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Peace of Darkness

von Marion Kirchner

Kapitel 8

Kapitel 8: Die Höhle



Scully saß ungeduldig wartend auf der Strohliege. Es war schon eine ganze Weile her seitdem Dyle fortgegangen war. Es schien ihr aber, dass die Geräusche außerhalb immer lauter wurden, so als ob sich immer mehr Menschen um sie gesellten. Sie wusste nicht, ob sie das beunruhige sollte oder nicht. Auf der einen Seite sehnte sie sich nach Gesellschaft, aber auf der anderen hoffte sie aufzuwachen und festzustellen, dass dies alles bloß ein seltsamer Traum war. Träume schienen ihr oft so real, dass sie kaum feststellen konnte, ob sie schlief oder wach war. Fast alles war hier möglich, so konnte sie nicht sagen, was zu verrückt war um sich in der Realität abzuspielen. Aus irgendeinem Grund begannen ihre Gedanken plötzlich zu Mulder zu schweifen und an etwas, an das sie Dyle schmerzlich erinnert hatte. Sie wollte es verdrängen, doch es trat hervor. Dieses Bild des kleinen, braunhaarigen Jungen, der auf das Licht zuging, um darin verschluckt zu werden, um es niemals mehr zu verlassen. Sie zitterte und drückte ihre Hände verkrampft auf das Heu. Sie hasste dieses Bild, sie verabscheute es. Manchmal war es allgegenwärtig, manchmal so weit entfernt, dass sie sich fragte, ob es jemals passiert war.

Sie war in letzter Zeit soweit gewesen, es fast ganz zu vergessen. Das war auch keine besonders schwere Angelegenheit, niemand redete darüber. Nicht einmal Mulder, der dabei gewesen war, den es genauso schwer getroffen hatte wie sie, hatte seitdem auch nur ein Wort darüber verloren. Doch es quälte ihn, es fraß sich in ihn, genauso wie es sich in sie gebrannt hatte. Sie sah es in seinen Augen, in seinem Gemüt, doch war er genauso wie sie nicht bereit dazu, es freizulassen.



Plötzlich öffnete sich die Plane, die den Eingang verdeckte, und ein großer breitschultriger Mann trat ein. Er hatte langes braunes Haar, das ihm in wirren Strähnen ins Gesicht fiel. Seine markanten Gesichtszüge waren gespannt und seine grünen Augen fesselten Scully an seinen Blick.



„Seien Sie gegrüßt, Amne.“ Er trat auf sie zu, nahm ihre Hand und küsste sie. Seine Lippen schienen ihre Hände auf eine seltsame Weise mit Leben zu füllen und die Stelle, an der sie sie berührt hatten, kribbelte angenehm. Scully spürte wie ihr Gesicht warm wurde und sie glaubte, dass ihr Röte ins Gesicht schoss.

*Um Gottes Willen, Dana, was ist nur los mit dir!* schalt sie sich selbst und sah ihr Gegenüber fasziniert an.

„Sie sind Dyles Vater, oder?“, brachte sie mühevoll heraus, denn seine Augen durchbohrten sie noch immer. Obwohl sie es sich schwer eingestehen konnte, irgendwie war es ihr angenehm.

Er nickte nur.

„Ich freue mich sehr, Sie kennen zu lernen…ähm…“

„Mein Name ist Scully, äh… Dana Scully.“ Sie musste unweigerlich grinsen, wenn sie daran dachte, dass sie so gut wie niemand Dana nannte. Scully wartete angestrengt auf eine Reaktion von ihm, doch ihr Name schien ihm nichts zu sagen. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?

„Adrian“ Er grinste und machte keine Anstalten einen weiteren Namen zu nennen.

„Freut mich.“

„Nun gut, ich denke, wir sollten Sie zuerst besser einkleiden. Das Wetter ist sehr kalt im Moment, wenn Sie mir bitte folgen würden.“ Er deutete auf den Ausgang, und sie ging darauf zu. Adrian öffnete ihr den Vorhang und folgte ihr kurz darauf.



