World of X

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Trust in you

von Sonja K

Kapitel 1

Dana Scully sah zum zehnten Mal auf die Uhr, und noch immer war der Zeiger nicht viel weitergewandert. Seit Stunden wartete sie nun schon auf Mulder. Unter normalen Umständen hätte sie das nicht gestört, denn sie war eine sehr geduldige Frau, aber in diesem Fall konnte sie einfach nicht ruhig bleiben. 
Sie war sehr besorgt um ihren Partner, und sie hatte keine Möglichkeit, ihn zu erreichen. Sie konnte nur hier in seiner Wohnung bleiben und hoffen, dass er irgendwann auftauchte. Mulder war zu einem Undercovereinsatz beordert worden, von dem außer Director Skinner nur zwei weitere Männer der Führungsetage wussten. Scully hatte durch Zufall davon erfahren, als sie versucht hatte, etwas über den Grund für Mulders seltsames Verhalten in der letzten Zeit herauszufinden. Ihr war klar, dass ihr Partner nicht mit ihr über diesen Einsatz würde reden dürfen, aber sie wollte ihm sagen, dass sie ihm trotz seines seltsamen, ja sogar feindseligen Verhaltens noch immer vertraute. Deshalb hatte sie sich in seine Wohnung begeben und hoffte nun, dass er irgendwann hier auftauchen würde. Sie hatte seine Fische gefüttert und sich auf die Couch gesetzt, um wenigstens eine Ahnung von seiner Nähe zu haben. Licht konnte sie keins machen, denn es wäre von der Straße aus bemerkt worden. 
Also saß sie im Dunkeln und hing ihren Gedanken nach, ein Luxus, den sie sich nicht oft erlaubte. Sie dachte an Mulder, an die unzähligen Male, die sie einander schon das Leben gerettet hatten, daran, dass er immer da gewesen war, wenn sie völlig verzweifelt gewesen war. Nun war es an ihr, für ihn da zu sein. 
  

