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Der letzte Kampf (Teil 1)

von XFilerN

Kapitel 1

WASHINGTON D.C.

FBI-ZENTRALE / J. EDGAR HOOVER BUILDING

BÜRO VON A.D. SKINNER

Direktor Skinner saß an seinem Schreibtisch als das Telefon klingelte. Er unterbrach die Sichtung einer Akte und nahm den Hörer ab. „Skinner.“

„Sir, hier spricht Agent Scully.“ Sie hielt für einen Moment inne, bevor sie fortfahren konnte. „Agent Mulder ... er wurde angeschossen und per Helikopter ins örtliche Krankenhaus geflogen.“

„Was ist passiert. Wie schlimm ist seine Verletzung?“ Skinners Stimme war von Besorgnis um seinen Agenten geschwängert.

„Seine Lunge ist schwer verletzt“, antwortete ihm Scully knapp. Noch kannte sie ja selbst die genaue Diagnose nicht.

Skinner war klar, was das bedeuten konnte und fragte daher: „Wird er es schaffen?“ Er kannte Mulder schon seit etwas über neun Jahren. Und auch wenn er ein Plagegeist war, gehörte er doch zu den besten Agenten unter seiner Führung.

Auf der anderen Seite der Leitung, musste Scully mit sich ringen, um nicht in Tränen auszubrechen. „Er wird noch operiert, daher weiß ich nichts Genaues. Er war jedoch einige Zeit ohne Herzschlag, sodass ich mir durchaus ernste Sorgen um ihn mache.“ Sie machte eine kleine Pause, um sich zu fassen und ihrem Vorgesetzten einen möglichst objektiven Bericht abgeben zu können. „Der Fall ist soweit abgeschlossen“, wechselte Scully dann das Thema, um Skinner den erwarteten Kurzbericht abzuliefern, wie sie es sonst auch immer tat. „Die Verdächtige wird verhört. Ihr Ehemann war der Schütze. Ich musste ihn in Notwehr erschießen.“ Scully biss sich auf die Lippen. Auf Menschen zu schießen war ihr noch nie leicht gefallen. Doch sie vermied es, wenn möglich, jemanden tödlich zu treffen. In ihrer bisherigen Karriere hatte es sich fast immer vermeiden lassen, tödliche Schüsse abzufeuern. Als Scully diesmal den Abzug ihrer Pistole durchzog, hatte sie jedoch nicht die Absicht gehabt, dem Mann noch eine Gelegenheit zu geben, ihren Partner oder gar sie selbst zu ermorden. „Scully, das tut mir sehr leid. Mir ist bewusst, was es für Sie bedeutet. Er ist stark. Ich bin mir sicher, das er überleben wird.“ Skinner bemühte sich seiner Agentin Trost zu spenden, doch konnte er sich selbst keine große Hoffnung vormachen.

„Sir, ich möchte Sie darum bitten... Ich würde gern hier in Wilmington bleiben, bis Mulder eine Veränderung aufweist und transportfähig ist.“

„Genehmigt. Ihnen steht noch eine Menge bezahlter Urlaub zur Verfügung. Und halten Sie mich bitte auf dem Laufenden.“

Skinner legte auf nachdem Scully ihm gedankt hatte. Es traf ihn schwer, dass seine besten Agenten durch seine Schuld in diese Lage geraten waren. Schließlich hatte er ihnen diesen Fall übergeben. Und nun ... Mulders Leben hing an einem seidenen Faden und er selbst konnte nichts für ihn tun. Nichts ...

 

DELAWARE, WILMINGTON

IN EINEM MOTEL, NAHE DES MEMORIAL HOSPITALS

Scully hatte den ganzen Tag im Memorial Hospital verbracht. Sie hatte ohne Unterbrechung an Mulders Bett auf der Intensivstation gesessen und sich gefragt, ob ihr Partner überleben würde. Sein Zustand war nach wie vor sehr kritisch. Die Schusswunde in der Lunge war zwar operiert, dennoch musste er künstlich beatmet werden. Einer der Ärzte versprach ihr sich zu melden, für den Fall, dass Mulder aus seinem Koma erwachte oder sich sein Zustand verschlechtern würde.

