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Von alten Damen und englischen Teekränzchen

von Believer

Kapitel 1

Titel: Von alten Damen und englischen Teekränzchen
Autor: Marion
Kontakt: bewerte-mich@web.de
Spoiler: PreFile
Rating: absolut jugendfrei
Kategorie: Mulder (ohne Scully, na fast )
Short-Cut: Fox Mulder hat eine Tante in England. Die wohnt in St. Mary Mead und ist
eine gute Freundin von Miß Marple

Disclaimer: Fox Mulder, Dana Scully, Phoebe Greene gehören natürlich Chris Carter, 1013 Productions und 20th Century FOX und Miß Marple Agatha Christie.

Author’s Note: Diese Story ist der Versuch einer Verbindung von Fox Mulder und der guten alten Miß Marple. Sie spielt zur Zeit von Mulders Studium in Oxford.




FBI – Hauptquartier, 10.08.2000, Kellergeschoß Mulders Büro, gegen 10 Uhr


Fox Mulder zog sein Sakko aus, hängte es über die Stuhllehne und ließ sich auf den bequemen Schreibtischstuhl fallen.
Es war heiß hier. Mulder lockerte seinen Schlips, der dem Beobachter heute ein Farbenspiel aus grellgelb und türkis zumutete.
Fox Mulder fühlte sich genauso wie es in seinem Büro aussah.
Hätte er nicht gewußt, daß sein Schreibtisch aus braunem Holz war und seine Möbel grau, er hätte eine 1000 Dollar-Frage daraus machen können, frei nach dem Motto:
Du sagst mir, wie Dein Büro aussieht und ich sage Dir, was für ein Leben Du führst.
LEBEN FÜHREN.
Sein Leben bestand darin, morgens seine Goldfische zu füttern, seine Tage in einem Raum zu verbringen, der verdächtige Ähnlichkeit mit einem Bunker hatte, in dem ein Ventilator außer Kontrolle geraten war.
Im Sommer war es muffig, im Winter kalt. Man sah niemals den blauen Himmel, weil es keine Fenster gab. Erhellt wurde dieser Raum nur durch das unnatürliche Licht einer alten Neonröhre unter der Decke.
Es gab also nichts , das wirklich Wärme in sein Leben brachte – bis auf sie – Scully.
Seine Partnerin, seinen besten Freund. Er kannte sie nun schon Jahre, aber immer noch nicht richtig. Es gab immer noch Dinge, die im Verborgenen blieben.

„Irgendwann, junger Mann, wird es etwas geben in Ihrem Leben, das die Leere füllt, das Sie zur Ruhe kommen läßt. Einen Menschen, den Sie verstehen und der Sie versteht, ohne viel Worte. Sie müssen nur Geduld haben !“

Mulder setzte sich in seinem Stuhl auf.
Seltsam, daß ihm gerade jetzt dieser Satz einfiel.
Es war so lange her. Er öffnete wahllos eine der Schubladen und griff hinein, durchwühlte Hochglanzmagazine, Eintrittskarten von Footballspielen und...
Mulder zog angewidert eine halbe Tüte uralte schimmelige Sonnenblumenkerne heraus.
Eigentlich sahen sie gar nicht mehr nach Sonnenblumenkernen aus.
Er ließ sie mit spitzen Fingern in den Papierkorb fallen und suchte weiter.
Plötzlich stieß er einen Schrei der Begeisterung aus und betrachtete den Umschlag, den er in der Hand hielt. Ungewöhnlich viel Begeisterung für einen ganz normalen Briefumschlag mit der Aufschrift „England“.
Dieser Umschlag enthielt Fotos, die er bestimmt nicht mehr in der Hand gehabt hatte, seitdem er hier residierte.
Er war mal weiß gewesen, dieser Umschlag, jetzt ähnelte er in seiner Farbe eher Pergamentpapier, verschönert durch Reste von vergessen geglaubten Sonnenblumenkernen.
Mulder wischte die Krümel von dem Umschlag und holte den Inhalt heraus, einen Stapel von Fotos Format 9x13, matt – gemacht mit einer Kleinbildkamera, vor...
Er überlegte kurz. Es mußte 14 oder 15 Jahre her sein, ein halbes Leben.
Er wischte sich eine dunkle Locke aus der Stirn und betrachtete ein Foto nach dem anderen.
Mulder ließ sich zurücksinken, legte seine Füße auf den Tisch, mitten auf Akten und fliegende Blätter und schloß die Augen.
Fox Mulder erinnerte sich. Es war ein Samstag gewesen, ein Samstag im Oktober.