Draußen schlug ihre eine angenehme Wärme entgegen, doch es dauerte nur Sekunden, bis sie feststellte, dass sie gar nicht draußen war. Sie stand in einer gigantischen Höhle, die mit derart vielen Fackeln erhellt war, dass man das Tageslicht kaum vermisste. Überall waren kleine Hütten aufgebaut, die der, in der sie gewesen war, wie ein Haar dem anderen glichen. Um sie herum scharten sich über hundert Menschen, die vor ihren Hütten saßen, kochten, sonstigen Haushalt erledigten oder einfach nur beisammen hockten und erzählten. In der Decke der Höhle konnte sie ein Loch ausmachen, zu dem sich der Rauch der Feuerstellen gemächlich hochschlängelte.



„Willkommen in Leed, Dana Scully.“



*****



Mulder setzte langsam einen Schritt in die Höhle. Seine Schritte hallten laut wider und es kam ihm beinahe so vor, als würden Hunderte von ihm existieren. Er kramte seine Taschenlampe heraus, ließ sie durch seine Hände gleiten. Er war wohl der Einzige aus seinem Team, der eine normale Taschenlampe besaß, doch er brauchte sie. Sie stammte noch aus seiner FBI-Zeit, lange vor dem großen Feuer. Er hatte sie oft bei sich gehabt, wenn er mit Scully… Scully… dieses Wort bohrte sich regelrecht in seinen Kopf. Es nistete sich dort ein, als schlechtes Gewissen, als Sorge, als Versagen. Er schüttelte den Kopf.

„Sie lebt, Mulder.“, sagte er zu sich selbst und schaltete die Taschenlampe ein.

Das Licht erhellte die Höhle recht gut. Er ging so schnell er konnte, versuchte aber dennoch alles genau zu erkunden. Die Höhle führte geradeaus[FuKM1] in den Fels hinein und nahm keine Abzweigungen. Irgendetwas kam dem Agenten daran seltsam vor. Es war fast so, als würde er in einen Autobahntunnel gehen.

Plötzlich begann sich der Weg leicht zu senken. Mulder stoppte für eine Sekunde und strahlte mit der Lampe an die Wand. Er erschrak. Sie war vollkommen glatt, so als wäre sie geschliffen worden. Er zog die Stirn kraus und ging darauf zu. Langsam ging er weiter und strich dabei mit der Hand an der Wand entlang. Nicht eine einzige Erhebung war darin. Der Agent blies von Spannung geladen Luft aus und beschleunigte seine Schritte. Es sah für ihn so aus, als sei der vordere Teil der Höhle von irgendetwas mit enormer Geschwindigkeit eingerissen worden. In diesem Teil hatte man sich mit Maschinen weiter hervorgearbeitet, aber wozu?

Mulders Atem hechelte. Er spürte, dass hier etwas war. Etwas, das darauf wartete, entdeckt zu werden. Er ging nun so schnell, dass er beinahe zum Rennen ansetzte.

Auf einmal öffnete sich der Höhlengang zu einer großen Halle. Das Licht seiner Taschenlampe wurde nach wenigen Metern verschluckt, als er nach oben leuchtete. Er fragte sich, wie man solch einen gigantischen Raum in diesen winzigen Hügel hatte bauen können, aber wer weiß wie weit er schon unter der Erde war.

Mulder beschloss, sich die Wand entlangzutasten, um die ungefähre Größe des Raumes abschätzen zu können. Auch hier war die Fläche geradezu poliert und fühlte sich auf seiner Haut angenehm glatt an, glitt regelrecht durch seine Hände.

