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Der letzte Kampf (Teil 1)

von XFilerN

Kapitel 4

WASHINGTON D.C.

GENERAL HOSPITAL

INTENSIVSTATION

Als Director Skinner gegangen war, saß Scully vollkommen allein in dem Zimmer. Blass und mehr tot als lebendig, lag Mulder vor ihr auf dem Bett. Ein Schlauch führte jeweils aus dem Mund und seiner Nase, zu den Geräten neben ihm. Ein anderer von seiner Vene zu einem Tropf, welcher über Mulders Bett hing. Mit einem Tubus in seinem Mund, wurde Mulders Atmung kontrolliert. Einige Elektroden führten von seinem Kopf und seinem Brustkorb zu den weiteren medizinischen Geräten neben dem Bett. Dieser Anblick und die Tatsache, dass ihr Partner vermutlich bald sterben würde, ließ Agent Scully erstarren. Wortlos und zitternd setzte sich die junge Agentin neben ihren Partner auf das Bett. Sanft streichelte sie Mulders Hände und fuhr mit ihren Fingerspitzen durch sein braunes Haar. Sie fragte sich, ob dies nun der Augenblick war, vor dem sie immer die Augen verschlossen hatte. War dies der Moment der Verabschiedung? Scully fühlte sich plötzlich sehr hilflos und unglaublich schwach.

Mulders ‚Geist’ stand neben seiner Partnerin und musste hilflos mit ansehen, wie Scully den Tränen nahe war, als er plötzlich eine liebliche und freundliche Frauenstimme wahrnahm.

„Es ist Zeit, Fox. ... Lass uns gehen.“ In diesem Moment erschien, dort wo sich die Tür zu seinem Zimmer befunden hatte ein helles Licht. Und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Mulder zu schweben. Als er sich in das Licht begeben und dieser Stimme, die zu ihm sprach, folgen wollte. Es wäre ein Leichtes gewesen, einfach aufzugeben und hinüber zu gehen. In das Licht von dem viele Menschen mit Nahtoderfahrung berichtet hatten. Aber was kommt danach? Diese Frage schoss Mulder geradezu durch den Kopf. War das der Übergang in ein neues Leben? Oder starb er einfach nur und alles was er erlebt hatte würde sich in Wohlgefallen auflösen? Was dann? Viele Fragen auf die Mulder keine Antworten kannte. Er sah direkt in das helle Licht. Es machte einen friedlichen Eindruck auf ihn und tat wider erwarten nicht weh in seinen Augen. Dieses Licht schien heller als die Sonne, der Mond und alle Sterne des Universums zusammen. Doch es schmerze ihm nicht in seinen Augen. Wie in Trance sah Mulder zu Scully und dann wieder in das Licht. Erneut diese einzigartige Stimme. „Sag Lebwohl, Fox. Und komm zu mir in das Licht. Du wirst es nicht bereuen.“

Doch durfte Mulder diesen lieblichen Worten Glauben schenken? ‚Vertraue niemandem’, diese Worte fielen ihm ein. Zwei Worte, welche Mulder schon sehr oft das Leben gerettet hatten.

„Nein“, sprudelte es aus ihm hervor, „ich kann nicht. Noch nicht. Ich muss zuerst sicher gehen, dass sie ohne mich zurrecht kommt.“ Bei diesen Worten wandte sich Mulders Blick automatisch zurück zu seiner Partnerin, zu seiner besten Freundin. Zu der Frau, die er über alles auf der Welt liebte. „Ich bin noch nicht bereit sie zu verlassen.“ Und genauso plötzlich wie das Licht aufgetaucht war verschwand es auch wieder, mit den Worten: „Du bekommst noch etwas Zeit, aber ich komme zurück!“

Erleichtert, sich noch nicht entscheiden zu müssen, sank Mulder in seinen Stuhl zurück.