Universität von Oxford, Samstag, 06.10.1985, gegen 14 Uhr

Er war nun schon seit fast zwei Jahren hier.
Fox Mulder sah an dem Backsteingebäude hinauf. Die Universität von Oxford.
Hätte man ihn Jahre zuvor gefragt, er hätte niemals angenommen, daß er jemals seine Heimat verlassen würde, um in einem fremden Land zu studieren.
Als Kind hatte er nach der ersten Mondlandung Astronaut werden wollen, als Jugendlicher dann Profisportler. Er wollte immer hoch hinaus in seinem Leben.
Andere Menschen hatten ihn wenig interessiert.
Sie hatten ihn immer ausgelacht, die anderen Jungen, weil er so einen komischen Namen hatte. FOX, wie konnte man jemanden Fox nennen – Fuchs.
Er wußte bis heute nicht, was sich seine Eltern dabei gedacht hatten.
Früher hatte er mal danach fragen wollen, später hatte er es dann vergessen, nach all dem, was geschehen war, in dieser Nacht.

Was war eigentlich geschehen ? Außer, daß die Schachfiguren vom Brett gefallen waren und seine Schwester Samantha einfach verschwunden.
Sie war einfach WEG.
Er hatte nicht gewußt, wie er es seinen Eltern erklären sollte, daß sie weg war.
Es hatte die Ehe seiner Eltern zerstört und die Familie war zerbrochen.

Mulder hatte angefangen, sich zu prügeln, wenn ihn jemand hänselte, ließ sich nichts mehr gefallen.
Ein Zyniker war aus ihm geworden, ein großer dunkelhaariger Typ, der sich in Sport und seine Studien verbiß und schließlich mit Auszeichnung abschloß.
Er hatte viele Verabredungen, auch Beziehungen, aber keine hielt lange. Es war, als könne nichts die Leere füllen und den Hunger in ihm stillen.
Er wollte Antworten. Antworten auf all die wichtigen Fragen der Welt.
Warum war er der, der er war. Warum waren Menschen so ?
Er hatte sich für Psychologie entschieden und sein Vater hatte ihn nach Oxford gebracht.
Sein Vater, dieser Mann zu dem er nie eine wirkliche Beziehung hatte aufbauen können.

„Hey Fox, träumst du“, holte ihn eine helle Stimme aus den Gedanken.
Fox hob den Kopf und sah in die dunklen blitzenden Augen von Phoebe Greene.
„Habe gerade aufgehört damit“, sagte er, „laß uns gehen !“
„Okay.“ Sie griff nach seiner Hand und zog ihn mit sich.
Mulder vermochte Phoebe oft kaum zu folgen. Sie lebte zu schnell und zu riskant.

Phoebe war mittelgroß, hatte eine sehnige Figur und kurzes dunkles Haar.
Jeder Tag hatte bei ihr 40 Stunden statt 24.
Mulder selbst hielt sich für keinen geduldigen Menschen. Er haßte es, lange Zeit untätig zu sein.
Phoebe aber ließ ihn nicht einmal 5 Minuten zur Ruhe kommen. Sie trieb ihn, zog ihn mit, nahm ihm fast den Atem.
Sie tat oft Dinge, die er nicht verstand, war stärker als er, ihrem Sog entkam er nicht.
Das war beängstigend, aber auch ungeheuer aufregend.
Vielleicht konnte sie seine innere Leere füllen.


Apartment von Phoebe Greene am selben Tag gegen 20 Uhr, in ihrem Schlafzimmer

„Du willst wo hin, Fox ?“ „ Ich will weniger, ich muß, Phoebe.“
„Eine Familienfeier, DU ? Tut mir leid, aber irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen. Fox Mulder im Kreise seiner Familie.“ Phoebe lachte und boxte ihn spielerisch in die Seite.
„Kein Kreis, nur meine Patentante Agatha. Sie ist die Schwester meines Vaters.“
„Du hast Verwandte in England, Fox. Das wußte ich gar nicht.“ Sie stützte ihren Kopf auf ihre Hände und sah ihn interessiert an. „Wo wohnt denn dein Tantchen, Fox ?“
„In einem kleinen Nest namens St. Mary Mead.“
„Nie davon gehört“, sagte Phoebe.
„Ich war schon einmal dort“, fuhr Mulder langsam fort, „mit meinen Eltern und ... meiner Schwester, das ist aber lange her.“
Er knöpfte sein Hemd zu.
„Wie sieht es aus“, wollte er dann eher beiläufig wissen, „ willst du mitkommen ?“
Phoebe sah ihn verblüfft an. Er hatte sie gefragt, ob sie mitkommen wollte. Fox Mulder wollte sie mit zu seiner Tante nehmen. Er sprach nur wenig über seine Familie und seine eigene Person. Diese Einladung war fast so etwas wie ein Zugeständnis von seiner Seite.
„Okay“, sagte sie. Jetzt war es an ihm, verblüfft zu sein.
Er hatte sie gefragt und war nun erstaunt, daß sie tatsächlich Ja gesagt hatte.
„Gut“, meinte er dann und sah auf seine Armbanduhr. „Wir müssen aber früh fahren, Phoebe. Tante Agatha mag es nicht, wenn man zu spät zum Kaffee – halt hier trinkt man ja Tee kommt, daran erinnere ich mich noch. Außerdem muß ich auf dem Weg noch ein paar Blumen besorgen.“
Über sein ernstes Gesicht huschte ein Lächeln.