Scully wagte es nicht daran zu denken. Sie fragte sich was geschehen würde, wenn Mulder tatsächlich sterben würde. Könnte sie weiter für das FBI arbeiten, an einem Ort, wo sie sich konstant an ihn erinnern würde? Als Ärztin würde Scully auch nicht mehr arbeiten wollen, denn auch da würde sie sich ständig an Mulder zurückerinnern. All ihr medizinisches Fachwissen konnte ihr in dieser Lage keinen Ausweg, keine Heilung bieten. Es kam ihr so vor, als ob sie denselben Alptraum wie bei Emily nochmals durchleben würde.

Und es gab damals keine Chance für sie das Leben der Kleinen zu retten. Schuld daran hatten dieselben korrupten Männer, die Scully während ihrer Entführung sämtliche Eizellen entfernt hatten, um diese später künstlich zu befruchten. Emily war das Ergebnis einer solchen Befruchtung gewesen. Diese Männer sorgten auch dafür, dass Scully an einem bösartigen inoperablen Gehirntumor erkrankte, der durch die Entfernung des Implantats in ihrem Nacken ausgebrochen war. Mulder rettete sie damals vor dem sicheren Tod. Und nun als er ihre Hilfe brauchte, konnte sie ihm keine bieten. Scully fühlte sich für seinen Zustand verantwortlich und wurde dadurch von Schuldgefühlen gequält.

Sie konnte nicht schon wieder jemanden verlieren, der ihr so wichtig war. Und gerade durch ihren letzten Fall, in dem sich die beiden Agenten als Ehepaar ausgeben mussten, waren sie sich doch wieder ein bisschen näher gekommen.

Ihre Beziehung hatte sich im Verlauf der letzten Jahre zunehmend vertieft. Über Freundschaft ging es zwar nicht hinaus, aber Scully wusste längst, dass sie Liebe füreinander empfanden. Eine unausgesprochene Tatsache, die sie wie ein kleines Geheimnis hüteten.

 

MEMORIAL HOSPITAL

INTENSIVSTATION

Special Agent Scully saß vor dem Bett ihres Partners. Sie hielt seine Hand, streichelte sie zärtlich und nahm Mulders Anblick in sich auf.

Sein blank rasierter Brustkorb, besetzt von Elektroden war an einem elektrokardiographischen Schreiber angeschlossen, welcher seinen Herzrhythmus aufzeichnete. Zusätzlich hatten die Ärzte ihn mit einem EEG verbunden, welches seine Gehirnfunktionen auf einem Monitor anzeigte. Auch Mulders Atmung wurde durch eine Intubation kontrolliert. Aus seinem Mund führte ein Schlauch zu der Pumpe, welche ihn beatmete. Eine Kanüle führte zu dem Tropf, der über Mulders Bett hing. Durch die schwerwiegende Verletzung war Mulder in ein Koma gefallen, aus welchem er selbst nach der Operation und medikamentöser Behandlung nicht erwachen wollte.

Dieser Anblick führte zu einer Erinnerung, die Agent Scully versucht hatte hinter sich zu lassen. Da sie sich nicht erinnern wollte an die Zeit, in der sie selbst in solch einer Situation gefangen war.

Es war nebelig und kalt. Sie hatte es wieder bildlich vor sich, und erinnerte sich wie sie sich damals gefühlt hatte. An jenem Ort, an dem sie sich aufgehalten hatte. Und sie erinnerte sich wieder daran, was mit ihr geschah, als sie sich nicht zwischen dem Leben und dem Tod entscheiden konnte. Sie befand sich am Ufer eines großen Sees. Scully saß in einem kleinen Boot ohne Paddel. Das Boot trieb immer weiter auf die Mitte des Sees zu. Lediglich ein dünnes Seil hielt es davon ab wegzutreiben. Jenes Seil symbolisierte ihren Willen und die künstliche Lebenserhaltung. Als das Seil eines Tages riss und das Boot mit ihr darin forttrieb, verlor sie ihren Willen. Auf ihren Wunsch hin, wurde in der Realität das Beatmungssystem abgeschaltet. Aus der Ferne konnte Scully eine Stimme wahrnehmen, die sagte: „Sie waren stets so stark wie Ihre Überzeugungen.“ Diese Worte gaben Scully damals ihren Mut, die Hoffnung und die Kraft zurück, die sie brauchte um ins Leben zurückzukehren.