Agent Scully verlor bei seinem Anblick die Kontrolle über ihre Gefühle und begann zu weinen. Ihre Selbstkontrolle war ihr immer sehr wichtig gewesen. Sie ließ es sich nur selten anmerken, wenn sie etwas schwer belastete. Selbst als sie gegen den Krebs angekämpft hatte, konnte man ihr die Angst, die sie empfand, nicht ansehen. In ihrem Leben hatte sie so hohe Mauern um ihre Gefühlswelt errichtet, dass es Scully oftmals nicht gelang, über sie hinwegzusehen. Doch jetzt, wo Mulder dem Tod nahe war, stürzten sie ein. Scully wurde klar, dass keine noch so hohe Mauer sie beschützen konnte vor den Gefühlen, die sie nun durchströmten. Was hatte sie schon zu verlieren, wenn sie sich ihrem Partner nun nach all den Jahren offenbarte? Nichts. Denn wenn sie ihn verlor, so schien es ihr zumindest, konnte sie nichts Bedeutenderes verlieren. Scully brachte es nicht über sich Abschied zu nehmen. Abschied von einem Mann, dessen unveränderliche Überzeugung ‚Die Wahrheit ist irgendwo da draußen’ gewesen war. Seine Überzeugung hatte sie stets stark gemacht. Stark gegen alle Feinde jeglicher Art. Zu diesen Feinden zählten für Scully auch Gefühle, denn sie schwächten das Urteilsvermögen der Menschen. Gegen diese Schwäche kämpfte sie bislang ständig an. Und wofür? Sie wusste es nicht mehr. Was konnte schon Schlimmes passieren, wenn sie ihm ihre Gefühle gestand. Scully hätte Mulder im schlimmsten Fall verlieren können. Doch nun, wo er im sterben lag, war sie im Begriff eben dies zu tun. Ohne Mulder jemals gesagt zu haben, was sie für ihn empfand. Der Kreis hatte sich geschlossen, dachte sie bei sich. Gestärkt durch den Glauben, ihm eines Tages zu folgen verließ sie Mulders Krankenhauszimmer und ging nach Hause ohne Abschied zu nehmen. Sie konnte es nicht.

Mulders ‚Seele’ folgte ihr. Er wollte nicht alleine sein mit seiner sterblichen Hülle. Mulder hatte Angst davor, dass das Licht und die Stimme ihn überreden würden hinüber zu gehen. Er wollte die letzte Zeit, die ihm blieb, mit Scully verbringen. Selbst wenn sie sich seiner Anwesenheit nicht bewusst war. Er wollte ihr so gerne sagen, dass er Samantha, die echte Sam, nach langer Suche nun doch endlich wieder gesehen hatte. Er zweifelte nicht einen Moment daran, dass sie es wirklich war und nicht etwa ein Klon, wie all die anderen zuvor. Er wollte es Scully so gern sagen, doch er konnte es nicht. Es war zu spät.

 

GEORGETOWN

SCULLYS APARTMENT

Die Nacht, welche inzwischen herrschte, spiegelte die Dunkelheit wieder, die Scully umgab. Der Regen, der niederfiel und gegen das Fenster prasselte, hätte Scullys Tränen sein können. Tränen, die unaufhörlich über ihre Wangen flossen. Tränen der Angst, der Wut und der Sehnsucht. Angst vor dem Verlust von Mulder. Wut auf den Mann, der ihn niedergeschossen und ihn somit zum Tode verurteilt hatte. Sehsucht danach, noch einmal sein Lächeln zu sehen, wenn Mulder sie, wie so oft zur Weißglut gebracht hatte und dies sichtlich genoss. Es hatte ihm immer viel Freude bereitet, wenn Scully wieder einmal seine absurden Ideen in Frage stellte. Mulder provozierte sie geradezu, völlig auszurasten. Scully nahm es ihm schon gar nicht mehr übel. Sie vermisste ihre Auseinandersetzungen, welche jeden Tag aufs neue ausbrachen. Sein schelmisches Grinsen, wenn er sich ihr überlegen fühlte. Sie hatte sich im Verlauf der letzten acht Jahre so sehr an Mulder gewöhnt, dass sie sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen konnte. 

Scully saß auf ihrer Couch im Wohnzimmer, eingewickelt in eine flauschigen Wolldecke, als sie all diese Gefühle in ihr Tagebuch schrieb. Wäre ihr klar gewesen, dass Mulder sie dabei beobachtete, hätte Scully ihre Gefühle nicht so deutlich zum Ausdruck gebracht.

