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Broken Dreams

von XFilerN

Kapitel 4

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DIENSTAG, 14. Juni 1994

Die nächsten Wochen verflogen geradezu und ehe Monica sich versah, war der Sommer gekommen. John hatte es vorgezogen, zunächst in ein eigenes Apartment zu ziehen, obgleich Monica ihm angeboten hatte bei ihr zu leben. Andererseits hatte sie ihm versprochen es langsam angehen zu lassen. Und wenn für ihn eine eigene Wohnung dazu zählte, dann respektierte sie seinen Wunsch.

Ihre Mutter war natürlich alles andere als einverstanden damit, dass sie John nun regelmäßig traf. ‚Du schläfst doch nicht mit ihm?’, hatte ihre Mutter vor einigen Wochen gerade herausgefragt. Monica war deshalb sauer gewesen und hatte etwas wie ‚das geht dich nicht das Geringste an’ ins Telefon geschrien und dann aufgelegt.

Die Wahrheit war, dass sie es nicht taten. Sie begriff nicht, warum. Aber John sagte immer wieder, dass er noch Zeit bräuchte. Zeit wofür, hatte Monica ihn immer wieder gefragt, doch er hatte ihr nicht antworten wollen.

Die absurdesten Ideen kamen ihr diesbezüglich in den Sinn. Und immer wieder musste sie sich zwingen John nicht unter Druck zu setzen.

Die Wochen mit ihm waren wunderschön gewesen, doch sie war längst bereit für den nächsten Schritt. Ihr Körper schrie danach von ihm geliebt zu werden.

An diesem Spätnachmittag saßen sie auf ihrem Balkon, der auf Westseite des Hauses lag. Noch kam die Sonne nicht direkt herüber. Noch war es hier auszuhalten. Selbst die Abendsonne, wenn sie dann ihren Balkon erreichte, war so heiß, dass es unangenehm war ohne Schutz draußen zu sitzen. Für einen Sonnenschirm war es hier oben im fünften Stock jedoch zu windig.

„Bleibst du heute Nacht, John?“, fragte sie ihn und legte lasziv ihre nackten Beine über seine. Sie trug kurze, sehr kurze Shorts und ein Spaghettiträger-Shirt. Je weniger Stoff sie bei dieser Hitze trug, desto besser.

John streichelte ihre glattrasierten Beine. „Ich kann nicht, Mon. Ich muss früh raus.“

„Und wenn schon. Lass uns ein paar Sachen von dir holen, dann kannst du von hier aus zur Arbeit. Mir macht das nichts, wenn dein Wecker früh klingelt.“ Sie streichelte seine Schenkel mit ihrem linken Fuß, der rechte ruhte weiterhin auf seinen Beinen. „Bitte bleib bei mir…“

Er schloss die Augen und sie konnte deutlich sehen, dass es ihn viel Anstrengung kostete sich weiterhin zurückzuhalten. Langsam zog sie ihre Beine zurück und kniete sich vor ihm auf den Boden. „Du warst lange genug zurückhaltend. Ich weiß doch schon, dass du ein Gentleman bist.“ Ihre Hände wanderten unter seine Bermudahosen in Richtung seines Zentrums. Mit einem schmutzigen Lächeln bemerkte sie, dass ihre Berührung nicht ohne Effekt blieb.

John schnappte nach Luft und hielt plötzlich ihre Hände fest. „Nicht, Mon. Das könnte jemand sehen.“ Er sah sich um und entdeckte im Haus gegenüber eine ältere Dame am Fenster, die den Kopf ob ihrer Beobachtung schüttelte.

„Dann lass uns reingehen“, hauchte Monica und stand so langsam vor ihm auf, dass er ihr genau in den Ausschnitt sehen konnte. Sie trug absichtlich keinen BH unter dem dünnen Shirt.

„Ich… kann nicht“, sagte John wieder.

