World of X

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Future

von Sonja K

Kapitel 1 - Der Anfang

”The best way to predict the future is to invent it.” (Well Manicured Man)

Love Story

Where do I begin
To tell the story of how great a love can be
The sweet love story that is older than the sea
The simple truth about the love she brings to me
Where do I start?

With her first hello
She gave a meaning to this empty world of mine
There’d never be another love, another time
She came into my life and made the living fine
She fills my heart

She fills my heart
With very special things
With angel songs
With wild imaginings
She fills my soul
With so much love
That anywhere I go
I’m never lonely
With her along
Who could be lonely?
I reach for her hand
It’s always there

How long does it last?
Can love be measured by the hours in the day?
I have now answers now
But this much I can say:
I know I need her till the stars all burn away,
And she’ll be there.


Special Agent Fox Mulder fragte sich zum wiederholten Mal, wie lange es wohl noch dauern würde, bis Scully endlich auftauchte. Er wartete schon seit zwei Stunden auf sie, und es sah nicht so aus, als würde sie in den nächsten Minuten kommen. Wenn sie da war, würde alles gut werden, aber bis dahin blieb ihm nichts anderes übrig als hierzubleiben, denn ohne ihre Hilfe konnte er nicht weg.
Mulder schloss die Augen und gab sich einem der wenigen Momente hin, in denen er sich gestattete, seinen Gedanken nachzuhängen. Natürlich galten die meisten von ihnen der Frau, auf die er wartete. Ob sie wohl sehr wütend sein würde? Schließlich hatte er sie auf ihrer Familienfeier blamiert, bevor das hier passiert war.
Mulder schaffte es nicht, länger darüber nachzudenken, denn die Anstrengung der letzten Stunden forderte ihren Tribut und ihm fielen die Augen zu, ohne daß er es merkte.

”Hey, aufwachen! Also, das ist doch nicht zu glauben; da fahre ich über 200 Kilometer hierher, mißachte sämtliche Geschwindigkeitsbegrenzungen, um ihn so schnell wie möglich hier rauszuholen, und dann komme ich an, und was ist? Er schläft!”
Eine wohlbekannte Stimme riss Mulder aus dem Schlaf. Er blinzelte und sah in die Augen seiner Partnerin, die sich über ihn gebeugt hatte.
”Wie geht es dir?”
Sie legte ihre Hand auf seine Stirn und suchte nach Anzeichen von erhöhter Temperatur. Als sie keine fand, wollte sie sich zufrieden wieder aufrichten, aber Mulder hielt sie fest.
”Es geht mir gut, vor allem jetzt, wo du da bist. Aber ich war auch vorher völlig in Ordnung.”
”Wer’s glaubt.” gab sie zurück und lächelte ein wenig, denn genau diese Antwort hatte sie erwartet.
”Dann können wir ja gehen. Ich hab mit dem Arzt gesprochen, und er läßt dich raus, aber ich musste ihm versichern, dass ich mich um dich kümmern werde, solange du noch nicht völlig wieder in Ordnung bist.”
”Gut. Gehen wir. Aber erst...” Er sah sie verschmitzt an ”...krieg ich einen Kuss?”
”Klar. Obwohl ich mich wirklich frage, womit du das verdient hast.”
Sie beugte sich zu ihm herunter und küsste ihn zärtlich auf die Lippen, bevor sie sich wieder aufrichtete und auffordernd in Richtung Tür blickte.
”Jetzt mach dich aber fertig. Kathy wartet im Wagen.”
”Du hast sie mitgebracht?”
”Natürlich. Was denkst du denn? Dass ich sie allein zu Hause lasse?”
Mulder stimmte ihr im Stillen zu. Sie konnte ihre kleine Cousine natürlich nicht allein lassen; trotzdem hatte er nicht damit gerechnet, dass sie sie mitbrachte, nicht nach dem, was auf der Feier passiert war.
Er hatte die Kleine gern; nicht zuletzt deshalb, weil er durch sie endlich mit Dana zusammengekommen war.
Sie hatte auf das Mädchen aufpassen müssen ,weil ihre Mutter, Danas Tante, im Krankenhaus lag. Deshalb war sie an diesem einen Tag nicht ins Büro gekommen, ausgerechnet als Mulder ihr unbedingt einen wichtigen Aspekt in einem Fall hatte zeigen wollen. Er war also zu ihr gefahren, wo er Kathy kennengelernt hatte. Das Kind hatte ihn sofort ins Herz geschlossen, und Mulder war auf Scullys Couch gelandet, wo er Kathy Geschichten erzählen mußte. Dana hatte sich daneben gesetzt und auch zugehört, und irgendwann hatten sie Kathy ins Bett gebracht...

