World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

My Life Began With You

von XFilerN

Kapitel 3

Teil 3 / Bring me to life





Je mehr er mir über sich erzählt hat, je näher wir uns kommen, desto mehr wünschte ich mir, dass ich mir schon viel früher die Mühe gemacht hätte, hinter die ruhige und oftmals bieder wirkende Fassade Johns zu sehen. Er ist nicht perfekt, nein – wer ist das schon – aber er ist integer, jemand der wie geschaffen ist für eine Familie.



Immer wenn er über seinen Sohn erzählt, was er stets mit einem bitteren Lächeln tut – es schmerzt ihn noch immer – hat er dieses gewisse Funkeln in den Augen, das seine klaren blauen Augen noch viel strahlender erscheinen lassen, als sie ohnehin schon sind. Er gibt sich nicht die Schuld an Lukes Tod, nicht mehr denke ich – bestimmt am Anfang, aber jetzt nicht mehr – und es ist eine nette Abwechslung.



Ich liebe Mulder, er ist mein Verbündeter, in gewisser Weise mein Seelenverwandter, mein bester Freund. Er ist zu einer unersetzlichen Person in meinem Leben geworden. Ja, er bedeutet mir mehr, als ich manchmal bereit bin zuzugeben, aber meine Liebe für ihn ist platonisch. Ich war mir dessen manchmal nicht bewusst, weil ich nie sehr viele Männer kannte.



Die meisten waren Versager auf der ganzen Linie. Ich ging mit ihnen, um meinen Vater und meinen ältesten Bruder zu ärgern, die mich viel zu oft behandelten als sei ich zerbrechlich. Als wäre ich die Madonna aus Porzellan, die man beschützen, hegen und pflegen müsse.



Und das ist etwas, das mich an Mulder letztlich abgeschreckt hat. Er ist zu sehr wie sie. Wie Vater und Bruder es immer waren. Sein Beschützerinstinkt ist für meinen Geschmack zu ausgeprägt und ich fürchte, dass ich unter ihm ersticken würde.

Zudem badet er sehr gerne in Selbstmitleid. Ja, er hat viel Schlimmes durchgemacht, er ist sensibler als er zugibt, aber das ist kein Grund, um nicht irgendwann von vorn zu beginnen. Allen Schmerz, alle Qual hinter sich lassend, die Gegenwart genießend und auf eine schöne Zukunft hoffen. Er kann das nicht. Er ist zu kaputt, um den Augenblick zu genießen.



John ist dahingehend so anders. Und nicht nur das ist es, was ihn anziehend in meinen Augen macht. Er ist attraktiv, hat ein ganz normales Leben geführt – mit Höhen und Tiefen, wie sie in jedem Leben existieren – und sieht trotz allem, was ihm widerfahren ist mit einem Lächeln der Zukunft entgegen. Er ist das, was ich mir unter dem Begriff 'normal' vorstelle.



Ich erinnere mich noch zu gut an den Tag, an dem ich Mulder einmal fragte, ob er nicht manchmal aussteigen wolle, ein normales Leben führen. Und er sagte: "Das ist ein normales Leben, Scully." Für ist scheint es das wirklich zu sein, aber für mich ist es das nicht. Ich erwarte weit mehr. Und wer weiß, vielleicht haben wir nicht mehr allzu lange zu leben. Ist es da nicht viel lohnender, wenn ich versuche das Beste daraus zu machen, als mir Sorgen zu machen und Pläne zu schmieden, um gegen einen Feind zu kämpfen, dessen Gesicht ich noch nicht einmal kenne?



Ich habe ihn lange begleitet, auf seinem Kreuzzug. Doch ich denke, dass ich für mich schon vor langer Zeit entschieden habe, dass ich ihn diesen Weg nicht bis zum bitteren Ende begleiten werde. Und spätestens seit ich von meiner Schwangerschaft erfahren habe bin ich fest dazu entschlossen alles was mein Leben die letzten acht Jahre bestimmt hat hinter mir zu lassen. Es ist Zeit für mich auszusteigen, um einen weniger steinigen Weg einzuschlagen. Einen ganz neuen Weg, den ich nicht zwangläufig allein beschreiten muss.