Fox Mulder dachte gerade in diesem Moment auch an seine Partnerin. Er stieg die Treppen zu seinem Apartment hinauf, und der Gedanke, daß er Scully belügen musste und dass sie ihm sicher misstraute, erfüllte ihn mit mehr Traurigkeit als er vor sich selbst zuzugeben bereit war. 
Mulder öffnete die Tür zu seiner Wohnung und knipste das Licht an. Im selben Moment, als er die Präsenz einer anderen Person spürte, hörte er schon Scullys Stimme: “Mulder, erschrecken Sie nicht, ich bin's." 
Er drehte sich um und sah ins Gesicht seiner Partnerin. Er wusste, er würde sie hinauswerfen müssen, denn sie durfte nichts erfahren, aber er wollte es nicht tun. Er wollte sie nicht verletzen, und er wollte nicht, dass sie ging. Bevor er etwas sagen konnte, begann Scully zu sprechen: “Mulder, ich bin hergekommen um zu sehen, ob es Ihnen gut geht. Ich habe mir Sorgen um Sie gemacht, und..." Ihre Stimme stockte, als sie zur Tür ging. “Ich wollte Ihnen sagen, dass ich Ihnen vertraue, egal wie Sie sich in letzter Zeit verhalten haben." 
Mulders Herz setzte einen Schlag aus. War es möglich, daß sie etwas wusste? Oder vertraute sie ihm so sehr, dass selbst sein unmögliches Verhalten der letzten Zeit ihr Vertrauen nicht erschüttert hatte? 
Bevor Scully die Wohnung verlassen konnte, trat Mulder zu ihr und griff nach ihrem Arm. Er drehte sie zu sich herum, legte ihr die Hände auf die Schultern und sah ihr in die Augen, in denen so viel Vertrauen und Wärme zu lesen war. “Danke", sagte er schlicht. Sie sahen einander stumm an. Jeder hätte so viel sagen können, doch gerade deshalb fehlten ihnen die Worte. Statt dessen sprachen ihre Augen. Schließlich hielt Mulder es nicht mehr aus. Er holte Luft, um etwas zu sagen, doch sie schüttelte kaum merklich den Kopf. Langsam trat sie noch einen Schritt auf ihn zu und berührte leicht seine Schulter. Es war, als erlöse sie ihn damit aus einer Art Starre. Mulder ließ ihre Schulter los und strich sacht über ihre Wange. Ihre Haut fühlte sich wie Samt unter seinen Fingern an, als er auch die andere Hand an ihr Gesicht legte. Sie löste ihren Blick nicht von ihm, und in ihren Augen stand Unsicherheit, aber auch ein Wunsch, den sie niemals laut ausgesprochen hätte. Mulder spürte den Duft ihrer Haare und beugte sich noch näher zu ihr. Ihr Griff um seine Schultern wurde fester, irgendwie bestimmter, und ihrer beider Atem setzte einen Augenblick lang aus, bevor sich ihre Lippen trafen. 
Es war ein Augenblick, auf den sie beide lange gewartet hatten, und der sanfte Kuss brach einen Damm, der eine Flut von Gefühlen freiließ, mit deren Intensität keiner von ihnen gerechnet hatte. Er zog sie in die Arme und hielt sie so fest, als befürchte er, sie könne sich in Luft auflösen oder einfach gehen. Auch als sie wieder Luft holen mußten, ließ er sie nicht los. Das war Wahnsinn, und er wusste es. Er liebte sie so sehr, dass es manchmal weh tat, nur in ihrer Nähe zu sein, aber er durfte es nicht. Sie war nicht wie er, gehörte nicht in seine Welt der paranoiden, wahnsinnigen Jagd nach Außerirdischen. Sie hatte es nicht verdient, unter seinen Ängsten zu leiden. Er sah ihr noch einmal in die Augen und wusste im selben Moment, dass es ein Fehler gewesen war. Sie schaute mit so viel Liebe und Vertrauen zu ihm auf, dass alles andere aus seinen Gedanken verschwand. Es gab nur noch sie, ihre Nähe, ihre Liebe. “Ich liebe dich." Mehr konnte er nicht sagen, und mehr wollte er auch nicht sagen. Ihr Gesicht sagte ihm, daß sie dasselbe für ihn empfand. “Ich hatte immer gehofft, daß du das einmal zu mir sagen würdest, aber ich weiß nicht, was ich sagen soll." Sie entschied sich, gar nichts zu sagen. Statt dessen küsste sie ihn wieder, noch inniger diesmal, und schmiegte sich an ihn. Auch ihr war klar, daß das hier total verrückt war. Es gab hunderte von Vorschriften gegen Momente wie diese, aber sie war plötzlich bereit, sie alle zu ignorieren, aus einem einzigen Grund: Weil sie ihn liebte. Sie ließ es zu, daß ihre Gedanken verschwanden, dass sie nur noch fühlte. Sein Kuss war zärtlich und innig, und sie fühlte sich wohl bei ihm. Sie war noch nie zuvor so geküsst worden, und sie genoss jede Sekunde. Seine Hand fuhr unter ihre Bluse und strich sanft über ihren Rücken, nicht um sie zu drängen, sondern um sie noch näher zu fühlen. Es war nicht die richtige Zeit für mehr, das spürten sie beide, und sie wusste, er würde das akzeptieren. Deshalb stimmte sie zu, als er fragte, ob sie über Nacht bei ihm bleiben wolle. Ihre Zustimmung machte ihn glücklich, denn er wusste, daß er morgen wieder weg sein würde. Aber jetzt war das nicht mehr so schlimm, denn jetzt wusste er, daß sie noch da sein würde, wenn der Fall abgeschlossen war. 
Als sie schließlich, beide in seinen T-Shirts, eng aneinander gekuschelt auf seiner Schlafcouch lagen, fragte sich Scully, wie sie diese Couch jemals hatte unbequem finden können. Im Augenblick war dies der schönste Ort, den sie sich denken konnte. Sie drehte sich zu ihm und suchte wieder seine Lippen. “Ich liebe dich", flüsterte sie, bevor sie einander noch einmal küssten, um dann, einander im Arm haltend, einzuschlafen. 
Sie wussten beide, dass sie einander nach dieser Nacht wieder eine Weile nicht sehen würden, aber sie wussten auch, dass ihr Vertrauen in einander sie trotzdem verbinden würde. 
 

 ~ Finis ~

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