Haus von Agatha Chisholm in St. Mary Mead, Sonntag, 07.10.1985,
gegen 15 Uhr

„O, vielen Dank, Minerva. Das ist ein wunderschöner Bubikopf. Woher wußtest du, daß mein alter letzte Woche eingegangen ist ?“
Minerva McAllister war eine rundliche Frau Mitte 60, mit blaugrau gefärbtem kunstvoll aufgetürmten Haar. Sie trug ein zartrosa Kostüm, das für ihre üppige Figur viel zu eng war, es spannte über der Brust.
Ihr mit pinkfarbenem Lippenstift ausgemalter Mund verzog sich zu einem Lächeln.
„Aber meine liebe Agatha. Du weißt doch, daß ich Beziehungen habe. Meine Judy ist doch die Cousine von deiner Eugenie. Hast du das vergessen ?“
Mrs Chisholm faßte sich an die Stirn. „Aber nein, wie könnte ich.“

Eugenie, das Dienstmädchen Mrs Chisholms kam mit einem Tablett herein. Sie stellte den Tee und einen Teller Biscuits auf den eichenen Tisch.
Im dazu passenden Vitrinenschrank schlug eine Messinguhr drei Mal.
Eugenie strich sich über die tadellos gebügelte und gestärkte Schürze aus weißer Spitze und fragte: „Wann darf ich den Kuchen hereinbringen, Madam ?“
Mrs Chisholm sah auf die Uhr an der Wand. „Wir warten damit noch, bis die anderen Gäste da sind, Eugenie, danke. Setzen Sie doch bitte noch etwas Wasser für Tee auf.“
Das Mädchen knickste. „Natürlich, Madam.“ Sie verließ den Raum.
Minerva McAllister sah ihr nach. „Ein wohlerzogenes junges Mädchen. Das ist selten in der heutigen Zeit. Ob ihre Haarfarbe echt ist ?“
„Ist sie, meine liebe Minerva. Sie ist eine echte Blondine.“
Agatha sah ihr Gegenüber kurz an.
Wenn man Minerva so ansah und sah, wie sie sich zurechtmachte, wäre man niemals darauf gekommen, was für eine nette zuverlässige Frau sie war, was für eine wirkliche Freundin.
Sie war genauso als wie Agatha selbst, machte sich aber zurecht wie eine Vierzigjährige.
„Möchtest du einen Tee, Minerva ?“ „Sehr gern, meine Liebe.“ Minerva streckte Agatha Chisholm die Tasse mit Zwiebelmuster entgegen, die vor ihr stand.
Mrs Chisholm sah die großen Ringe an der Hand der anderen und schenkte ihr Tee
ein.
„Vielen Dank, Agatha. Darf ich fragen, wenn du noch erwartest ?“
„Meine liebe Freundin Jane, Doktor Forrester und mein Patenkind mit Freundin,“ antwortete Agatha Chisholm.
„Jane ? Doch nicht etwa Jane Marple, oder ?“ Mrs Chisholm nickte und goß sich selbst eine Tasse Tee ein.
„Entschuldige, liebe Agatha, aber ich bin überrascht, daß Jane Marple noch lebt. Sie muß doch steinalt sein.“ „Nun ja, sie ist genaugenommen 92, aber immer noch geistig frisch. Ich freue mich immer, wenn sie mich besucht. Leider ist sie nicht mehr so gut zu Fuß. Sie wird von einem Taxi hergebracht.“
Es läutete. „O, das wird sie sein.“


Wenig später an der Haustür


„Guten Tag, Eugenie, schön, Sie zu sehen.“ „Guten Tag, Herr Doktor.“ Sie nahm ihm Mantel und Schal ab. Der Himmel draußen war zwar strahlendblau, aber es war ausgesprochen kühl, nicht ungewöhnlich zu dieser Zeit des Jahres.
„Gehen Sie nur hinein, Herr Doktor, Sie werden schon erwartet.“

Mrs. Chisholm blickte ihm entgegen. „O, Doktor Forrester, da sind Sie ja. Schön, daß Sie Zeit gefunden haben !“
Laurent Forrester drückte die Hand, die sich ihm entgegenstreckte.
„Aber liebe Mrs. Chisholm. Natürlich besuche ich Sie an Ihrem Geburtstag. Verbunden mit meinen herzlichen Glückwünschen !“
Er überreichte ihr sein Geschenk. Es war stilvoll eingepackt in schlichtes dunkelblaues Papier, verziert wurde es durch eine Schleife, deren Farbe große Ähnlichkeit mit Minerva McAllisters Lippenstift hatte – nur war die Schleife weniger aufdringlich als die Farbe ihrer Lippen.
„Vielen Dank. Doktor Forrester.“
„Ich hoffe, es gefällt Ihnen. Es hält den Verstand frisch.“
Agatha Chisholm wickelte das Geschenk aus.
„Ich liebe Agatha Christie. Meine Mutter nannte mich nach ihr, weil sie so für deren Romane schwärmte. Ich habe fast alle gelesen. Was für eine scharfsinnige Frau.
Vielen Dank, Doktor. Ich sehe mit Erstaunen, daß Sie sogar einen Roman ausgesucht haben, den ich noch nicht kenne. Wie konnten Sie das wissen ?“
„Nun“, er lächelte, „ich fragte Ihre teure Seele.“
„Eugenie ? Oh, wie gut das zu wissen.“