John ist bereit mit mir zu gehen. Wie weit weiß ich nicht, doch ich weiß, dass er mich gerne begleiten würde. Er sagt es mir mit jedem Blick, jedem Wort und jeder Geste. Er ist an mir interessiert. Warum sonst sollte er mich bekochen, mir die Füße massieren – ja, das tut er tatsächlich und es fühlt sich herrlich an – und warum sonst wohl sieht er mich mit diesem unendlich zärtlichen Blick an, ein angedeutetes Lächeln auf den Lippen.



"Woran denkst du gerade?", fragt er und ich seufzte ein wenig. Vor etwa einer Stunde, kurz nach dem hervorragenden Essen, von dem ich viel zu viel gegessen habe, sind wir endlich zum persönlichen Du übergegangen. Es ist jetzt noch viel angenehmer. Vertrauter.



"Ich denke daran, wie sich alles verändert hat. Ich sehe die Welt seit einigen Monaten mit völlig anderen Augen und auch die Menschen um mich herum." Er legt meinen linken Fuß vorsichtig hinter sich, nimmt den rechten auf seinen Schoß und setzt an ihm die Massage fort. Am Anfang, bis ich mich daran gewöhnt habe, ist es wie eine seltsame Art von Kitzeln und ich muss ein Lachen unterdrücken, aber schon nach kurzer Zeit wird es sehr, sehr angenehm und ich atme tief durch.



"Du bist schwanger, da verändert sich auch sehr viel für dich. Auch die Personen um dich herum."



Ich weiß natürlich, dass es auch mit an der Schwangerschaft liegt, der hormonellen Veränderung, aber auch er ist mitverantwortlich für die Veränderungen. Es ist als brächte er mir, mit jeder Minute die ich mehr Zeit mit ihm verbringe, das nahe, was ein normales Leben ist. Was ein Leben ist. Vorher habe ich nur gearbeitet, nicht gelebt. Jetzt erst, das ist zumindest mein Eindruck, beginne ich zu leben. Er bringt mich zum leben.



"Warum tust du das für mich, John?" Eine einfache Frage, keineswegs unschuldig, nicht ohne Hintergedanken. Ich möchte, dass er seine Reserviertheit ablegt. Ich weiß, dass ein leidenschaftlicher Mann sein kann. Er wirkt nur nach außen so ruhig, verbirgt gekonnt das Feuer, das in ihm lodert.



"Du weißt, warum ich es tue, Dana."



"Ich kann es bestenfalls ahnen", sage ich ehrlich. "Gedanken lesen kann ich nicht." Ich lächle ihn mit einem frechen Zwinkern an und er erwidert das Lächeln. Er weiß genau, was ich im Schilde führe.



Bitte tue es John, ich habe nicht den Mut dazu. Ich habe verlernt normal zu leben, den ersten Schritt zu tun. Nimm meine Hand, zeig mir, dass du es ebenso willst wie ich.



"Ich habe das Gefühl, als würde ich etwas Verbotenes tun." Seine tiefe Stimme klingt sanft, ja sogar etwas unsicher.



"Warum?", frage ich ihn und ziehe meinen Fuß von seinem Schoß und stelle ihn auf dem Boden ab. Ich rücke etwas näher zu ihm vor. Dieses Signal kann er nicht falsch verstehen. Da müsste ich mich sehr in ihm getäuscht haben.



"Du weißt weshalb." Sein Blick ist fest und ich kann mein Spiegelbild im Blau seiner Augen wiedererkennen.



"Mulder", sage ich mit einem Wort und er nickt. "John, Mulder und ich sind Kollegen, sehr gute Freude, aber Liebe war nie im Spiel. Ich dachte es einmal, aber ich hatte mich geirrt. Ich war in die Vorstellung verliebt ihn zu lieben."