***02.11.1999***

Mulders Zustand konnte wieder stabilisiert werden, dennoch mache ich mir große Sorgen um ihn. Ich kann mir mein Leben, selbst wenn ich es versuche, nicht mehr ohne ihn vorstellen. Es ist ein erschreckendes Gefühl abhängig zu sein. Abhängig von einem Mann mit dem ich, außer der Arbeit nichts gemeinsam habe. Ich würde es so gerne einfach zugeben. Es ihm erzählen, wie Mom es mir geraten hat. Ich habe es schon öfter versucht, aber immer wieder hat mich mein Mut verlassen. Wenn Mulder mir näher kam, stieß ich ihn immer wieder weg. Ich habe eine Distanz zu ihm geschaffen, von der ich nicht weiß, wie ich sie jemals rückgängig machen könnte. Ich tat dies zu unserem Besten, so dachte ich zumindest, um unsere Beziehung nicht zu gefährden oder auch nur geringfügig zu verändern. Doch jetzt bin ich sicher, das dies der größte Fehler meines Lebens war. Ich habe ausgerechnet den Mann von mir gestoßen, der mich mehr schätzt, respektiert und mir vertraut als ein anderer das jemals könnte. Vielleicht ist diese Erkenntnis meine Strafe dafür, jetzt wo es zu spät ist, um es rückgängig zu machen. Es ist ganz allein meine Schuld. Und nur weil ich nicht mutig genug war, über meinen Schatten zu springen.

Mulder, der auf einem Sessel seitlich von seiner Partnerin Platz genommen hatte, musterte sie ganz genau. Denn er wollte sich jedes kleine Detail von Scully einprägen. Um sie niemals zu vergessen. Erst jetzt ergab sich für ihn die Gelegenheit, nicht von ihr dabei ertappt zu werden. Mulder genoss den Anblick von Scullys zarten Gesichtskonturen, ihrem glänzenden roten Haar, welches durch das reflektierende Kaminfeuer noch schöner schimmerte als sonst. Ihre kleine, weiche, warme Hand, die zitternd den Füller über das kleine Buch auf ihrem Schoß führte. Dutzende verbrauchter Taschentücher stapelten sich neben ihr auf dem Boden. Es brach Mulder das Herz, Scully so traurig und verletzt zu sehen. Wie gerne hätte er sie in seine starken Arme genommen, um sie zu trösten. Er wollte dieser bildschönen Frau vor sich zu gerne mitteilen, dass er hier bei ihr war. Dieser Luxus war Mulder jedoch nicht vergönnt. Es war ihm durch seinen Zustand nicht mehr möglich, seiner Partnerin abermals zu gestehen, dass er sie liebte. Während er Scully zusah, rann ihm eine einsame Träne über die Wange. Nur einmal noch, nur eine weitere Chance, flehte er innerlich. Um Scully ein letztes Mal berühren zu dürfen, ihr zu sagen, dass er sie über alles liebte. Er würde sprichwörtlich sein Leben dafür hergeben. Um das bat er, als er vom Fenster aus in den Himmel hoch sah, der durch den Mondschein und die Sterne erleuchtet wurde. Nur noch einmal, bevor er gehen musste. 

Am nächsten Morgen schien die Sonne direkt in Scullys Gesicht als sie sich auf der Couch drehte, wodurch sie geweckt wurde. Sie hatte die ganze Nacht über auf ihr geschlafen. Die Couch war klein und zum schlafen völlig ungeeignet. Diese Feststellung überkam Scully als sie den stechenden Schmerz in ihrem Nacken fühlte. Sie neigte daraufhin ihren Kopf einige Male nach links und rechts, bevor sie sich streckte und aufstand. Verschlafen machte Scully sich einen Kaffee und ging während er durchlief unter die Dusche. Irgendwie muss es weitergehen, sagte sie sich, als sie ihre Haare wusch und entschied zurück nach Virginia zu fahren, wo ein ungelöster Fall auf sie wartete. Sie konnte Mulders Zustand sowieso nicht ändern. Dafür brauchte es ein Wunder, welches nicht in greifbar war.

 

WASHINGTON D.C.