Scully fragte sich, was Mulder von ihr wollte, das so wichtig war, dass er unbedingt zu ihr kommen musste. Sie ahnte nichts Gutes, und sie wurde nicht enttäuscht. Mulder hatte sich wieder einmal in etwas verrannt, und er war wie immer nicht bereit, auch nur einen Schritt von seiner Meinung abzuweichen. Scully konnte ihm zureden wie sie wollte, ihn mit vernünftigen Argumenten umzustimmen versuchen, ihm die Konsequenzen vor Augen führen...Es half alles nicht, Mulder blieb stur.
Schließlich platzte ihr der Kragen.
”Mulder, hören Sie endlich auf!” schrie sie ihn an, frustriert von seiner Sturheit und seiner mangelnden Bereitschaft, einen Kompromiss einzugehen, und genervt von der Tatsache, dass sie hier sitzen und die Tochter ihrer Tante hüten mußte, anstatt mit ihrem Partner an einem neuen Fall zu arbeiten, zumal sie sich ihrer Ansicht nach nicht als Babysitter eignete.
”Hören Sie mir einmal zu!”
”Nein, Sie hören mir zu!” gab Mulder nicht minder lautstark zurück. ”Ich bin nur hergekommen, um mit Ihnen über eben diese Sache zu reden, und Sie haben nichts anderes zu tun als mir von Anfang an zu sagen, dass es Unsinn ist. Sie geben mir nicht einmal eine Chance, Ihnen meinen Standpunkt zu erläutern. Was ist mit Ihnen los, Scully? So etwas ist doch sonst nicht Ihre Art!”
Bevor sie etwas erwidern konnte, ging die Tür auf und Kathy schaute verunsichert herein. Sie sah stumm auf die beiden Erwachsenen, die sich stritten und sie gar nicht bemerkten. Schließlich stahl sie sich ins Zimmer und drängte sich eng an Scullys Seite. Die Agentin hielt mitten im Satz inne und beugte sich zu dem Kind hinab, dem die Tränen über die Wangen liefen.
”Was ist denn los?” fragte sie sanft.
”Ich dürft nicht streiten.” schluchzte Kathy. ”Mom und Dad haben sich auch immer gestritten, und jetzt ist Dad weg...Ich kann nicht schlafen...Bitte, habt euch wieder lieb.”
Scully hatte ganz vergessen, Mulder zu informieren, dass Kathy ein Scheidungskind war; offensichtlich litt sie noch immer unter dem Trauma, in der Nacht aufzuwachen und ihre Eltern streiten zu hören. Scully warf Mulder einen beschwörenden Blick zu und nahm Kathy in den Arm.
”Wir streiten doch nicht. Es ist alles okay, Kathy, wirklich. Wir...”
”Wir haben nur laut über etwas nachgedacht.” ergänzte Mulder, und Scully nickte.
Mulder hockte sich auch hin und legte die Arme um Kathy und Scully, die das Mädchen festhielt. So saßen sie einen Moment, bis Kathy sich losmachte und scheu fragte: ”Habt ihr euch wieder lieb?”
Mulder sah Scully an, schenkte ihr einen warmen Blick und antwortete: ”Ja, wir haben uns wieder lieb... Mehr, als ich sagen könnte.”
Offenbar zufrieden verschwand Kathy wieder im Gästezimmer, und Scully sah ihr nach, unfähig, ihrem Partner in die Augen zu sehen.
Dieser kam auf sie zu und berührte sie sanft an der Schulter.
”Ich habe das eben ernst gemeint, Scully.”
Sie schwieg, drehte sich nicht um, und so hingen seine Worte im Raum, bis sie schließlich in eine unerträgliche Stille übergingen. Endlich hielt sie es nicht mehr aus und sah Mulder an, suchte in seinen Augen nach der Bestätigung seiner Worte, und als sie diese fand, blieb ihr die Luft weg. Ihre Knie schienen nachgeben zu wollen, und sie konnte nichts dagegen tun, dass er sie in die Arme nahm und sie an sich zog. Sie konnte nicht, und sie wollte auch nicht. Alles, was sie wollte, war sich in seine Arme zu schmiegen und endlich seine Lippen auf ihren zu spüren...


Dieser Wunsch war an jenem Abend in Erfüllung gegangen, und zwei Tage später hatten sie den Fall abgeschlossen und Mulder hatte um Urlaub gebeten, um bei Dana und Kathy bleiben zu können. Skinner war bereit gewesen, ihnen beiden Urlaub zu geben, besonders nach Mulders letzter ”Zusammenarbeit” mit einem anderen Partner. Damals hatte er einen jungen Agenten mit seinen Theorien derart verunsichert, daß Skinner und der Mentor des Jungen Wochen gebraucht hatten, um ihm die Kündigung auszureden. Es schien dem AD also sicherer, Mulder auch frei zu geben, wenn er schon nicht mit Scully arbeiten konnte.
Sie hatten sich um das Kind gekümmert, und immer wieder hatte sich jeder von ihnen dem Gedanken hingegeben, dieses kleine Mädchen könnte ihr eigenes Kind sein. Sie wollten natürlich nicht wirklich Eltern sein, dazu brauchten sie ihre Arbeit noch viel zu sehr, aber es war trotzdem wunderschön, zusammen im Kino zu sitzen, Kathy zwischen sich, und sich einen Disneyfilm anzusehen, sich von den kleinen Händen einen halben geschmolzenen Schokoriegel in den Mund stopfen zu lassen, zu lachen, sie in den Arm zu nehmen, wenn sie sich fürchtete...
Und dann war die Familienfeier gekommen.

