World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

Peace of Darkness

von Marion Kirchner

Kapitel 3

Kapitel 3 : Prophezeiungen?



Dana Scully lag müde und ausgelaugt auf dem engen Bett. Alles hier roch ein wenig muffig und verstaubt, so als wäre sie die erste Person, die dieses Zimmer seit Jahren betreten hatte. Vielleicht war sie auch gar nicht so sehr im Unrecht, schließlich waren Besucher in Snakes selten, und wenn man von Agent Kleins Berichten ausgehen konnte, war wohl seit den zwei Jahren, seit denen dieses Snake bestand, niemand hier gewesen. Außer vielleicht ein paar Landstreicher, die sofort verjagt worden waren.

Sie und Agent Doggett hatten sich in dem größten der 20 Häuser unterbringen lassen. Es war für die Einwohner wohl eine Art Hotel für den Notfall, da sie es selbstverständlich nicht gerne sahen, wenn jemand um ein Zimmer bat. Die Leute des Hauses schienen jedoch recht froh darüber zu sein, ein paar Dollar dazuzuverdienen, obwohl sie sie wahrscheinlich nicht ausgeben würden. Die Bewohner der Snakes lebten von ihren eigenen Erzeugnissen. Städte besuchten sie selten, die meisten von ihnen würden sie vielleicht nie mehr betreten.



Scully fühlte sich in manchen Snakes richtig wohl. Es war zwar vieles primitiv ausgestattet, doch für eine kleine Erholung von dem chaotischen Stadtleben waren sie allemal gut. Sie gähnte herzhaft und streckte sich ein wenig. Es war schon gegen elf Uhr und so still, dass sie glaubte auf dem Mond zu liegen. Das Fenster war geöffnet und die kühle erfrischende Nachtluft strömte in ihr Zimmer. Sie sog sie tief in ihre Lungen und nahm sich vor nie zu vergessen, wie sie gerochen hatte. Die Trümmer des großen Feuers waren in den Städten zwar entfernt worden, doch wenn man abends mit offenem Fenster im Bett lag, konnte man immer noch die Überreste der Asche riechen, die noch vor gut 2 ½ Jahren die gesamte Erdoberfläche bedeckt hatte. Hier jedoch schien sie weit entfernt zu liegen. Der frische Geruch des Grases und der Bäume verschluckte den der Asche und damit auch die Erinnerungen an das Feuer.



Plötzlich fegte eine kleine Windböe am Fenster vorbei und ließ die Vorhänge raschelnd nach hinten flattern. Scully zog ihre Decke nach oben und wurde in diesem Moment wieder an Mrs. Household erinnert.



„Der Wind hat sie fortgetragen!“



So skurril sich dieser Satz in Scullys Ohren auch anhörte, irgendwie fühlte sie etwas Seltsames, Unheimliches, wenn sie ihn in ihren Gedanken wiederholte. „Sie werden sterben, Dana Katherine Scully!“ Eigentlich wäre es naheliegend gewesen, diese arme Frau zu bemitleiden, doch dieses kindische irrationale Denken in ihr brachte Scully dazu, Angst davor zu haben. Sie hatte des öfteren Vorhersagen gehört über die Ereignisse, die unglaublich geschienen und sich dann doch ereignet hatten. Zweite Gesichter waren eine Gabe, die jeder Mensch sein Eigen nennen könnte. Ob er nun dumm oder genial, jung oder alt war. Mrs. Household war seltsam, doch sie hatte etwas gesehen, dessen war Scully sich absolut sicher. Es war nur die Frage, ob sie es nun in ihrer Sprache erzählte oder von der Wirklichkeit redete. Was war der Wind für sie? Vielleicht ein Mensch, den sie als solchen bezeichnete? Aufgrund einer gewissen Eigenschaft vielleicht? All diese verrückten Wörter, die die alte Frau von sich gegeben hatte, kreisten wieder in Scullys Kopf herum: Hortex, Hultas, Hoktols, Ziehub, gubbeln… „Gubbeln heißt sterben…“

Sie hatte diese Wörter also vermutlich erfunden, aus welchem Grund auch immer. Wenn sie von ihrer Hortex und der Hultas sprach, warum sollten dann nicht ihre ganzen Geschichten und Aussagen in Wirklichkeit etwas völlig anderes bedeuten?