GENERAL HOSPITAL

Als Agent Scully in der Klinik ankam und Mulders Zimmer betrat, wurde sie von den einsamen Schützen begrüßt. Die drei schauten Scully mitfühlend an. Praktisch jeder, der das Agenten-Duo näher kannte, wusste was sie füreinander fühlten. Frohike fühlte sich selbst schon seit der ersten Begegnung zu Scully hingezogen, aber seine Freundschaft zu Mulder hielt seine Gefühle im Zaum. Höchst wahrscheinlich hätte sich Scully vor Lachen gekrümmt, wenn er sie um ein Date gebeten hätte. Frohike war nämlich einige Zentimeter kleiner und einige Jahre älter, als Scully. Er wusste, dass er nicht ihr Typ war. Zu Anfang hegten Byers und Langley Misstrauen gegen die kühle Dana Scully. Die immer mit verschränkten Armen vor sie hin stand und sie kritisierte. Scully war nicht wie Mulder. Während Mulder aufgeschlossen war für alles, egal wie verrückt die Theorien auch waren, setzte Scully immer ihren skeptischen na-sicherlich Blick auf. In all den Jahren hatten die einsamen Schützen Scullys Art, die Dinge zu betrachten, jedoch lieben gelernt. Vor ein paar Jahren wurde ihnen klar, dass sie Mulder liebte. Scully hatte sich selbst verraten, als sie eifersüchtig Informationen über Diana Fowley bei ihnen eingeholt hatte. Frohike sagte damals, ohne über die Folgen nachzudenken. „Sie war Mulders Schnuckelchen, als er frisch von der Akademie kam.“ Er hatte Scullys entsetzten Gesichtsausdruck zu spät erkannt. Seit diesem Tag bestand für die einsamen Schützen kein Zweifel mehr, dass Scully und Mulder ineinander verliebt waren. Und es noch sind.

„Schön, dass ihr da seid. Ich muss zurück nach Virginia, an die Arbeit.“ Scully lächelte den Drei ihr gegenüber erleichtert zu. 

„Wie geht es Ihnen, Dana?“ Frohike sah direkt in Scullys Augen. Byers und Langley ebenfalls. Sie hätten es sich eigentlich denken können, dass sie ihnen dieselbe Antwort auf diese Frage geben würde, wie sie es immer tat.

„Es geht mir gut.“ Diese Aussage überzeugte die Drei in keiner Weise, denn ein gequältes, müdes Lächeln begleitete diese Worte.

„Ohne unhöflich sein zu wollen, Scully, Sie sind eine miserable Lügnerin.“ Byers wartete gespannt auf Scullys Reaktion, über seine Feststellung. Ihr Gesicht blieb jedoch völlig leer. Sie war nicht in der Stimmung sich mit den Jungs anzulegen, wie sie es bisher immer getan hatte. Scully fühlte sich vollkommen ausgelaugt. Sie war müde und schwach. Ihre Schwäche lag auch daran, dass sie die letzten Tage kaum etwas gegessen hatte. 

Ohne ihre Freunde weiter zu beachten, ging Scully zu Mulder an das Bett. Sie sagte kein Wort mehr, nahm lediglich ihre Halskette, mit dem kleinen goldenen Kreuz ab und schloss sie um Mulders Hals. „Mein Glaube, meine Stärke und meine Hoffnung werden dich schützen, bis ich zurück bin“, flüsterte sie ihrem Partner ins Ohr, gab ihm einen Kuss auf seine Stirn und wandte sich der Tür zu. Sie drehte sich jedoch nochmals zu ihren Freunden um, bevor sie ging. „Passt auf ihn auf. Und meldet euch, falls sich was ergibt, okay.“

Es bedurfte keiner weiteren Worte, als die einsamen Schützen Scully zunickten und ihr ein schwaches Lächeln schenkten. Bevor sie ging, um weiter zu arbeiten.

 

VIRGINIA

BUNDESSTRAßE

Scully brachte ihren Wagen an einer roten Ampel zum stehen, während dessen sah sie sich zum ersten Mal die Gegend um Virginia genauer an. Ein idyllischer Anblick, dachte sie bei sich. Der Horizont wurde durch die Abendsonne in rosa und blauen Bahnen durchzogen. Die Blätter an den Bäumen waren nicht mehr grün, sondern in eine atemberaubende Farbpalette aus den verschiedensten gelb, orange und Rottönen gefärbt.

Am Himmel konnte Scully kein einziges Wölkchen sehen. Die Ampel wurde wieder grün und sie fuhr weiter. Auf Scullys Lieblingssender wurde ein Lied gespielt, dass ihre Stimmung zusätzlich untermalte. Die Frauenstimme sang von einer verlorenen Liebe. Scully kannte diesen Song gut, daher räusperte sie sich kurz und begann mitzusingen. 

