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Wahrheiten und ihre Konsequenzen

von Cat

Kapitel 2

Mit einem ziemlich mulmigen Gefühl im Magen und einem Sechserpack Bier in der Hand stand Dana Scully um 06:50 Uhr etwas beklommen vor Mulders Appartementtür. Zögerlich hob sie ihre Hand, um zu klopfen, doch dazu kam sie gar nicht mehr. Die Tür wurde von innen aufgerissen, und noch ehe sie sich versah, wurde sie von Mulder am Arm gepackt und in seine Wohnung gezogen. Doch Mulder wäre nicht Mulder, wenn er nicht noch einen flotten Spruch auf den Lippen gehabt hätte: „Hey Beautiful. Wollten Sie da draußen Wurzeln schlagen, oder was? Ich war mir nicht so sicher, ob sie wirklich kommen würden, aber man kann sich eben auf Sie verlassen, Partner.“ Mit diesen Worten hatte er bereits das Bier ergriffen und verschwand damit in die Küche. Sie hörte so etwas wie „kurz kalt stellen“. Sie sah sich neugierig um. Mulder hatte tatsächlich aufgeräumt. Ein Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit. Sie stellte sich gerade Mulder vor, wie er durch seine gesamte Wohnung lief und verzweifelt versuchte, irgendwie Ordnung zu schaffen. Wahrscheinlich hatte er den Raum, der einem Schlafzimmer am ähnlichsten sah, jetzt von oben bis unten vollgestopft. Oder seine Schränke. Oder sogar beides. Dana ließ sich auf sein Sofa fallen und wartete auf ihren Gastgeber.

Auf dem Couchtisch hatte Mulder seine Magazine fein säuberlich aufeinander gestapelt. Zwar nach keiner bestimmten Reihenfolge, aber immerhin. Dana griff danach und sah den Stapel durch. Einige Ausgaben des „Einsamen Schützen“, eine zerfledderte Zeitschrift über Internetseiten, die Begegnungen der Dritten Art beschrieben, noch einige andere PC- und Softwareratgeber. Was war das? Oh, Mulder hatte einen Playboy übersehen. Was fanden Männer an dieser Art von sexueller Befriedigung bloß so aufregend? Schließlich musste ihnen doch klar sein, dass alle Frauen, die für ein solches Blatt posierten, nicht zu haben waren. Genau wie bei Pornos. Alles war gestellt, unnatürlich und einfach primitiv. Gelangweilt durchblätterte sie das Hochglanzmagazin. Typisch Mann, schoss es ihr durch den Kopf.

„Ähm Scully, was tun Sie da?“ unterbrach ein verlegener Mulder ihre rein wissenschaftliche Erkundung.
„Wonach sieht es denn aus?“ versuchte sie ihn zu provozieren.
„Es sieht so aus, als ob sie Interesse an meinem „Playboy“ gefunden haben. Soll ich ihn Ihnen leihen?“ grinste Mulder sie frech an.
„Gott bewahre, nein. Ich frage mich nur, was Sie, und auch andere Männer daran so toll finden. Ich kann mir das, ehrlich gesagt, nicht erklären.“
„Ich bin schockiert, Agent Scully. Sind Sie krank, Sie haben gerade zugegeben, dass sie etwas nicht erklären können, wo ist denn Ihre Wissenschaft geblieben?“
„Nun, ich könnte versuchen, es Ihnen zu erklären, aber ich denke, unsere Varianten würden noch weiter auseinander liegen als normalerweise. Frauen denken eben nicht so darüber, ich meine, Frauen..“ Doch sie wurde von Mulder unterbrochen.
„Wollen Sie mir weißmachen, dass es sie nicht erregt, wenn Sie attraktive nackte Männer in einem Magazin sehen?“

„Mulder, erstens muss man nicht direkt erregt sein, wenn man schöne nackte Menschen sieht, zweitens ziehe ich die reale Sache vor, und drittens, warum unterhalten wir uns überhaupt darüber? Ich kann mich noch dunkel daran erinnern, dass Sie Pizza bestellen wollen, und was hat das mit dem Spiel auf sich?“
„Nun Scully, erstens habe ich die Pizza bereits bestellt, zweitens haben Sie damit angefangen, als sie in meinen Sachen rumgeschnüffelt haben, und drittens, das erkläre ich Ihnen bei der Pizza, die übrigens in ca. zwanzig Minuten kommen wird.“ Feuerte Mulder zurück.

Gelassen warf Dana das Heft zurück auf den Couchtisch, streifte sich die Schuhe von den Füßen und legte diese auf den Tisch. Mulder sah seine Freundin perplex an.
„Hey, Sie machen meine Magazine unordentlich, und hat Ihnen Ihre Mutter keine Manieren beigebracht. Wenn man wo zu Gast ist, dann legt man nicht die Füße auf den Tisch.“ Mulder versuchte, ernst zu bleiben in dem Versuch, Scully zu maßregeln. Doch diese grinste ihn jetzt nur verschmitzt an und erwiderte mit zuckersüßer Stimme:
„Armer Fox. Jetzt hat er einmal im Schaltjahr aufgeräumt, und dann kommt die unordentliche Dana und wagt es, seine Wohnung in ein Chaos zu verwandeln.“ Bewusst benutzte sie ihre Vornamen, dann strich sie ihm mit der Hand sanft über die Wange. Mulder setzte sein Schmollgesicht auf.

Diese Neckereien traten seit einiger Zeit immer häufiger auf, und beide schienen sie zu genießen. Nach einigen weiteren Kabbeleien wurden die Agenten durch das Klopfen an der Tür unterbrochen. Schnell sprang Mulder auf, schnappt sich etwas Geld und eilte zur Tür, um ihr Abendessen entgegen zu nehmen. Der herrliche Duft von ofenfrischer Pizza eroberte in Windeseile den Raum und Scully merkte erst jetzt, wie hungrig sie doch war. Einige Sekunden später saß Mulder schon neben ihr, und wie zwei kurz vor dem Verhungern stehende Menschen stürzten sie sich auf die Pizza. Nachdem Mulder einige Stücke vertilgt hatte, lief er zur Küche, um das vergessene Bier zu holen. Nachdem er etwas rumort hatte, klang seine Stimme an Scullys Ohr.