Auf einmal blieben seine Finger in irgendetwas stecken. Es hob sich relativ weit aus der Wand hinaus und fühlte sich seltsam an. Glatt, aber doch auf eine gewisse Art und Weise spröde. Plötzlich hörte er ein hohles Knacken und etwas fiel neben ihm zu Boden. Er ließ den Strahl seiner Taschenlampe hastig neben seine Füße wandern und erschrak für den Bruchteil einer Sekunde. Er lächelte ihn an, zahnlos und widerwärtig verzerrt. Ein kahler Schädel lag neben seinem linken Fuß. Schnell drehte er das Licht zur Wand. Der Besitzer des Schädels ragte mehrere Zentimeter aus der Wand heraus. Seine Unterarme standen wie abgebrochene Besenstile aus dem Stein hinaus, die Hände lagen längst abgefallen neben ihm auf dem Höhlenboden. Er ließ den Strahl entlang wandern. Drei weitere Skelette steckten neben dem ersten und ihre hohlen Augen starrten ihn ebenso ironisch an. Bei zwei von ihnen befanden sich die Köpfe noch halb in der Wand. Die Rippen ragten vereinzelt aus den Löchern. Mulder trat näher heran und tastete genauer daran. Sie schienen nicht eingemauert worden zu sein. Es schien, als wären sie regelrecht mit der Wand verwachsen.

Mulder fühlte sich an etwas erinnert… er verdrängte es sofort wieder, das war einfach unmöglich… aber gab es überhaupt etwas, das unmöglich war? Waren dies Rückstände von… nein…

Er ging weiter…tastete sich weiter. Gut eine Viertelstunde später wäre er beinahe in die Wand hineingefallen, denn plötzlich bohrte sich ein tiefes klaffendes Loch in das Gestein. Er trat hinein, leuchtete es aus. Es war unordentlich herausgebrochen, so als hätte etwas darin gesteckt. Mulder trat einige Meter zurück und stellte fest, dass er sich genau gegenüber der Stelle befand, an der der Gang in den Raum mündete. Es sah beinahe so aus, als wäre irgendetwas, was auch immer es gewesen sein mag, direkt hier hineingeknallt und hätte dabei den Gang in die Höhle gerissen. Irgendjemand hatte vermutlich versucht, es herauszuholen und dabei alles Gestein darum herum ausgehöhlt.

Auf einmal zuckte er zusammen. Er hörte ein leises Flüstern. Es war sehr weit entfernt und es klang beinahe so, als würde jemand durch ein langes Rohr zu ihm sprechen. War hier etwa jemand? Vielleicht am Höhleneingang? Nein, das hätte anders geklungen… es war kein Echo zu hören, lediglich eine klare Stimme. Plötzlich erkannte er, dass die Stimme wohl aus dem Loch in der Wand zu dringen schien. Angespannt bewegte er sich darauf zu, kletterte immer weiter in den Fels hinein. Die Aushöhlung war tiefer als er dachte. Er ging stetig weiter nach vorne, bis der Fels vor ihm eine seltsame Färbung annahm. Er war viel dunkler als noch vor wenigen Zentimetern. Mulders Taschenlampe begann zu flackern. Er klopfte dagegen, doch es besserte sich nicht. Er stieß genervt Luft aus und trat weiter nach vorne. Das Flüstern wurde immer deutlicher. Es waren zwei Stimmen, die einer Frau und die eines Mannes. Die Stimme des Mannes war tief und floss regelrecht aus seinem Mund, die der Frau war… Mulder zuckte zusammen. Das war vollkommen unmöglich. Die Frau redete weiter. Er versuchte verkrampft zu verstehen, was sie sagte, doch sie war zu weit entfernt. Er lauschte und lauschte, nach einer Weile war er sich so gut wie hundertprozentig sicher. Die Frau, die redete, war Scully.



*****



„Nur Scully, bitte.“, kam es ihr, als er sie bei vollem Namen nannte.

„Ist Scully dein Spitzname?“, fragte er und führte sie an einer tuschelnden Mädchengruppe vorbei.