Scully versuchte gedanklich eine Lösung zu finden. Wenn sie die Bedeutung der erfundenen Wörter kannte, die Art entschlüsseln könnte, wie die alte Frau sie zusammengesetzt hatte, würde sie dann auch verstehen können, wer der Wind war? Und wohin dieser die vermissten Personen gebracht hatte?

Sie versuchte sich die einzelnen Wörter nochmals vor Augen zu führen und sich an den Zusammenhang zu erinnern, in dem Mrs. Household sie genannt hatte. Hortex hatte sie gleich zu Anfang erwähnt. Doggett und sie hatten die Frau bei ihrer Hortex gestört. Es war gegen Mittag gewesen, meinte sie vielleicht ihren Mittagsschlaf? Hultas hatte sie erwähnt, als Scully sie sofort nach ihrem Sohn gefragt hatte. Hatte die alte Frau vielleicht von der riskantesten Frage gesprochen? Hoktols schien wohl eine Art Schimpfwort zu sein. Gubbeln bedeutete sterben, aber was bitte war ein Ziehub? So sehr sie sich auch dagegen wehrte, ihr fiel in diesem Zusammenhang nur irgendein nächtliches Ritual ein. Scully schüttelte den Kopf. Toiletten hatten die Leute in ihren Häusern, Tiere besaß Mrs. Household nicht, also warum musste sie mitten in der Nacht nach draußen gehen? Gerold Klein hatte erwähnt, dass sie dies öfter tat, also was war ein Ziehub?



Plötzlich schreckte Scully hoch. Es war eisig kalt geworden, so kalt, dass sie ihren Atem sehen konnte. Erschrocken sprang sie aus dem Bett und hechtete zitternd zum Fenster. Sie beugte sich kurz heraus. Vom Weiten konnte sie Gerold sehen, der trübe unter dem Unterstand lümmelte. Auf einmal beugte er sich nach rechts, schien auf etwas zu starren. Scully lief es eiskalt den Rücken hinunter, als sie glaubte, ein leises Piepen wahrzunehmen, das Piepen eines Funkmelders! Ruckartig schloss sie das Fenster und drehte die Heizung bis zur Höchststufe auf. Sie ging langsam auf ihr Bett zu, versuchte gleichmäßig ein- und auszuatmen. Immer noch kondensierte ihr Atem in der eiskalten Luft. Woher war diese Kälte gekommen? Gerold saß draußen in einem dünnen Sweatshirt und sie lag in ihrem Bett und erfror fast.

*

Sie zog die Decke bis zum Kinn und schloss die Augen. Sie versuchte einzuschlafen, doch es wurde immer kälter, immer kälter. Langsam hatte sie das Gefühl, von der Kälte fortgetragen zu werden. Sie spürte nichts mehr und glaubte einzuschlafen, doch es wurde immer kälter, immer kälter.