„Oh, Scully, trinken Sie auch was anderes als Bier?“
„Warum, was stimmt denn nicht damit?“ wollte sie wissen.
„Wir haben jetzt so quasi Biereis in Dosen.“
„Was um Himmels Willen haben Sie denn mit dem Bier gemacht?“
„Nun, ich wollte ein schönes kühles Bierchen haben, also habe ich die Dosen kurzerhand ins Tiefkühlfach gelegt. Auf stärkster Stufe. Dass das sooo schnell geht, woher hätte ich das bitte schön wissen sollen?“ quengelte Mulder wie ein kleines Kind.
Scullys herzliches Lachen war aus dem Nebenzimmer laut zu hören. „Wenigstens habe ich Scully amüsiert!“ Mulder wusste nicht so recht, ob er sich ärgern sollte, dass seine Partnerin ihn auslachte, oder ob sich freuen sollte, dass er der sonst immer so ernsten Dana Scully ein Lachen, ein echtes Lachen, entlockt hatte. Er beschloss, stolz auf sich zu sein und brachte statt der Bierdosen Eistee ins Wohnzimmer mit. Scully schien nichts dagegen zu haben, sie sah kurz von ihrer Pizza auf, schenkte dem Eistee einen prüfenden Blick und hielt Mulder auffordernd eins der Gläser hin, die sie sich und Mulder inzwischen besorgt hatte.

„Ob ich die Dosen kurz in die Mikrowelle geben soll, damit sie auftauen?“ stellte Mulder der perplexen Scully seine total ernst gemeinte Frage.
„Sind Sie von allen guten Geistern verlassen, Mulder? Gott, wie haben Sie denn bitte schön all die Jahre hier allein überlegt?“
„Nun, ich bin bei so ziemlich allen Lieferservicen in der Umgebung Stammkunde. Bei einigen bekomme ich inzwischen sogar Rabatte!“ war Mulders sichtlich stolze Antwort.
„Vielleicht sollte ich Ihnen das nächste Mal zum Geburtstag ein Kochbuch schenken!“
„Hey, einige Sachen kann ich sehr wohl machen, zum Beispiel einen Salat, oder ein Sandwich. Ich kann auch eine Dosen- oder Tütensuppe zubereiten, und Eier sind meine Spezialitäten.“ Mulder klopfte sich wie ein Gorilla auf die Brust.
Scully, die sich beinahe an ihrem Eistee vor Lachen verschluckt hatte, prustete los.
„Wirklich Mulder, Sie sind besser als eine Comedyshow!“
„Wie soll ich das denn jetzt bitte verstehen?“
„Wie Sie wollen, was ist jetzt mit dem Spiel, Sie haben mich wirklich neugierig darauf gemacht. Schießen Sie los.“
„Oh, meine Waffe liegt im Schlafzimmer, aber ich kann Ihnen gerne erklären, was ich mir da so vorstelle.“ Mulder zog eine Augenbraue hoch in einem Versuch Scully zu imitieren.
Da Scully auch hier keine Einwände zu haben schien, unterbreitete er ihr breit grinsend seine Idee.
„Nun, wir werden Truth or Dare spielen, G-Woman“
„Wahrheit oder Pflicht? Mulder, das ist doch ein Kinderspiel!“ Jetzt war es an Scully ihre Augenbraue zu heben. Sie konnte nicht glauben, dass Mulder so etwas Kindisches mit ihr spielen wollte.
„Kommen Sie schon, seinen Sie kein Spielverderber. Das kann wirklich Spaß machen. Ich werde auch Keinem sagen, bei was Sie sich so blamieren werden, versprochen!“
„Ich mich blamieren? Wenn sich dabei jemand blamieren wird, dann sind definitiv Sie das!“
„Nun, dann nehmen Sie also an?“ Er hatte von Anfang an gewusst, wie er Scully dazu bringen würde, aber dass das so schnell ging. Er hatte noch soooo viele andere tolle Überredungsversuche auf Lager. Aber Scully schien heute den ganzen Tag schon sehr verspielt zu sein. Es war zwar ungewöhnlich, aber zugleich auch unglaublich süß.
Dana wollte ihm schon ihre Hand hinhalten, um auf den Deal einzuschlagen, da fiel ihr noch etwas Wichtiges ein.
„Moment, wie kann man denn dabei eigentlich gewinnen?“
„Derjenige von uns, der als erstes kneift, der hat verloren und bald eine Verabredung mit ganz vielen netten Berichten.“
„‘kay, möge die Bessere gewinnen.“ Daraufhin nahm Dana grinsend Mulders dargebotene Hand an. Auf was hatte sie sich da nur eingelassen. Und wie hatte es Mulder geschafft, diese verdammten Bierdosen einzufrieren, sie hätte jetzt wirklich einen Schluck vertragen können. Aber andererseits, mit Mulder als Kontrahent wäre es wohl besser, klar bei Verstand zu bleiben. Alles Andere wäre der reinste Selbstmord. Was hatte sie sich nur eingebrockt?

„Nun, und da ich ein Gentleman bin, haben Sie selbstverständlich den Vortritt.“ erlaubte Mulder großzügig seiner Partnerin. Diese hüstelte leicht und sah ihn kritisch an.
„Da bin ich mir aber nicht so sicher!“
„Wollen wir nun spielen, oder wollen Sie in Wirklichkeit nur mein kaum vorhandenes Ego verletzten?“ fragte Mulder leicht gekränkt.
„Nein, das ist nur eine positive Begleiterscheinung. Also, Mulder! Wahrheit oder Pflicht?“
„Da Sie heute wohl in Kampflaune sind, ziehe ich momentan die Wahrheit vor.“
„Sie haben es so gewollt. Warum darf ich Sie nicht Fox nennen?“
Mit dieser Frage hatte Mulder nun wirklich nicht gerechnet.
„Ähm, da ich am Anfang nicht so recht wusste, aus welchem Grund Sie mir zugeteilt worden sind, wollte ich auf jeden Fall verhindern, dass diese Partnerschaft persönlich wird. Daher bestand ich darauf, dass Sie mich nur Mulder nennen. Und ich habe Sie nur mit Scully angesprochen. Tja, und obwohl Sie mir all Ihre Loyalität hundert- und tausendfach bewiesen haben, ist es irgendwie nie wieder zum Gespräch geworden. Und stellen Sie sich nur mal vor, wie die Kollegen noch mehr wilde Gerüchte verbreiten würden, wenn wir jetzt anfangen würden, uns auf der Arbeit mit dem Vornamen anzureden.“ Dabei schüttelte er sich leicht, um seinem Missgefallen Ausdruck zu verleihen.
„Macht das Ihnen wirklich so viel aus?“ fragte Scully leise.

