67 Bennett Avenue
Washington D.C.
Sie hielt ihn fest, nicht gewillt ihn sofort wieder loszulassen. Die Angst, dass sie ihn hätte verlieren können, dass ihre Theorie nicht zutreffend hätte sein können, saß ihr immer noch tief in den Gliedern.
Hier in ihrer Küche zu stehen, ihn zu fühlen – seine Nähe und Wärme – und seinen Duft einatmen zu können, war mehr als sie geglaubt hatte, mit dem Ausschalten der Lebenserhaltung des Doggetts aus dem Paralleluniversums, zu erhalten. Er hatte mehr an ihre Theorie geglaubt als sie selbst. Zumindest hatte er ihr das Gefühl gegeben, besonders zu seinem Ende hin.
Doch was hätte geschehen können, hätte sie damit falsch gelegen... Monica wollte es sich nicht ausmalen. Sie hätte beide verlieren können. Den Doggett, der ihre Umarmung in diesem Augenblick erwiderte und nicht verstand, weshalb sie Tränen aufgelöst in ihrer Küche stand und den, der vermutlich niemals wieder hätte genesen können und für den Rest seines Lebens ans Bett gefesselt gewesen wäre.
Der Doggett aus dem Paralleluniversum hatte gewollt, dass sie seinem Leiden ein Ende bereitet und mehr noch, das wusste Monica instinktiv, war er bereit gewesen sich zu opfern, um ihr ihren richtigen und gesunden John Doggett zurückzubringen. Welcher dieser beiden Gründe überwogen hatte, würde sie wohl niemals in Erfahrung bringen können, egal wie sehr sie es sich auch wünschte. Doch dies war ihr besonders in diesem Moment egal.
Monica schloss die Augen, nahm nur vage Johns Stimme wahr. Er wiederholte seine Frage, was mit ihr los sei, wollte wissen, weshalb sie geweint hatte und sich an ihn klammerte, wie eine Ertrinkende, die einen Rettungsring festhält. Sie konnte jedoch nicht antworten, nicht sofort.
Würde sie ihm jetzt antworten, dann... würde sie nicht länger verbergen können, was sie für ihn fühlte und wie dankbar sie für seine Nähe, seine bloße Existenz war.
Sie hielt ihre Augen lange geschlossen und verharrte in ihrer Position, bis John sich letztlich von ihr löste und sie gerade soweit von sich schob, dass er ihr ins Gesicht sehen konnte.
Er verstand die Welt nicht mehr, glaubte etwas Falsches gesagt oder getan zu haben und wollte den Grund für ihr plötzliches Weinen ergründen. Liebevoll strich er ihr eine der dunklen Haarsträhnen aus dem Gesicht, die Tränen getränkt war, und schaute sie eindringlich bittend an.
„Monica, was ist passiert? Habe ich etwas Falsches gesagt oder getan?“, wiederholte er seine Fragen erneut. „Wir können die Hot Dogs auch von Tellern essen, wenn dir das lieber ist. Es ist schließlich deine Wohnung und...“
Ihr Kopfschütteln unterbrach ihn mitten im Satz.
„Du würdest es mir nicht glauben, würde ich dir sagen, weshalb ich geweint habe. Nicht in einer Million Jahren würdest du das. Ich kenne dich, John.“ Sie trocknete sich die Wangen, in dem sie mit den Fingerspitzen die Tränen fortwischte und seufzte. „Es ist nichts, was du gesagt oder getan hast und es geht auch nicht um die Hot Dogs.“
„Was ist es dann?“, bat er vorsichtig um Erklärung und sah sie dabei fragend an. Er konnte nicht begreifen woher ihre plötzliches Gemütsveränderung kam. Vor wenigen Minuten hatte sie ihm lächelnd etwas Senf vom Mundwinkel gewischt und keinen Augenblick später weinte sie in ihrer Küche.
Ein seltsamer Gedanke kam ihm in den Sinn, als er die letzten Minuten Revue passieren ließ und nach einem Anhaltspunkt forschte.
Ihr Blick, unmittelbar nachdem sie ihm zärtlich den Senf fortgewischt hatte, vielleicht... Gott, dachte er bei sich, ich bin so ein Idiot!.