„Setzen Sie sich doch, Doktor Forrester.“ „Sehr gern, Dankeschön.“
Er lächelte Minerva an. Die lächelte zurück.
Dieser Laurent Forrester war ein gutaussehender Mann. Er war etwa Mitte 50, groß, breitschultrig, mit graumeliertem Haar und intelligenten dunklen Augen hinten dünnen Brillengläsern.
Er hatte eine dunkle angenehme Stimme und viel Einfühlungsvermögen, was seine Arbeit betraf. Auch Minerva war Patientin bei Doktor Forrester, ebenso wie die meisten älteren Damen in dem kleinen Ort St. Mary Mead.

Es läutete abermals.
Kurz darauf betrat eine kleine, sehr alte, weißhaarige Dame den Raum. Sie ging am Stock, bewegte sich langsam und bedächtig.
„Miß Marple.“ Forrester stand auf und war der alten Dame behilflich.
„Setzen Sie sich doch.“
Auch Agatha Chisholm war aufgestanden und drückte die zierliche weiße Hand der alten Dame.
„Jane, meine Liebe, ich freue mich, dich zu sehen.“ Sie beugte sich herunter und küßte die alte Dame auf die faltigen Wangen.
„Guten Tag, Agatha“, sagte diese freundlich. Sie faßte in ihre kleine Handtasche und zog ihr Mitbringsel hervor. „Agatha, diese kleinen Deckchen passen bestimmt wunderbar auf die kleinen Tischchen im Eßzimmer.“ „Ganz bestimmt, Jane. Vielen Dank.“
Agatha Chisholm wunderte sich immer wieder, wie Jane Marple es in ihrem Alter und mit ihrer hohen Diophtrinzahl schaffte, immer noch solch kunstvolle Handarbeiten zu machen.
Sie strickte immer noch Pullover für die Kinder ihrer Nichten und Neffen, die inzwischen groß und erwachsen waren. Dementsprechend länger dauerte das Stricken.
„Setz dich doch, Jane.“
Mrs Chisholm sah wieder zur Uhr. Es war inzwischen Viertel nach drei geworden und Fox immer noch nicht da. Sie runzelte die Stirn.
Ob er sich verfahren hatte ?
Es war lange her, daß er hier gewesen war.
Aber warum auch immer, sie haßte Unpünktlichkeit. Fünf Minuten gab sie ihm noch, aber wenn er dann nicht da war, würden sie anfangen und Fox Mulder leer ausgehen, zumindest was Eugenies wunderbaren Apfelkuchen betraf.

Es läutete wieder.
Miß Marple nahm einen Schluck von ihrem Tee, den Doktor Forrester ihr eingeschenkt hatte.
„Erwartest du jemanden Besonderen, Agatha“, wollte sie freundlich wissen.
„Wieso ?“ „Du siehst so aufgeregt aus.“
Alle Personen rings um den großen Eichentisch blickten die Gastgeberin an. Sie sah aus wie immer: ruhig, freundliche und gelassen.
Was Miß Marple immer sah !
„Ja, Jane, du hast recht“, antwortete Mrs Chisholm, „mein Patenkind kommt vorbei, ich habe ihn fast 15 Jahre nicht gesehen und bin sehr gespannt. Er wollte seine kleine Freundin mitbringen.“
Alle Anwesenden blickten nun gespannt zur Tür.

Eugenie brachte zwei Gäste hinein. Sie selbst trug eine kristallene Vase mit einem großen bunten Herbststrauß zu einem der zierlichen runden Tische direkt unter dem Fenster.
Hereingekommen waren ein junger Mann und eine junge Frau.
SIE sah beinahe aus wie ein Junge, hatte kurzes dunkles Haar, trug dunkle Kleidung und hatte sehr dunkle blitzende Augen. Sie mochte Anfang zwanzig sein.
ER war fast einen Kopf größer als sie, hatte dunkles Haar, das ihm in die Stirn fiel und intelligente Augen.
Er lächelte die versammelten Personen an und sagte freundlich: „Einen wunderschönen guten Tag.“

Fox Mulder machte sofort Eindruck auf die Personen im Raum.

Agatha Chisholm stellte fest, daß er Ähnlichkeit mit ihrem Vater hatte, er hatte seine Augen.

Doktor Forrester hielt ihn sofort für intelligent und scharfsinnig, traute ihm aber einen gewissen Sarkasmus zu.

Minerva McAllister fiel als erstes die scheußliche Krawatte auf, die er trug.
Niemals zuvor war ihr jemand begegnet, der grüne Frösche auf hellblauem Grund mochte.