„Möhp, Ihre Fragezeit ist abgelaufen, nur eine Frage, DANA.“ Das Dana zog er unendlich lang, um es besonders zu betonen.
„Jetzt sind Sie dran, Wahrheit oder Pflicht?“
„Wahrheit.“ Scully versuchte sicher zu klingen, obwohl sie sich absolut nicht so sicher war, warum sie diesem dämlichen Spiel überhaupt zugestimmt hatte. Aber jetzt war es zu spät, und wenn sie dieses Spiel beenden würde, dann nur als Siegerin!
„Mmh, was wollte ich schon immer einmal von Ihnen wissen?“ Mulder versuchte durch diese Pause weitere Spannung aufzubauen, was ihm auch gelang. Er wollte Scully zappeln lassen.
„Warum haben Sie diesem Spiel zugestimmt?“
„Diese Frage erstaunt mich, FOX. Gerade Sie versuchen mir doch immer weiß zu machen, dass ich mehr Spaß im Leben haben sollte.“
„Das war nicht die Antwort auf meine Frage.“
„Stimmt. Nun, ich würde sagen, dass ich heute Nachmittag im Büro wirklich viel Spass daran gefunden habe mit Ihnen E-Mails zu schreiben. Zudem ist heute Freitag und da ich eh nix vorhatte, warum sollte ich dann nicht zu Ihnen kommen und Pizza und Eis aus Dosen essen? Und ich muss zugeben, dass ich durchaus nicht abgeneigt wäre, 2 Monate lang mal ausnahmsweise keine Berichte schreiben zu müssen. Und wenn dies hier der einzige Weg dazu ist, werde ich mir diese Chance gewiss nicht entgehen lassen.“
„So ist das also, ich habe ihren Kampfgeist wach gekitzelt.“
„Das können Sie halten wie Sie Kleingeld haben. Ich jedenfalls werde Ihnen jetzt gehörig in den Hintern treten und das Spiel gewinnen.“
„Uhuh, jetzt habe ich aber Angst.“ lachte Mulder.
Dann sah er Dana fragend an. „Ihre Waffe haben Sie doch hoffentlich daheim gelassen, oder?“ Jetzt war es an Scully laut aufzulachen.

„Reden Sie sich nicht raus! Wahrheit oder Pflicht?“
„Ich liebe es, wenn Sie befehlshaberisch werden!“
„Wenn Sie nicht wollen, dass ich Ihnen noch eine zweite Schussverletzung zufüge, dann antworten Sie gefälligst!“
„Ich kann mir etwas Angenehmeres vorstellen. Nun gut, da ich ein ganz mutiger FBI-Agent bin, nehme ich Pflicht.“
Das Glitzern in Danas Augen verriet ihm, dass er doch besser Wahrheit hätte nehmen sollen. Aber die Entscheidung war bereits getroffen. Er beobachtete, wie sie angestrengt eine möglichst gute Aufgabe für ihn zu finden versuchte. Nach einigen Überlegungen fing sie an zu grinsen und wendete sich ihrem gespannten Partner zu.
„Sie werden jetzt Ihr Telefon nehmen, Skinners Handy anrufen und das vorlesen, was ich Ihnen jetzt auf diesen Zettel schreibe.“ Sie fing an in ihrer Doktorklaue einige Sätze zu kritzeln. Mulder wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Wie weit würde Scully gehen? Er saß nur regungslos da und schien in Gedanken versunken zu sein. Das brachte ihm nur einen bösen Blick seiner Partnerin ein und die Aufforderung endlich das Telefon zu holen. Sich geschlagen gebend stand er auf und trat wenig später mit dem Gewünschten zurück zum Sofa. Er wählte die ihm bekannte Nummer auswendig. Bei seinem photographischen Gedächtnis war das auch kein Wunder. Nach einigen Sekunden ertönte Skinners Stimme.
„Ja, Skinner hier!“
Hastig schob Scully ihm den Zettel hin. Angestrengt versuchte er die Worte zu entziffern. Daher entging ihm Scullys heiterer Gesichtsausdruck. Er las Skinner laut vor.
„Hallo Walter, hier ist Fox. Ich wollte eigentlich nur sagen, dass ich Sie schon immer besonders gut leiden konnte. Kann ich Sie vielleicht nächste Woche zum Essen einladen?“ Nachdem er fertig war, feuerte er den Hörer sofort auf die Gabel zurück. Beleidigt blickte er in Scullys blaue Augen.

„Also, das war gemein!“
Dana musste sich sichtlich zusammenreißen, um nicht einem Lachanfall zu erliegen. Mit ihrer bestmöglichst ernsten Stimme flötete sie:
„Stellen Sie sich nicht so an, Mulder. Sie können am Montag immer noch behaupten, dass Sie besoffen waren. Keine Sorge, Skinman ist einiges von Ihnen gewöhnt. Er wird das hier sowieso nicht ernst nehmen.“ Scully schien sich ihrer selbst mehr als nur sicher zu sein. Mulder derweil schmiedete bereits Rachepläne.

„Schon gut, Sie sind dran, Wahrheit oder Pflicht?“
„Ich denke, es wäre nur fair, wenn ich auch Pflicht nehmen würde.“ Scully schien jetzt aber doch etwas verunsichert zu sein. Mulder warf ihr einen schelmischen Blick zu.
„Sehr fein, dann werden Sie jetzt auch telefonieren. Rufen Sie bei den Jungs an und verlangen Sie Frohike. Sagen Sie ruhig, dass das Gespräch aufgezeichnet werden kann. Dann werden Sie für ihn irgendein Schlaflied für Kinder singen. Und sagen Sie jetzt bloß nicht, Sie kennen keine. Worauf warten Sie denn noch?“
„Aber Mulder.... ich....“
„Wollen Sie aufgeben?“
„Nein, ich meine, ich.... verdammt, geben Sie mir schon das bescheuerte Telefon.“
Scully riss ihm dieses förmlich aus der Hand und wählte die Nummer der Lone Gunmen.

„Hallo, hier ist Dana Scully... Danke, gut. Und selbst?... Gut, Byers, kann ich bitte mal Frohike sprechen?... Ja, danke.“ Es war kurz ruhig und Mulder stellte das Telefon auf Mithören um. Frohikes Reaktion wollte er um keinen Preis verpassen.
„Ja, hallo, Frohike hier.“
Mulder stieß Scully als Aufforderung seinen Ellbogen in die Rippen, um endlich anzufangen zu singen. Dana verdrehte leicht die Augen, um Mulder merken zu lassen, dass ihr das definitiv gegen den Strich ging, holte dann tief Luft und begann nicht gerade enthusiastisch ein Lied zu singen, das sie häufig ihrem Neffen zum Einschlafen vorgesungen hatte.

