Mulder saß wie erstarrt und starrte Scully an. Er konnte nicht glauben, was sie eben gesagt hatte. Es konnte nicht sein. Es war einfach unmöglich! Aber so etwas konnte er sich doch unmöglich eingebildet haben. Es mußte also wahr sein.
Langsam und beinahe schüchtern hob er den Kopf und sah sie an. Und bereute es sofort. Es stimmte. Das sagte ihm ihr Gesichtsausdruck mehr als deutlich. Aber wie? Das wie solltest Du doch wohl wissen!, sagte sein Verstand, und er tadelte sich selbst für diesen Gedanken. Dies war nicht der Zeitpunkt für dumme Witze, nicht mal gegenüber sich selbst.
Nein, dafür war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt. Seine ehemalige Partnerin, Dana Scully, die Frau die er immer geliebt hatte, hatte ihm gerade eröffnet, daß sie schwanger war. Von ihm.
Wie kann das sein?, fragte er sich wieder, ernster dieses Mal. Wir haben doch nur ein einziges Mal... Daran erinnerte er sich, als sei es gestern gewesen.
Sie war nach Abschluß eines Falles total fertig gewesen und einfach aus dem Büro gestürzt, um nach Hause zu fahren. Er hatte sich schuldig gefühlt an ihrem Zustand; schließlich hatte er sie mit ihren in diesem Fall offensichtlich zum Vorschein gekommenen Mutterinstinkten aufgezogen und dabei vergessen, daß sie wahrscheinlich nie würde eigene Kinder haben können, was auf die Experimente zurückzuführen war, die man mit ihr während ihrer Entführung gemacht hatte. Und dann hatte man ausgerechnet ihnen einen Fall von Kindesmißhandlung übertragen. Als ob im Keller nicht genug X-Akten lägen, die darauf warteten, von ihnen bearbeitet zu werden. Nein, ein Fall mit kleinen Kindern hatte es sein müssen. Und sie war die ganze Zeit so anders gewesen, hatte sich intensiv mit den Kindern beschäftigt, hatte sie in ihr Herz geschlossen, was so gar nicht typisch für seine vernünftige Partnerin war. Und am Ende, als die Kinder in Heimen untergebracht worden waren, hatten sie ihren Bericht geschrieben. Und das war der Moment gewesen, in dem er wie üblich seine große Klappe nicht hatte halten können. Er hatte sie aufgezogen, um sie aufzumuntern, doch er hatte die falschen Worte gewählt und sie war gegangen.
Ihm war nichts anderes übrig geblieben als ihr zu folgen. Er hatte sich die Worte, mit denen er sich entschuldigen wollte, schon zurechtgelegt, bevor er an ihre Tür klopfte, doch als sie öffnete, brachte er kein einziges Wort heraus. Er sah in ihre Augen und erkannte die tiefe Trauer darin. Nachdem sie ihn hereingebeten hatte, wollte er anfangen, sich zu entschuldigen, aber sie unterbrach ihn mit einer Geste. „Es ist nicht Ihre Schuld. Ich habe überreagiert weil ich nicht zugeben konnte, daß Sie recht hatten. Ich habe mich viel zu sehr persönlich engagiert und das entgegen jeder Vernunft. Darum bin ich gegangen. Nicht wegen dem, was Sie gesagt haben." Er schwieg, erleichtert, daß er sie nicht verletzt hatte, denn das letzte was er jemals wollte war, sie zu verletzen.