Zuerst wollte Mulder, der auf dem Beifahrersitz saß, lachen. Doch dann hörte er den Text des Liedes und sein Lachen blieb ihm im Hals stecken.

Er starrte seine Partnerin bewegt, durch ihre Leidenschaft am Singen an und war gerührt.

„What kind of life could that be, if you ever go…” Tränen rannen ihr über die Wangen, während Scully sang. „You’re my world, my heart, my soul. …If you ever leave, Baby you take away everything good in my life.”

Mulder war nun selbst den Tränen nahe, nachdem ihm klar war, woran seine Partnerin bei diesem Song dachte. Ihm wurde bewusst, dass sie praktisch von ihm sang. Wie gerne er sich in diesem Moment bemerkbar machen wollte, doch es ging nicht. Er wollte ihr sagen, dass er hier war, es gehört hatte und ebenso empfand. Mulder konnte es nicht, so sehr er sich auch darauf konzentrierte. „How do I live, without you, Baby.“ Mit diesen letzten Worten wurde das Lied durch ein weiteres ersetzt. Mulder war nicht fähig seine Augen von Scully abzuwenden, als sie sich die Tränen wegwischte. Er wollte sie in die Arme nehmen und trösten, denn sie war allein seinetwegen so unsagbar traurig. „Ich liebe dich“, brach es bei diesem Anblick aus ihm hervor. „Ich komme zurück. Ich weiß nicht wie und ich habe keine Ahnung wann, aber ich werde dich nicht verlassen, Dana.“ Mulder war bereit alles zu versuchen, um wieder zu leben. Er war fest dazu entschlossen, nicht nur wegen Scully. Mulder wollte wissen, wie sie sich anfühlte, wie sie duftete und wie sie schmeckte. Seit er sich in diesem Zustand befand, konnte er ihr Parfüm nicht mehr riechen, aber er hatte ihren Duft noch gut in Erinnerung. Scully roch nach Rosen, solange er sich zurückerinnern konnte. Er war geradezu betörend und sehr verführerisch dieser Duft.

Mulders Gedanken wurden unterbrochen, denn seine Partnerin hielt vor einem Motel und trug ihren Koffer zur Rezeption, um einzuchecken. Der Manager des Motels führte sie zum Zimmer sechs und hievte ihren Koffer auf das Bett.

„Sie wissen wo Sie mich finden, wenn Sie etwas brauchen?“, fragte der Manager höflich und zuvorkommend.

„Ja, vielen Dank.“ Er verließ darauf hin ihr Zimmer. 

An diesem Nachmittag wollte sich Agent Scully ausruhen. Sie bestellte sich telefonisch eine Pizza und zog sich um. Dieses Mal konnte Mulder nicht widerstehen. Sein lüsterner Blick auf seine Partnerin, verriet dass ihm gefiel, was er sah. Mulder hatte Scully schon öfter nackt gesehen, aber er hatte nie die nötige Zeit gehabt, um es zu genießen. Und so setzte er sich auf einen der Sessel, welche im Zimmer standen, um jeden Zentimeter von Scullys Körper in sich aufzunehmen.

„Wow, was für eine Frau.“ Er biss sich auf die Lippen und starrte Scully auch weiterhin mit weit geöffneten Augen an. 

Den restlichen Abend verbrachte Dana Scully in der Badewanne und auf dem Bett. Sie machte sich die Kissen zurecht, schaltete den Fernseher an und aß die Pizza. Gegen zwölf Uhr wurde sie müde und legte sich schlafen, mit Mulder an ihrer Seite.

 

CHARLOTTESVILLE

HAUS DER COOPERS

Amys Mutter brach während sie ihre Aussage machte in Tränen aus und musste, sehr zu Agent Scullys Leid, von ihrem Mann, Mr. Cooper, in ein anderes Zimmer begleitet werden. Geduldig sah Scully den Jungen zu ihrer Linken an. „Jimmy, was kannst du mir über den Vorfall erzählen? Was für eine Beziehung hatte Amy zu ihrem Freund?“ Jimmy Cooper, Amys Bruder, räusperte sich und überlegte kurz, bevor er begann.