„La le lu, nur der Mann im Mond schaut zu,
wenn die kleinen Babys schlafen,
drum schlaf auch du!“

Sie hielt die Luft an und lauschte angestrengt auf die Reaktion am anderen Ende des Hörers. Warum sagte Frohike denn nichts?
„Ähm, Agent Scully, geht es Ihnen gut?“
Mulder entriss ihr unsanft den Hörer und meinte ganz dreist, so laut, dass es auch Frohike am anderen Ende der Leitung verstand.
„Dana, Sweetheart, wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du keinen anderen Männern Gute-Nacht-Lieder vorsingen sollst!“
Frohike schien sich gerade an irgend etwas zu verschlucken. Er japste nach Atem wie ein Fisch auf dem Trockenen. Mulder grinste nur breit. Dem kleinen Zwerg hatte er jetzt ein für alle Mal den Scully-Zahn gezogen. Doch das Grinsen verging ihm, als er in Scullys zorniges Gesicht blickt.

„Mulder, soll ich Sie jetzt lieber erwürgen oder erschießen? Warum haben Sie diesen dummen Spruch losgelassen? Das war nicht vereinbart.“
„Aber Scully, stellen Sie sich doch nicht so an, oder können Sie keinen Spaß verstehen?“ versuchte Mulder sich zu retten.
„Nicht, wenn Sie einfach die Spielregeln ändern.“ wies ihn Scully aufgebracht zurecht.
„Aber das habe ich gar nicht, ich war nur spontan.“
„Toll Mulder, einfach toll. Da Sie sich nicht an die Regeln halten, habe ich gewonnen.“
„Scully, Dana, kommen Sie schon, dafür dürfen Sie mich jetzt auch zwei Mal in die Mangel nehmen, bitte.“
Dana sah Mulder ratlos an. Gott, wie sollte sie diesem Blick widerstehen? Gar nicht, sie gab sich geschlagen, wie immer.
„Letzte Chance, Mulder. Reißen Sie sich zusammen.“ räumte sie großzügig ein.

„Also, Wahrheit oder Pflicht, Mulder?“
„Mhm, da ich das merkwürdige Gefühl habe, dass mir eine Pflicht jetzt nicht so gut bekommen würde, nehme ich die Wahrheit. The truth is out there.“ entschloss er sich.
„Sie haben nur Angst vor meiner Rache. Ich habe erwartet, dass Sie mutiger sein würden, Sie Chicken.“
„Wollen Sie große Reden schwingen oder spielen?“
„Ich hätte nie gedacht, dass ich das hier jetzt sagen würde, aber Sie haben Recht, Mulder.“
Gespielt entgeistert lehnte sich Mulder zu seiner Partnerin und fühlte mit seiner Hand an ihre Stirn. Erschrocken zuckte er zusammen, als hätte er sich die Hand verbrannt.
„Gott Scully, Sie müssen krank sein, haben Sie eben gesagt, dass ich Recht habe?“
„Bleiben Sie auf dem Teppich. OK, Mulder, hier kommt Nummer eins: Lieben Sie im Moment eine Frau, ich meine, lieben Sie Diana?“ Dana sah Mulder neugierig an.
Tausend Gedanken schossen durch seinen Kopf. Auf den ersten Teil der Frage hätte er wahrheitsgemäß ja antworten müssen, aber zum Glück hatte sie noch eine zweite Frage hinterher geschossen, und auf genau die würde er jetzt antworten.
„Nein, ich liebe Diana nicht.“ Dana war sich nicht so ganz sicher, ob sie mit dieser Antwort zufrieden war. Einerseits war sie erleichtert, dass er Diana nicht mehr liebte, aber andererseits hatte sie sich mit ihrer Fragestellung selbst ein Bein gestellt. Insgeheim hatte sie ja gehofft, dass... nein, das was sie sich erhoffte, das würde er niemals sagen, aber immerhin empfand er für Diana nichts mehr. Auch Mulder schien sich in Gedanken irgendwo anders aufzuhalten, so herrschte zur Zeit absolute Stille.
„Das war die zweite Frage, und was ist mit der ersten?“ wollte Scully etwas unschlüssig wissen. Sie rutschte etwas unsicher auf dem Sofa hin und her.
„Nein, Sie meinten, dass dies die erste Frage war, und die habe ich sachgemäß beantwortet.“ Mulder wusste genau, worauf seine Partnerin hinaus wollte, doch so einfach würde er es ihr nicht machen, er wäre ja dumm, wenn nicht.
„Gut, ich will nicht schon wieder mit Ihnen über die Spielregeln streiten, also ist das jetzt meine zweite Frage: Lieben Sie im Moment jemanden?“
„Ja, das tue ich.“ Mulders Tonfall war vollkommen ruhig, zu ruhig. Scully schluckte hart. Deshalb tat er nicht mehr als nur mit ihr zu flirten, er liebte eine Andere. Aber wer war es nur? Eine der Sekretärinnen? Gerüchte gab es genug, aber welches nur war das richtige? Kimberly? Jedes Mal, wenn sie beide bei ihr waren, schenkte Mulder der Frau immer sehr viel Interesse. Warum hatte sie sich nur Hoffnungen gemacht? Irgendwie schien sie in Liebesdingen immer nur Pech zu haben. Jetzt hatte sie sich seit endlos langer Zeit wieder von einem Mann angezogen gefühlt, ja, sie war sogar bis über beide Ohren verliebt, aber Mulder hatte kein Interesse an ihr, zumindest nicht als Frau.