Trotzdem blieb ihre Trauer. Und er wußte nicht, wie er sie trösten sollte. Also legte er einfach den Arm um sie und zog sie an sich, damit sie, wenn schon keinen Trost, so doch wenigstens Geborgenheit finden konnte. Sie schmiegte sich dankbar an ihn, suchte seine Nähe aus mehr Gründen als sie sich selbst einzugestehen bereit war, und brach schließlich in seinen Armen in Tränen aus. Mulder hielt sie sanft und doch fest und strich ihr leicht übers Haar, bis sie aufgehört hatte zu weinen. Mit tränennassem Gesicht sah sie schließlich zu ihm auf und sagte so leise, daß er sie kaum verstehen konnte: „Es ist ja nicht, weil ich wahrscheinlich nie Kinder haben werde. Jedenfalls nicht nur. Es bedeutet, daß ich für immer allein sein werde. Denn welcher Mann würde schon eine Frau haben wollen, mit der er niemals Kinder haben kann? Ich meine, welcher Mann würde so eine Frau auch lieben, wenn das sicher wäre?" Ihre Stimme klang bitter und sehr traurig. Seine Gefühle spielten verrückt. Er liebte sie schon so lange, und es machte nichts, daß sie keine Kinder würde haben können. Er hatte sie immer geliebt, und nichts würde das jemals ändern können.hatte sich von ihm losgemacht und zum Fenster gedreht, sogar ihr Rücken ein Bild der Traurigkeit, die in ihr war. Mulder trat leise hinter sie und legte ihr sanft die Hand auf die Schulter. Sie zuckte bei dieser Berührung leicht zusammen, wehrte sich aber nicht, als er sie zu sich umdrehte und sie zwang, ihn anzusehen.
„Du willst wissen, wer Dich lieben würde?" Seine Stimme war rauh und gleichzeitig sanft. Sie jagte Scully einen Schauer über den Rücken. Sie konnte seinen intensiven Augen nicht entgehen und versank beinahe in seinem Blick als er fortfuhr: „Ich liebe Dich. Ich liebe Dich schon sehr lange, und das wird sich niemals ändern, egal was passiert. Mir ist klar, daß das nicht das ist, was Du Dir vorgestellt hast, aber Du sollst es trotzdem wissen." Scully stockte der Atem. Da waren sie, die Worte, von denen sie immer geträumt hatte, und sie klangen ganz genau so wie in ihrer Phantasie. Sie schaute ihn groß an, wie um zu prüfen, ob er die Wahrheit sagte, aber er war völlig ernst. Sie löste den Blick nicht von ihm, als sie seine Worte erwiderte. Dann wartete sie atemlos auf seine Lippen, die ihre ganz leicht streiften. Sie küßte ihn mit einer Innigkeit, die sie niemals für möglich gehalten hatte. Sie ließ es zu, daß er ihre Wangen streichelte, wollte von ihm geküßt und gehalten werden, wollte, daß er bei ihr blieb und mit seiner Zärtlichkeit ihre Angst wegwischte und ihre Trauer verschwinden ließ...
Es hatte nur diese eine Nacht gegeben, und sie war ein Fehler gewesen. Dana hatte am Morgen seine Nähe nicht ertragen können, hatte nicht glauben können, daß seine Liebe ehrlich gewesen war. Sie hatte sich vollkommen von ihm abgegrenzt und nur noch das Nötigste mit ihm gesprochen. Er hatte darunter gelitten, hatte aber gleichzeitig eingesehen, daß es ein Fehler gewesen war, es geschehen zu lassen. Sie war nicht in der Verfassung gewesen, zu entscheiden, ob sie es wirklich wollte, und er hatte das falsch eingeschätzt. Trotzdem hatte er nicht aufgehört, sie überzeugen zu wollen, daß er sie wirklich liebte, aber sie hatte ihn immer wieder abgewiesen. Irgendwann hatte selbst Skinner nicht mehr ignorieren können, daß zwischen seinen beiden Agenten etwas nicht stimmte, und nachdem auch eine Aussprache mit ihnen in seinem Büro zu nichts führte, hatte er Scully schweren Herzens in eine andere Abteilung versetzt; natürlich nur vorübergehend, wie er versichert hatte.