Monica begann sich ernsthaft zu fragen, was daran so falsch war. „Warum nicht? Liegt es an mir, John. Gefalle ich dir nicht?“

Er lachte freudlos. „Das meinst du nicht ernst, oder? Du bist wunderschön und sexy und… aber ich kann nicht.“

„Im Sinn von…?“

Er rieb sich das Kinn. „Lass uns reingehen. Ich möchte das Gespräch nicht auf deinem Balkon führen.“

Sie nickte und ging voran. Sie klopfte auf den Platz neben sich auf der Couch und John setzte sich zu ihr. „Ok. Dann erzähl es mir jetzt bitte. Ich fange an mir deshalb ernsthaft Sorgen zu machen.“

„In Ordnung“, er seufzte und überlegte, wie er am besten anfangen sollte. Sie konnte es ihm ansehen. Er haderte mit diesem Thema.

„Bist du impotent, John?“

Er brach in schallendes Gelächter aus und schüttelte den Kopf. „Himmel, nein.“

„Dann kann es ja nur an mir liegen“, sagte sie und hörte, dass ihre Stimme allmählich von Verbitterung getragen wurde.

Das Lachen wurde von Sorge abgelöst. „Möchtest du Kinder, Mon?“

Seine Frage traf sie unvorbereitet. „Ich weiß nicht“, sagte sie. Was wollte er hören? Wollte er ein Kind mit ihr? Hätte sie lieber mit einem deutlichen Ja antworten sollen? „Irgendwann wahrscheinlich schon, John“, fügte sie daher vorsichtig hinzu.

Er nickte langsam. „Ich kann nicht mehr Vater werden. Ich kann nicht der Vater deiner Kinder werden, wenn du dich doch dafür entscheidest.“

„Ich weiß, dass du noch nicht dazu bereit bist, John. Das wäre auch viel zu früh für uns. Wir wollten es ja langsam angehen lassen. Und ich verstehe das.“

„Nein“, erwiderte er leise, seine Stimme war kaum mehr als ein raues Flüstern. „Du verstehst mich nicht richtig. Ich… ich habe mich vor ein paar Wochen sterilisieren lassen.“

„Was?“ Mehr brachte sie zunächst nicht heraus. Ihr Hals fühlte sich wie zugeschnürt an. „Wieso?“ *WIESOTRIFFSTDUSOEINEENTSCHEIDUNGOHNEMICHVERDAMMT?* Es vergingen Sekunden in denen sie glaubte keine Luft mehr zu bekommen. Natürlich waren sie noch lange nicht so weit in ihrer Beziehung. Aber in ein paar Jahren… hätten sie es sein können. Er stellte sie vor vollendete Tatsachen und das brach ihr das Herz.

„Ich wollte dich nicht übergehen, aber wir sind nicht…“

„Oh Gott, John!“ Ihr schossen Tränen in die Augen. Sie wurde sich erst jetzt der Möglichkeit bewusst, derer John sie mit dieser Offenbarung beraubt hatte. „Ich weiß selbst, dass wir nicht verheiratet sind und dass du mir keine Rechenschaft schuldig bist. Aber das, John!“ Sie fühlte sich ihrer Zukunft beraubt. Warum, warum tat seine Entscheidung nur so weh? Sie hatten noch nicht einmal miteinander geschlafen und da ergriff er bereits derartige Maßnahmen. „Warum hast du nicht mit mir darüber gesprochen? Ich verhüte mit einer Hormon-Spirale, John. Es wäre nichts passiert. Und ich hätte dir niemals ein Kind aufgedrängt, ich hoffe das weißt du.“

„Ich weiß das, Mon. Ich weiß das wirklich und ich vertraue dir.“ Er rutschte näher zu ihr. „Meine Psychologin machte mich auf diese Möglichkeit aufmerksam. Ich würde es nicht ertragen wieder Vater zu werden.“

„Das kannst du nicht wissen. Das KANNST DU VERDAMMT NOCHMAL NICHT WISSEN!“, schrie sie ihn an und stand so hastig von der Couch auf, dass sie fast über den kleinen Tisch davor stolperte. Die Vase mit den Blumen darauf, die John ihr vor zwei Tagen gebracht hatte, begann bedenklich zu schwanken.