„Würdest du mir glauben, dass für mich ein paar Tage vergangen sind, seit ich in die Küche ging und dass...“ Monica unterbrach sich selbst. Auf diese Art würde er ihr die Geschichte niemals glauben. Sie musste einen anderen Weg finden, um anzufangen.
„Du sagst mir jetzt aber nicht, dass du in dieser Zeit von Außerirdischen gefangen gehalten wurdest, oder?“, fragte er skeptisch, doch auch halb im Scherz, da er nicht daran glaubte.
„Das nicht, nein. – Ich würde sagen, wir setzen uns, dann erzähle ich dir alles.“
Alles?, schoss es John in den Sinn. Er hatte geglaubt, dass sie ihn nur versuchte reinzulegen, aber anscheinend war mehr an dieser Sache dran, als er zunächst angenommen hatte. Doch war es denn überhaupt möglich, dass für sie Tage vergingen, während er nur einen Augenblick länger im Wohnzimmer verharrt hatte als sie?
John folgte ihr willentlich zur Couch und nahm darauf Platz. Monica setzte sich ihm gegenüber auf einen Stuhl und lehnte sich ihm etwas entgegen. Ihre Unterarme stützte sie auf den Beinen ab und faltete die Hände ineinander. Dann begann sie in einem ruhigen Ton damit, ihm alles zu erzählen.
Sie erzählte von Skinners Anruf, der schlechten Nachricht und ihrer anfänglichen Verwirrung. Von Lukesh und dem Doggett aus dem Paralleluniversum, der seine Reyes verloren hatte. Auch davon, dass sie unter Verdacht gestanden hatte an seinem Zustand Schuld gewesen zu sein, berichtete sie. Einfach alles, was ihr wichtig erschien, sprudelte förmlich aus ihr heraus.
„Ich habe ihm letztlich seinen Wunsch erfüllt und ihm Sterbehilfe geleistet, John. Ich weiß nur nicht, ob er so nicht mehr weiterleben wollte oder ob er mir zuliebe bereit gewesen war zu sterben, damit ich dich wieder in mein Universum zurückholen konnte“, schloss sie ihre Erzählung schließlich ab.
John hatte sich mittlerweile in die Couch zurückgelehnt und schaute Monica sprachlos an. Ihre Geschichte würde auf jeden Fall erklären, weshalb sie geweint hatte, doch sie war nicht sehr glaubhaft und er fragte sich insgeheim, warum sie ihm das erzählte.
„Du denkst, dass ich dir irgendeinen Quatsch erzähle, oder?“ Sie sah ihn mit leicht gerunzelter Stirn an.
„Mal ehrlich – würdest du mir so eine Story glauben?“, entgegnete John.
Sie seufzte. „Ja, weil ich aufgeschlossener bin als du. Du brauchst Beweise für alles und glaubst ohnehin an nichts, was du nicht mit eigenen Augen gesehen hast. Ich dagegen schon. Egal wie absurd es auch in deinen Ohren klingen mag, ich habe diese letzten Tage exakt so erlebt, wie ich es dir eben erzählt habe. Ich habe geweint, weil ich Angst hatte nicht nur den anderen John Doggett, sondern auch dich verloren zu haben.“
Als ihr erneut Tränen in die Augen stiegen und er sah, wie ernst es ihr war, da wurde ihm zunehmend klarer, dass sie ihm kein Märchen erzählte. Und was sollte sie auch schon davon haben, würde sie dies tun? Nichts, im Gegenteil, er wäre darüber wütend und er schätzte sie so ein, dass ihr dies bewusst war.
John schluckte einige Male und musterte Monica dabei sorgfältig. „Wenigstens verstehe ich jetzt, weshalb du mich plötzlich umarmt hast.“
Sie sahen sich lange und schweigsam in die Augen. Keiner von beiden wusste, was er jetzt sagen sollte und hing den eigenen Gedanken nach.