Scully war gegangen, froh, Mulder nicht mehr jeden Tag sehen zu müssen, denn das machte es ihr noch schwerer, ihn zurückzuweisen. Sie liebte ihn so sehr, daß es ihr mehr weh tat als ihm selber, wenn sie ihn wegstieß, aber sie wußte, daß sie keine Wahl hatte. Sie konnte es nicht ertragen, wenn er unglücklich war, und genau das versuchte sie zu verhindern. Ein wunderbarer Mann wie er würde auf die Dauer nicht glücklich sein, wenn er keine Familie gründen konnte, und sie wollte ihn und sich selbst vor der Enttäuschung bewahren, sich einer Illusion hingegeben zu haben.
Einer Illusion, die plötzlich keine mehr war. Sie hatte es kaum zu hoffen gewagt, aber offenbar hatte die Heilung vom Krebs auch ihre Fähigkeit, Mutter zu werden, zurückgebracht. Alle Ärzte, einschließlich sie selbst, hatten sie vor dieser Hoffnung gewarnt. Zu gering sei die Chance, das hatte sie gewußt, aber es hatte eine Chance bestanden. Und nun war es wahr geworden. Sie war schwanger von dem Mann, den sie liebte. Doch sie war nicht glücklich darüber. Zu vieles war in den letzten Wochen passiert, zu oft hatte sie ihn verletzt, und sie wußte, daß das nicht ungeschehen gemacht werden konnte. Sie hatte es ihm nur der Fairneß halber sagen wollen; das redete sie sich zumindest ein. Jetzt war es heraus, und sie wartete beinahe ängstlich auf seine Reaktion.
Er schwieg lange, dann sah er sie an, suchte ihren Blick, ihre Augen, die er so vermißt hatte. Sie schien Angst zu haben, was er sagen würde, etwas, das er bei ihr noch nie erlebt hatte.
Endlich sagte er: „Ich liebe Dich, und nichts wird das jemals ändern, weißt Du noch?" Tränen traten in ihre Augen, als sie ihn seine Worte aus jener Nacht wiederholen hörte. Ihr Entschluß stand plötzlich fest. Sie konnte sich nicht darauf einlassen. Was, wenn sie das Kind verlor? Sie hatte ihn schon zu oft verletzt, wollte ihm nie wieder weh tun. Sie hatte keine Wahl; sie mußte gehen. Er hatte es nicht verdient, daß sie ihn verletzte, ohne es zu wollen.
„Ich liebe Dich, und darum ist es besser, wenn wir uns nie wiedersehen." Mit diesen Worten drehte sie sich zur Tür und verließ den Raum, damit er ihre Tränen nicht sah. Zurück blieb Mulder, verständnislos und tief traurig. Er wußte nicht warum, aber er wußte, daß es vorbei war und daß er das weder verstand noch ertragen konnte...
„Hey, was ist, träumen Sie? Oder wollen Sie hier Wurzeln schlagen?" Mulder zuckte zusammen. Es war ihre Stimme, ihre fröhliche, sanfte, geliebte Stimme, die ihn aus seinen Gedanken riß. Er brauchte einen Moment, bevor er begriff, wo er war. Er saß mit seiner Partnerin in seinem Wagen, denn er hatte sie nach einem nächtlichen Einsatz nach Hause bringen wollen. Allerdings war er so müde gewesen, daß sie darauf bestanden hatte zu fahren. In diesem Zustand konnte er unmöglich noch nach Hause fahren; er war ja jetzt schon eingeschlafen, und so versuchte sie schon seit 10 Minuten, ihn wach zu bekommen, damit er wie so oft auf ihrer Couch übernachten konnte. Allmählich sollte ich mir ein Gästezimmer anschaffen, so oft wie er hier übernachtet, dachte sie amüsiert. Allerdings schien das nicht nötig zu sein, denn Mulder schien auch im Wagen gut zu schlafen. „Soll ich Ihnen eine Decke hier runter bringen, oder kommen Sie mit rauf? Aber erwarten Sie nicht, daß ich Sie trage, sonst denken meine Nachbarn, ich bringe einen Betrunkenen mit zu mir. Ich könnte mich hier nie wieder sehen lassen." Er war nun vollkommen wach und glücklich, daß alles nur ein Traum gewesen war. Sogar diese Nacht war es ihm nicht wert, sie zu verlieren, das wußte er, und so stieg er aus dem Wagen und neckte sie: „Sollen wir's auf einen Versuch ankommen lassen?" „Wehe!". Sie lachte, und es machte ihn noch glücklicher, ihr Lachen zu hören.
