World of X

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Living next door to Alex

von Mareike

Kapitel 1

Nein, es ist nicht so, dass ich etwas gegen diesen Russen gehabt hätte. Am Anfang, ja, gut, schon. Wissen Sie, irgendwie... na ja, ich habe zu schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht. Für mich sind das alles dreckige Ratten! Dieser junge Mann war irgendwie anders...

Wie bitte? Sprechen Sie doch lauter, guter Mann, mein Gehör ist nicht mehr das beste... warten Sie erst mal ab, bis Sie 84 sind, dann sieht das bei Ihnen auch ganz anders aus! Dann sind Sie auch nicht mehr so ein junger Hüpfer...

Nein, ich kann gar nicht glauben, dass er etwas mit dem FBI zu tun haben könnte. Er doch nicht! Ich meine, da draußen, da laufen so viele Terroristen rum, aber doch nicht dieser Russe... Der war ganz anders. Nein, der hätte bestimmt niemandem was getan. Ganz bestimmt nicht!

Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, bei diesem netten jungen Mann, der bis vor ein paar Tagen hier gewohnt hat. Nein, ich kann mir eigentlich gar nicht vorstellen, dass er einfach so weggezogen ist, ohne sich von mir zu verabschieden. Der war immer so höflich... Einmal, da hat er mir sogar eine von diesen schweren Einkaufstüten zum Lift gebracht, ist doch reizend, nicht wahr? Der war ein richtiger Gentlemen – na ja, auf jeden Fall meistens. Wenn er es nicht gerade eilig hatte. Aber so sind sie nun mal, die jungen Leute von heute – für nichts haben sie Zeit, alles muss nur immer schnell, schnell, schnell gehen! Zu meiner Zeit war das alles noch ganz anders. Wir hatten wenigstens noch mal Zeit, etwas zu unternehmen... Ich erinnre mich noch, als ich 16 war, da lebte ich noch auf dem Bauernhof...

Wie bitte? Ach so, ja. Dieser... ach, wie hieß er noch? Ich vergesse immer die Namen, aber nie die Gesichter. Kennen Sie das? Gesichter kann ich mir gut merken. Ich war einmal im Urlaub, und da... JA, ist ja gut! Nun hetzen Sie mich mal nicht, eine alte Frau ist ja kein D-Zug! Wollen Sie etwas trinken? Kaffee? Tee? Oder wollen Sie ein Stück Kuchen essen? Ich habe noch ein paar Stücke von gestern da, da war nämlich meine Enkelin hier. Die hat jetzt einen neuen Freund, wissen Sie? Netter Kerl. Ein hübscher Junge. Studiert Chemie. Hat seinen Schwerpunkt in Nanotechnologie gesetzt. Ach ja, die Jugend kümmert sich um Sachen, da hätte unsereiner noch nicht einmal im Traum dran gedacht, was?

Ja. Ach ja, dieser... Alex Krycek. Ja, jetzt weiß ich wieder, wie er hieß! Alex Krycek. Netter Kerl. Wirklich. Manchmal ein wenig verschlossen. Jetzt, wo Sie’s sagen, fällt mir auf, dass ich eigentlich recht wenig über ihn weiß. Er war aber auch nicht so ein auffälliger Typ. Netter Junge. Ein richtiger Bilderbuch-Nachbar. Nie hatte der laute Musik an. Nie. Und auch sonst... Immer sehr höflich. Grüßte mich auch immer. Das erlebt man ja heute sehr selten, nicht wahr? Mal ehrlich, werden Sie von ihren Nachbarn immer gegrüßt, junger Mann? Sehen Sie, sehen Sie? Also, doch, da war dieser, dieser... Krycek aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Ich sage Ihnen, solche Männer brauchen wir, dann sähe das mit Amerika ganz anders aus...

Ich erinnere mich noch gut daran, als ich ihn das erste Mal sah. Da kam ich gerade wieder von meinem Volkshochschul-Kurs, wissen Sie, da trifft man immer so nette Leute... Ja, und dann begegnete ich diesem netten, jungen Mann fast vor meiner Haustür. Ich habe ihn zuerst mal gefragt, was er denn da machen würde; ich meine, man kann ja nicht vorsichtig genug sein in dieser Zeit, was? Und da sagte er mir ins Gesicht, er sei mein neuer Nachbar. Ich wusste zwar, dass die Wohnung neben meiner schon eine Weile leer stand, aber ich hatte keine Ahnung, dass sie wieder vermietet worden war. Ist mal wieder typisch. Einer armen, alten Frau muss man es ja nicht sagen, wenn sie neue Nachbarn kriegt! Ich frage Sie, Agent... Wie war noch Ihr Name? Ach, an Namen kann ich mich immer so schlecht erinnern... Immer... Mulder, danke. Genau. Mulder. Ihr Gesicht werde ich mir aber merken, Agent... Mulder. Gesichter vergesse ich niemals...