********



John Doggett saß unten in der kleinen Küche und trank einen noch fast zu warmen Kaffee. Neben ihm stand die Frau des Hausherrn und bereitete ein kleines Frühstück vor. Sie hantierte wild mit dem Geschirr und Töpfen, in denen sie Pfannkuchen zubereitete. Sie hatte sie Doggett nach langem Gerede angedreht, da sie der festen Überzeugung war, diese Dinger könnten das Denken beschleunigen. Schließlich hatte er sich entschieden ein zwei zu nehmen, nur damit sie endlich aufhörte, Tratschgeschichten zu erzählen. Er zog es vor, objektiv an einen Fall heranzugehen und nicht von diversen Snakebewohnern einen anderen höchst Verdächtigen vorgestellt zu bekommen, der sich am Ende als ruhiger Einsiedler entpuppte, der ein wenig zuviel rauchte. In den Snakefällen waren solche Dinge öfters vorgekommen, und darum hatte er sich bereits daran gewöhnt, bei solchen Erzählungen besser wegzuhören. Es sei denn natürlich, man verhörte einen Zeugen, obwohl diese es ebenfalls vorzogen, Verdächtige zu erfinden, als die wahren Täter zu nennen.



„Wann kommt denn Ihre Partnerin nach unten?“, erkundigte sich die Frau singend, während sie die Pfannkuchen athletisch umdrehte.

„Sie müsste bald da sein.“, sagte er kurz angebunden und nahm noch einen Schluck von seinem Kaffee. Insgeheim fragte er sich selbst, warum Scully noch nicht aufgestanden war. Sie hatten sich um Punkt acht Uhr hier unten verabredet, nun war es schon halb neun.

„Hier bitte sehr, Ihre Pfannkuchen. Wollen Sie auch ordentlich Sirup? Das bringt Sauerstoff ins Gehirn.“ Sie lächelte und ihre Pausbacken stiegen nach oben.

„Nein, danke, der Pfannkuchen allein sieht intelligent genug aus.“ Er lächelte und wollte hineinbeißen, als die Frau erneut eine Frage loswerden wollte.

„Müssen Sie nicht langsam ermitteln, Agent Doggett? Schließlich müssen Sie doch noch die ganzen Verdächtigen befragen. Wissen Sie, ich kenne da eine Nachbarin, die…“

„Danke, Mrs., wir haben uns schon eine Liste zusammengestellt. Meine Partnerin wird sicher gleich kommen“, sagte er um sie abzuwimmeln, aß den Pfannkuchen auf, nahm den letzten Schluck Kaffee und ging die Treppe hinauf, die zu seinem und Scullys Zimmer führte. Er hatte seine Partnerin seit einem Lagegespräch am Abend nicht mehr gesehen und fragte sich nun ernsthaft, warum Scully noch nicht erschienen war. Er stellte sich etwas unsicher vor ihr Zimmer und wartete. Er hörte nichts, anscheinend schlief sie noch. Langsam und dann etwas schneller ließ er seine Hand gegen die Tür sausen. Niemand antwortete auf das Klopfen. Er wartete, klopfte wieder, diesmal noch stärker, doch niemand antwortete.

„Scully? Sind Sie da drin? Es ist gleich zehn Uhr.“, rief er, doch sie schien nicht zu reagieren.

Eine Weile stand er nur da, überlegte. ob er hereinkommen sollte. Schließlich entschied er sich doch dafür, ihr konnte auch etwas passiert sein. Er drückte die Klinke herunter und war überrascht, dass die Tür offen war. Leicht zögerlich öffnete er sie und betrat das Zimmer. Seine Augen weiteten sich: das Bett war leer! Es schien frisch gemacht worden zu sein. Er schloss die Tür leise hinter sich.

„Scully? Sind Sie noch hier?“, fragte er zum zweiten mal. Wieder erhielt er keine Antwort. In dem Raum war es ruhig, es gab keine Anzeichen dafür, dass noch jemand hier war. Er sah sich in jeder Ecke um, ging im Kreis. Schließlich klopfte er an der Badezimmertür an. Sie war nur angelehnt und schnallte sofort nach innen. Er ging hinein. Der Duschvorhang war zurückgezogen, die Handtücher hingen da, als habe sie niemand benutzt, nur eine Kosmetiktasche stand auf dem Haltebrett unter dem Spiegel. Scully schien wohl schon gegangen zu sein, aber wann? Er war schon um sieben Uhr unten gewesen. Außerdem war es eigentlich nicht ihre Art, während eines Falles zu verschwinden, ohne jemanden davon zu erzählen. Das gehörte zu Mulders Lieblingsbeschäftigungen, aber er war nicht mit Mulder hier.