„Ähm… könnte man so sagen, ja.“ Sie wunderte sich, warum diese Menschen keine Nachnamen kannten. Adrian musste zwanghaft aus der Generation des Feuers stammen… aber was wäre, wenn es dieses Dorf schon viel länger gab und es nur sehr wenig von den Geschehnissen außerhalb mitbekommen hatte? War dies vielleicht eine Sekte?

Adrian lenkte sie schließlich zu einer etwas größeren Hütte, die mitten in dem Höhlenraum stand. Sie hörte von drinnen Gelächter, das nur von Frauen stammen konnte. Es mussten mindestens ein Duzend sein, die sich dort über irgendetwas furchtbar amüsierten.

„Warte ein wenig, ich werde dich ankündigen.“ Sie nickte lächelnd und verfolgte seine Bewegungen. Er öffnete die Plane, die den Eingang verdeckte. Langsam und elegant verschwand er darunter. Scully dachte amüsiert daran, dass er sie ankündigen musste. Sie fühlte sich ein wenig wie eine Königin, die soeben einen Volksbesuch unternahm.

Plötzlich verstummte das Gelächter und die Plane wurde wieder angehoben.

„Du kannst eintreten, Scully.“ Adrian verließ hastig die Hütte und hielt ihr die Plane hoch. Sie schluckte hart, ließ ihren Blick noch einmal durch das Dorf wandern, bis sie schließlich die Hütte betrat. Drinnen roch es seltsam, so, als habe man dort überall ein starkes Parfüm verteilt. Scully wurde von dem Geruch fast erschlagen und fühlte, wie sie ein wenig benommen wurde.

Sie sah sich, gespannt was sie hier erwaten würde, um und konnte zu ihrem Erstaunen keine einzige Person erkennen. Es war etwas zu dunkel für ihren Geschmack, und der Geruch stieg ihr so tief in die Nase, dass sie fast niesen musste.

Überall hingen Tücher von der Decke, die alle seichte, natürliche Farben hatten. Sie flatterten leicht hin und her, obwohl Scully nicht den geringsten Windzug spüren konnte. Was ihr allerdings ziemlich missfiel, in Anbetracht der gestauten, stickigen Luft hier drinnen.

Plötzlich nahm sie ein komisches Rumpeln neben ihr wahr und fuhr herum. Der Boden schien sich zu bewegen. Verwirrt starrte sie auf den Hubbel, der auf sie zukam.



*****



Mulder trat noch weiter nach vorne, spürte regelrecht ihre Anwesenheit.

„Scully?“, flüsterte er, erwartete jedoch nicht wirklich eine Antwort.

Vorsichtig berührte er das Gestein vor ihm und schreckte sofort zurück. Es gab bei seiner Berührung nach. Sein Mund öffnete sich vor Erstaunen. War sie etwa dahinter? Er drückte seine rechte Hand ruckartig in das Gestein und sie wurde davon verschluckt. Es war so leicht zu durchdringen wie Wasser, doch es fühlte sich anders an, kalt, eiskalt. Plötzlich durchströmte Mulder ein Schub eisiger Kälte, die ihn regelrecht einnahm. Ein Schmerz durchzuckte seinen Arm, das Flüstern verzerrte sich… mündete in einem Kreischen, das seinen Kopf durchbohrte. Er begann zu zucken, versuchte seine Hand aus dem Stein zu reißen, doch er steckte fest. Plötzlich wurde er durch einen gewaltigen Ruck aus der Wand gerissen. Er flog meterweit durch die Luft und knallte mit voller Wucht auf die gegenüberliegende Felswand.



*****



„Monica? Sagen Sie mal, was macht Mulder da?“ Reyes drehte sich verwundert zu dem Bild, das die Kamera an Mulders Kopf aufnahm. Die Umgebung zog eilig an ihr vorbei, nur Wald war darauf zu sehen. Er schien sich in totaler Wildnis zu bewegen.

„Ich habe keine Ahnung, John, warte, ich piepse ihn an.“ Sie drückte ein paar Knöpfe auf einem Armaturenbrett vor ihr und beugte sich über ein Mikrofon.