„So, da Sie ja jetzt ihre zwei Fragen hatten, bin ich wieder an der Reihe.“ Mit diesen Worten riss er Dana unsanft zurück in die Realität.
„Wahrheit oder Pflicht, Dana?“
„Mhm, da ich mutiger bin als Sie, ich nehme Pflicht.“ lächelte sie dieses Mal etwas trauriger.
„Darauf habe ich gewartet. So Scully, da Sie ja sooo sehr davon überzeugt sind, dass dieses Magazin hier“, damit deutete er auf den Playboy, der noch immer auf dem Couchtisch lag, „ und die ganzen Videos, die übrigens wirklich nicht mir sind, Sie in keiner Weise beeinflussen können, dann dürften Sie ja auch kein Problem damit haben, sich mit mir jetzt einen dieser Filme, oder zumindest einen Teil davon, anzusehen.“
„Ich habe nicht gesagt, dass mich das nicht beeinflusst, ich habe lediglich festgestellt, dass die Reaktion einer Frau auf solche Filme anders als die der Männer ist.“ stellte Scully, deren Wangen einen zarten Rotton annahmen, fest.
„Nun, dann wollen wir mal herausfinden, ob Ihre Theorie der Wahrheit entspricht. Was wollen Sie sehen?“ Mulder stand auf und öffnete eine Schublade.
„Ich kann Ihnen „Heiße Schwester“, „Der Orgasmusrausch“ und „Sex Kitten“ anbieten. Oder doch lieber „Die Geheimnisse des Kamasutras“? Nun, Dr. Scully, was schwebt Ihnen vor?“
„Wenn Sie mich schon so weit durchschaut haben, dann werden Sie es wohl schaffen, die richtige Entscheidung alleine zu treffen, Mr. Psychologe.“ war Scullys Reaktion.
„Ich halte Sie eher für den Kamasutra-Typ.“ grinste Mulder seine Partnerin spitzbübig an.
Damit nahm er das Video aus seiner Hülle und schob es in den Recorder. Diesen und den Fernseher schaltete er ein und setzte sich zurück neben Scully auf die Couch. Jetzt war es an ihm, seine Füße auf den Tisch zu legen und sich genüsslich hinzulümmeln.

Auf dem Bildschirm war ein Paar zu sehen, das sich in einer äußerst verrenkten Position befand. Scully prustete beinahe los vor Lachen.
„Also wirklich, Mulder! Hier sehen Sie doch, wie unrealistisch solche Filme eigentlich sind. Ich meine, Sie werden kein normales Paar finden, das diese akrobatische Verrenkung jemals erfolgreich durchgeführt hat, ohne sich zu blamieren oder zu verletzen.“
„Aber finden Sie die Vorstellung, mit einem Partner solche Stellungen zu versuchen, oder abzuändern, nicht verlockend?“ provozierte Mulder Dana.
„Experimentelle Erotik ist eine tolle Sache, aber man sollte dabei auf dem Boden der Tatsachen bleiben.“
„Woher wollen Sie wissen, dass etwas funktioniert oder nicht funktioniert, wenn Sie es nicht ausprobieren?“ wagte sich Mulder weiter vor.
„Mulder, sehen Sie sich das einmal an und sagen Sie mir jetzt, wie um Gottes Willen Sie das bewerkstelligen wollen.“
Mulder versuchte daraufhin, mit seinen langen Beinen in irgendeiner Art und Weise die Position des Pornodarstellers nachzuahmen. Er grinste Scully erheitert an.
„So in etwa? Ich brauche jetzt nur noch den weiblichen Gegenpart. Kommen Sie schon, Scully, lassen Sie es uns versuchen!“
„Diese Pflicht besagt nur, dass ich mit Ihnen diesen Film hier sehen muss, nicht mehr.“
Mulder setzte sein Schmollgesicht auf. „Ich wollte Ihnen nur die Chance geben herauszufinden, ob diese Position möglich oder nicht möglich ist. Gott, Scully, wir haben ja schließlich noch Klamotten an, was denken sie denn von mir?“
„Ich denke, dass ich meine Pflicht jetzt erfüllt habe, und Sie wieder an der Reihe sind.“
„Spielverderberin!“ maulte Mulder.

„Wahrheit oder Pflicht, Mulder?“ wollte Scully wissen.
„Wahrheit.“ war Mulders knappe Antwort.
„Nun gut, Sie haben mich eben als den „Kamasutra-Typ“ eingeordnet, was verstehen Sie darunter?“
„Ich meine damit, dass ich Sie als die Art Frau einschätze, die zuerst von einem Candlelight-Dinner, gutem Wein und romantischer Musik in Stimmung gebracht werden will. Ich denke, dass Sie keinen Sex haben, sondern Liebe machen. Sie wissen schon, ein langes erotisches Vorspiel, zärtliche Berührungen und dann ein langsames sinnliches Liebesspiel mit vielen Küssen. Ich glaube, dass Sie sehr experimentierfreudig sind und auch neue Stellungen, und dabei meine ich das Kamasutra, versuchen werden. So wie ich Sie heute, privat, erlebt habe, kann ich mir gut vorstellen, dass Sie auch im Liebesleben äußerst verspielt sein werden und nachher werden Sie nicht einfach das Bett verlassen oder einschlafen, sondern innig mit ihrem Partner kuscheln und Arm in Arm zusammen einschlafen.“ Mulder schien mit seiner Analyse sichtlich zufrieden zu sein.
Scully lächelte Mulder nur geheimnisvoll an und ließ sich zu keiner Reaktion hinreißen.

„Vielen Dank, Dr. Mulder!“
„Und? Habe ich Recht?“
„Ist das Ihre Frage?“
„Nein, aber so ähnlich. Gibt es einen Mann, mit dem Sie meine Analyse gerne praktizieren würden?“
Dana wäre die erste Frage lieber gewesen. Aber deswegen wollte sie auch nicht verlieren. Also entschloss sie sich für die Wahrheit.
„Ja.“ murmelte sie leise. Sie hoffte nur, dass Mulder nicht weiter nachbohren würde.
„Interessant. Kenne ich ihn?“ platzte Mulder fast vor Neugierde. Seine Enttäuschung ließ er sich nicht anmerken. Dies war also der Grund, warum sie zwar mit ihm flirtete, aber nicht weiter darauf einging.