Miß Marple fühlte sich unwillkürlich erinnert an jemanden aus St. Mary Mead, der denselben Ausdruck in den Augen hatte wie dieser junge Mann.
Ihr Gedächtnis ließ nach. Sie kam nicht auf seinen Namen, aber der würde ihr schon wieder einfallen.

Fox trat zu seiner Tante und umarmte sie.
„Großer Gott, Fox. Bist du aber groß geworden.“
„Hallo, Tante Agatha. Ja, du hast recht, aber in 15 Jahren wächst man schon ein paar Zentimeter.“
Er ließ es zu, daß sie ihn an sich drückte.
Einen Moment lang blieben sie so stehen, dann schon sie ihn von sich und sah ihm ins Gesicht.
„Ist alles in Ordnung mit dir, Fox ? Du siehst ein bißchen blaß aus.“
„Es geht mir gut, Tante Agatha.“ Sein Blick wanderte zu Phoebe, die hinter ihm zurück geblieben war.
„Tante Agatha. Das ist Phoebe, eine Freundin.“
Nicht nur Miß Marple registrierte, daß er eine nicht meine Freundin gesagt hatte.
„Guten Tag, Phoebe, nett, Sie kennenzulernen. Setzt euch doch.“
Beide nahmen Platz. Fox genau gegenüber der kleinen alten Miß Marple, die ihn freundlich, wenn auch nachdenklich musterte.
Er bemerkte, daß sie das tat und begegnete fast trotzig dem Blick aus den gütigen blauen Augen.




Ihr Blick wanderte zu der jungen Frau zu seiner Rechten. An ihr lag es nicht, daß er unglücklich war, es ging tiefer.

„Und Fox, wie läuft es so in Oxford“, wollte Mrs Chisholm wissen.
„So weit gut, ich stehe kurz vor dem Examen“, gab Fox Auskunft.

„Was studieren Sie denn, Fox“, wollte Forrester wissen. „Psychologie, wir BEIDE.“
Mulder wies auf Phoebe. Forresters Augen wanderten zu Phoebe Greene. Die gab seinen Blick herausfordend zurück.


Wieder sah er Fox Mulder an. „Psychologie, interessant. Einige Vorlesungen darüber habe ich auch besucht.“
„Heißt es nicht, daß solche Leute selbst auf die Couch gehören“, warf Minerva ein.
„Nein, meine Liebe, das nimmt man allgemein von Psychatern an, nicht von Psychologen“, korrigierte Miß Marple sie freundlich.

„Sie kommen aber nicht aus England, Fox, oder“, fragte Forrester weiter.
Fox schüttelte den Kopf. „Nein, aus den Staaten.“
„Um in Oxford angenommen zu werden, muß man gut sein“, meinte Forrester.
„Stimmt. Unser lieber Fox hier war Klassenprimus, nicht wahr, Fox“, stichelte Phoebe.

Normalerweise ließen Fox Phoebes Sticheleien kalt, aber dieses Mal traf sie sein Blick.
Der war so kalt, daß sie unwillkürlich zurückwich.

„Ich hatte einen gewissen Ehrgeiz“, gab Fox ruhig Auskunft.

Eine Weile aßen alle schweigend den hervorragenden Apfelkuchen, dessen Rezept Eugenie von ihrer Großmutter geerbt hatte.
Nur das Geräusch der Pendel der Uhr an der Wand war zu hören.

Fox trank seinen Tee und betrachtete die Tapete an der gegenüberliegenden Wand. Kleine Sommersträuße auf weißem Grund.
Er sah sich um. Ein stilvoller Raum. Nicht überladen mit Möbeln.
Nur eine eichene Vitrine, zwei passende kleine runde Tischchen am Fenster, einen großen, an dem sie saßen, in der Ecke ein altmodisches Sofa mit passendem Sessel in einem schlichten Grün.
Was tat er hier eigentlich ?
Er trank heißen starken Tee, aß köstlichen Apfelkuchen und sah, wie zufrieden, ja glücklich seine Tante aussah.
Er, Fox, fühlte sich wie ein Fremdkörper.
Er gehörte nicht hier her, in diesen kleinen, beschaulichen Ort, der so verschlafen eingebettet in eine wunderschöne, hügelige Gegend dalag.
Ein ruhiges Fleckchen Erde, wo Fuchs und Hase einander gute Nacht sagten, ein Idyll.
Das einzige Geräusch außer der Uhr an der Wand war das Zwitschern der Vögel vor dem gekippten Fenster, Sonnenlicht durchflutete den Raum.

Plötzlich zerriß ein Schrei die Stille, gefolgt von dem Geräusch zerspringenden Porzellans.

Sie sprangen alle auf, Fox und Doktor Forrester waren zuerst aus dem Raum gestürzt, in Richtung Küche, aus der die Geräusche gekommen waren.

Eugenie kniete auf den kalten Kacheln des Küchenfußbodens, umgeben von Scherben. Sie zitterte.

„Eugenie, was ist los, warum haben Sie geschrien“, wollte Forrester wissen, der neben ihr in die Hocke gegangen war.
Fox trat an das offene Fenster und sah hinaus.

