World of X

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Vielleicht

von Cat

Kapitel 1

Eine wohltuende Dunkelheit hüllte das kleine Motelzimmer ein, einen scheinbar beschützenden Schleier über die im völligen Einklang befindlichen Körper ausbreitend. Heiseres Stöhnen, geflüsterte Nichtigkeiten und das unverkennbare Geräusch von Haut auf Haut füllte den Raum aus. Die Körper der Liebenden verschmolzen miteinander, machten es unmöglich festzustellen, wo er aufhörte und sie anfing. Innige Küsse raubten ihnen den Atem, während ihre Becken sich in einem stetig schneller werdenden Rhythmus bewegten. Gemeinsam eilten sie einem unausweichlichen Höhepunkt entgegen, die Erlösung des anderen suchend.

Vielleicht hätten sie etwas anders gemacht, hätten sie gewusst, dass dies ihr letztes Mal sein sollte. Vielleicht hätten sie die Zeit gefunden, jeden Millimeter des Körper des anderen zu erkunden, sich die Textur und Beschaffenheit der Haut eingeprägt, oder aber mit feuchten Küssen jede noch so winzige Narbe bedeckt. Vielleicht hätten ihre Finger sanft jede Faser ihrer Körper berührt, das Verlangen so ins Unermessliche gesteigert.

Vielleicht hätten sie sich Zeit genommen, langsam und sinnlich Liebe zu machen, sich einander mehr hingegeben. Vielleicht wären sie zärtlicher oder einfühlsamer miteinander gewesen, hätten diesen Moment eventuell mehr ausgekostet.

Vielleicht hätten sie bei ihrer gemeinsamen Ekstase nicht die Augen geschlossen, sondern hätten sich angeblickt, diesen traumhaften Moment miteinander geteilt. Sie hätten vielleicht die Liebe, die sie für einander empfanden, in den Augen des anderen widergespiegelt gefunden.

Vielleicht wären sie danach nicht erschöpft eingeschlafen, hätten jede Sekunde, die sie wach zusammen verbringen konnten, das Privileg, den Herzschlag des Partners zu hören, genossen, nicht gewillt, jemals wieder die Augen zu schließen. Vielleicht hätten sie auch in jener Nacht überhaupt nicht geschlafen, ihren Liebesakt abermals vollzogen, immer und immer wieder, bis die Erschöpfung sie eingeholt hätte.

Vielleicht hätten sie das, was für sie nur allzu selbstverständlich war, ausgesprochen, hätten die Schwärze der Nacht mit unzähligen „Ich liebe dich“ gehüllt, sich diese Beteuerungen ein weiteres Mal gemacht, sich an jenen, bedeutungsstarken Worten ein letztes Mal genährt.

Aber ein Vielleicht ist für Menschen, die etwas bedauern. Und die Zeit hatte Fox Mulder und Dana Scully gelehrt, niemals etwas zu bedauern, was sie beide betraf. Bedeutsam war einzig die Zukunft, die Vergangenheit unabänderlich.

Sich „Vielleicht“ zu fragen, oder auch ein „Was wenn?“ waren Zeitverschwendung. Unwichtig im großen Welt- und Zeitgetriebe, welches das Schicksal darstellte. Vielleicht hätten sie sich das eingeredet, wenn sie es nur gewusst hätten.

Doch das taten sie nicht, sie schafften es nicht einmal, aus dem angenehmen Nebel der Bewusstlosigkeit, den der Schlaf ihnen gebracht hatte, ganz hervorzutauchen, als die Türen ihres Zimmers gewaltsam aufgestoßen wurden.

Die Kugeln, die ihre nackten Leiber durchbohrte, das Blut, welches die weißen Laken tödlich rot färbte, Zeugnis für die Gräueltat, die sich hier soeben abspielte, lieferte, nahmen sie nicht mehr wahr. Auch nicht das höhnische und siegessichere Lachen, was kurz darauf den Raum erfüllte, hörten sie. Zu lange hatten sie im vergangenen Jahr getrennt gelebt, hatten sich nacheinander verzehrt. Doch der Tod vereinte sie, hüllte ihre leblosen, noch immer miteinander verbunden Körper sanft ein. Und mit diesen beiden Menschen starb ebenso das Vielleicht, wurde mit ihnen in die Ewigkeit gerissen.

The End!


Ziemlich krank, ich weiß... but that's me I guess!
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