„Mulder?“, hauchte sie hinein, doch sie erhielt keine Antwort.

„Mulder, hier ist Reyes…ich…“

„Warten Sie Monica, wo ist er denn jetzt?“ Das Bild der Kamera war vollkommen schwarz.

„Vielleicht ist die Kamera ausgefallen?“, versuchte sie, das seltsame Bild zu erklären.

„Nein, sie scheint aufzunehmen, Monica, das Band läuft noch.“

Reyes drückte den Knopf erneut.

„Mulder, wo sind Sie?“, brüllte sie regelrecht in das Mikrofon. Er sagte nichts, sie vernahm nur ein seltsames Rauschen.

„Kein Kontakt, John…das Funkgerät ist ausgefallen.“

Doggett stieß einen ärgerlichen Seufzer aus.

„Wie kann das sein?“

Reyes zuckte ratlos mit den Schultern.

„Keine Ahnung.“, kommentierte sie und ihre braunen Augen sahen ihn hilflos an.

Doggett ging unruhig hinüber zu einem weiteren Wagen, in dem sich die Funkmelder der Suchtruppe befanden. Sie piepten alle gleichmäßig vor sich hin, auch Mulders schien normal zu funktionieren.

„Er bewegt sich jedenfalls noch normal vorwärts.“, stellte er fest und gesellte sich wieder zu seiner Partnerin.

„Hmm…ich weiß wirklich nicht wo er sein könnte… vielleicht… ach ja… in Zone 24 ist eine Höhle, also, vielleicht, na ja, vielleicht ist er ja dort drinnen.“

„Aber Zone 24? Reyes, die Suchaktion beschränkt sich auf Zone 23… oh man, wir sollten Agent Carter kontaktieren, damit er nicht sinnlos nach ihm…“

„Agent Doggett, Agent Reyes, kommen Sie her, schnell!“ Ein junger Agent, der die Funkmelder überwachte, winkte die Beiden hastig zu sich. Er starrte etwas unsicher auf die Bildschirme.

„Mit Carter stimmt etwas nicht, ich glaube, er ist ohnmächtig.“, rief er erschrocken aus. Reyes drehte sich schnell zu den Kameras.

„Ja, seine Kamera zeigt konstant nach oben, ich glaube, er ist hingefallen.“

„Haben Sie eine Ahnung, wie das passiert sein könnte, Kintyre?“, sprach Doggett den Mitzwanziger relativ ruhig an.

„Ich weiß es nicht, sein Puls schnellte auf einmal nach oben und dann war er weg…“ Reyes seufzte und sah unsicher zu ihrem Partner hinauf. Dieser zuckte nur mit den Schultern.

„Ich werde ein Team dahin schicken.“, reagierte sie schnell und beugte sich über das Armaturenbrett.

„Warten Sie einen Moment, Agent Reyes. Mulders Funkwelle ist weg!“ Doggett unterdrückte einen Ausruf. Das konnte doch nicht wahr sein!

„Sind Sie sicher?“, fragte er fassungslos und starrte auf die Funkmelder. Das Signal war verschwunden.

„Reyes, brechen Sie die Operation ab!“, rief er hinüber, doch genau in diesem Moment begann wieder das regelmäßige Piepsignal von Mulders Chip einzusetzen.

„Ja, aber…“ Doggett zog die Stirn kraus.

„Er bewegt sich nicht, Sir. Aber er ist in dieser Höhle, zumindest ganz in der Nähe.“

„Naja, die Kamera zumindest ist jetzt wirklich kaputt.“ Reyes deutete auf die Flöhe, die über den Bildschirm tanzten.

Reyes beugte sich erneut über das Mikrofon.

„Mulder, hören Sie mich? Hier ist Reyes.“ Sie zog ihren Namen lang in der Hoffnung er würde währenddessen reagieren, doch es tat sich nichts.

„Okay, ich würde sagen, das war’s.“ Doggett wischte sich den Schweiß von der Stirn. Man konnte ihm ansehen, wie sehr ihn das alles mitnahm.