„Sie waren da, vor dem Fenster.“ „Wer war da, Eugenie“, fragte Forrester freundlich nach. „Ich weiß nicht, wer sie sind, aber ich werde nicht mitgehen, nie wieder !“
„Mitgehen ? Aber wohin denn ?“
Forrester drückte ihre Hand.
„Sie tragen dunkle Anzüge. Letztes Mal kamen sie in der Nacht mit ... mit diesem Licht.“

Fox zuckte unwillkürlich zusammen. Das LICHT.
Was verband er mit diesem LICHT ?

„Eugenie, sprechen Sie weiter, wenn es Ihnen hilft.“ Forrester sprach mit ihr wie mit einem Kind und Fox spürte, daß er ihr kein Wort glaubte.
„Ich konnte mich nicht dagegen wehren, mich nicht bewegen, war wie erstarrt.
Ich schwebte einfach hinaus, bis...“
Sie starrte plötzlich Fox an, so als sehe sie ihn zum ersten Mal ganz bewußt, er hörte ihr wie betäubt zu, sie sah ihm direkt in die Augen.
„Er weiß es“, sagte sie leise zu Forrester, „fragen Sie ihn, wenn Sie mir nicht glauben, er hat es gesehen, er war dabei.“

Plötzlich läutete es an der Tür. Eugenie wollte aufstehen, aber Forrester hielt sie zurück.
„Bleiben Sie sitzen, ich kümmere mich schon darum.“

Er verließ die Küche und Eugenie sah wieder Fox an. Der sagte kein Wort, streckte ihr nur die Hand entgegen und half ihr, aufzustehen.
Eugenie nahm ein Kehrblech und einen Handbesen und beseitigte die Scherben.
Fox sah ihr dabei zu.
Er war immer noch nicht in der Lage, etwas zu sagen, sein Hals war wie zugeschnürt.

Eugenie öffnete den Mülleimer und ließ die Scherben hineinfallen. Dann wischte sie sich die Hände an einem karierten Geschirrhandtuch ab und wandte sich wieder zu ihm um.
„Es war Ihre Schwester, oder ?“ Er konnte nur nicken. Woher wußte sie das ?
„Es war nicht Ihre Schuld“, sagte sie, „vielleicht habe ich sie dort gesehen...“

Fox griff in seine Gesäßtasche, zog seine Brieftasche heraus und entnahm ihr ein Foto, das er ihr hinhielt.
Sie warf einen Blick darauf und schüttelte bedauernd den Kopf.
„Nein, es tut mir leid, ich kann mich nicht an sie erinnern.“
Sie blickte noch einmal auf das Bild, das bei einer Grillparty aufgenommen worden war. Fox kannte nicht alle Personen auf dem Bild. Es zeigte seine Familie kurz vor der Sache mit Samantha und einige Freunde.
„Aber ich kenne den da !“ Eugenie deutete auf einen Mann, der an einer der Fichten lehnte. Er trug einen dunklen Anzug und hatte eine Zigarette in der Hand.
Fox konnte sich daran erinnern, daß dieser Mann oft bei ihnen gewesen war, vor Samanthas Verschwinden, aber danach nie wieder. Seltsam.
Er vermochte sich nicht an seinen Namen zu erinnern.
Konnte Eugenie ihn kennen ?
„Vielleicht irre ich mich auch“, wandte sie dann plötzlich ein, fast so, als hätte sie seine Gedanken gelesen. „Ich bin total durcheinander. Entschuldigen Sie.“
„Ist okay“, sagte Fox ruhig. Er steckte das Bild wieder ein.

Forrester betrat die Küche. Ein Lächeln lag auf seinen Zügen.
„Sie sind mir eine, Eugenie. Jagen uns solche Angst ein. Wissen Sie, was für Leute das waren in den schwarzen Anzügen ? Harmlose Zeugen Jehovas, nichts weiter.“
Er tätschelte Eugenies Arm und wandte sich an Mulder.
„Kommen Sie wieder mit rein, Fox ?“ „ich komme gleich, Doktor.“
„Gut.“ Forrester verließ die Küche.

Fox wollte ebenfalls gehen, als Eugenie ihn zurückhielt. Er hob den Kopf und sah sie an. Ihre Augen waren sehr ernst, als sie sagte: „Sie dürfen die Hoffnung niemals aufgeben, Fox, niemals. Denken Sie immer daran – irgendwo dort draußen wartet die Wahrheit, Sie müssen sie nur finden.“

Als Fox wieder ins Eßzimmer zurückkehrte, war er ein anderer geworden. Er war nicht mehr derselbe Fox Mulder wie noch am Morgen in Oxford.
Dieses Gespräch mit Eugenie hatte ihn völlig durcheinander gebracht. Er mußte wissen, was wirklich geschehen war in dieser Nacht. Irgendwann.
Er wußte nur nicht, ob er sich wirklich erinnern wollte.