„Nur eine Frage, Mulder. Sie sind dran.“ warf Scully schnell ein, um vom Thema abzulenken. Dies wollte sie unter keinen Umständen mit einem gewissen Fox W. Mulder besprechen. Sie konnte ja schlecht sagen: *Klar, nur mit Ihnen, Mulder!*
„Also, Wahrheit oder Pflicht?“
„Ich nehme die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit.“ witzelte Mulder.
„Ihre Wahl, Ihre Konsequenz! Wie war Ihr erster Kuss, ich meine richtigen Kuss, nur damit Sie mir später nicht die Worte im Mund umdrehen können, Mr. Ich-mache-die-Spielregeln-wie-sie-mir-gerade-passen!“
„Wer, ich? Niemals, also jetzt bin ich aber enttäuscht, dass Sie mir so etwas zutrauen würden! Gut, dass ich nicht nachtragend bin.“
„Ich traue es Ihnen nicht zu, ich habe es bereits selbst erlebt! Und jetzt lenken Sie nicht vom Thema ab und antworten Sie.“ forderte Dana Scully.
„Mein erster richtiger Kuss, nun, ist schon eine Weile her. Er war mit Cindy. Cindy... ich erinnere mich nicht einmal mehr an ihren Nachnamen. Ich war 14, und sie... ich glaube schon 16. Sie ist zumindest schon Auto gefahren. Nun ja, ich hatte eine ganze Horde abwartender Freunde in meinem Nacken, die in den Büschen des Autokinos warteten, um zu sehen, ob ich, wie ich es angekündigt hatte, Cindy küssen würde. Um mir eine totale Blamage zu ersparen, habe ich zuerst einen Arm um sie gelegt, und sie dann später, bei einer romantischen Szene des Films, angefangen zu küssen. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte, ich habe halt nur oft gesehen, dass Erwachsene beim Küssen den Mund offen hatten. Und genau das habe ich getan. Für sie die perfekte Einladung, um mir ihre Zunge bis in den Rachen zu schieben. Ich glaube, ich stand kurz vor dem Ersticken. Kurz und gut, ich hatte mir danach geschworen, nie wieder zu küssen, zu unangenehm, zu nass und zu gefährlich. Zufrieden?“
Er hörte Dana kurz auflachen. Diese Geschichte hätte sie nicht von Fox Mulder erwartet.
Da ihm ihr Schweigen signalisierte, dass für sie das Thema beendet war, und sie keine weiteren Fragen hatte, fuhr er fort.
„Wahrheit oder Pflicht, Scully?“
„Ich nehme Pflicht!“
„Davon können Sie wohl nicht genug bekommen, was?“ sah sie ein frech grinsender Mulder an.
„Anscheinend nicht. Also, was soll ich tun?“
„Ich möchte, dass Sie mir Ihren ersten Kuss demonstrieren.“
„Demonstrieren, womit?“
Mulder schaute sie ein wenig beleidigt an.
„Sehen Sie noch andere Menschen im Raum außer mir?“
Gespielt verwirrt schaute sich Scully um und schüttelte dann den Kopf.
„Nun, dann legen Sie mal los. Sie sind die kleine Dana, und ich bin... Wer bin ich?“
„David, sein Name war David.“
„Gut, wo befinden sich Dana und David? Seien Sie froh, dass Sie den Typ nicht geheiratet haben, Dana und David hört sich bescheuert an.“
„Danke, dass Sie sich so für mein Privatleben interessieren, soll ich Ihnen meine Tagebücher aus dieser Zeit zur Verfügung stellen?“
„Was, es gibt Aufzeichnungen von dieser Zeit? Also, wo befinden wir uns?“
„Kurz vor meiner Haustüre. Wir kamen gerade von einer Party, und David hatte mich nach Hause gebracht. Wir waren sehr verliebt ineinander.“
Mulder stand auf und zog Dana mit sich. Dann schleppte er sie vor die Schlafzimmertüre und sagte: „Das ist jetzt Ihre Haustüre. Was nun?“
„David wollte schon gehen, aus Angst von meine Eltern oder von Bill gesehen zu werden. Sie müssen wissen, Bill machte es meinen Freunden früher nicht gerade einfach.“
„Früher?“
„Ja, früher, Mulder.“

„Ist ja egal, also, ich will gerade gehen...“ Er sah sie aufmerksam an. Ihr schien dieses kleine Schauspiel nicht so ganz geheuer zu sein. Sie wirkte nervös. War Dana Scully nervös, weil sie so etwas Intimes wie ihren ersten Kuss mit ihm teilen musste, oder vielleicht weil sie ihn küssen musste. Gott, er hoffte, dass es das Zweite sein würde. Er drehte sich gespielt um.
Dann griff Dana nach seinem Arm und zog ihn zurück.
„Geh nicht, David, meine Eltern sind nicht mehr auf, die Lichter sind alle aus.“
Damit zog sie ihn eng an sich und drückte ihren sinnlichen Mund an den seinen. Mulder befürchtete, dass sein Herz stillstehen würde. Gott, Dana Scully küsste ihn. Nein, sie küsste David. Oder doch ihn? Er war verwirrt. Dann bemerkte er, dass sie leicht ihre Lippen öffnete, und ihr Zunge schüchtern über seine Unterlippe fuhr. Er musste wohl gestorben und im Himmel sein. Sanft bat ihre Zunge um Einlass, und er öffnete seinerseits einladend seinen Mund. Neugierig und zärtlich erkundeten sie den Mund, die Lippen und Zähne des anderen. Doch aus dieser fast schon schüchternen ersten Entdeckung wurde schnell ein begieriges und feuriges Duell. Er versuchte sie zu bezwingen, doch Danas Zunge wich ebensowenig zurück wie seine. Alle Zeit der Welt schien vergessen zu sein.

Doch plötzlich stieß Dana ihn unsacht weg und flüsterte.
„Dann kam Bill und hat David die Nase gebrochen.“ Ihre Stimme klang atemlos.
Fluchtartig drehte sie sich um, murmelte etwas von wegen „Schnell mal für kleine FBI-Agentinnen“ und war im Bad verschwunden.
Mulder hingegen stand noch immer völlig perplex und überrumpelt vor seiner Schlafzimmertüre. Gott, es hatte sich zu gut angefühlt, um nur eine harmlose Demonstration gewesen zu sein, oder nicht? Wenn Dana zurückkommen würde, dann würde er der Sache auf den Grund gehen. Er brauchte Klarheit. Sein ganzes Gefühlsleben war in Aufruhr geraten. Und das nur, weil ihn seine attraktive Partnerin, die er dazu auch noch liebte, gerade stürmisch geküsst hatte. Doch hatte sie das selbe gefühlt wie er, oder hatte sie während des Kusses die ganze Zeit nur an David gedacht?