„Nun ja, eigentlich hab ich doch schon alles erzählt.“ Der auffordernde Blick der Agentin riet ihm fortzufahren. „Sie haben ab und zu gestritten, aber wer tut das nicht.“ 

„Jessica erzählte mir, das Thomas und Tamara Sex hatten während der Party. Sie hatte es deiner Schwester vor dem Unfall erzählt.“ Es klang vielmehr wie eine Frage, statt wie eine Aussage. Scully blickte den Jungen erwartungsvoll an.

„Ich mochte diesen arroganten Kerl noch nie. Der soll mir bloß nicht begegnen, sonst...“ Jimmy ballte seine Fäuste, vor Wut. Diese Geste zeigte der Agentin, dass Jimmy es offensichtlich nicht gewusst hatte.

„Wäre das ein Grund gewesen für Amy, um vom Balkon zu springen?“

Ein sarkastischer Ausdruck lag nun anstelle eines erzürnten auf Jimmys Gesicht. „Sicherlich. Nie im Leben. Amy war schon seit langer Zeit in Peter Brown verliebt. Sie hatte es mir vor langer Zeit anvertraut.“

Scully war sichtlich überrascht. „Wo finde ich diesen Peter?“

Zuerst grinste Jimmy die Agentin an, dann wurde er ernst. „Sie finden Peter Brown... auf dem städtischen Friedhof. Er ist vor einem Jahr gestorben.“

Scully schüttelte ihren Kopf ein wenig, bevor sie sich mit der flachen Hand gegen die Stirn schlug. „Ich erinnere mich. Das hat Jessica mir auch erzählt.“ Scully dachte einen Moment nach, überflog dabei ihre Notizen und fuhr schließlich mit ihrer Befragung fort. „Wie würdest du diesen Thomas beschreiben, außer arrogant?“ 

Jimmy begann zu schmunzeln und hob seine Augenbrauen an. „Primitiv, pessimistisch, dumm und unwürdig. Er ist meiner Meinung ein Schwätzer, dem man kein Wort glauben sollte. Ich meine, er tut einfach alles dafür ein Mädchen ins Bett zu bekommen.“

„Auch Amy?“, wollte Agent Scully wissen ohne anmaßend zu wirken.

„Meine Schwester ist... war doch nicht blöd. Nein, natürlich hat er sie nicht rumgekriegt. Deshalb hat er sie auch mit der erst Besten betrogen, nehme ich an. ...Tamara ist nicht gerade wählerisch, wenn Sie wissen, was ich meine.“

„Ich denke schon.“ Scully packte ihren Krempel zusammen und stand auf. „Das war es vorerst. Danke, du hast mir weitergeholfen.“

Jimmy begleitete Agent Scully zur Haustür und öffnete sie. „Sie hat sich nicht umgebracht.“ Jimmy sah die Agentin traurig, aber sicher an, bevor sie ging.

Mulder begann sich im Haus der Coopers umzusehen, nachdem er sich entschlossen hatte, seiner Partnerin nicht zu folgen. Das kam zweifelsfrei von dem Agenten in ihm. Seine Neugier, mehr über den Tod von Amy zu erfahren, war größer als das Bedürfnis sich in Scullys Nähe aufzuhalten.

Er ging nach oben zu den Schlafzimmern, welche im oberen Stockwerk des Hauses lagen. Eigentlich wollte er nur das Zimmer von Amy genauer betrachten. Die übrigen empfand Mulder als unwichtig. Er zuckte zusammen als er ein Mädchen auf dem Bett sitzen sah, während er Amys Zimmer betrat. Aber nicht nur Mulder erschrak, sondern auch das blonde Mädchen.

„Sehen Sie mich etwa?“, fragte sie ungläubig.

„Ja. Kannst du mich auch sehen?“, gab Agent Mulders neues Ich zurück. ‚Das könnte interessant werden‘, dachte er, als das Mädchen nickte. „Lass mich raten, du bist Amy Cooper.“

„Nun ja, das was von mir übrig ist. Sie gehören zu dieser FBI Agentin. Das dachte ich zumindest, als ich Sie zusammen kommen sah.“ Mulder setzte sich zu Amy auf das Bett.