„Ich weiß nicht, warum ich es getan habe und ob ich nochmals dazu imstande wäre dir Sterbehilfe zu leisten. Ich bin ein sehr großes Risiko eingegangen und dich dann doch zurückbekommen zu haben, ist für mich ein Zeichen, ein Geschenk, John.“
Sie sah ihm an, dass ihm nicht in den Sinn kam, dass sie ihn immer noch liebte und deshalb solche Angst davor hatte ihn zu verlieren. Sie wünschte sich die vergangenen Jahre zurück, in denen sie getrennt waren. Diese vergangenen Jahre ohne ihn kamen ihr im Hinblick auf die letzten Tage wie eine riesige Zeitverschwendung vor. Sie wollte ihn so gerne wieder für sich gewinnen, dahin zurück, zu dem was sie einst verband, doch würde er das auch wollen? Es war seitdem viel Zeit verstrichen und vielleicht war seine Liebe nicht stark genug gewesen, diese zu überwinden und fortzubestehen, so wie ihre.
„Weshalb bist du dieses Risiko eingegangen? Ganz ehrlich, Mon.“
Zunächst war sie durch die Abkürzung ihres Namens perplex, denn so hatte er sie früher immer genannt als sie noch ein Paar gewesen waren und danach nie wieder. Dann dachte sie eine Weile über seine Frage nach und darüber, was sie ihm antworten sollte.
„Ich wollte dich zurück. Es war nicht so, dass ich nicht bereit war dein anderes Ich zu pflegen, aber ich wusste, dass er für mich niemals empfinden würde, was er für seine Monica empfand. Wir waren die gleichen Personen, aber nicht wirklich die selben. Weißt du, was ich meine?“
Er nickte nur schwach.
„Du denkst, dass er sie geliebt hat?“, erkundigte er sich nach einem Augenblick.
„Vom Gefühl her würde ich ja sagen, aber ich kann mir natürlich nicht ganz sicher sein. Ich ging einfach davon aus, dass er deshalb sterben wollte, weil er sie verloren hatte und ich konnte seinen Wunsch gut nachempfinden, denn ich hätte nicht anders gehandelt.“ Ihre Stimme war fest, doch ihre Hände zitterten. Sie wusste, dass sie schon zuviel gesagt hatte, um ihre Gefühle zu überspielen. John Doggett war ein intelligenter Mann und spätestens jetzt hatte er den Wink verstanden.
Er räusperte sich. „Ich hätte ebenso gehandelt, Mon. Denn nach allem, was du für mich getan hast, bist du für mich zu einem unersetzlich wichtigen Mensch in meinem Leben geworden. Ebenso wenig, wie Lukes Platz in meinem Herzen, den kein weiteres Kind einnehmen könnte, kann jemand deinen Platz dort einnehmen.“
„John ich... weiß nicht, was ich sagen soll“, gestand sie leise. Sein unvorhergesehenes Geständnis machte sie sprachlos.
Sie saß bewegungslos auf dem Holzstuhl, als er sich von der Couch erhob und zu ihr herüber kam. Er ließ sich vor ihr auf den kleinen Tisch sinken und hoffte, dass er unter seinem Gewicht nicht zusammenbrechen würde. Ihre Augen befanden sich auf einer Ebene und sie sahen sich für einige Momente schweigend an.
„Ich bin dankbar dafür, Mon, dass du das Risiko eingegangen bist und ich zurück bin.“
Monica lächelte ihn an und nahm ihn erneut in die Arme. „Und ich bin froh, dass ich den Mut hatte und meine Theorie richtig war“, flüsterte sie.
Dann löste John sich wieder aus der Umarmung und nahm ihr Gesicht in seine beiden Hände. „Denkst du, dass wir einen Neuanfang wagen sollten?“ Liebevoll strich er mit den Daumen über ihre Wangen und sie nickte kaum merklich.
Sie konnte seinen Atem nahe ihrem Gesicht fühlen als er sich ihr näherte und die Augen schloss. Seinem Beispiel folgend ließ auch sie ihre Lider sinken und gab sich dem Gefühl sich berührender Lippen hin. Ein angenehmes Kribbeln breitete sich in ihrem gesamten Körper aus und sie öffnete ihren Mund ein wenig, als der Kuss intensiver wurde und sie sich John hingab.