Leise durchquerte Dana den Raum und ließ sich auf die Couch fallen. Ihre Wangen waren etwas gerötet, und ihre Atmung noch immer etwas zu schnell. Empfand sie vielleicht doch etwas für ihn? Mulder fasste sich ein Herz, nahm seinen ganzen Mut zusammen und ging auf Dana Scully zu. Sie schien ihn nicht zu bemerken, ihr Blick wirkte irgendwie vernebelt. Er ging vor ihr auf die Knie, so dass sie in Augenhöhe waren und legte vorsichtig seine Hand an ihren Hinterkopf. Wie in Zeitlupe beugte er sich nach vorne und zog Dana gleichzeitig an sich heran. Ihre bebenden Lippen trafen sich. Beiden stockte der Atem. Dieses Mal musste sie nicht erst um Einlass bitten. Fordernd bedrängte seine Zunge ihren Mund und abermals gaben sie sich ihren staken Gefühlen für einander hin. Dieser Kuss beinhaltete alles, was sich die Jahre über angestaut hatte. Ein unsägliches Vertrauen, Verständnis, die Gewissheit, endlich die Wahrheit gefunden zu haben, ihre Wahrheit, in Form des anderen, und unendliche Liebe. Zärtlich strich Fox eine Träne aus Danas Gesicht. Warum weinte sie?
„Dana, Love, was ist los, stimmt was nicht?“
„Warum tust du das, spielst du mit mir?“ Sie begann leise zu schluchzen.
„Aber nein, wie könnte ich, ich liebe dich, seit einer langen Zeit schon, ich hatte nur Angst es dir zu sagen, ich hatte Angst davor, dass du meine Gefühle nicht erwidern würdest.“
„Oh Gott, Mulder, ich liebe dich von ganzem Herzen.“
„Fox!“
„Wie bitte?“
„Nenn mich Fox, Dana.“
„Aber ich dachte doch...“ Fox brachte Dana mit einem weiteren Kuss zum Schweigen. Dann nahm er sie vorsichtig in seine Arme und trug sie in sein Schlafzimmer. Ihre Lippen blieben die ganze Zeit über vereint.

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Ziemlich verwirrt rappelt sich Fox auf. Wo um Himmels Willen kam denn die Musik her, und wichtiger noch, warum musste dieser laute Gesang ihn jetzt schon wecken? Und warum lag er auf der rechten Seite seines Bettes, wo sein Radiowecker doch links stand? Noch völlig schlaftrunken versuchte er auf die andere Seite zu krabbeln. Doch was war das, da lag jemand, Dana. Mit einem Schlag war er hellwach. Dana und er hatten sich gestern ihre Liebe gestanden. Und hier lag sie nun, ließ sich durch die Musik in keinster Weise stören und schlummerte seelenruhig weiter. Er betrachtete sie genauer. Ihre wunderschönen roten Haare waren zerzaust und auf dem Kissen ausgebreitet. Sie schienen ihr Gesicht förmlich zu umrahmen. Die Decke bedeckte ihren nackten Körper nur teilweise, und er bewunderte abermals ihre wunderbare Figur. Gott, diese Frau war ein Geschenk des Himmels, und das Tollste an der Sache war die Tatsache, dass sie ihn ebenso liebte wie er sie. Sie hatte es ihm gestern verbal und körperlich bewiesen. Er war sich sicher, dass er niemals glücklicher in seinem Leben gewesen war. Und diese Nacht hatte noch eine Wahrheit zu Tage gebracht, denn seine Analyse bezüglich Danas Liebeslebens hatte sich als absolut zutreffend erwiesen. Liebevoll und zärtlich hauchte er Küsse auf ihre Augenlieder. Auch dies brachte Dana nicht zum Aufwachen. Er sah zu seinem digitalen Radiowecker. Er zeigte 10:30 Uhr an. Nun, jetzt wusste er, warum er noch so müde war, er hatte in dieser Nacht nicht sehr viel geschlafen. Als er, nachdem sie sich mehrmals geliebt hatten, irgendwann um drei Uhr schließlich eingeschlafen war, wurde er um fünf Uhr von einer kleinen rothaarigen Schönheit abermals aus seinem Schlaf gerissen, nicht, dass ihn das gestört hätte. Er wollte keine Sekunde mehr mit Dana verpassen. Er wollte ihr alles geben, was sie haben wollte. Und dafür nahm er Schlafmangel gerne in Kauf. Zärtlich und vorsichtig, um Dana nicht zu wecken, kuschelte er sich an sie und umschlang ihren zierlichen Körper liebevoll. Ja, wenn er jetzt sterben würde, dann als glücklicher Mann.

Regungslos lag er da und genoss diesen stillen Moment der totalen Zufriedenheit. Das Radio lief leise weiter und bescherte ihm einen idealen Background. Er lauschte den Worten des Liedes.

I call you up whenever things go wrong
*Nicht nur, wenn etwas schief ging. Er rief sie ständig an.*
You're always there, you are my shoulder to cry on
I can't believe it took me quite so long
To take the forbidden step
Is this something that I might regret
*Niemals würde er diesen Schritt bereuen, niemals.*
(Come on come on)
Nothing ventured nothing gained
(You are the one)
*The one and only, seine Eine unter 6 Billionen.*
A lonely heart that can't be tamed
(Come on come on)
I'm hoping that you feel the same
*Ja, sie liebte ihn, ihn, Spooky Mulder, er konnte es immer noch nicht fassen.*
This is something that I can't forget


I thought that we would just be friends
Things will never be the same again
It's just the beginning it's not the end
Things will never be the same again
It's not a secret anymore
*Er würde es am liebsten in die Welt raus brüllen.*
Now we've opened up the door
Starting tonight and from now on
We'll never, never be the same again
*Wie war es möglich, dass jede einzelne Zeile so sehr auf Dana und ihn zugeschrieben war?*

Now I know that we were close before
I'm glad I realized I need you so much more
And I don't care what every one will say
It's about you and me and we'll never be the same again
*Genau, sie alle können mich mal, Dana ist das Einzige was zählt!*

I thought that we would just be friends
Things will never be the same again
It's just the beginning it's not the end
Things will never be the same again
It's not a secret anymore
Now we've opened up the door
Starting tonight and from now on
We'll never, never be the same again
*Es würde alles besser werden, es würde wunderbar werden, sie beide würden gegen alles bestehen können, zusammen!*

Night and day
Black beach sand to red clay
The US to UK
NYC to LA
From sidewalks to highways, see it'll never be the same
What I'm sayin' my mind frame never changed
till you came and rearranged
But sometimes it seems completly forbidden
*Verbote, wen kümmern schon Verbote? Ihn nicht, und Dana auch nicht mehr.*
To discover those feelings that we kept so well hidden
*Ja, darin waren Dana und er Meister!*
When there's no competition
And you render my condition
Though improbable it's not impossible
For a love that could be unstoppable
But wait a fine line's between fate and destiny
Do you believe in the things that were just meant to be?
*Und wie er daran glaubte!*
When you tell me the stories of your quest for me
*Sein „Quest“ war seit langer Zeit fast nur noch für Dana Scully gewesen!*
Picturesque is the picture you paint effortlessly
And as our energies mix and begin to mulitply
Everyday situations they start to simplfy
So things will never be the same between you and I
We intertwined our life forces and now we're unified

I thought that we would just be friends
Things will never be the same again
It's just the beginning it's not the end
Things will never be the same again
It's not a secret anymore
Now we've opened up the door
Starting tonight and from now on
We'll never, never be the same again
*Diese Lied würde er morgen kaufen, und dann Dana schenken. Er konnte gar nicht glauben, wie sehr es doch auf sie beide zutraf. Unglaublich!*

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Gerade als die letzten Töne verklungen waren, fing Dana an sich zu regen. Unendlich zärtlich begann er seine noch völlig schlaftrunkene Partnerin zu küssen. Die lächelte glücklich über seine Zuwendung.
„Ich hoffe, du weißt, wie sehr ich dich liebe?“ hauchte er ihr entgegen.
„Nicht so sehr, wie ich dich liebe.“ war ihre liebevolle Entgegnung. Abermals trafen sich ihre Lippen und sie versanken im Ozean der Gefühle.