Fox bemühte sich, sich wieder an den Gesprächen der anderen Gäste zu beteiligen.
Man diskutierte über Kornkreise.
Er bekam mit, daß seine Tante dieses Phänomen für ausgemachten Mumpitz hielt, während Minerva eine glühende Verfechterin paranormaler Dinge zu sein schien.
Fox betrachtete sie nachdenklich.
Sie sah zwar aus wie ein Paradiesvogel, aber das war nur Fassade.
Dahinter steckte wohl einiges mehr.
Sie hatte Probleme mit dem Älterwerden, anders als seine Tante.
Gut, wahrscheinlich hatten dieses Problem viele Frauen, er hatte keine Erfahrungen auf diesem Gebiet...
Oder es war bloße Unsicherheit. Sie machte einen naiven, aber keinesfalls dummen Eindruck und sah allen direkt ins Gesicht. Diese Frau hatte nicht zu verbergen, sie war ein offenes Buch für ihr Gegenüber.

Er sah zur Seite und registrierte, daß Phoebe und Forrester ausgiebig miteinander plauderten.
Phoebe hatte so etwas wie einen Vaterkomplex. Sie hatte einen Faible für ältere Männer, das war ihm schon früher aufgefallen.
Phoebe wollte mit Macht nach oben. Sie war kaltblütig genug, jede sich ihr bietende Chance zu nutzen...

Miß Marple durchbrach seine Gedanken.
„Meine liebe Minerva, Ihr Glaube an phantastische Dinge in allen Ehren, aber diese Sache mit den Kornkreisen ist doch, zumindest was unsere Gegend betrifft, längst geklärt, oder nicht ? Inspektor Jargolin hat doch die Burschen ermittelt.“
„Ermittelt ? Worauf willst du hinaus, Jane“, wollte Agatha Chisholm wissen.
„Na, sie haben den alten Traktor ihres Vaters umgerüstet auf eine ganz neue selbstentwickelte Bereifung. Hauptsache ein schönen Muster. Es mag ja sein, daß es andererorts noch Leben ähnlich dem unsrigen gibt, aber ich denke, daß diese Leute – wie sagt man – diese Marsmenschen – sich bestimmt etwas besseres einfallen lassen würden als Kreise auf die Felder zu malen, oder ?“
„Retikulaner“, sagte Fox und alle am Tisch sahen ihn an.
„Bitte ?“ Miß Marple lächelte ihn fragend an. „Man nennt sie Retikulaner.“
„Ach so.“ Sie blinzelte.
„Interessieren Sie sich für paranormale Dinge, Fox ?“ Minerva betrachtete ihn mit wohlwollendem Interesse.
„Sofern es die menschliche Psyche angeht, durchaus“, gab er zur Antwort.
Es war der Beginn einer längeren Diskussion über die menschliche Psyche und paranormale Dinge. (...)

Es war schon spät, als sich Agatha Chisholms Gäste verabschiedeten.

„Wollt ihr jetzt wirklich noch fahren, Fox ?“ Mrs Chisholm sah ihren Neffen fragend an.
„Ich habe morgen Vorlesung, Tante Agatha. Es geht nicht anders.“ „Schade.“
„Ich werde dich bald wieder besuchen, ganz bestimmt. Allerdings nur unter der Voraussetzung, daß es wieder diesen köstlichen Apfelkuchen gibt.“ Sie lächelte.
„Aber natürlich, Junge.“ Sie drückte ihn an sich.
„Gute Fahrt, Fox.“ Sie sah sich um. „Wo ist Phoebe ?“
„Sie ist vorhin mit dem Doktor zusammen weggegangen. Sie hat sich entschlossen, noch ein, zwei Tage hier zu bleiben, um das gerade begonnene Gespräch mit dem Doktor fortzusetzen. Soll sie.“
Agatha sah ihn an, aber er hatte sich vollkommen unter Kontrolle. Kein Muskel bewegte sich in seinem Gesicht. Entweder machte es ihm nichts aus oder er hatte sich vollkommen unter Kontrolle.

Mulders Tante verabschiedete sich von Miß Marple. „Soll ich dir wirklich kein Taxi rufen, Jane ?“
„Nein, meine Liebe. Dein Neffe ist so liebenswürdig und fährt mich nach Hause. Ich habe doch so gerne Gesellschaft. Vielen Dank, meine Liebe.“
Sie ließ sich von der Jüngeren links und rechts auf die Wangen küssen und dann von
Fox in den Wagen helfen.
„Vielen Dank, junger Mann.“

Bis zu Miß Marples Haus war es nur etwa eine Viertelstunde.
Miß Marple betrachtete das Profil des jungen Mannes neben sich.
„Was denken Sie über mich, Miß Marple“, unterbrach er die Stille, „Sie sehen mich schon den ganzen Nachmittag an, zu welchem Urteil sind Sie gekommen ?“