Kopfschüttelnd griff er nach seinem Handy und schaltete einen kleinen Sender ein - den Sender, der dafür sorgte, dass die Strahlen nur einen Meter um sein eigenes und das Handy, das er anrief, empfangen werden konnten. Vorsicht war besser als Nachsicht, schließlich konnte der Feind überall sein. Er wählte eilig Scullys Nummer, es klingelte, doch nicht auf der anderen Seite der Leitung, sondern im Zimmer. Doggett ging ein wenig nach rechts und erkannte, dass das Geräusch aus der Nachttischschublade kam. Enttäuscht zog er sie auf und wog das ebenfalls gesicherte Nokia-Handy in seinen Händen. Sie hatte es im Zimmer gelassen. Für ihn war dies ein Notsignal. Es war ihr als S.F.P.- Agentin verboten, ihr Handy auszuschalten oder irgendwohin nicht mitzunehmen. Es war mehr als gefährlich, nicht erreichbar zu sein. Durch die Funksignale konnte man zwar jederzeit an jedem Ort aufgespürt werden, jedoch brachte das nicht sehr viel, wenn jemand einem eine Nachricht hinterlassen wollte. Doggett schnaubte, vielleicht war sie nur spazieren gegangen, aber er entschied doch, sich an die Regeln zu halten, schließlich konnte sie sich auch in Gefahr befinden. Er stellte einen weiteren Sender auf seinem Handy an - den Sender, den nur Partner füreinander besaßen, um sich bei Notfall sofort finden zu können. Er starrte gebannt auf den Bildschirm, der das Snake und seine Umgebung in einer Landkarte zeigte. Einige Minuten vergingen, Doggett begann nervös zu werden. Wäre sie hier, hätte das Gerät sie längst gefunden. Nach einer weiteren Sekunde piepte es schrill auf. Doggett hasste diesen Ton. Er hatte ihn zuvor nur bei ein zwei Agenten gehört, bei denen, deren Chip entfernt worden war. Er stieß einen rasselnden Atem aus, als er in roter Schrift ERROR AGENT IS BEYOND THE REACH lesen konnte.



********



Agent Fox Mulder saß lümmelnd und gelangweilt auf seinem Schreibtischstuhl in seinem Kellerbüro. Er ärgerte sich darüber, dass er nichts zu tun hatte, während Scully und Doggett Monstern hinterher rennen durften. Irgendwo von nebenan hörte er jemanden Akten herumtragen, er konnte nur raten, aber er vermutete, dass es Monica Reyes war. Alle anderen Leute waren zu dieser Zeit zum Frühstück in der Kantine, bei einer für Mulder nichtssagenden Besprechung mit Walter Skinner, oder sie jagten einem Fall nach. Außer vielleicht Krycek, er war sowieso nie dort, wo man ihn erwartete. Als Mulder ihn das letzte Mal gesehen hatte, hatte er einen Grey von der Grenze in die Area 51 geschleppt, einen Ort, der nun als Gefängnis oder für Aufenthalt illegaler planetarischer Einwanderer genutzt wurde. Wo er jetzt war, konnte niemand sagen, außer der Funkmelder, den man aber für ihn nie benutzte. Man brauchte nicht zu wissen, wo er war, man brauchte ihn nicht zu erreichen, es sei denn, er erreichte einen selbst. Alex Krycek war ein Wanderer, oder ein Spion, wie man es früher genannt hätte. Er sorgte dafür, dass die rebellierenden Greys, andere Alien-Rassen und Menschen, die nicht willkommen waren, dort blieben, wo man sie hinbeordert hatte.