”Dana?” Sie drehte sich in der Tür um und sah ihn fragend an.
”Es tut mir leid, was auf der Feier passiert ist.”
”Schon gut. Ich hätte wissen müssen, dass er dich provoziert hat. Er hat es mir gestern gesagt.”
”Ich hätte mich ja nicht provozieren lassen müssen. Es war nicht besonders nett von mir, deinem Bruder zu sagen, er sei ein dominanter Despot, der seine Schwester unter Kontrolle haben muss.”
Sie mußte lächeln.
”Ich hätte dich eben nicht mitschleppen sollen. Frag mich nicht, wie Mom das mit uns nach einer Woche rausgekriegt hat, aber irgendwie hat sie es geschafft, und dann wollte sie dich natürlich dabeihaben. Allerdings muss ich zugeben, dass ich auch ein wenig mit dir angeben wollte...”
Er nahm sie in die Arme, bevor sie auf den Flur hinaus traten.
”Ich fühle mich geschmeichelt.” zog er sie auf und drückte sie an sich.
”Aber laß uns nicht jetzt darüber reden, okay? Wir sollten Kathy nicht zu lange warten lassen.”
Das Mädchen saß im Wagen und schaute ihnen erwartungsvoll entgegen. Sie war erleichtert, dass die beiden Erwachsenen einander offensichtlich nicht böse waren, und das zeigte sie ihnen bei der Begrüßung, indem sie Fox um den Hals sprang. Er hob sie hoch und drehte sie einige Male herum, wobei sie erfreut aufquietschte.
Dann hielt er sie ein Stück von sich weg und erkundigte sich: ”Was hältst du von einem großen Eis?”
”Kommt nicht in Frage.” mischte sich Dana ein. ”Du gehörst ins Bett, und genau dorthin werden wir dich jetzt auch verfrachten. Also, steig ein. Eis können wir auch zu Hause essen.”
Da er wusste, dass er ihrem energischen Ton nichts entgegensetzen konnte, fügte er sich und setzte sich zu dem Kind nach hinten, weil ihm Kathy unbedingt erzählen musste, was nach seinem Verschwinden auf der Feier geschehen war.
”Erst waren alle sauer auf dich, aber dann hat Onkel Bill Ärger von Maggie gekriegt, und dann war Dana sauer, und dann wollten alle, daß er sich entschuldigt, aber du warst schon weg, und dann hat Dana gesagt, du bist ein Feigling, weil du ihr nicht gesagt hast, dass du gehst, und dann kam dieser Anruf von eurem Chef, wo du bleibst, und dann...”
”Hey, langsam.” unterbrach Mulder die hervorgesprudelten Erklärungen des Kindes und versuchte, einen Sinn in dem zu erkennen, was sie sagte.


Mulder hatte sich widerstandslos von Scully in ihr Bett verfrachten lassen, wo er für die nächsten Tage bleiben sollte.
Scully hielt ihr Versprechen und zauberte jede Menge Eiscreme aus ihrem Gefrierfach hervor, und Kathy war zufrieden. Als sie im Bett war, kam Dana zu Fox ins Zimmer und erkundigte sich, ob er noch etwas brauchte.
”Nein, mir geht’s gut. Aber warum fragst Du? Willst Du etwa nicht hier schlafen?”
Sie sah ihn ein wenig unsicher an, und ihm wurde bewusst, dass sie bisher nicht über dieses Thema gesprochen hatten, da Fox ganz selbstverständlich auf der Couch übernachtet hatte, während Dana in ihrem Bett und Kathy im Gästezimmer schlief. Jetzt, da er krank war, konnte er nicht auf der Couch schlafen, und so war er ins Schlafzimmer umgezogen.
Es war zu einer schönen Gewohnheit geworden, dass er am Morgen da war, aber Dana war nicht sicher, was sie jetzt tun sollte. Schließlich entschied sie sich dafür, die Wahrheit zu sagen: ”Es...Ich weiß nicht so recht. Ich meine...” Warum fiel es ihr nur so schwer, es auszusprechen? Sonst teilte sie doch auch all ihre Gedanken mit ihm.
Er sah sie erwartungsvoll an, schwieg aber, auch wenn er sich denken konnte, worauf sie hinauswollte. Sie musste es selbst aussprechen, um beruhigt sein zu können.
”Ich bin einfach nicht sicher, ob ich schon so weit bin.” brachte sie schließlich hervor.
”Dana...” Sanft nahm er ihre Hand in seine und begann mit ihren Fingern zu spielen.
”Es ist doch nicht wichtig, wie weit wir sind. Darauf kommt es nicht an. Ich meine, wenn du nicht hier bei mir schlafen willst, ist das okay. Aber wenn du es doch tust, dann heißt das noch lange nicht, dass auch etwas passieren muss. Es wäre einfach nur schön, dich festzuhalten, in deiner Nähe einzuschlafen. Alles andere hat doch Zeit. Du musst wissen, ob du mir vertraust, aber ich möchte, dass du weißt, wie ich darüber denke. Ich... bin auch nicht so weit.”
Sie mußte lächeln, als sie seine Verlegenheit bemerkte, und traf ihre Entscheidung.
”Rutsch mal ein Stück.”
Damit schlüpfte sie zu ihm unter die Decke und griff sich das Kissen.
”Hey, und was ist mit mir?” protestierte Fox und versuchte, es ihr wieder abzunehmen. Sie hielt es mit beiden Armen fest gegen ihre Brust gedrückt und grinste.
”Weiß ich nicht; ich behalte jedenfalls das Kissen.”
”Das werden wir ja sehen!”
Fox fasste nach ihr und versuchte, ihr ihre Beute abzuluchsen, aber sie war auf der Hut.
”Vergiss es.” kicherte sie, aber so schnell gab er nicht auf. Er griff nach Dana und begann sie zu kitzeln. Zuerst widerstand sie, hielt sich unter Kontrolle, doch dann begann sie zu lachen und um sich zu zappeln, versuchte, ihn abzuwehren. Jetzt hätte Fox das Kopfkissen ohne Probleme an sich nehmen können, aber er dachte gar nicht mehr daran; es machte ihm viel zu viel Spaß, Dana zu ärgern. Er kitzelte sie weiter und wehrte sich zugleich gegen ihren Gegenangriff. So kämpften sie eine Weile spielerisch und lachten dabei so ausgelassen wie kleine Kinder, bis Fox sich erschöpft auf den Rücken fallen ließ und Dana mit sich zog, sie in einer sanften Umarmung an seiner Brust festhielt. Sie schloss die Augen, noch immer leise lachend, und schmiegte sich gegen ihn, voller Vertrauen und durch ihre Alberei auch von ihren letzten Zweifeln befreit.