In ihrem Apartment suchte sie ihm frische Bettwäsche heraus, damit er die Couch beziehen konnte. Er war schon oft genug ihr Schlafgast gewesen um das selbst tun zu können, entschied sie und ging ins Badezimmer.
Als sie wieder ins Wohnzimmer kam, stand er am Fenster und schaute nachdenklich hinaus. Sie schlich zu ihm und sagte leise: „Wissen Sie, daß Sie der einzige Mann sind, der hier übernachtet hat? Außer meinem Vater, als er und Mom Streit hatten. Da hat er reihum die Kinder besucht. Zum Glück hatten sie sich wieder vertragen, bevor ich ein zweites Mal dran war. Er schnarcht nämlich ganz schrecklich, das hört man in der ganzen Wohnung." Mulder grinste. „Wie gut, daß ich nicht schnarche. Sonst hätten Sie mich doch noch im Wagen übernachte lassen." Sie spielte die Empörte: „So was trauen Sie mir zu?" „Ihnen traue ich alles zu. Das ist auch der Grund, warum ich Dich liebe." Erschrocken biß er sich auf die Lippen. Das durfte doch einfach nicht wahr sein! Gerade hatte er sie im Traum verloren, und nun stand er hier in ihrer Wohnung und platzte mit seinen Gefühlen für sie heraus, während sie vertrauensvoll im Nachthemd vor ihm stand. Was mußte sie jetzt von ihm denken? Nein, das wollte er lieber gar nicht wissen. Er suchte nach einer Möglichkeit, ihre Freundschaft unbeschadet aus dieser Situation herauszubekommen, sah aber keine.
Die Stille war schier unerträglich. Dann hörte er ein Geräusch, das ihm mehr als vertraut war. Er wagte es kaum, sie anzusehen, aber als er es doch tat, sah er, daß sie lachte. Einerseits war er erleichtert, andrerseits hatte er sich schon gewünscht, daß sie ihn und seine Gefühle ein wenig ernster nahm. Sie schaute ihn an und kicherte: „Weißt Du, eigentlich hatte ich es mir ja romantischer vorgestellt, aber ich bin froh, daß Du es sagst, egal wie." Bevor er reagieren konnte, hatte sie ihn schon umarmt, hielt ihn fest und küßte ihn. Da begriff er es endlich, sah den Grund für so viele Mißverständnisse, für Streitereien, die es gar nicht wert gewesen waren. Sie liebte ihn! Er konnte sein Glück noch gar nicht fassen, als er ihren Kuß erwiderte.„Ich werde Dich niemals überrumpeln oder Dir weh tun", flüsterte er in ihr Haar, noch immer erschrocken von seinem Traum. „Das weiß ich doch," erwiderte sie. „deshalb lasse ich Dich ja auch bei mir schlafen. Schließlich haben wir alle Zeit der Welt." Ja, alle Zeit der Welt, um Dich einfach im Arm zu halten und Dir beim Einschlafen zuzusehen, dachte er zärtlich, als sie eng aneinandergekuschelt in ihrem Bett lagen. Dana schmiegte sich voller Vertrauen in seine Arme. Sie wußte, er würde sie nicht drängen, würde warten, bis sie soweit war.
Das mit dem Gästezimmer wäre damit wohl erledigt. Das war ein wunderschöner Gedanke, aber nicht so schön wie Mulders letzter Gedanke, bevor er einschlief: Es gab einen Weg, der sie zusammenführte.
- The End -
Weil der erste Teil der Story ein Traum war, konnte ich einfach ganz dreist Scully schwanger werden lassen und von einer Heilung sprechen. Nicht wundern, ich weiß schon, das das sonst nicht geht. Aber wer weiß, was Mulder sonst noch so träumt...