„Besorgen wir uns Ausrüstung und gehen da rein?“ Reyes sah ihn fragend an.

Er nickte nur und ging auf einen kleinen Tisch zu, auf dem Proviant verteilt war. Er goss sich ein Glas Wasser ein und trank es in einem Zug aus. Er könnte Mulder töten, ging es ihm durch den Kopf. Er schüttelte ihn schnell und klatschte sich eine Ladung Wasser ins Gesicht.


******


Doggett und Reyes verließen von vier Agenten gefolgt den Höhlengang und betraten die Halle. Erstaunt über ihre Größe traten sie ein paar Schritte vor. Es war immer noch genauso dunkel, wie zu dem Moment, in dem Mulder die gleichen Schritte getan hatte. Nur lag ein seltsamer Geruch in der Luft. So, als habe man etwas verbrannt.



„Mulder, hier ist Doggett, sind Sie hier irgendwo?“ Keine Antwort.

„Terry, wo genau ist er?“ Doggett wandte sich zu einem jungen Mann um, der einen tragbaren Funkmelder in der Hand hielt.

„Etwas weiter links, er liegt direkt an der Wand.“ Doggett drehte seinen Kopf direkt nach Links, die an seinem Kopf befestigte Lampe drehte sich mit ihm und ließ die Umgebung sofort in ein sanftes Dämmerlicht tauchen. Er ging hastig, aber dennoch darauf bedacht auf nichts zu treten, vorwärts.

„Sieht aus, als sei hier irgendetwas explodiert.“, hörte er Reyes hinter sich mutmaßen.

Er nickte, dachte nicht darüber nach, dass sie dies wahrscheinlich nicht sehen konnte.

„Doggett, hier ist etwas.“ Reyes hauchte und blieb stehen. Sie starrte in die Dunkelheit.

„Wie meinen Sie das Reyes?“ Er drehte sich zu ihr um und sah sie an.

„Es ist… eine Aura.“, meinte sie knapp und setzte ihren Weg fort.

Auf einmal hallte ein Stöhnen durch die Dunkelheit. Dumpf und benebelt bahnte es sich seinen Weg zu den Agenten.

„Mulder?“, rief Reyes laut aus.

Das Stöhnen wiederholte sich.

„Wir sind ganz nah an ihm dran.“, meldete der Agent, der den Funkmelder trug. „Höchstens noch fünf oder sechs Meter.“

Doggett beschleunigte seine Schritte. Das Licht der Lampe zeigte weiterhin nur den Kalten Steinboden. Je weiter sie gingen, desto schneller begannen die Herzen aller Beteiligten zu schlagen, bis sie schließlich einen leisen Ruf wahrnahmen. Allmählich tauchte ein seichter Schatten vor ihren Augen auf. Er war verschwommen, von Staub umgeben, doch er war menschlich.

„Da ist er!“, rief ein weiterer Agent aus.

Doggett und Reyes machten beide gleichzeitig einen Satz nach vorne.

„Mulder?“, hauchte Reyes ihm entgegen. Er bewegte sich, zwar nur langsam, aber er tat es. Beide sanken neben ihm zu Boden. Er war über und über mit Staub bedeckt und um ihm herum war ein Teil der Felswand abgesplittert. Blut rann über seine Schläfen, seine Augen waren offen, doch er schien nicht richtig mitzubekommen, was um ihn herum passierte.

„Mulder, hören Sie mich?“ Doggett redete sehr langsam, da er sichergehen wollte, dass Mulder ihm folgen konnte.

Mulder nickte nur und sah ihn durchdringend an. Er tat dies aber nur, um wieder ein klares Bild vor seinen Augen bekommen zu können. Sein Kopf schmerzte, es war, als ob der hintere Teil seines Schädels nicht mehr ein Teil seiner selbst war. Er fühlte Blut auf seiner Haut. Es rann gleichmäßig sein Gesicht hinab und hinterließ eine unangenehme Wärme.