ENDE
Washington D.C.
Sie hielt ihn fest, nicht gewillt ihn sofort wieder loszulassen. Die Angst, dass sie ihn hätte verlieren können, dass ihre Theorie nicht zutreffend hätte sein können, saß ihr immer noch tief in den Gliedern.
Hier in ihrer Küche zu stehen, ihn zu fühlen – seine Nähe und Wärme – und seinen Duft einatmen zu können, war mehr als sie geglaubt hatte, mit dem Ausschalten der Lebenserhaltung des Doggetts aus dem Paralleluniversums, zu erhalten. Er hatte mehr an ihre Theorie geglaubt als sie selbst. Zumindest hatte er ihr das Gefühl gegeben, besonders zu seinem Ende hin.
Doch was hätte geschehen können, hätte sie damit falsch gelegen... Monica wollte es sich nicht ausmalen. Sie hätte beide verlieren können. Den Doggett, der ihre Umarmung in diesem Augenblick erwiderte und nicht verstand, weshalb sie Tränen aufgelöst in ihrer Küche stand und den, der vermutlich niemals wieder hätte genesen können und für den Rest seines Lebens ans Bett gefesselt gewesen wäre.
Der Doggett aus dem Paralleluniversum hatte gewollt, dass sie seinem Leiden ein Ende bereitet und mehr noch, das wusste Monica instinktiv, war er bereit gewesen sich zu opfern, um ihr ihren richtigen und gesunden John Doggett zurückzubringen. Welcher dieser beiden Gründe überwogen hatte, würde sie wohl niemals in Erfahrung bringen können, egal wie sehr sie es sich auch wünschte. Doch dies war ihr besonders in diesem Moment egal.
Monica schloss die Augen, nahm nur vage Johns Stimme wahr. Er wiederholte seine Frage, was mit ihr los sei, wollte wissen, weshalb sie geweint hatte und sich an ihn klammerte, wie eine Ertrinkende, die einen Rettungsring festhält. Sie konnte jedoch nicht antworten, nicht sofort.
Würde sie ihm jetzt antworten, dann... würde sie nicht länger verbergen können, was sie für ihn fühlte und wie dankbar sie für seine Nähe, seine bloße Existenz war.
Sie hielt ihre Augen lange geschlossen und verharrte in ihrer Position, bis John sich letztlich von ihr löste und sie gerade soweit von sich schob, dass er ihr ins Gesicht sehen konnte.
Er verstand die Welt nicht mehr, glaubte etwas Falsches gesagt oder getan zu haben und wollte den Grund für ihr plötzliches Weinen ergründen. Liebevoll strich er ihr eine der dunklen Haarsträhnen aus dem Gesicht, die Tränen getränkt war, und schaute sie eindringlich bittend an.
„Monica, was ist passiert? Habe ich etwas Falsches gesagt oder getan?“, wiederholte er seine Fragen erneut. „Wir können die Hot Dogs auch von Tellern essen, wenn dir das lieber ist. Es ist schließlich deine Wohnung und...“
Ihr Kopfschütteln unterbrach ihn mitten im Satz.
„Du würdest es mir nicht glauben, würde ich dir sagen, weshalb ich geweint habe. Nicht in einer Million Jahren würdest du das. Ich kenne dich, John.“ Sie trocknete sich die Wangen, in dem sie mit den Fingerspitzen die Tränen fortwischte und seufzte. „Es ist nichts, was du gesagt oder getan hast und es geht auch nicht um die Hot Dogs.“
„Was ist es dann?“, bat er vorsichtig um Erklärung und sah sie dabei fragend an. Er konnte nicht begreifen woher ihre plötzliches Gemütsveränderung kam. Vor wenigen Minuten hatte sie ihm lächelnd etwas Senf vom Mundwinkel gewischt und keinen Augenblick später weinte sie in ihrer Küche.
Ein seltsamer Gedanke kam ihm in den Sinn, als er die letzten Minuten Revue passieren ließ und nach einem Anhaltspunkt forschte.
Ihr Blick, unmittelbar nachdem sie ihm zärtlich den Senf fortgewischt hatte, vielleicht... Gott, dachte er bei sich, ich bin so ein Idiot!.