Langsam und beinahe schüchtern hob er den Kopf und sah sie an. Und bereute es sofort. Es stimmte. Das sagte ihm ihr Gesichtsausdruck mehr als deutlich. Aber wie? Das wie solltest Du doch wohl wissen!, sagte sein Verstand, und er tadelte sich selbst für diesen Gedanken. Dies war nicht der Zeitpunkt für dumme Witze, nicht mal gegenüber sich selbst.
Nein, dafür war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt. Seine ehemalige Partnerin, Dana Scully, die Frau die er immer geliebt hatte, hatte ihm gerade eröffnet, daß sie schwanger war. Von ihm.
Wie kann das sein?, fragte er sich wieder, ernster dieses Mal. Wir haben doch nur ein einziges Mal... Daran erinnerte er sich, als sei es gestern gewesen.
Sie war nach Abschluß eines Falles total fertig gewesen und einfach aus dem Büro gestürzt, um nach Hause zu fahren. Er hatte sich schuldig gefühlt an ihrem Zustand; schließlich hatte er sie mit ihren in diesem Fall offensichtlich zum Vorschein gekommenen Mutterinstinkten aufgezogen und dabei vergessen, daß sie wahrscheinlich nie würde eigene Kinder haben können, was auf die Experimente zurückzuführen war, die man mit ihr während ihrer Entführung gemacht hatte. Und dann hatte man ausgerechnet ihnen einen Fall von Kindesmißhandlung übertragen. Als ob im Keller nicht genug X-Akten lägen, die darauf warteten, von ihnen bearbeitet zu werden. Nein, ein Fall mit kleinen Kindern hatte es sein müssen. Und sie war die ganze Zeit so anders gewesen, hatte sich intensiv mit den Kindern beschäftigt, hatte sie in ihr Herz geschlossen, was so gar nicht typisch für seine vernünftige Partnerin war. Und am Ende, als die Kinder in Heimen untergebracht worden waren, hatten sie ihren Bericht geschrieben. Und das war der Moment gewesen, in dem er wie üblich seine große Klappe nicht hatte halten können. Er hatte sie aufgezogen, um sie aufzumuntern, doch er hatte die falschen Worte gewählt und sie war gegangen.
Ihm war nichts anderes übrig geblieben als ihr zu folgen. Er hatte sich die Worte, mit denen er sich entschuldigen wollte, schon zurechtgelegt, bevor er an ihre Tür klopfte, doch als sie öffnete, brachte er kein einziges Wort heraus. Er sah in ihre Augen und erkannte die tiefe Trauer darin. Nachdem sie ihn hereingebeten hatte, wollte er anfangen, sich zu entschuldigen, aber sie unterbrach ihn mit einer Geste. „Es ist nicht Ihre Schuld. Ich habe überreagiert weil ich nicht zugeben konnte, daß Sie recht hatten. Ich habe mich viel zu sehr persönlich engagiert und das entgegen jeder Vernunft. Darum bin ich gegangen. Nicht wegen dem, was Sie gesagt haben." Er schwieg, erleichtert, daß er sie nicht verletzt hatte, denn das letzte was er jemals wollte war, sie zu verletzen.