Er versuchte sich verzweifelt daran zu erinnern, was passiert war. Doch vorerst fand er nur einen gähnende Leere in sich.

„Wo… bin ich.“, presste er aus sich hinaus.

Doggett seufzte und Reyes beugte sich weiter zu ihm hinab.

„Sie sind in einer Höhle Mulder. Sie haben Zone 23 verlassen, Sie sind durch den Wald gerannt nachdem sie um Hilfe gebeten haben, weil Sie etwas entdeckt hatten. Können Sie sich daran erinnern?“ Sie atmete schneller und hoffte, dass er zurechnungsfähig war.

„Ich…“ Er fasste sich mit der Hand an die Stirn und zuckte bei der Berührung seiner Wunde leicht zusammen. „Ich habe… Scully.“

„Was ist mit Scully?“, fuhr Doggett dazwischen und rief gleichzeitig nach hinten. „Holen Sie die Jungs mit der Trage hinein!“

Mulder sah sich benommen um und wollte sich aufrichten, doch Reyes hielt ihn zurück.

„Mulder, was ist mit Scully?“, fragte Reyes ihn sanft.

„Sie… ich habe sie gehört…“ Er stöhnte.

„Das ist unmöglich Mulder, hier ist doch niemand.“ Doggett zog die Stirn kraus.

„Sie war hier.“

In diesem Moment traten zwei Männer in Uniform heran, die eine Metalltrage neben Mulder gleiten ließen.

„Sie war hier, ich habe Sie reden gehört, wir müssen sie suchen!“ Mulder keuchte vor Erregung und musste sich regelrecht an die Liege drücken lassen.

„Ruhig Mulder, wir werden nachsehen, aber jetzt beruhigen Sie sich. Sie haben einen harten Schlag gegen den Kopf bekommen.“ Monica versuchte ihren Partner zu besänftigen doch dieser spannte seine Kiefer zusammen und wäre am liebsten erneut aufgesprungen. Doch der kleine Piekser an seinem rechten Arm hielt ihn davon ab. Ein von der S.F.P. angestellter Arzt hatte ihm eine Infusion gelegt und begutachtete ihn schnell, bevor er befahl, die Liege mit ihm nach draußen zu tragen.

„Sie müssen sich ausruhen Agent Mulder. Sie haben vermutlich eine starke Gehirnerschütterung.“ Mulder murrte nur und drehte sich erneut zu seinen beiden Kollegen um.

„Ich habe sie gehört, suchen Sie sie!“

Beide nickten nur.

„Das werden wir, Mulder, aber ruhen Sie sich erst mal aus.“


******


Sie suchte gerade nach einer Waffe, die sie gegen was auch immer anwenden konnte, doch gerade in diesem Moment hielt der Hügel inne und es war, als riss er auf. Lichtstrahlen kamen zuckend aus dem Riss hinaus bis schließlich ein Loch im Boden klaffte. Scully starrte nur fassungslos darauf und vermochte nicht zu sagen, was eben passiert war.

„Ist da jemand?“, fragte sie verwirrt, als plötzlich eine Hand aus dem Loch ragte. Scully zuckte zuerst zusammen, doch dann erkannte sie die zierliche Hand einer Frau. Eine weitere Hand folgte, beide stemmten sich schließlich auf den Boden und zogen den Körper einer nett aussehenden jungen Frau in die Hütte. Sie rappelte sich vom Boden auf und trat vor Dana.

„Sei gegrüßt. Ich bin Namja. Ich werde dich ein wenig herrichten, damit ER dich ansehen kann.“ Ihre Stimme war klar und laut. Sie verbreitete eine angenehme Wärme.

„Wer ist ER?“, fragte Scully leicht irritiert.