„Würdest du mir glauben, dass für mich ein paar Tage vergangen sind, seit ich in die Küche ging und dass...“ Monica unterbrach sich selbst. Auf diese Art würde er ihr die Geschichte niemals glauben. Sie musste einen anderen Weg finden, um anzufangen.
„Du sagst mir jetzt aber nicht, dass du in dieser Zeit von Außerirdischen gefangen gehalten wurdest, oder?“, fragte er skeptisch, doch auch halb im Scherz, da er nicht daran glaubte.
„Das nicht, nein. – Ich würde sagen, wir setzen uns, dann erzähle ich dir alles.“
Alles?, schoss es John in den Sinn. Er hatte geglaubt, dass sie ihn nur versuchte reinzulegen, aber anscheinend war mehr an dieser Sache dran, als er zunächst angenommen hatte. Doch war es denn überhaupt möglich, dass für sie Tage vergingen, während er nur einen Augenblick länger im Wohnzimmer verharrt hatte als sie?
John folgte ihr willentlich zur Couch und nahm darauf Platz. Monica setzte sich ihm gegenüber auf einen Stuhl und lehnte sich ihm etwas entgegen. Ihre Unterarme stützte sie auf den Beinen ab und faltete die Hände ineinander. Dann begann sie in einem ruhigen Ton damit, ihm alles zu erzählen.
Sie erzählte von Skinners Anruf, der schlechten Nachricht und ihrer anfänglichen Verwirrung. Von Lukesh und dem Doggett aus dem Paralleluniversum, der seine Reyes verloren hatte. Auch davon, dass sie unter Verdacht gestanden hatte an seinem Zustand Schuld gewesen zu sein, berichtete sie. Einfach alles, was ihr wichtig erschien, sprudelte förmlich aus ihr heraus.
„Ich habe ihm letztlich seinen Wunsch erfüllt und ihm Sterbehilfe geleistet, John. Ich weiß nur nicht, ob er so nicht mehr weiterleben wollte oder ob er mir zuliebe bereit gewesen war zu sterben, damit ich dich wieder in mein Universum zurückholen konnte“, schloss sie ihre Erzählung schließlich ab.
John hatte sich mittlerweile in die Couch zurückgelehnt und schaute Monica sprachlos an. Ihre Geschichte würde auf jeden Fall erklären, weshalb sie geweint hatte, doch sie war nicht sehr glaubhaft und er fragte sich insgeheim, warum sie ihm das erzählte.
„Du denkst, dass ich dir irgendeinen Quatsch erzähle, oder?“ Sie sah ihn mit leicht gerunzelter Stirn an.
„Mal ehrlich – würdest du mir so eine Story glauben?“, entgegnete John.
Sie seufzte. „Ja, weil ich aufgeschlossener bin als du. Du brauchst Beweise für alles und glaubst ohnehin an nichts, was du nicht mit eigenen Augen gesehen hast. Ich dagegen schon. Egal wie absurd es auch in deinen Ohren klingen mag, ich habe diese letzten Tage exakt so erlebt, wie ich es dir eben erzählt habe. Ich habe geweint, weil ich Angst hatte nicht nur den anderen John Doggett, sondern auch dich verloren zu haben.“
Als ihr erneut Tränen in die Augen stiegen und er sah, wie ernst es ihr war, da wurde ihm zunehmend klarer, dass sie ihm kein Märchen erzählte. Und was sollte sie auch schon davon haben, würde sie dies tun? Nichts, im Gegenteil, er wäre darüber wütend und er schätzte sie so ein, dass ihr dies bewusst war.
John schluckte einige Male und musterte Monica dabei sorgfältig. „Wenigstens verstehe ich jetzt, weshalb du mich plötzlich umarmt hast.“
Sie sahen sich lange und schweigsam in die Augen. Keiner von beiden wusste, was er jetzt sagen sollte und hing den eigenen Gedanken nach.
