schwor mir ihn umzubringen, falls ich es hier jemals wieder leben herausschaffen würde. Verzweifelt rüttelte ich an jeder Tür, die ich finden konnte: Vergeblich! Jede einzelne davon war verschlossen. Plötzlich wurde ich von hinten an den Schultern gepackt. Doch noch bevor ich einen Ton rausbringen konnte, presste sich eine Hand gewaltsam auf meinen Mund. In diesem Moment glaubte ich, das alles vorbei wäre. Nur beiläufig registrierte ich, wie die Person ohne mich loszulassen eine der Türen aufbrach. Ich versuchte mich zu wehren, doch mein Angreifer war stärker. Unsanft stieß er mich in den dunklen Raum und verschloss die Tür, keine Sekunde zu früh. Ich konnte hören, wie die Sicherheitskräfte an der Tür vorbeirannten und Entwarnung gaben. Dann wurde das Licht angemacht, und ich erkannte plötzlich, wer mein Helfer in der Not gewesen war.

„Krycek!“ rief ich fassungslos aus. „Was zur Hölle tun Sie hier?“

Eine dumme Frage! Eine saudumme Frage! Im Grunde war klar gewesen, dass Alex Krycek bei einer derartigen Aktion nicht weit sein konnte. Ein dreckiges Grinsen umspielte seine Lippen.

„Nichts zu danken, Agent Scully! Ich habe Ihren süßen Hintern doch gerne gerettet. Wäre ja schließlich schade drum...“

Nachdem ich langsam meine Fassung wiederfand, machte sich unglaubliche Wut in mir breit. Unauffällig versuchte ich nach meiner Waffe zu greifen, nur um festzustellen, dass ich sie offenbar verloren hatte. Betont langsam griff Alex in seine Jackentasche und begann immer noch grinsend damit vor meiner Nase herumzufuchteln. Offenbar hatte er sie mir unbemerkt abgenommen.

„Suchen Sie vielleicht das?“

Doch bevor ich irgend etwas erwidern konnte, sprach er weiter.

„Ich werde jetzt da raus gehen. In ungefähr zwei Minuten dürfte ich die Wachen davon überzeugt haben, dass die ganze Sache ein falscher Alarm war. Wenn Sie klug sind, verschwinden Sie auf dem schnellsten Weg von hier!“

Mit diesen Worten überreichte er mir meine Waffe. Ich glaube mir wäre es lieber gewesen, wenn er mich einfach damit niedergeschlagen hätte. Zumindest wäre dann mein Weltbild noch vollkommen in Ordnung. Statt dessen blickte er mich an und ich versuchte in der Unergründlichkeit der Augen des Mörders meiner Schwester zu lesen. Vergeblich! Plötzlich war nichts mehr, wie vorher. Die Welt war nicht mehr nur schwarz und weiß, die Menschen waren nicht mehr nur gut oder böse. Ich hörte, wie sich Alex draußen mit den Wachleuten unterhielt. Er war ein Lügner, ein Mörder... und mein Helfer aus dieser Misere. Tausende von Fragen gingen mir in dem Moment durch den Kopf. Fragen, die mich immer noch beschäftigen. Fragen nach dem Warum? Konnte es sein, das Alex Krycek vielleicht doch nicht der dreckige Bastard war für den wir ihn hielten? Warum riskierte er aufzufliegen, nur um mein Leben zu retten?

Ich weiß nicht, weshalb ich Mulder hinterher angelogen habe, warum ich ihm kein Wort von Krycek erzählt habe. Aber was hätte ich ihm auch sagen sollen? Das der selbe Mann, der seinen Vater und meine Schwester umgebracht hat, mein Leben rettete? Ich denke nicht, das er das jemals verstanden hätte. Ich verstehe es ja selber nicht. Vielleicht wollte sich Krycek auch einfach nur revanchieren: Vor Jahren einmal habe ich ihm das Leben gerettet, indem ich Mulder daran hinderte, ihn zu erschießen. Alles was ich weiß, ist das ich Alex Krycek nie wieder mit den selben Augen sehen werde. Ich versuchte in seinem unergründlichen Blick zu lesen, und habe mich in einem Meer von Fragen und Zweifeln verloren.

Das Leben ist eine Anreihung von Momenten. Und ein einziger Moment kann das ganze Leben verändern...
Nennt mich krank, aber ich glaube wirklich daran: Es sind die Momente, die unser Leben verändern; Was passieren soll, passiert... „All things happen for a reason!“
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