Trotzdem blieb ihre Trauer. Und er wußte nicht, wie er sie trösten sollte. Also legte er einfach den Arm um sie und zog sie an sich, damit sie, wenn schon keinen Trost, so doch wenigstens Geborgenheit finden konnte. Sie schmiegte sich dankbar an ihn, suchte seine Nähe aus mehr Gründen als sie sich selbst einzugestehen bereit war, und brach schließlich in seinen Armen in Tränen aus. Mulder hielt sie sanft und doch fest und strich ihr leicht übers Haar, bis sie aufgehört hatte zu weinen. Mit tränennassem Gesicht sah sie schließlich zu ihm auf und sagte so leise, daß er sie kaum verstehen konnte: „Es ist ja nicht, weil ich wahrscheinlich nie Kinder haben werde. Jedenfalls nicht nur. Es bedeutet, daß ich für immer allein sein werde. Denn welcher Mann würde schon eine Frau haben wollen, mit der er niemals Kinder haben kann? Ich meine, welcher Mann würde so eine Frau auch lieben, wenn das sicher wäre?" Ihre Stimme klang bitter und sehr traurig. Seine Gefühle spielten verrückt. Er liebte sie schon so lange, und es machte nichts, daß sie keine Kinder würde haben können. Er hatte sie immer geliebt, und nichts würde das jemals ändern können.hatte sich von ihm losgemacht und zum Fenster gedreht, sogar ihr Rücken ein Bild der Traurigkeit, die in ihr war. Mulder trat leise hinter sie und legte ihr sanft die Hand auf die Schulter. Sie zuckte bei dieser Berührung leicht zusammen, wehrte sich aber nicht, als er sie zu sich umdrehte und sie zwang, ihn anzusehen.
„Du willst wissen, wer Dich lieben würde?" Seine Stimme war rauh und gleichzeitig sanft. Sie jagte Scully einen Schauer über den Rücken. Sie konnte seinen intensiven Augen nicht entgehen und versank beinahe in seinem Blick als er fortfuhr: „Ich liebe Dich. Ich liebe Dich schon sehr lange, und das wird sich niemals ändern, egal was passiert. Mir ist klar, daß das nicht das ist, was Du Dir vorgestellt hast, aber Du sollst es trotzdem wissen." Scully stockte der Atem. Da waren sie, die Worte, von denen sie immer geträumt hatte, und sie klangen ganz genau so wie in ihrer Phantasie. Sie schaute ihn groß an, wie um zu prüfen, ob er die Wahrheit sagte, aber er war völlig ernst. Sie löste den Blick nicht von ihm, als sie seine Worte erwiderte. Dann wartete sie atemlos auf seine Lippen, die ihre ganz leicht streiften. Sie küßte ihn mit einer Innigkeit, die sie niemals für möglich gehalten hatte. Sie ließ es zu, daß er ihre Wangen streichelte, wollte von ihm geküßt und gehalten werden, wollte, daß er bei ihr blieb und mit seiner Zärtlichkeit ihre Angst wegwischte und ihre Trauer verschwinden ließ...
Es hatte nur diese eine Nacht gegeben, und sie war ein Fehler gewesen. Dana hatte am Morgen seine Nähe nicht ertragen können, hatte nicht glauben können, daß seine Liebe ehrlich gewesen war. Sie hatte sich vollkommen von ihm abgegrenzt und nur noch das Nötigste mit ihm gesprochen. Er hatte darunter gelitten, hatte aber gleichzeitig eingesehen, daß es ein Fehler gewesen war, es geschehen zu lassen. Sie war nicht in der Verfassung gewesen, zu entscheiden, ob sie es wirklich wollte, und er hatte das falsch eingeschätzt. Trotzdem hatte er nicht aufgehört, sie überzeugen zu wollen, daß er sie wirklich liebte, aber sie hatte ihn immer wieder abgewiesen. Irgendwann hatte selbst Skinner nicht mehr ignorieren können, daß zwischen seinen beiden Agenten etwas nicht stimmte, und nachdem auch eine Aussprache mit ihnen in seinem Büro zu nichts führte, hatte er Scully schweren Herzens in eine andere Abteilung versetzt; natürlich nur vorübergehend, wie er versichert hatte.
Scully war gegangen, froh, Mulder nicht mehr jeden Tag sehen zu müssen, denn das machte es ihr noch schwerer, ihn zurückzuweisen. Sie liebte ihn so sehr, daß es ihr mehr weh tat als ihm selber, wenn sie ihn wegstieß, aber sie wußte, daß sie keine Wahl hatte. Sie konnte es nicht ertragen, wenn er unglücklich war, und genau das versuchte sie zu verhindern. Ein wunderbarer Mann wie er würde auf die Dauer nicht glücklich sein, wenn er keine Familie gründen konnte, und sie wollte ihn und sich selbst vor der Enttäuschung bewahren, sich einer Illusion hingegeben zu haben.