XXXXXXXXXX

Nach einem einstündigen Liebesreigen wurden die beiden Agenten durch das penetrante Klingeln von Mulders Handy gestört. Fluchend stolperter Fox aus dem Bett und wäre beinahe der Länge nach auf den Boden gefallen. In letzter Sekunde konnte er sich noch abfangen. Von Dana hörte er nur ein leises Kichern. Allein der Gedanke, dass die sonst so ernste und korrekte Dana Scully kicherte beflügelte sein Herz. Und er hatte sie dazu gebracht. Dafür würde er jeden ach so dummen Sturz in Kauf nehmen. Doch da das Klingeln unaufhörlich weiterging, eilte er ins Wohnzimmer, wo er gestern sein Handy auf der Anrichte neben der Tür unachtsam liegen gelassen hatte.
Er grummelte ein nicht gerade freundliches „Mulder“ in den Hörer.
„Mulder, ich dachte schon, du hättest dein Handy nicht gehört.“ erkannte er die Stimme seines Freundes Byers.
„Ein alter Mann ist schließlich kein D-Zug.“ kruschelte er als Antwort.
„Und ich dachte, du wärst noch beschäftigt.“
„Beschäftigt, wie soll ich das denn bitte schön verstehen?“
„Kannst du dich an gestern abend erinnern?“ wollte Byers wissen.
„Was soll denn diese dumme Frage, klar, Scully hat bei euch angerufen...“ versuchte Mulder die Ereignisse des vergangen Abends wieder in die richtige Reihenfolge zu bekommen.
„Genau, aber hast du heute schon mal auf dein Telefon gesehen?“ erkundigte sich sein Freund.
„Wieso?“ Mulder verstand absolut nicht, was Byers von ihm wollte. Dennoch ließ er sein Blick zu seinen Telefon gleiten, seinem Telefon, dessen Hörer... NICHT aufgelegt war. Wann war das geschehen? Gott, gleich nach dem Gespräch mit Frohike. Mulder wurde etwas rot um die Nase. Das durfte doch nicht wahr sein. Sichtlich bemüht nicht die Fassung zu verlieren, fragte er Byers:
„Ihr habt das nicht aufgezeichnet, oder?“
„Um ganz ehrlich zu sein, Scully hatte am Anfang nicht gesagt, dass ich das Gerät abstellen soll, also habe ich es laufen lassen.“
„Großer Gott!“ stammelte Mulder fassungslos.
„Nun, auf die Frage, was wir alles mitbekommen haben, so kann ich mich dunkel an einen Kuss erinnern, und dann seid ihr zwei wohl ins Nachbarzimmer verschwunden.“ Mulder konnte Byers Grinsen förmlich durch die Leitung hören. Wie konnte er nur den Hörer vergessen haben?
„Ähm, Byers, ich komme heute vorbei und hole das Band ab, und wagt es ja nicht, es noch schnell zu duplizieren. Ich warne dich!“ Mulders Stimme hatte nun einen ernsten Ton angenommen.
„Keine Sorge, Mann, Frohikes Herz ist schon beim ersten Hören gebrochen, er wird den Teufel tun und ein zweites Band herstellen.“ beruhigte Byers seinen Freund.
„Dann ist ja gut, sonst noch was?“
„Nur noch eine Kleinigkeit! Gott, es wurde aber verdammt noch mal Zeit, Mulder. Wir dachten schon, wir müssten eure Ärsche zuerst ordentlich treten, damit das mit euch beiden klappt. Herzlichen Glückwunsch, und grüß mir Agent Scully.“
Noch mehr überrumpeln können hätte ihn Byers gar nicht mehr. Aber was sollte Mulder darauf schon erwidern als ein „Danke, Mann, bis später.“
„Bis dann, Mulder.“
Irritiert legte Mulder nun endlich den Hörer auf. Na, auf die Telefonrechnung war er jetzt gespannt. Aber das war egal, Dana und er waren nun ein Paar. Just in diesem Moment trat sie aus dem Schlafzimmer. Sie trug nur eins seiner alten T-Shirts und sah zu niedlich darin aus, es reichte ihr bis an die Knie. Liebevoll nahm er sie in den Arm.
„Guten Morgen, Beautyful.“
„Guten Morgen, Sweety.“
Die beiden küssten sich wieder.
„Ähm, weißt du, wir hatten gestern abend unfreiwillige Zuhörer.“
„Zuhörer?“
„Ja, das Telefon war nicht aufgelegt, und Byers....“
Doch Dana unterbrach ihn bereits.
„Oh Gott, was haben die Jungs mitbekommen?“
„Ähm, alles?“
Dana hielt sich die Hände vors Gesicht. „Toll, einfach toll.“
„Nimm es nicht zu schwer, immerhin hast du jetzt Ruhe vor Frohike.“ witzelte Mulder.
„Auch wahr. Und irgendwann hätten wir es ihnen eh sagen müssen, also hat es der Zufall entschieden. Aber eins sollst du wissen, ich möchte diese Nacht auf keinen Fall ungeschehen machen.“ beteuerte ihm Dana.
„Niemals.“ war Mulders einzige Antwort.
Etwas verwirrt sah ihn Dana aus großen Augen an: „Und wer hat jetzt eigentlich verloren?“
Doch Mulder wusste schon die Antwort darauf: „Keiner, Sweetheart, wir haben beide gewonnen.“
Die beiden Verliebten grinsten sich an und gingen händchenhaltend in die Küche, um sich einen ordentlichen Kaffee zu machen. Die Nacht war definitiv zu schade zum Schlafen gewesen.


The End
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