***


Nachdem Fox nur aus dem Krankenhaus entlassen worden war, weil sie sich als Ärztin für seine Pflege verbürgt hatte, fühlte Dana sich offenbar besonders verantwortlich für sein Wohlergehen, denn sie wich kaum von seiner Seite, außer wenn sie sich um Kathy kümmern, sie beispielsweise in den Kindergarten bringen musste.
Das hatte sie auch heute getan, und nun kam sie zurück, mit einer Neuigkeit, von der Mulder nicht genau wusste, ob sie ihm gefiel oder nicht.
”Heute kommt Kathy nicht wieder. Sie wird bei einer Freundin bleiben, die Geburtstag feiert. Und in einer Woche ist ihre Mutter wieder gesund. Ich glaube, das wird Zeit, denn Kathy vermisst sie schrecklich.”
”Du hast wahrscheinlich recht; ich weiß allerdings nicht, ob mir das gefällt. Sie wird mir fehlen.”
”Mir doch auch. Aber ich denke, es ist besser so, bevor wir uns zu sehr an den Gedanken gewöhnen, ihre Eltern zu spielen und zusammen zu leben.”
Dieser Satz ließ ihn aufhorchen. Sollte sie etwa die ganze Zeit über nur wegen Kathy mit ihm zusammen gewesen sein? Das mochte er nicht glauben, vor allem nicht, wenn er an ihre liebevolle Pflege dachte, an die Blicke, die sie einander zugeworfen hatten und an ihre zärtlichen Küsse. Das konnte sie doch nicht gespielt haben?
Sie musste seine Gedanken gelesen haben, denn sie schüttelte den Kopf.
”Ich meine nicht, dass es nicht schön war, immer mit dir zusammen zu sein, aber das geht einfach nicht auf Dauer. Nächste Woche kannst du wieder arbeiten, und dann sehen wir uns jeden Tag im Büro und wenn wir außerhalb Fälle lösen. Wenn wir dann auch noch nach Feierabend zusammen sind, wird das vielleicht zu viel, und außerdem wird früher oder später jemand etwas merken.”
Fox war wie vor den Kopf gestoßen. Sie konnte das nicht wirklich denken! Er hatte gedacht, dass alles einfacher werden würde, wenn sie einander endlich ihre Gefühle offenlegten, aber jetzt schien es so, als sei für Dana alles nur noch komplizierter geworden. Sie hatte Bedenken, und er mußte zugeben, dass auch er sich Gedanken machte. Aber dass sie gleich...
”Ich weiß nicht. Wir müssen uns wirklich überlegen, was nun passieren soll, aber alle Schwierigkeiten, die auf uns zukommen ändern nichts an der Tatsache, dass ich dich liebe.”
Dana seufzte leise. Das war eben das Problem: Sie liebte Fox so sehr, daß sie wusste, sie würde es nicht ertragen können, wenn man ihm weh tat. Und das würde zweifellos passieren, wenn Skinner von ihrer Beziehung Wind bekam. Für Fox war die Arbeit noch wichtiger als für sie, und sie hatte Angst, dass er es ihr nicht verzeihen würde, wenn sie durch ihre Gefühle für einander getrennt werden würden. Es hatte sich gezeigt, dass keiner von ihnen ohne den anderen arbeiten konnte, und genau das würden sie müssen. Dana war entschlossen, nach einer Lösung zu suchen, ganz einfach, weil sie für den Rest ihres Lebens mit ihm zusammen sein wollte, aber sie fühlte sich gleichzeitig verpflichtet, seinen Enthusiasmus zu bremsen, ihn zu zwingen, sich auf die Realität zu konzentrieren. Sie würde es nicht ertragen können, wenn er eines Tages feststellen müsste, dass er seinen Job durch ihre Beziehung nicht mehr so machen konnte, wie er es brauchte. Vor dieser Enttäuschung wollte sie ihn bewahren, und deshalb musste sie ihm alle möglichen Probleme von Anfang an vor Augen führen.
Sein Blick sagte ihr, dass sie zu weit gegangen war, ihm weh getan hatte. Sie griff nach seiner Hand und zwang ihn, sie anzusehen.
”Fox,” begann sie, ”ich liebe dich, und ich werde das immer tun. Aber das ändert nichts daran, dass es Probleme geben wird, und ich...Ich habe einfach Angst, dass ich dich eines Tages verlieren werde, weil wir uns nicht alles genau überlegt haben. Jetzt wäre noch Zeit, um...”
”Um alles zu vergessen, was geschehen ist? Nein, Dana, das will ich nicht. Wir werden eine Lösung finden, weil wir das müssen. Es gibt keine Möglichkeit, ohne dich zu sein, und wir werden es schaffen. Wir lassen uns nicht trennen, egal was Skinner sagt. Zur Not werde ich eben lernen müssen, mit anderen Agenten auszukommen, aber ich werde dich nicht für meinen Job opfern, für eine Suche nach etwas, das vielleicht gar nicht da ist. Und ich verspreche dir, daß du mich nicht verlieren wirst. Egal was passiert, ich werde für dich da sein."