„Monica, du und ich, wir befinden uns in vollkommen unterschiedlichen Stadien unseres Lebens. Ich hatte all das schon, was du dir erhoffst. Ich bin schon dort gewesen und ich habe auch schon den größten Alptraum hinter mir, den man als Eltern nur erleben kann. Ich habe mein Kind beerdigt, Monica. Mein Sohn ist tot und ich weiß genau, dass ich nie wieder ein Kind so lieben könnte, weil ich immer Angst hätte es ebenfalls zu verlieren. Das war eine Entscheidung, die dir unfair erscheinen mag, aber die ich für mich treffen musste. Für mich, Monica. Ich habe sie nicht für dich getroffen.“

„Aber ich liebe dich, John. ICH LIEBE DICH!“ Sie hatte sich nie zu vor so erleichtert und gleichzeitig so leer gefühlt.

Er stand reglos da. Konnte nicht erwidern, was sie so lange versucht hatte unausgesprochen zu lassen. „Davor hatte ich Angst“, sagte er letztlich. „Ich wollte nicht, dass du das durchmachen musst.“

„Hör verdammt noch mal auf mich zu beschützen! Ich habe schon einen Vater, John! Ich brauche einen Mann, der mich leidenschaftlich liebt und den ich lieben kann. Ohne Bedingungen und ohne Ängste.“ Sie wischte sich vor Wut die Tränen aus dem Gesicht. „Ich will dich mehr als alles andere, warum willst du das nicht verstehen? Setz dich doch endlich mit mir auseinander! Rede mit mir und hör auf hinter meinem Rücken solche Entscheidungen für uns beide zu treffen.“

„Das war die eine Entscheidung, in die ich dich nicht mit einbeziehen konnte, Monica. Die letzten Wochen mit dir waren einfach unglaublich. Ich habe mich tatsächlich wieder lebendig gefühlt und bin morgens gern aufgestanden, weil ich wusste, dass ich dich wieder sehen würde. Ich habe mich schon seit Jahren nicht mehr so wohl gefühlt und besonders nicht nach Lukes Tod. Du machst mein Leben wieder lebenswert, aber ich weiß, dass ich nicht das bin, was du dir erhoffst.“

„Liebst du mich denn, John?“ Es war eine einfache Frage, die eine ebenso einfache Antwort verlangte. Es war die eine Frage, die man eigentlich niemals stellen sollte, wenn man nicht auf die Antwort gefasst war, die einem nicht gefiel.

„Spielt das noch eine Rolle?“

„Kannst du mir nicht antworten oder willst du es nicht?“, beantwortete sie seine Frage ebenso wie er zuvor mit einer Gegenfrage.

„Ich bin nicht gut für dich.“

„Ist das ein Nein, John?“ Ihre Stimme knickte bei seinem Namen ein. Ihr Herz schlug so schnell in ihrer Brust, dass sie glaubte es würde jeden Moment den Dienst einstellen. „Das ist eine einfache Frage, John.“ Wieder rannen Tränen über ihre Wangen. Diesmal schenke sie ihnen jedoch keine Beachtung.

„Wie könnte ich dich nicht lieben, Monica?“ Nun füllten sich auch Johns Augen mit Tränen. „Ich liebe dich. Natürlich liebe ich dich.“

„Mehr muss ich nicht wissen“, sagte sie und eilte zu ihm, schloss die Arme um ihn.

John weinte in ihre Halsbeuge. Sein leises Schluchzen brachte sie nur noch mehr zum weinen und so standen sie minutenlang in ihrem Wohnzimmer und weinten. Er, weil er ihr unabsichtlich wehgetan hatte und sie, um die Kinder, die sie nie mit ihm haben würde. Aber er liebte sie und in diesem Moment schien es für Monica nichts Wichtigeres zu geben.
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