Einer Illusion, die plötzlich keine mehr war. Sie hatte es kaum zu hoffen gewagt, aber offenbar hatte die Heilung vom Krebs auch ihre Fähigkeit, Mutter zu werden, zurückgebracht. Alle Ärzte, einschließlich sie selbst, hatten sie vor dieser Hoffnung gewarnt. Zu gering sei die Chance, das hatte sie gewußt, aber es hatte eine Chance bestanden. Und nun war es wahr geworden. Sie war schwanger von dem Mann, den sie liebte. Doch sie war nicht glücklich darüber. Zu vieles war in den letzten Wochen passiert, zu oft hatte sie ihn verletzt, und sie wußte, daß das nicht ungeschehen gemacht werden konnte. Sie hatte es ihm nur der Fairneß halber sagen wollen; das redete sie sich zumindest ein. Jetzt war es heraus, und sie wartete beinahe ängstlich auf seine Reaktion.
Er schwieg lange, dann sah er sie an, suchte ihren Blick, ihre Augen, die er so vermißt hatte. Sie schien Angst zu haben, was er sagen würde, etwas, das er bei ihr noch nie erlebt hatte.
Endlich sagte er: „Ich liebe Dich, und nichts wird das jemals ändern, weißt Du noch?" Tränen traten in ihre Augen, als sie ihn seine Worte aus jener Nacht wiederholen hörte. Ihr Entschluß stand plötzlich fest. Sie konnte sich nicht darauf einlassen. Was, wenn sie das Kind verlor? Sie hatte ihn schon zu oft verletzt, wollte ihm nie wieder weh tun. Sie hatte keine Wahl; sie mußte gehen. Er hatte es nicht verdient, daß sie ihn verletzte, ohne es zu wollen.
„Ich liebe Dich, und darum ist es besser, wenn wir uns nie wiedersehen." Mit diesen Worten drehte sie sich zur Tür und verließ den Raum, damit er ihre Tränen nicht sah. Zurück blieb Mulder, verständnislos und tief traurig. Er wußte nicht warum, aber er wußte, daß es vorbei war und daß er das weder verstand noch ertragen konnte...
„Hey, was ist, träumen Sie? Oder wollen Sie hier Wurzeln schlagen?" Mulder zuckte zusammen. Es war ihre Stimme, ihre fröhliche, sanfte, geliebte Stimme, die ihn aus seinen Gedanken riß. Er brauchte einen Moment, bevor er begriff, wo er war. Er saß mit seiner Partnerin in seinem Wagen, denn er hatte sie nach einem nächtlichen Einsatz nach Hause bringen wollen. Allerdings war er so müde gewesen, daß sie darauf bestanden hatte zu fahren. In diesem Zustand konnte er unmöglich noch nach Hause fahren; er war ja jetzt schon eingeschlafen, und so versuchte sie schon seit 10 Minuten, ihn wach zu bekommen, damit er wie so oft auf ihrer Couch übernachten konnte. Allmählich sollte ich mir ein Gästezimmer anschaffen, so oft wie er hier übernachtet, dachte sie amüsiert. Allerdings schien das nicht nötig zu sein, denn Mulder schien auch im Wagen gut zu schlafen. „Soll ich Ihnen eine Decke hier runter bringen, oder kommen Sie mit rauf? Aber erwarten Sie nicht, daß ich Sie trage, sonst denken meine Nachbarn, ich bringe einen Betrunkenen mit zu mir. Ich könnte mich hier nie wieder sehen lassen." Er war nun vollkommen wach und glücklich, daß alles nur ein Traum gewesen war. Sogar diese Nacht war es ihm nicht wert, sie zu verlieren, das wußte er, und so stieg er aus dem Wagen und neckte sie: „Sollen wir's auf einen Versuch ankommen lassen?" „Wehe!". Sie lachte, und es machte ihn noch glücklicher, ihr Lachen zu hören.