***


Dana saß allein zu Hause in ihrem Wohnzimmer. Heute war Kathys letzter Tag bei ihnen gewesen, und Fox hatte vorgeschlagen, dass sie zusammen in den Zoo gehen könnten. Kathy war begeistert gewesen, und so waren sie am Vormittag aufgebrochen.
Es war ein wunderschöner Tag geworden. Das Wetter war noch einmal richtig gut gewesen, mit viel Sonne, blauem Himmel und einem leichten Wind, der weiße Wolken vor sich her trieb.
Zuerst hatten sie die Seehunde angeschaut, die Kathy besonders mochte. Sie hatten ihnen beim Spielen zugesehen und waren alle ein wenig nass geworden, weil sie es nicht lassen konnten, in der ersten Reihe zu stehen, als die Tiere gefüttert wurden.
Als nächstes waren die Affen dran gewesen. Fox hatte Faxen gemacht und ihnen am Gitter Grimassen geschnitten. Daraufhin war ein junger Affe wütend geworden und hatte ihn mit einer Banane beworfen, die Fox auffing und zum Ärger des tierischen Schützen einfach an einen Schimpansen im Nachbargehege weiterschenkte. Kathy und Dana hatten sich gebogen vor Lachen, während der ”beraubte” Affe schimpfend am Gitter entlang gehangelt war.
Gegen Mittag hatte Kathy Hunger bekommen, und sie hatten sich auf den Spielplatz gesetzt, um ihr Picknick zu essen.
”Was, kein Eistee?” hatte sich Fox gleich zu Anfang beschwert. Dana hatte gelächelt, denn natürlich war ihr sofort die Bedeutung dieses Satzes eingefallen.
”Nein, ich fürchte, den hab ich vergessen.”
”Das ist unfair!” Kathy hatte ihm ihr Glas mit Limonade gereicht, wobei sie es über ihm geleert hatte, weil er sich genau in dem Moment umgedreht hatte. Nachdem sie ihn wieder einigermaßen saubergemacht hatten, gab es endlich etwas zu essen. Fox hatte Dana immer wieder die Tomatenscheiben vom Sandwich geklaut, und sie hatte im Gegenzug seinen Kuchen an die Spatzen verfüttert. Kathy hatte bald der Bauch weh getan vor Lachen, und Dana mußte zugeben, daß es ihr nicht anders ergangen war. Nach dem Essen waren sie weitergegangen, wobei Fox nach Danas Hand gegriffen hatte. Kathy hatte natürlich auf dem Spielplatz gehen wollen, also hatten sie ihr eine Weile zugesehen, bis er auf die Idee gekommen war, Dana auf eine der Schaukeln zu dirigieren und sie ziemlich hoch anzuschubsen. Es hatte so viel Spaß gemacht, sich dem Gefühl hinzugeben, dass sie flog. Sie hatte viel gelacht, und am Ende hatte er sie von der Schaukel in seine Arme gezogen, sich mit ihr schnell im Kreis herumgedreht und sie schließlich atemlos auf die Lippen geküsst.
Nachdem sie alle Tiere gesehen und einige auch verbotenerweise gefüttert hatten (Fox hatte gesagt, daß es kein richtiger Zoobesuch sei, wenn man das nicht tat, und Kathy war begeistert gewesen. Dana hatte nur kopfschüttelnd zusehen können.), waren sie noch ein Eis essen gewesen, um Kathy dann ins Krankenhaus zu bringen, wo ihre Mutter entlassen werden sollte.
Mandy hatte sich riesig gefreut, als ihre Kleine ihr strahlend vor Freude und noch glühend vor Begeisterung in die Arme gesprungen war, wobei sie ihre Schokoladeneisschnute am Bettlaken abgewischt hatte. Sie hatte sich bei Dana und Fox bedankt, und dann war sie entlassen worden und mit ihrer Tochter in ein Taxi gestiegen.
Jetzt schien es Dana, als sei die Wohnung noch nie so leer gewesen. Nirgends lag eines von Kathys Spielzeugen herum, kein ausgelassenes Lachen drang aus der Küche, in der Fox vor ein paar Tagen mit Kathy Kekse gebacken hatte, die sie anschließend an die Vögel verteilt hatten, weil Fox vergessen hatte, Backpulver zu nehmen.
Auch Fox fehlte ihr schrecklich. Natürlich hatte es sie auch ein wenig genervt, dass sie nie wirklich hatte allein sein können, aber jetzt hätte sie alles darum gegeben, seine Schuhe im Flur im Weg stehen zu sehen oder im Badezimmer sein nicht ganz zugedrehtes Aftershave umzuwerfen, worüber sie sich gestern noch geärgert hatte. Aber es war nun einmal nicht zu ändern, er war wieder in seine Wohnung gegangen, nachdem er sie nach Hause gebracht hatte. Vermutlich brauchte er Zeit für sich, genau wie sie, nur dass sie diese Zeit am liebsten mit ihm verbracht hätte.
Es klingelte an der Tür. Dana stand seufzend auf und ging hin; sie erwartete, eine ihrer Nachbarinnen zu sehen, die in den letzten Tagen häufig vorbeigeschaut hatten, teils, um neugierig Fox und Kathy in Augenschein zu nehmen, die sie für Danas Freund und seine Tochter hielten, oder um sich über die ständige Anwesenheit des fremden Mannes zu beschweren, die ihnen bei der sonst eher zurückgezogen lebenden Agentin ziemlich befremdlich vorkam.
Doch diesmal war es keine Nachbarin. Vor der Tür stand Fox. Er sah ihr erwartungsvoll entgegen und hielt eine große Packung Eistee hoch.
”Ich dachte, wenn du ihn schon beim Ausflug vergessen hast...”
Sein verlegenes Lächeln ließ sie ein wenig lachen.
”Komm rein. Die Nachbarn denken sowieso schon...”
”Was? Dass ich ein böser Kerl bin, der dich ausnutzt, um auszuspionieren, wie man hier am besten einbrechen kann und wo es was zu holen gibt?”
”Yeap, ich denke, das trifft’s in etwa.”
”Das kann doch nicht wahr sein. Ich bin seit einer Woche hier, und schon wissen die alle von meinem Doppelleben.”
Dana mußte grinsen. ”Idiot!”
”Hey, aber ich bin sicher der netteste Idiot, dem du je begegnet bist.”
”Das stimmt. Komm, setz dich. Ich hol uns Gläser.”
”Nein, das kann ich auch tun. Inzwischen müsste ich ja wissen, wo sie stehen.” Damit drückte er Dana sanft auf die Couch, während er Gläser holte und eine Tafel Schokolade aus seiner Tasche nahm. Sie grinste verschmitzt, als sie es sah.
”Was hast Du vor? Willst Du mich etwa in Versuchung führen?”
”Nette Idee.” Sein Tonfall war gleichzeitig neckend und so anzüglich, dass sie beinahe rot wurde.
”Aber eigentlich wollte ich dich bestechen, damit du mich heute nacht wieder hier schlafen lässt, wo ich doch keine Ausrede mehr habe. Und mit dem Eistee kann ich mich auch nicht so betrinken, dass ich hinterher fahruntüchtig bin. Also, was bleibt mir anderes übrig, als mir dein Wohlwollen zu erkaufen?”
”Ich kann’s nur wiederholen: Du spinnst total. Aber wenn du es geschafft haben solltest, meine Lieblingssorte zu kriegen, dann könntest du vielleicht Glück haben.”
”Oder wenn es Schlafsäcke regnet?” zog er sie auf.
”Ich denke, das ist in der Wohnung ziemlich unwahrscheinlich.”
”Also doch die Schokolade...”
Er steckte ihr ein Stück in den Mund, und sie schnappte sacht nach seinem Finger.
”Hey, loslassen.” protestierte er. ”Fingergeschmack gab es leiden nicht.”
”So ein Pech.” grinste sie. ”Das ist meine Lieblingssorte – gleich nach Nasenspitze.” Damit küßte sie ihn leicht auf die Nase.
”Wir könnten uns einen Film ansehen, wenn du magst. Irgend etwas über Außerirdische, und dann diskutieren wir über die logischen Fehler.”
”Ich fürchte, da muß ich passen. Du bist der Experte auf dem Gebiet, nicht ich.”
Am Ende sahen sie sich den Film doch noch an, wobei sie eng aneinander gekuschelt auf der Couch saßen, und natürlich endete es damit, dass Fox doch wieder bei ihr schlief. Eine Woche später stellten sie fest, dass sie nicht mehr allein einschlafen konnten.