Krycek war der Einzige von ihnen, der immer noch genau das tat, was er immer getan hatte, irgendetwas Undurchsichtiges.



Mulder musste lächeln und sah sich in seinem modern eingerichteten, aufgeräumten Büro um. Die Tür war offen, und man konnte die große Glasschiebetür sehen, die in großen weißen Buchstaben verkündete, dass hier die sechs Gründer ihre Büros hatten. Der S.F.P. –Hauptsitz war wohl das einzige Gebäude auf der Welt, in dem die Chefetage im Keller lag.



Plötzlich piepte irgendetwas. Mulder schreckte zusammen und wäre beinahe vom Stuhl gekippt. Er erkannte nach dem zweiten Piepen, dass es sich um das Telefon handelte. In welche Schublade hatte er es bloß gesteckt? Als Scully Mulder, kurz bevor sie mit Doggett aufgebrochen war, gebeten hatte aufzuräumen, hatte er es sofort erledigt –

- auf seine Weise.



„Mulder, Ihr Telefon klingelt.“ Mulder sah peinlich berührt nach oben und erkannte Reyes, die mit einem Aktenordner unter dem Arm in seiner Tür stand und auf das „I want to believe“ - Poster starrte, das auch hier an der hinteren Wand hing.

„Ja, das ähm… habe ich bemerkt, Reyes, wenn na ja… wenn…“

„Wenn Sie wüssten, wo es ist?“ Sie begann zu lachen und ließ den Ordner auf einen Stuhl fallen.

„Kommen Sie schon, suchen Sie schneller, vielleicht sind es ja unsere beiden Helden, die uns erklären, dass sie uns doch brauchen.“ Sie zwinkerte mit einem Auge und Mulder riss die erste Schublade auf.

„Scully muss mich immer dazu zwingen aufzuräumen, obwohl ich doch eigentlich keine Ahnung habe, wo ich all das hier hinstecken soll.“ Er breitete die erste Ladung auf seinem Schreibtisch aus. Reyes sah ihm grinsend dabei zu. Irgendwie erinnerte sie sich ganz schwach daran, dass sie oft fast genauso schusselig war. Aber irgendwie konnte sie Scully schon verstehen. Wenn Mulder einmal richtig in Fahrt war, kippten einem zehn Kilo Papiere entgegen, wenn man seine Bürotür öffnete.

„Ha!“

Plötzlich hielt er triumphierend das Telefon hoch und hob ab. Eigentlich hätte er es sich auch sparen können aufzuräumen, da sämtliche Akten und Papiere jetzt über seinem Schreibtisch verteilt lagen und vereinzelt herunterfielen.

„Guten Morgen, hier spricht Agent Mulder vom S.F.P. was kann ich für Sie tun?“

„Mulder, Doggett hier. Ich benötige dringend Ihre Hilfe.“ Mulder hielt das Telefon grinsend für einen Moment von seinem Ohr weg und flüsterte Reyes zu:

„Er benötigt unsere Hilfe.“ Sie nickte gespannt.

„Was ist denn nun, Doggett. Was habe ich noch gesagt, bevor Sie und Scully gegangen sind, hmm?“ In Mulders Gesicht bildete sich ein siegessicheres Grinsen.

„Mulder, vergessen Sie bitte diese Wette. Es ist ernst. Scully ist unauffindbar.“ Mulder verzog das Gesicht und kniff die Augenbrauen zusammen. Reyes sah ihn überrascht auf diese Reaktion an, doch er winkte sie ab.

„Wie meinen Sie das Doggett?“, erkundigte er sich nun besorgt.

„Ich bin ratlos, Mulder. Ich habe den Sender eingeschaltet, um sie aufzuspüren, sie war außerhalb der Reichweite. Ich hoffe, Sie wissen, was das bedeutet.“

Mulder sackte kraftlos in seinen Stuhl zurück und vergaß für einige Sekunde alles um sich herum. Er wusste sehr wohl, was dies bedeutete, sie könnte tot sein. Schauer liefen bei diesem Gedanken über seinen Rücken, er begann rasselnd zu atmen. Reyes wollte von ihrem Stuhl aufspringen, als er plötzlich schnell und ruckartig weiterredete.