Später als sie erwacht war und Mulder sie begrüßte, wusste sie wessen Worte es gewesen waren. Mulders. Er hatte ihr die Kraft, die sie so dringend benötigt hatte, zurück gegeben. Er hatte neben ihrem Bett gesessen und zu ihr gesprochen, als sie im Koma gelegen hatte.

Nachdem sie sich damals erholt hatte, fragte Scully nach Schwester Owens, die sie zusammen mit Mulder und Melissa am Ufer des Sees hatte stehen sehen. Die Schwester, die sich in der Zeit ihrer Bewusstlosigkeit so liebevoll um sie gekümmert hatte. Die ihr immer wieder gesagt hatte, dass ihre Zeit auf Erden noch nicht vorüber wäre. Doch laut einer der Schwestern gab es keine Krankenschwester namens Owens. Sie hatte es damals als eine Vision abgetan. Ein typisches Erscheinungsbild, das sie mit ihrer Nahtoderfahrung verband.

Und nun war sie es die vor dem Bett sitzend darauf wartete, dass ihr Partner wieder aus dem Koma erwachte. Als Scully aus dem Fenster blickte, sah sie den Nebel. Der Herbst kündigte sich an. Draußen war es kühl geworden und es regnete schon den ganzen Vormittag. Sie wandte ihre Blicke wieder zu Mulder und legte ihren Kopf neben seinen Brustkorb auf das Bett. Tränen liefen über ihre Wangen und sie begann aus ihrer tiefen Verzweiflung heraus zu beten. Obwohl Scully christlich erzogen wurde, hatte sie dies schon seit langer Zeit nicht mehr getan. Aus irgendeinem Grund besann sie sich nur in solch furchtbaren Situationen an ihren Glauben und an Gott.

Die Stunden vergingen und nichts veränderte sich. Mulder lag erst seit kurzer Zeit im Koma, doch Scully fühlte sich schrecklich verlassen. Ihr war als ob ihr jemand oder etwas den wertvollsten Menschen in ihrem Leben genommen hatte. Dabei war Mulder noch nicht einmal tot.

In der Hoffnung auf eine ruhigere Nacht als die vergangene, wollte Scully zurück zum Motel. Ihr gesunder Menschenverstand riet ihr zu dem dringend benötigten Schlaf. Auch wusste die Agentin, dass es nicht viel ändern würde, wenn sie vollkommen übernächtigt neben dem Bett sitzen und Mulder beobachten würde. Es würde dazu führen, dass sie selbst schwach und auch unkonzentriert werden würde, aber es brächte ihn auch nicht schneller zu Bewusstsein. Aus rein medizinischer Sicht gab es jedoch auch Punkte, die dafür sprachen, dass Scully an seinem Bett verweilen sollte. Sie hatte schon viel darüber gelesen, dass einige Patienten mit Komaerfahrung berichteten, dass sie gehört hatten was ihre Lieben ihnen erzählt hatten. Aber die Erschöpfung war einfach zu groß, um ihr länger standhalten zu können und so war sie schließlich ins Parkhaus gegangen und zum Motel gefahren.

In den letzten Wochen hatten sich einige Veränderungen in ihrer Beziehung zu Mulder ergeben, welche Scully keine Ruhe mehr ließen. Selbst als sie in dem Motel angekommen war, schien es ihr unmöglich die Gedanken an ihren Partner abzuschalten. Das zeigte auch deutlich der Bericht an Skinner. Sie trug alle Beweise und Schlussfolgerungen zusammen und schickte sie durch ihren Laptop via E-Mail ins Büro nach Washington. Jedoch hatte sie mehrere Stunden für einen Bericht benötigt, der eigentlich zur Routine geworden war. Es mangelte ihr schlicht an Konzentration.