„Ich weiß nicht, warum ich es getan habe und ob ich nochmals dazu imstande wäre dir Sterbehilfe zu leisten. Ich bin ein sehr großes Risiko eingegangen und dich dann doch zurückbekommen zu haben, ist für mich ein Zeichen, ein Geschenk, John.“
Sie sah ihm an, dass ihm nicht in den Sinn kam, dass sie ihn immer noch liebte und deshalb solche Angst davor hatte ihn zu verlieren. Sie wünschte sich die vergangenen Jahre zurück, in denen sie getrennt waren. Diese vergangenen Jahre ohne ihn kamen ihr im Hinblick auf die letzten Tage wie eine riesige Zeitverschwendung vor. Sie wollte ihn so gerne wieder für sich gewinnen, dahin zurück, zu dem was sie einst verband, doch würde er das auch wollen? Es war seitdem viel Zeit verstrichen und vielleicht war seine Liebe nicht stark genug gewesen, diese zu überwinden und fortzubestehen, so wie ihre.
„Weshalb bist du dieses Risiko eingegangen? Ganz ehrlich, Mon.“
Zunächst war sie durch die Abkürzung ihres Namens perplex, denn so hatte er sie früher immer genannt als sie noch ein Paar gewesen waren und danach nie wieder. Dann dachte sie eine Weile über seine Frage nach und darüber, was sie ihm antworten sollte.
„Ich wollte dich zurück. Es war nicht so, dass ich nicht bereit war dein anderes Ich zu pflegen, aber ich wusste, dass er für mich niemals empfinden würde, was er für seine Monica empfand. Wir waren die gleichen Personen, aber nicht wirklich die selben. Weißt du, was ich meine?“
Er nickte nur schwach.
„Du denkst, dass er sie geliebt hat?“, erkundigte er sich nach einem Augenblick.
„Vom Gefühl her würde ich ja sagen, aber ich kann mir natürlich nicht ganz sicher sein. Ich ging einfach davon aus, dass er deshalb sterben wollte, weil er sie verloren hatte und ich konnte seinen Wunsch gut nachempfinden, denn ich hätte nicht anders gehandelt.“ Ihre Stimme war fest, doch ihre Hände zitterten. Sie wusste, dass sie schon zuviel gesagt hatte, um ihre Gefühle zu überspielen. John Doggett war ein intelligenter Mann und spätestens jetzt hatte er den Wink verstanden.
Er räusperte sich. „Ich hätte ebenso gehandelt, Mon. Denn nach allem, was du für mich getan hast, bist du für mich zu einem unersetzlich wichtigen Mensch in meinem Leben geworden. Ebenso wenig, wie Lukes Platz in meinem Herzen, den kein weiteres Kind einnehmen könnte, kann jemand deinen Platz dort einnehmen.“
„John ich... weiß nicht, was ich sagen soll“, gestand sie leise. Sein unvorhergesehenes Geständnis machte sie sprachlos.
Sie saß bewegungslos auf dem Holzstuhl, als er sich von der Couch erhob und zu ihr herüber kam. Er ließ sich vor ihr auf den kleinen Tisch sinken und hoffte, dass er unter seinem Gewicht nicht zusammenbrechen würde. Ihre Augen befanden sich auf einer Ebene und sie sahen sich für einige Momente schweigend an.
„Ich bin dankbar dafür, Mon, dass du das Risiko eingegangen bist und ich zurück bin.“
Monica lächelte ihn an und nahm ihn erneut in die Arme. „Und ich bin froh, dass ich den Mut hatte und meine Theorie richtig war“, flüsterte sie.
Dann löste John sich wieder aus der Umarmung und nahm ihr Gesicht in seine beiden Hände. „Denkst du, dass wir einen Neuanfang wagen sollten?“ Liebevoll strich er mit den Daumen über ihre Wangen und sie nickte kaum merklich.
Sie konnte seinen Atem nahe ihrem Gesicht fühlen als er sich ihr näherte und die Augen schloss. Seinem Beispiel folgend ließ auch sie ihre Lider sinken und gab sich dem Gefühl sich berührender Lippen hin. Ein angenehmes Kribbeln breitete sich in ihrem gesamten Körper aus und sie öffnete ihren Mund ein wenig, als der Kuss intensiver wurde und sie sich John hingab.
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