„Normalerweise schon, aber zurzeit bin ich nicht ganz ich selbst. Du dürftest wissen, was ich meine.“ Mulder musterte Amy von Kopf bis Fuß.

„Sind Sie auch eine ruhelose Seele?“, fragte Amy neugierig. Sie freute sich offenbar, nicht mehr allein sein zu müssen. Amy Cooper nahm einen ihrer Plüschbären in den Arm und klammerte sich daran fest.

„Ich bin nicht tot. Ich liege in einem Langzeitkoma auf der Intensiv-Station. Ich habe mich einfach geweigert zu sterben.“ Mulder lächelte das Mädchen an, um die Stimmung etwas zu heben. Amy fühlte sich einsam und ängstlich seit ihrem Tod, das konnte Mulder in ihren Augen erkennen. „Du hast ein schönes Zimmer, Amy.“

„Sie meinen wohl, ich hatte ein schönes Zimmer. Ja, das hatte ich.“ Sie sah Agent Mulder traurig an und erzählte ihm, was passierte in jener Nacht. „Ich war erst achtzehn Jahre alt und hatte mein ganzes Leben noch vor mir...“

 

NEW YORK

ZUR SELBEN ZEIT

Zwei kleine Kinder tobten, laut und wild durch das kleine Wohnzimmer. Ihre Mutter saß auf der Couch und hielt ein Kissen an ihrer Brust. Sie saß wortlos und nachdenklich, mit angezogenen Beinen da und beobachtete ihre Kinder beim Spielen. Sie griff neben sich auf den kleinen Tisch, nahm ein eingerahmtes Bild in die Hand und betrachtete es eingehend.

Auf dem Foto waren ein Mädchen, mit Zöpfen, und ein frech aussehender Junge, die sich an einen Baumstamm lehnten, zu sehen. Sie hatte das Bild gerade auf seinen Platz zurück gestellt, als ein großer, dunkelhaariger Mann mit zwei Tassen in der Hand auf sie zukam.

„Hier Liebling, ich habe dir auch eine heiße Schokolade gemacht.“ Er reichte seiner Frau eine der Tassen und setzte sich neben sie.

„Danke John, das ist lieb von dir.“ Sie schenkte ihm ein dankbares und bedrücktes Lächeln, das sie sich nur mit Mühe abrang.

„Fox wird schon wieder, Sam. Mach dir keine Sorgen.“ 

„Wie könnte ich mir denn keine machen. Er ist mein Bruder. Es ist so viel Zeit vergangen seit damals. Ich möchte ihn nicht wieder verlieren. Ich möchte ihm erklären, weshalb ich mich nie gemeldet habe und was ich nach meiner Entführung erlebt habe. Versteh das doch, bitte.“ Samantha war den Tränen nahe, als sie erneut auf das Foto sah.

„Soll ich mit unseren Krachmachern in den Park gehen, dann hast du etwas Ruhe.“ John wartete nicht lange auf Samanthas Antwort und rief in den Flur. „Jungs, wie wäre es mit einem Baseball-Spiel im Park und einem Eis?“

Als er aufgestanden und zur Tür gegangen war, rannten seine Söhne freudig die Treppen runter und folgten John zum Auto, in der Einfahrt.

„Bis dann, Schatz.“

„Bye Mom!“, riefen sie Samantha zu, bevor die Haustür zu ging. 

Nach ein paar Minuten stand Samantha auf und holte das schnurlose Telefon aus der Küche. Während sie eine Nummer eingab, setzte sie sich wieder auf die Couch. Hoffentlich ist er zu Hause, dachte sie. Als sie das Freizeichen hören konnte. Sie hatte Glück.

„Hi ich bin‘s, Sam. Wie geht es dir?“ Der Mann auf der anderen Seite der Leitung, freute sich über ihren Anruf. Er fragte sie ebenfalls, wie es ihr ginge. Sie hatten schon länger nichts voneinander gehört.

„Ich habe ihn gesehen. Ich... er liegt im General Hospital im Koma.“

Der Mann war überrascht und versuchte Samantha zu beruhigen, als sie zu weinen begann. „Du hast doch gute Beziehungen zu den besten Ärzten. Bitte hilf ihm.“

„Ich werde sehen, was ich tun kann, aber versprechen werde ich nichts“, sagte der Mann und zündete sich eine Zigarette an bevor er auflegte.

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