Nachdem sie den Fall endgültig hinter sich gebracht hatte, griff sie zum Telefonhörer und wählte eine Nummer. Sie benötigte nun einige aufbauende Worte, die ihr nur eine bestimmte Person geben konnte. Sie hörte zunächst nur ein Freizeichen, dann jedoch meldete sich eine freundliche Frauenstimme in der Leitung, „Scully“.

„Mom, ich bin’s Dana...“ Scully wollte sich ihrer Mutter nicht zu sehr offenbaren, aber ihre Angst um Mulder wuchs unaufhörlich weiter. Ihr wurde schnell klar, dass es sich nicht vermeiden lassen würde, dass ihre Mutter ihr die Sorge anhören würde.

„Dana, wie geht es dir?“, fragte Margaret besorgt. Nur selten wurde sie um diese Uhrzeit noch von ihrer Tochter angerufen und so ahnte sie, dass irgendetwas geschehen sein musste.

„Ich weiß nicht mehr weiter, Mom. Ich glaube, er wird sterben.“ Bei diesen Worten, sie bargen etwas Endgültiges in sich, konnte Scully sich nicht weiter unter Kontrolle halten. Ihre Stimme begann zu zittern und sie fing an zu weinen. „Und... ich kann nicht... das geringste dagegen tun...“, schluchzte sie.

„Liebes, beruhige dich. Wen meinst du? Wer wird sterben?“, fragte Maggie weiter, auch wenn sie genau wusste wen Dana damit gemeint hatte.

„Mulder... er wird sterben. Er wurde angeschossen und liegt im Koma. Zu diesem Zeitpunkt kann ich nichts für seine Genesung tun.“ Die junge Agentin versuchte sich unter Kontrolle zu bekommen, was ihr in anbetracht der Lage nicht leicht fiel. Schon seit sie ins Teenageralter gekommen war, lag ihr sehr viel daran ihre Gefühle zu kontrollieren. Denn dadurch fühlte sie sich stark und unverwundbar. Ihre selbst auferlegte Kontrolle verschwand jedoch. Sie fühlte sich so, als ob jemand ihre Mauer, die sie stets geschützt hatte, eingerissen hätte. Von nun an würde Dana Scully nicht länger unverwundbar und stark sein.

„Dana... du kannst ihm vielleicht doch helfen“, sagte ihre Mutter in einem ruhigen Tonfall, nachdem sie das Schluchzen ihrer Tochter nicht mehr tatenlos mit anhören konnte.

„Was meinst du, Mom? Wie denn? Medizinisch kann ich nichts mehr unternehmen, das Mulder helfen könnte.“ Typisch für sie bei solchen Fragen, blickte Scully nun nicht mehr traurig, sondern skeptisch drein. Ihre Tränen versiegten augenblicklich und wichen einem schwachen Hoffnungsschimmer. Aber es war ihr nicht ganz möglich den Sinn, der Worte ihrer Mutter zu verstehen.

„Ich weiß, welche Gefühle du deinem Partner gegenüber hegst. Nun solltest du es tun. Das hilft ihm sich zu entscheiden.“ Die Stimme von Mrs. Scully, so sicher und ruhig, wirkte beinahe erschreckend auf Dana.

„Was? Was soll das heißen, Mom? Entscheiden wobei? Und was bitte, meinst du mit sagen?“ Sie war völlig perplex und entgegnete ihrer Mutter nur noch mehr Fragen. „Ich habe doch nie ein Wort darüber verloren.“ Erstaunt über das offensichtliche Wissen ihrer Mutter zog Scully die Stirn in Falten und lauschte aufmerksam Margarets nächsten Worten.

„Dana... ich kenne dich doch. Deine Augen sprechen Bände, wenn sein Name fällt und wir über ihn sprechen“, entgegnete sie ihrer Tochter. Vollkommen irritiert hörte Scully auch weiterhin zu. „Du musst es ihm sagen. - Sag ihm, dass du ihn liebst. Dir haben seine Worte geholfen, bei deiner Entscheidung über leben und sterben.“

Jetzt war Dana Scully endgültig sprachlos. Woher konnte sie das wissen?