In ihrem Apartment suchte sie ihm frische Bettwäsche heraus, damit er die Couch beziehen konnte. Er war schon oft genug ihr Schlafgast gewesen um das selbst tun zu können, entschied sie und ging ins Badezimmer.
Als sie wieder ins Wohnzimmer kam, stand er am Fenster und schaute nachdenklich hinaus. Sie schlich zu ihm und sagte leise: „Wissen Sie, daß Sie der einzige Mann sind, der hier übernachtet hat? Außer meinem Vater, als er und Mom Streit hatten. Da hat er reihum die Kinder besucht. Zum Glück hatten sie sich wieder vertragen, bevor ich ein zweites Mal dran war. Er schnarcht nämlich ganz schrecklich, das hört man in der ganzen Wohnung." Mulder grinste. „Wie gut, daß ich nicht schnarche. Sonst hätten Sie mich doch noch im Wagen übernachte lassen." Sie spielte die Empörte: „So was trauen Sie mir zu?" „Ihnen traue ich alles zu. Das ist auch der Grund, warum ich Dich liebe." Erschrocken biß er sich auf die Lippen. Das durfte doch einfach nicht wahr sein! Gerade hatte er sie im Traum verloren, und nun stand er hier in ihrer Wohnung und platzte mit seinen Gefühlen für sie heraus, während sie vertrauensvoll im Nachthemd vor ihm stand. Was mußte sie jetzt von ihm denken? Nein, das wollte er lieber gar nicht wissen. Er suchte nach einer Möglichkeit, ihre Freundschaft unbeschadet aus dieser Situation herauszubekommen, sah aber keine.
Die Stille war schier unerträglich. Dann hörte er ein Geräusch, das ihm mehr als vertraut war. Er wagte es kaum, sie anzusehen, aber als er es doch tat, sah er, daß sie lachte. Einerseits war er erleichtert, andrerseits hatte er sich schon gewünscht, daß sie ihn und seine Gefühle ein wenig ernster nahm. Sie schaute ihn an und kicherte: „Weißt Du, eigentlich hatte ich es mir ja romantischer vorgestellt, aber ich bin froh, daß Du es sagst, egal wie." Bevor er reagieren konnte, hatte sie ihn schon umarmt, hielt ihn fest und küßte ihn. Da begriff er es endlich, sah den Grund für so viele Mißverständnisse, für Streitereien, die es gar nicht wert gewesen waren. Sie liebte ihn! Er konnte sein Glück noch gar nicht fassen, als er ihren Kuß erwiderte.„Ich werde Dich niemals überrumpeln oder Dir weh tun", flüsterte er in ihr Haar, noch immer erschrocken von seinem Traum. „Das weiß ich doch," erwiderte sie. „deshalb lasse ich Dich ja auch bei mir schlafen. Schließlich haben wir alle Zeit der Welt." Ja, alle Zeit der Welt, um Dich einfach im Arm zu halten und Dir beim Einschlafen zuzusehen, dachte er zärtlich, als sie eng aneinandergekuschelt in ihrem Bett lagen. Dana schmiegte sich voller Vertrauen in seine Arme. Sie wußte, er würde sie nicht drängen, würde warten, bis sie soweit war.
Das mit dem Gästezimmer wäre damit wohl erledigt. Das war ein wunderschöner Gedanke, aber nicht so schön wie Mulders letzter Gedanke, bevor er einschlief: Es gab einen Weg, der sie zusammenführte.
- The End -
Weil der erste Teil der Story ein Traum war, konnte ich einfach ganz dreist Scully schwanger werden lassen und von einer Heilung sprechen. Nicht wundern, ich weiß schon, das das sonst nicht geht. Aber wer weiß, was Mulder sonst noch so träumt...
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