„Was ist passiert?“, fragte er mit einer unüberhörbaren Angst in seiner Stimme.

„Ich weiß es nicht. Sie war am Abend zuvor noch da. Sie hat nichts erwähnt, von wegen sie würde gehen oder … Sie kam heute Morgen nicht zu unserem Treffpunkt, und als ich in ihr Zimmer ging, das sie offen gelassen hatte, fand ich nichts vor außer einem gemachten Bett. Sie hat nichts mitgenommen, ja ich glaube, sie hat sich nicht mal andere Sachen angezogen. Ihr Handy hat sie auch liegengelassen, und ich habe keine Nachricht vorgefunden.“

„Doggett, sind Sie sicher, dass sie nichts dergleichen erwähnt hat?“

„Ja, absolut.“

„Haben Sie beim Hauptsender angerufen?“

„Ja, sie sagten, ihr Signal sei seit heute Nacht um 1 Uhr nicht mehr empfangen worden. Sie sagten ausserdem, wir könnten damit rechnen, dass ihr Chip entfernt wurde“, sagte er langsam, bedrückt.

„Aber, Doggett, das ist unmöglich. Wer sollte?“ Mulder weigerte sich zu glauben, dass sie tot war. Nein, das war vollkommen schwachsinnig. Man nahm einem Menschen nicht einfach so zum Spaß seinen Chip aus dem Hirn.

„Ich weiß es nicht. Es kann doch jeder sein, Sie wissen das.“

„Hat man denn in letzter Zeit jemanden gefunden, der…?“

„Nein, hat man nicht. Aber, Mulder, was soll denn sonst passiert sein?“

„Der Fall? Glauben Sie ich habe vergessen, was dieser Agent Klein berichtet hat? Gregory Leeves ist ebenfalls spurlos verschwunden, sein Chip sendet auch keine Signale mehr. Was ist, wenn Scully ...?“ Mulder drängte seinen Partner schon fast dazu, seine Meinung zu ändern.

„Wo soll Sie denn sein, Mulder? In einem schwarzen Loch?“

„Wo soll Leeves denn sein? Doggett, glauben Sie mir, niemand kann einem Menschen seinen Chip entfernen, ohne dort festgehalten zu werden, wo er es getan hat. Die Chips hätten Notfallsignale ausgesendet. Wenn man keine empfangen hat, dann kann es so nicht passiert sein.“ Mulder schnaubte.

„Was wollen Sie eigentlich? Dass ich Sie hierher rufe?“ Doggett war leicht gereizt. Er hatte von seinem Partner eine bessere Hilfe erwartet. Aber was sollte er schon bekommen? Eine vernünftige Erklärung? Er redete schließlich mit Fox Mulder.

Mulder kaute an einem Bleistift und zerbrach diesen kurz darauf mit seinen Händen. Reyes zuckte zusammen, als die eine Hälfte davon auf den Boden prallte.

„Doggett, glauben Sie, Sie finden Scully alleine? Aus welchem Grund haben Sie mich denn kontaktiert, wenn Sie mir nicht zuhören?“

Doggett schüttelte den Kopf. Dieser Mann war unmöglich!

„Mulder, ich möchte sie finden. Damit meine ich, dass ich auf vernünftige Weise nach ihr suchen möchte.“

„Das werden wir auch“, sagte Mulder und legte auf. Er hatte genug davon, Doggett würde später sowieso einsehen, dass er dort auf seine Weise nicht weiterkam. Das spürte Mulder. Er wusste einfach, welche Fälle für welche Person geeignet waren und welche nicht. Sie klangen einfach unterschiedlich.
Rezensionen