„Mom, du hast doch nicht etwa heimlich meine Tagebücher gelesen?“ Das war die einzig logische Erklärung, die der Agentin auf dieses Gespräch einfiel. Scully hatte ein Gespräch wie dieses immer vermeiden wollen und dachte, dass sie es sich nie hatte ansehen lassen, was in ihr vorging.

„Ich wusste nicht, dass du welche hast. Nein, natürlich nicht. Wie gesagt, sehe ich es dir an“, beteuerte Maggie. Mutter und Tochter schwiegen einige Momente.

„Sag es ihm“, brach Mrs. Scully das Schweigen.

Ihre Tochter schüttelte immer noch irritiert den Kopf, „Bye Mom“. Und beendete verwundert das Telefonat. Das war nun das Letzte worüber sie sprechen wollte. Nicht jetzt und auch nicht in Zukunft. Sie wollte nicht, dass jemand davon erfuhr. Niemals! Es war zu privat, selbst um mit ihrer Mutter darüber zu sprechen.

Scully lag im Bett und schlief, als eine junge Frau im Motelzimmer erschien. Sie ging geradewegs auf die friedlich schlafende Agentin zu. Vor dem Bett angekommen bückte sie sich, wobei ihr das rote, lang gelockte Haar über die Schulter fiel.„Dana.“ Sie flüsterte um Scully nicht zu erschrecken. „Dana, wach auf.“ Mit verschlafenem Blick schaute Scully zu der Frau auf. Sie erschrak nicht, da sie die junge Frau sofort wiedererkannte.„Missy?“„Ja Dana.“ Die rothaarige Frau setzte sich gegenüber von Scully auf das Bett, bevor sie fortfuhr, „Mom hat recht, weißt du. Du musst es Mulder sagen.“ Sie lächelte der Agentin zu.„Melissa, was tust du hier. Das ist doch nicht möglich. Du bist nicht echt.“ Scully blickte die Frau vor sich überaus kritisch an.„Ich hab dir schon immer gesagt, dass es mehr gibt als die Wissenschaft beweisen kann. Sag es ihm. Das bist du deinem Partner schuldig.“ Die immer noch ungläubigen Blicke auf Melissa geheftet, starrte Scully ihre angebliche Schwester an.

Plötzlich erwachte sie aus ihrem Traum. Sie war schweißgebadet und ihr Puls raste. Ungläubig über das geschehene sah sie sich in ihrem Zimmer um. Sie war allein...

Wie kam es nach all den Jahren dazu, dass sie Melissa wieder in ihren Träumen sah? Die einzig plausible Erklärung, die der auf Wissenschaft beharrenden Agentin in den Sinn kam, war das Gespräch mit ihrer Mutter. Diese Unterhaltung ließ ihr offensichtlich selbst im Schlaf keine Ruhe. Missy, ihre Schwester, war schon seit einigen Jahren tot. Melissa starb anstelle von Scully. Sie und Mulder waren damals der Wahrheit über die Existenz von Außerirdischen zu nahe gekommen, welche von der Regierung geheim gehalten wurde. Versehentlich hatten die, von der Regierung angeheuerten Killer dann Melissa anstelle von Dana Scully, erschossen.

Ihre Gedanken verhinderten, dass sie wieder einschlafen konnte. Inzwischen wurde es langsam Morgen. Scullys Wecker zeigte, dass es nun 5:49 Uhr geworden war. Und so stand sie unausgeschlafen auf und ging ins Badezimmer. um zu duschen. Danach wollte sie gleich wieder zu ihrem Partner ins Krankenhaus fahren.

 

MEMORIAL HOSPITAL

Scully holte sich einen Becher Kaffee aus dem Automatenraum in der Klinik, bevor sie zu Mulder ging.

Sie stellte den Becher auf das Tischchen neben das Bett und griff in ihre Jackentasche. Sie sah das Päckchen in ihrer Hand an. Es trug die Aufschrift ‚Sonnenblumenkerne aus Süd- Kalifornien’. Bei diesem Anblick begann sie zu schmunzeln und zeigte ihrem, im Koma liegenden, Partner das Päckchen.