***


Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Leute mich für vollkommen verrückt halten würden, wenn sie wüssten, dass ich keine Nacht mehr ohne Fox schlafen könnte. Wir können es beide nicht. Wir haben es versucht, wirklich, aber es ist unmöglich. Ich habe mich nur dauernd umgedreht, als suche ich nach etwas, und er hat mir am nächsten Tag gesagt, dass er einen Alptraum gehabt hat. Ich musste es ihm förmlich aus der Nase ziehen; er spricht nicht gern darüber, aber schließlich hat er es zugegeben. Wir haben es nie wieder versucht.
Wenn er jetzt schlecht träumt, kann ich ihn wecken, bevor er selbst schreiend aufwacht, und wenn er dann in meinem Arm wieder einschläft, spüre ich, wie gut ihm meine Nähe tut.
Auch wenn es schwer zu glauben ist, wir haben nicht den endgültigen Schritt getan. Ich bin nicht bereit dazu, und Fox akzeptiert das. Manchmal glaube ich sogar, dass auch er noch nicht soweit ist, auch wenn das vielleicht seltsam klingt. Wir haben etwas Wunderbares begonnen, etwas, das nie zu Ende sein soll, und wir wissen beide, dass wir so viel Zeit haben, wie die Welt hergibt. Es gibt keinen Grund zu drängeln, sich zu beeilen, und deshalb tun wir das auch nicht. Wir schlafen Hand in Hand ein, aber aufwachen tun wir Arm in Arm. Wir haben nach diesem einen Abend nie wieder darüber gesprochen, und ich glaube auch nicht, dass wir das tun werden. Es ist unnötig, weil wir uns auch ohne Worte verstehen, und das ist eine viel bessere Sprache als die der Worte. Es gibt in ihr keine Mißverständnisse, und sie hat Begriffe für das, was wir teilen.
Ich war nie der Typ, der gern das Bett geteilt hat; egal mit wem. Ich konnte mich immer eines Gefühls der Einschränkung nicht erwehren, und ich habe selten mehr als ein paar Stunden geschlafen, wenn jemand im Zimmer war. Bei ihm ist das etwas völlig anderes. Seine Nähe bringt mich nicht um den Schlaf; im Gegenteil, ich schlafe besser, seit er da ist. Natürlich müssen wir ein wenig aufpassen, wenn wir morgens zur Arbeit gehen, damit keine neuen Gerüchte entstehen.
Es gibt schon genug Dinge, die man uns nachsagt; vielleicht ist das ein Glück, denn so fällt eine neue Vermutung kaum ins Gewicht; und vielleicht bewahrt uns das vor der Entdeckung. Ich hasse es, meine Gefühle verbergen zu müssen, besonders, wo ich jetzt so glücklich bin, dass ich den ganzen Tag lächeln könnte. Aber wir haben keine Wahl. Solange wir nicht wissen, was wir tun sollen, werden wir es geheim halten.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass Skinner es weiß oder zumindest etwas ahnt. Er ist extrem vorsichtig geworden, wenn er unser Büro betritt, ganz so, als fürchte er, etwas zu sehen, das ihn zum Handeln zwingt.
Gestern hat er mich auf dem Flur beiseite genommen und mir gesagt, Mulder und ich sollten vorsichtig sein, damit wir keinem der vielen internen Gerüchte neue Nahrung geben. Es klang wie eine allgemeine Ermahnung, die gemischte Agentenpaare dauernd von irgendeiner Stelle zu hören bekommen, aber ich denke, dass mehr dahintersteckt. Ich werde es Fox sagen müssen, aber ich weiß nicht, wie.