"Was ist mit ihm? Bei ihm sieht mir das nicht so aus, als wären die Gefühle für dich rein platonisch." Er lehnt sich etwas zurück, scheint dies erst ausdiskutieren zu wollen. Verständlich, er möchte klare Fronten haben, wissen worauf er sich einlässt. Das ist typisch für ihn. Ich muss erneut lächeln.



"Ich kann ihm nicht mehr entgegnen. Das konnte ich noch nie. Es wurde mir mit jeder Woche in der ich mit dir arbeitete, dich näher kennen lernte, klarer, dass er für mich immer sehr wichtig sein, aber nie mehr als Freundschaft drin sein würde. Nicht weniger klar wurde mir mit jedem Tag, dass ich für dich etwas empfinde, das ich weiter erforschen will." Ich nehme seine Hand in meine, sehe sie eine Weile nachdenklich an und blicke ihm dann wieder in die Augen.



Ich könnte in seine Augen versinken, habe ich das schon erwähnt? Und dieser Blick, den er mir entgegen bringt – gerade jetzt -, verlangend, verheißungsvoll und doch zurückhaltend und voller unnötiger Manier. Verdammt, John, worauf wartest du noch? Außerstand mich auch nur einen Millimeter zu bewegen habe ich das Gefühl zerspringen zu müssen, als seine Hand aus meiner löst und sie auf meiner Wange platziert.



Zärtlich streichelt er mit dem Daumen über meine Wange und ich lehne mich sehnsüchtig in diese warme Hand, ergebe mich dieser Berührung, die so viel verspricht, dass ich Tränen aufkommen fühle. Ich weiß, dass er nicht darauf aus ist mich auszunutzen, auch ohne dieses stille Versprechen.



Gott, wie konnte ich nur so lange meine Augen vor diesem Mann verschließen? Wie konnte ich mich gegen das unbeschreibliche Gefühl wehren, das mich nun wie eine sanfte Hülle umgibt? Geborgenheit war mir schon so lange fremd, dass ich es für unmöglich hielt, je wieder dieses Gefühl zu empfinden. Doch ich tue es, gerade jetzt und ich schließe die Augen.



Noch ehe ich seine Lippen auf meinen fühlen kann, spüre ich wie er sich vorlehnt. Ich kann das Blut in meinen Ohren rauschen hören, fühle wie mein Herz beginnt zu rasen. Ich erwidere den Kuss, auf den ich schon seit geraumer Zeit gewartet habe. Zuerst behutsam herantastend, dann schon etwas mutiger und letztlich leidenschaftlich, als ich meine Lippen öffne und seiner bittenden Zunge Einlass gewähre.



Ich habe das Gefühl, als würde sich der Raum drehen, als könne ich schweben. Es ist unbeschreiblich. Und verdammt, hätte ich gewusst, dass der Mann so küssen kann, dann hätte ich längst nicht so langer darüber nachgedacht, ob es richtig ist, was ich jetzt tue oder nicht. Es IST richtig und es fühlt sich außergewöhnlich gut an. Es macht süchtig und ich will mich nicht von ihm lösen.



Nach einem wirklich langen Kuss, der kein Ende zu nehmen schien, sah er mich an. Zufriedenheit lag auf seinem Gesicht. Die ernsten Falten waren gelöst.

Das ist die Bestätigung auf die ich gewartet habe. Ich weiß nun mit Sicherheit, dass er den nächsten Teil meines Lebens gemeinsam mit mir gehen wird.

Voller Erleichterung lehne ich mich gegen die Brust des Mannes, der mich zurück auf den Pfad des Lebens geführt hat, ohne dass er sich dessen bewusst war. Kuschle mich in das warme Gefühle der Geborgenheit, die er mir gibt und schließe abermals meine Augen...






ENDE
Rezensionen