„Die hab ich dir mitgebracht, Mulder.“ Sie legte es neben ihren Kaffee auf den Tisch. Dann nahm sie Mulders Hand und streichelte sie sanft. Sie betrachtete ihren Partner eingehend und begann schließlich mit ihm zu reden. Sie erzählte ihm immer wieder von vergangenen Zeiten. Dabei entrann ihr eine einzelne warme, salzige Träne und fiel auf seinen Handrücken nieder.

Diese Träne war der Auslöser für etwas, das Scully nicht bemerkte. Denn Mulder stand plötzlich hinter ihr und sah ihr betroffen dabei zu, wie sie weinte.

„Bitte... verlass mich nicht. Ich brauche dich doch.“ Sie flehte den beinahe leblosen Körper vor sich förmlich an. Dies war eigentlich nicht Scullys Art. Jedoch konnte sie sich nicht mehr kontrollieren. Ihre Emotionen hatten ihren Verstand besiegt.

„Ich bin hier, Scully.“ Mulder wollte seine Hand auf ihre Schulter legen, aber es war als ob er daneben greifen würde. Seine Hand glitt durch ihre Schulter hindurch. „Was zum Teufel geht hier nur vor?“ Erstaunt darüber, seine Partnerin nicht berühren zu können, schaute er auf seine Hand und versuchte es erneut. Doch wieder glitt sie durch Scully hindurch. Jetzt erst entdeckte er seinen Körper, der auf dem Bett lag, obwohl er sicher war hinter Scully zu stehen. „Ich bin ein Geist!“ Mulder sah an sich hinab und wieder zu seiner Partnerin auf, „Ich habe keinen Körper mehr. Scully, was ist geschehen?“ Sie konnte seine Frage jedoch nicht beantworten, da sie nicht wirklich gestellt worden war. Mulder erblickte die medizinischen Geräte, die an seinem Körper angeschlossen waren. Aus den Anzeigen ging hervor, dass seine sterbliche Hülle noch lebte. Mulder brauchte kein Arzt zu sein um zu erkennen, dass das EEG und das EKG stabile Lebensfunktionen aufzeigten. Dennoch war es ihm möglich neben seiner Partnerin und seinem Körper zu stehen. Seine Seele, so nannte er seine momentane Erscheinung, hatte sich von seinem Körper gelöst. Etwas Ähnliches oder vergleichbares hatte er bis zu diesem Zeitpunkt nur einmal erlebt.

Eine kleine Gruppe von Navajo-Indianern hatte ihm dazu verholfen ins Leben zurück zu kehren. Dies gelang ihnen mittels eines uralten Rituals. Doch diesmal müsste Mulder einen anderen Weg finden, um wieder unter den Lebenden zu weilen. Er setzte sich auf einen Stuhl, auf der gegenüberliegenden Bettseite, und beobachte seine Partnerin eingehend. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sein Leben auf diese Weise endete. Er war noch zu jung zum sterben. Es gab einige Ziele, welche Mulder sich gesteckt hatte, die er noch nicht erreicht hatte.

Als es Abend wurde, machte sich Agent Scully auf den Weg zum Motel. Mulder folgte ihr zum Auto und fuhr gemeinsam mit seiner Partnerin zu ihrem Übernachtungszimmer. Dort angekommen, machte sie es sich auf dem Bett bequem und begann die Vorkommnisse und die Ereignisse der letzten Wochen in einem Tagebuch niederzuschreiben. Mulder, vielmehr sein Geist, setzte sich neben die Agentin und las was sie geschrieben hatte.