***


Ein paar Tage nach Kathys Abschied hatte der Alltag sie wieder. Mulder war gesund und konnte wieder arbeiten, und er und Scully waren erleichtert darüber. Es war eine Probe gewesen, das erste Mal wieder das HQ zu betreten, aber sie hatten sie gemeistert.
Jetzt waren sie wieder unterwegs zu einem Fall, und Scully stellte ein wenig erstaunt fest, dass sich gar nicht so viel geändert hatte, wie sie erst angenommen hatte.
Mulder hielt eine Akte auf dem Schoß und studierte sie mit höchster Konzentration, während sie neben ihm im Flugzeug saß und versuchte, sich ein wenig zu entspannen.
”Worum geht es eigentlich genau bei dem Fall?” erkundigte sie sich ein paar Minuten später. Mulder sah auf und erwiderte: ”Eigentlich...Na ja, es ist eine Entführung, ein junger Mann wird vermißt, und die Außenstelle hat uns angefordert.”
Sie konnte spüren, dass das noch nicht alles war.
”Die fordern uns doch nicht einfach so an. Da steckt doch noch etwas anderes dahinter.”
Sein Blick sagte ihr, dass sie sich nicht irrte. Er druckste herum und wich ihren Augen aus.
”Mulder.”
Unbewußt gebrauchte sie wieder die Anrede, die sie jahrelang verwendet hatte. Auch ihr Ton war derselbe wie immer, wenn sie eine seiner Theorien erwartete.
”Okay, die Freundin des Jungen behauptet, er sei schon einmal von Außerirdischen entführt worden.”
Nun war es heraus, und Mulder wartete angespannt auf ihre Reaktion.
Scully runzelte die Stirn und verzog das Gesicht.
”Nein, das kann doch nicht wahr sein! Nicht schon wieder Aliens. Ich habe diese ewigen Marsmännchen und Retikulaner satt! Vermutlich kann auch diesmal niemand die Sichtung bestätigen, dem man trauen kann, hab ich recht?”
”Ich fürchte ja. Aber es ist unser Job, uns um seltsame Phänomene zu kümmern, oder etwa nicht?”
”Wie das Phänomen, dass jedesmal, wenn du ein Licht am Himmel witterst, keine brauchbaren Zeugen zu finden sind?”
”Ich versichere dir, dass das Mädchen absolut glaubwürdig ist.”
”Und wer bestimmt das?”
Mulder schwieg einen Moment lang, dann sah er Scully in die Augen und grinste. Irritiert erwiderte sie seinen Blick.
”Was ist?” wollte sie schließlich wissen.
”Ich muss nur gerade daran denken, dass wir uns schon immer so gestritten haben. Ich will dich von etwas überzeugen, und du bist entschlossen, dich nicht überzeugen zu lassen. Falls irgend jemand behaupten sollte, wir könnten nicht mehr wie früher zusammen arbeiten, dann haben wir hiermit gerade das Gegenteil bewiesen.”
Sie sah ihn einen Moment lang sprachlos an, dann begann auch sie zu grinsen.
”Du hast recht; es ist alles wir sonst auch. Womit wir unsere heimliche Befürchtung ausgeräumt hätten...”


***


Heute habe ich Fox überrascht. Er wollte schon immer einmal, dass ich mit ihm schwimmen gehe, schon bevor wie zusammen waren. Natürlich habe ich jedesmal abgelehnt, weil es mir viel zu gefährlich war. Es ist mir auch so schon schwer genug gefallen, ihm zu widerstehen; da musste ich es mir nicht auch noch unnötig schwer machen, indem ich ihn in Badehose und mit nassen Haaren sehe. Jetzt ist die Situation natürlich vollkommen anders, und als er mich heute wieder gefragt hat, habe ich einfach ja gesagt. Sein Blick hat mir verraten, dass er das absolut nicht erwartet hat. Aber er hat sich gefreut.
Es hat sich gezeigt, dass ich mit meiner Befürchtung recht gehabt habe: Er sieht wunderbar aus, wenn er nass ist, und ich denke nicht, dass ich es geschafft hätte, weiterhin eine professionelle Distanz zu wahren. Jetzt existiert diese Distanz nicht mehr, und ich konnte es genießen, mit ihm zusammen zu sein, weil ich nicht aufpassen muss, mir meine Gefühle nicht anmerken zu lassen.
Fox ist einfach unbeschreiblich. Ich dachte, er wollte einfach schwimmen gehen, und dann hatte er die ganze Zeit über nur Unsinn im Kopf. Er hat mich untergetaucht und nassgespritzt, und ein paarmal hat er mich auch ins Wasser geschmissen. Nicht, daß es mir keinen Spaß gemacht hätte, so albern zu sein; das hat es. Aber ich bin so etwas einfach nicht gewöhnt.
Allerdings habe ich nicht lange gebraucht, um mich darauf einzustellen und ihn meinerseits zu ärgern. Sein Gesichtsausdruck, als ich ihn unter Wasser gezogen und geküsst habe, wird mir wohl für immer im Gedächtnis bleiben.
Einmal habe ich ihn reingelegt. Seltsam, dass ich darauf irgendwie richtig stolz bin, aber ich bin es.
Er hatte mich wieder untergetaucht, und dann hab ich mich einfach auf den Grund sinken lassen und bin unter Wasser weggeschwommen. Aus sicherer Entfernung habe ich dann beobachtet, wie er mich gesucht hat. Erst im Wasser, und später überall in der Schwimmhalle. Irgendwann bin ich dann einfach auf ihn zu gekommen und habe ihn umarmt. Fox hat keine Sekunde gebraucht um sich umzudrehen und mich in die Arme zu nehmen.
Ehrlich gesagt, hatte ich schon lange keinen so schönen, ausgelassenen Tag mehr. Immer war da nur die Arbeit, der Wunsch, perfekt zu sein und alles zu erreichen; jetzt habe ich alles, was ich wirklich will, und es scheint, dass Perfektion unwichtig geworden ist. Das macht alles leichter, und ich gestehe, dass ich es genieße.