„Kommt Zeit, kommt Rat.“, kam es darauf nur. „Folge mir nach unten.“ Sie deutete auf das Loch und Scully wusste nicht recht, was sie tun sollte. Namja sprang regelrecht wieder nach unten. „Na los!“, hörte sie ihre Stimme von unten hallen. Langsam ging sie näher an das Loch heran und sah nach unten. Es war mindestens sechs Meter tief und unten befand sich nichts weiter als kalter Steinboden.

„Ich… kann da nicht runterspringen. Ich glaube, ich werde mir alle Knochen brechen.“ Sie verzog die Stirn und sah verwirrt nach unten.

„Sicher kannst du das. Es ist ganz einfach, der Boden wird dich auffangen, glaube mir.“ Scully zögerte und sah immer wieder von dem Loch durch die ganze Hütte. Wollte diese Frau sie umbringen? Es war vollkommen unmöglich, dass sie sich bei einem derartigen Fall nicht verletzen würde. Es sei denn…nein, das war einfach unmöglich. Sie war hier auf der Erde, auf einer ganz normalen Erde und da waren Steinböden nicht weich wie Gummi.

„Warte nicht so lange, er wird dich nicht ewig sehen wollen.“ Scully seufzte. Wer ER wohl war? Vielleicht ihr Anführer, so etwas wie der Stammesälteste…? Eine Art Bürgermeister?

„Ähm… also gut.“, hauchte sie. Wenn diese Frau es überlebt hatte, würde sie es wohl ebenfalls schaffen. Und die Chance darauf, jemanden zu haben, der wusste, was hier vorging erschien ihr so schmackhaft, dass sie langsam ihre Füße durch das Loch streckte. Unsicher ließ sie sich immer weiter nach unten gleiten, bis sie schließlich über dem Abgrund hing. Sie atmete einmal tief durch. Sollte sie sich nicht doch besser wieder hochziehen und darauf warten, dass irgendjemand kam, den sie fragen konnte, ob dies wirklich nötig war?

Plötzlich spürte sie einen unangenehmen Druck auf den Händen, der schließlich zu Schmerz wurde. Jemand stand auf ihren Händen. Geschockt versuchte sie sich nach oben zu drehen, um sehen zu können, wer darauf aus war, sie nach unten zu befördern, doch genau in dieser Sekunde begann dieser jemand langsam und genüsslich seine Füße zu drehen und ihre Haut schob sich schmerzhaft über ihre Knochen. Zitternd versuchte sie sich festzuhalten, rutschte jedoch immer mehr ab.

„Oh Gott.“, hauchte sie und sah hinab zu Namja, die regelrecht fasziniert zu ihr hinaufstarrte, als würde sie ihre Situation furchtbar amüsieren. Scully schaute entsetzt und versuchte sich aus dem Tritt zu winden, doch ihre Muskeln versagten und der Boden entglitt ihr. Atemlos und nicht zu einem Schrei fähig fiel sie in die Tiefe.

Die Felswände zogen in einer atemberaubenden Geschwindigkeit an ihr vorbei, Luft rauschte in ihren Ohren, ihre Glieder wurden unkontrollierbar durch die Luft geschleudert. Sie riss ihre Augen auf, als der Boden kurz vor ihr war. Spürte kaum mehr etwas, als sie aufschlug. Sie lag dort, regungslos. Ihr rechtes Bein war unnatürlich angewinkelt. Eine rote Lake bildete sich unter ihr. Vor ihren Augen war nichts weiter zu sehen als unendliche Schwärze. Blut rann aus ihrem Mund und von ihrer Stirn, als Namja sie umdrehte und schief grinsend betrachtete.
So, und das war es mal wieder. Ich hoffe, dass euch diese drei Kapitel genauso gut gefallen haben, wie die ersten fünf. Ich habe jetzt schon eine ungefähre Vorstellung der Geschichte und denke, dass ich in nächster Zeit fleißig weiterschreiben werde.

Ich wünsche euch noch viel Spaß beim Lesen weiterer Geschichte.

Schöne Grüße und bis zum nächsten Mal

Marion


[FuKM1] geradewegs.. *vorschlag*
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