***18.10.1999***Seit Mulder angeschossen wurde, sind nun drei Tage vergangen. Er liegt immer noch im Koma und ich bin mit meiner Weisheit am Ende. Ich möchte ihn nicht verlieren. Es gibt noch so viel Unausgesprochenes zwischen uns... Alles begann im Prinzip als Skinner uns den Undercover-Auftrag erteilte. Wir zogen also, für unsere Ermittlungen, zusammen nach Wilmington. Dort gaben wir uns als Mr. und Mrs. Matthews aus, um dem Verschwinden von Babys auf den Grund zu gehen. Es war nervig, aber auch sehr schön in einem Haus mit Mulder zusammen zu wohnen. Wir sind uns in den wenigen Wochen unserer verdeckten Ermittlung ziemlich nahe gekommen. Er hatte wie immer das richtige Gespür, welches uns zu Ruth Stockwell führte. Diese unscheinbare Frau gab doch tatsächlich Babys, die bereits Familien hatten, illegal an Paare ab. Sie ließ sie adoptieren, wofür sie aus einem nahe gelegenen Krankenhaus, von Dr. Stockwell, entführt wurden. Ruth wurde verhaftet nach dem Anschlag auf Mulder. Ihren Mann habe ich erschossen. Zuerst hatte ich ein schlechtes Gewissen, doch jetzt nicht mehr. Ruth hat mir gesagt, ich hätte ihr ihren geliebten Mann genommen. Dieser Mann hat mir wiederum Mulder genommen. Und er ist mehr als nur mein Partner. Er ist mein bester Freund und der einzige Mann, dem ich jemals trauen würde. Eigentlich ist er mehr als das. Ich bete jeden Abend dafür, dass Gott ihn mir nicht nimmt. Ich werde die Hoffnung nicht aufgeben. Noch nicht... Es ist zu früh dafür.

 

Nun verstand er. Es wurde Mulder zunehmend klarer, wie er in seine momentane Situation gelangt war.

Später am Abend begann Scully sich umzuziehen. Während sie sich entkleidete, wandte sich Mulder mit dem Rücken zu seiner Partnerin. Zwar hätte er an und für sich nichts gegen den bevorstehenden Anblick gehabt, jedoch empfand er es als niveaulos, Scully auf diese Weise ohne Kleidung zu begutachten.

Nachdem die junge Agentin ihren Pyjama angezogen hatte, legte sie sich in das Bett und schaltete das Licht aus. Sie lag auf der weichen Matratze und fragte sich, was sie am meisten vermissen würde...

Da Scully ihren Partner nicht sehen konnte, bemerkte sie nicht, dass er sich zu ihr ins Bett begeben hatte. Und so schlief Scully in kurzer Zeit erschöpft ein.

In dieser Nacht gelang es ihr tief und ohne fragwürdige Träume durchzuschlafen. Mulder hingegen beobachtete seine Partnerin dabei und wachte über ihren Schlaf, da er selbst nicht müde wurde.

Scully drehte sich sehr oft von einer Seite zur anderen. Sie schlief zwar fest, wie Mulder feststellte, jedoch sehr unruhig. Er fragte sich insgeheim, ob sie wohl ab und zu von ihm träumte. Er erinnerte sich daran, oft von Scully geträumt zu haben. Die meisten seiner Träume von ihr waren sexuell. Vielleicht lag es daran, dass er seit vielen Jahren nichts mehr mit einer Frau gehabt hatte. Das was ihn mit seiner Partnerin verband, konnte ihm keine andere Frau bieten. Seit sie sich kennen gelernt hatten, gab es dieses unsichtbare Band zwischen ihnen. Geschaffen durch den Respekt, das Vertrauen, die gemeinsame Suche und die flüchtigen Momenten der Zärtlichkeit. Dies waren die fundamentalsten Gründe, welche sie zusammenhalten ließen. Mulder würde sich selbst belügen, wenn er schwören würde, nie an Sex in Verbindung mit Scully zu denken. Bisher hatte sich ihnen nie die Gelegenheit geboten es zu versuchen. Dieses Thema gehörte zu den wenigen Dingen, über die sie niemals gesprochen hatten. Er genoss die Möglichkeit, seiner Partnerin durch seine gegenwärtige Erscheinung so nahe zu kommen.

Schließlich schlief Mulder doch noch neben Scully ein. Sein letzter Gedanke davor war, endlich seine Chance erhalten zu haben und einmal neben ihr erwachen zu können.

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