***


An einem ihrer wenigen freien Nachmittage war Scully allein zu Hause; sie hatte Mulder rausgeschmissen, um in aller Ruhe aufräumen zu können. Als es an der Tür klingelte, erwartete sie fast, Mulder zu sehen. Er war in den vergangenen Tagen fast immer da gewesen, und sie hatte sich sehr wohl dabei gefühlt. Dass sie ihn heute weggeschickt hatte lag daran, dass sie es nicht leiden konnte, wenn ihr jemand beim Saubermachen half. Sie konnte sich dann nicht richtig konzentrieren, weil sie ständig versucht war, den anderen zu beobachten, ob er auch ja alles an den richtigen Platz stellte. So kam sie zu nichts, und das hatte sie Mulder auch erklärt. Er hatte gegrinst und vorgeschlagen, dass er seinerseits in seinem Apartment ein wenig aufräumen könnte.
”Mal sehen, wer eher fertig ist.” hatte er gesagt, und sie hatte lachen müssen. Fox Mulder und aufräumen, das passte einfach nicht zusammen; schließlich war er der Herr des Chaos, sowohl im Büro als auch in seiner Wohnung.
Scheinbar hatte er es dann auch nicht allzu lange ausgehalten, denn er war keine drei Stunden weg gewesen.
Als sie die Tür öffnete, war sie beinahe enttäuscht, ihre Mutter zu sehen. Andererseits zeigte es doch, dass er ihre Wünsche ernst nahm, überlegte sie und bat Maggie herein.
”Hi, Mom. Ich bin eigentlich gerade beim Aufräumen, aber setz dich doch.”
Maggie Scully sah sich um, als suche sie etwas. Dana konnte sich schon denken was, oder eher wen, ihre Mutter zu sehen erwartete, aber sie sagte nichts.
Schließlich gab Mom auf.
”Wo steckt Fox?” erkundigte sie sich wie beiläufig.
”Zu Hause, nehme ich an.” entgegnete Dana ebenso beiläufig. ”Ich hab ihn rausgeschmissen.”
”Du hast was?” wollte Maggie entsetzt wissen. ”Dana, wie konntest du nur? Er ist so ein netter Mensch, und du wirfst ihn raus? Was hat er dir getan? Konntet ihr nicht darüber reden?”
Scully begann zu lachen.
”Ach, Mom. Du bist so herrlich, wenn du dich um Dinge kümmerst, die dich nichts angehen. Ich habe mich doch nicht von ihm getrennt. Ich hab ihn einfach gebeten, heute nicht hier zu sein, weil ich großes Aufräumen machen wollte, und du weißt, wie ungern ich dann Besuch habe.”
Maggies Blick wechselte von Erleichterung zu Strenge.
”Mit so etwas macht man keine Witze. Ich dachte wirklich, ihr beide...”
”Keine Angst, ich würde das nie ohne deine Erlaubnis tun. Wo ich doch schon ohne deine Erlaubnis mit ihm zusammengekommen bin...”
Sie sahen sich an und lachten. Dana holte ihrer Mutter etwas zu trinken, und sie setzten sich auf die Couch. Lange sah Maggie ihre Tochter an, dann erkundigte sie sich: ”Bist du glücklich?”
Dana erwiderte den Blick ihrer Mutter und sagte ernst: ”Ja, ich bin glücklich. Ich glaube, ich war noch nie so glücklich wie jetzt.”
”Dann war es die richtige Entscheidung. Ich habe es eigentlich immer gehofft, schon, seit ich Fox zum ersten Mal gesehen habe. Es kam mir so vor, als würdet ihr beide etwas teilen, das niemand außer euch verstehen kann. Als würdet ihr ohne Worte sprechen.”
”Manchmal tun wir das auch. Weißt du, mir geht es ähnlich wie dir. Auch ich habe immer gehofft, dass wir eines Tages zusammen sein würden. Aber das erschien mir unmöglich, weil wir schließlich zusammen arbeiten, und es gibt so viele Regeln...”
”Habt ihr deswegen Schwierigkeiten?” unterbrach Maggie sie.
”Nein, bisher noch nicht. Aber es weiß auch noch niemand, obwohl ich glaube, dass unser Vorgesetzter, Skinner, etwas ahnt. Wenn es rauskommt, wird es Probleme geben, aber das wissen wir beide schon jetzt, also können wir uns darauf vorbereiten.”
”Was wollt ihr dann tun?”
”Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich werden wir getrennt werden, aber das ist etwas, womit wir lernen können zu leben. Jedenfalls eher als ohne einander zu sein.”
Sie sprachen noch eine ganze Weile, bevor sich Maggie verabschiedete und ihre Tochter wieder allein ließ. Dana war überrascht, wie gut es ihr getan hatte, mit ihrer Mutter über ihre Gefühle zu reden. Sonst tat sie das nie, weil Maggie immer besorgt um Danas Wohl war und versuchte, ihr zu raten, wie sie ihr Leben leben sollte. Das hatte Dana noch nie ertragen können. Aber jetzt, wo sie sah, dass ihre Tochter glücklich war, schien Maggie sich nicht mehr einmischen zu wollen. Sie wollte einfach an Danas Glück teilhaben, und Dana ließ das gern zu.
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