Also, als ich ihn da getroffen habe, war ich zuerst mal etwas misstrauisch. Ich meine, das ist doch angebracht! Jeden Tag liest man in der Zeitung, dass da wieder irgendwer eine arme, alte Frau überfallen hat. Sie sind doch beim FBI, oder? Können Sie da nicht mal etwas machen? Es ist doch schlimm, wenn man nicht mal mehr über die Strasse gehen kann, ohne Angst zu haben... Schlimm ist das. Wirklich!

Ich habe ihn dann zuerst einmal gebeten, seine Käppi abzunehmen. Sie wissen schon, so ein neumodisches Ding, mit denen die Jugendlichen so gerne rumlaufen. In oliv. Ja, so was kann ich mir merken, da staunen Sie, was, Agent Mulder? Er hatte ein sehr junges Gesicht. Ich habe keine Ahnung, wie alt er so gewesen sein könnte, aber das wissen Sie ja bestimmt, nicht wahr? Das FBI weiß doch alles!

Wissen Sie, ich hatte wirklich nichts gegen diesen jungen Mann. Gut, er zog sich so an, wie meine Kinder sich in den 70ern angezogen haben... Jeans, Lederjacke, dazu ein weißes T-Shirt. Nicht, dass ich damit Probleme hätte. Nein, es stand ihm ja sogar! Nur... Naja, Sie wissen schon. Ganz geheuer war mir das ja nicht.

Was wollten Sie noch einmal wissen, Agent Mulder? Ach ja. Er stellte sich dann auch gleich vor, sagte, er sei Alex Krycek. Und dass er mein neuer Nachbar sei, aber das erwähnte ich ja schon, oder? Ich fragte ihn natürlich, was er beruflich mache. Er lächelte mich an – nettes Lächeln hatte er, wirklich – und meinte, er würde mal dies, mal jenes tun. Nichts Bestimmtes. So ganz glauben konnte ich ihm das nicht. Er sah nicht aus wie jemand, der es nötig hat, Gelegenheitsarbeiten nachzugehen. Wirklich nicht. Aber gut, in der heutigen Zeit, wer findet denn da schon noch richtige Arbeit? Ich weiß noch, als ich mit 56 wieder in den Bürodienst einsteigen wollte... Meinen Sie, mich hätte da noch jemand eingestellt? Irgendwer? Na, da können Sie lange suchen, bis Sie da noch wen finden, Agent... äh... Mulder!

Dieser junge Mann hatte es wohl auch nicht sehr einfach, einen Job zu finden. Wissen Sie, er hat nämlich nur einen Arm. Ich fragte ihn, was passiert sei und er sagte mir, er hätte einen Unfall gehabt. Ach, es ist schlimm in der heutigen Zeit! Mit diesen ganzen neumodischen Technologien, da passiert so viel... Jeden Tag gibt es Hunderte Autounfälle, man kann sich gar nicht mehr sicher sein. Aber praktisch ist es ja auch. Wenn meine Tochter mit mir einkaufen fährt, das ist schon schön, da muss man die Tüten nicht mehr zum Bus schleppen... Und dann noch damit nach Hause gehen...

Wollen Sie jetzt etwas trinken? Nein? Na schön.

Ich traf diesen Russen dann noch einige Male auf dem Flur. Wissen Sie, am Anfang machte ich mir noch Sorgen. So mit einem Russen... Man weiß ja nie, nicht wahr? Aber – tadellos, der junge Mann! Wirklich.

Ich kann mir gar nicht vorstellen, warum Sie nach ihm suchen, Agent Mulder. Oder warum er ausgezogen ist, ohne mir etwas davon zu sagen. Schade. Wirklich schade. Es gab mir immer ein Gefühl von Sicherheit, wenn er hier war. Schließlich ist es nicht verkehrt, einen jungen Mann im Haus zu haben, oder?

Nein, ich weiß auch nicht, wo er hingegangen sein könnte. So vertraut waren wir uns nicht, wie gesagt, wir trafen uns auf dem Flur... Und das war’s dann. Mehr nicht.

Wollen Sie wirklich schon gehen, Agent Mulder? Kann ich Ihnen noch etwas anbieten? Sind Sie sich sicher, dass Sie nichts wollen?

Einen schönen Tag noch, Agent Mulder! Und wenn Sie Alex Krycek finden, dann grüßen Sie ihn doch mal ganz herzlich von mir! Sagen Sie ihm, ich würde mich freuen, wenn er wieder hier im Haus einzieht!

Nein, nichts zu danken, Agent Mulder. Ich freue mich, dass ich Ihnen helfen konnte.



ENDE
Freunde, ich hoffe, ihr hattet beim Lesen so viel Spaß wie ich beim Schreiben... halb soviel langt auch, dann seid ihr dabei wenigstens nicht verrückt geworden! Aber: lasst mich an eurer Meinung teilhaben! Sprich: ICH WILL FEEDBACK!!!!! Bitte, bitte...
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