„Danny White“, sagte sie.
„Bitte ?“ Fox sah sie fragend an.
„Den ganzen Nachmittag über habe ich überlegt, an wen Sie mich erinnern. Jetzt endlich ist es mir eingefallen.“
„Und wer ist Danny White ?“
„Er war der Sohn unseres Pfarrers. Es sind die Augen, wissen Sie. Ihre Augen.
Dannys Schwester war asthmakrank, seine Eltern waren zu einer Wohltätigkeits-veranstaltung und er sollte auf sie aufpassen.
Als er dachte, sie schliefe, ging er in die Garage, um etwas an seinem Auto zu reparieren.
Sie ist an einem schweren Asthmaanfall erstickt, in dieser Nacht.
Seine Eltern gaben Danny die Schuld an ihrem Tod, weil er nicht da war, als sie ihn brauchte.
Sie haben dieselben Augen wie er, Fox Mulder. Wunderschöne traurige Augen.
Für was geben Sie sich die Schuld, wen haben Sie verloren ?“
„Meine Schwester“, begann er, „ sie war acht, als sie mitten in der Nacht verschwand.“
„Einfach so ?“ „Jemand holte sie, aber ich kann mich nicht erinnern.“
„Können oder wollen Sie es nicht, Fox ?“ „Ich weiß es nicht.“
„Ihre Eltern gaben Ihnen die Schuld ?“
„Gesagt haben sie es nie, aber es hat unsere Familie zerstört.“
„Sie dürfen niemals aufgeben, Fox.“
„Das hat mir heute schon mal jemand gesagt.“ „Dann scheint es zu stimmen“, sagte sie und lächelte, „sehen Sie, da vorne ist es schon.“

Er hielt an, half ihr auszusteigen und begleitete sie bis zur Haustür.
Sie verabschiedeten sich voneinander.
Als er sich zum Gehen wandte, hielt sie ihn am Arm fest.
„Irgendwann, junger Mann, wird es etwas geben, das die Leere in Ihnen füllt, das Sie zur Ruhe kommen läßt. Einen Menschen, den Sie verstehen und der sie versteht, ohne viel Worte. Sie müssen nur Geduld haben.“
Fox sah in die freundlichen Augen hinein. „Phoebe können Sie damit aber nicht meinen, oder Miß Marple ?“ Sie schüttelte das weiße Haupt.
„Sie hatte Sie doch schon längst verlassen, nicht erst vorhin, nicht wahr ?“
Wieder lächelte sie. „Gute Nacht, Fox und gute Fahrt.“
„Danke, Miß Marple.“
„Und besuchen Sie uns mal wieder. Wissen Sie, St. Mary Mead ist so ein verschlafenes Fleckchen Erde. Hier geschieht nie etwas. Wir sind also auf Besuch angewiesen.“
„Ich werde daran denken !“


1 Stunde später auf dem Weg zurück nach Oxford


Fox Mulder blickte auf die Straße vor sich. Es ging immer geradeaus, so weit, wie die Scheinwerfer seines Ford reichten.
Nun war er schon mehrere Jahre hier und hatte sich noch immer nicht daran gewöhnen können, daß man hier links fuhr.
Vielleicht würde er das niemals können, aber wer wußte schon, wie lange er noch in England bleiben würde.
Mulder gähnte, es war ein langer Tag gewesen.

Und dann geschah es plötzlich.
Der Motor des Wagens erstarb, die Instrumente spielten verrückt, die Tachonadel vollführte wahre Kunststückchen und das Radio durchlief alle Frequenzen.
Mulder starrte fasziniert auf das Schauspiel vor sich, so lange, bis es plötzlich da war

Das LICHT, gleißend helles Licht.
Es blendete ihn. Er hielt schützend die Hände vor das Gesicht und die Zeit blieb stehen.

Kurz darauf war es vorbei.
Sein Wagen startete von selbst wieder und die Scheinwerfer gingen an.
Fox sah zur Uhr und erstarrte.
Es waren beinahe 10 Minuten vergangen. Unfaßbar. Was war in diesen 10 Minuten geschehen ?

Er fuhr weiter, plötzlich das Gefühl habend, daß etwas über ihm war, etwas großes, metallisches, dessen Schatten er im Licht des Mondes erahnen konnte.
Was war das ?
Dumm, daß er nicht durch das Dach seines Autos hindurchsehen konnte.
Und aussteigen ? Nein, aussteigen würde er nicht.

Im selben Moment als er den Gedanken mit dem Aussteigen verwarf, begann sich das über ihm zu bewegen. Es zog mit einem Geräusch, ähnlich einem starken Windstoß steil nach oben und schwebte davon.
Fox Mulder konnte es sehen, es schwebte tatsächlich.
Er mußte sich das einbilden, wahrscheinlich war er nur total übermüdet und außerdem saß er allein im Wagen. Niemand lenkte ihn ab.
Mulder drehte die Lautstärke des Radios höher und fuhr weiter, allein auf dem Weg zurück nach Oxford.


Immer noch der 10.08.2000, gegen Mittag, Mulders Kellerbüro


Mulder steckte die Fotos wieder in den Umschlag zurück. An diesem Sonntag im Jahre 1985 war er zum ersten Male bewußt dem Paranormalen begegnet.
Entführungen – Was mochte aus Eugenie geworden sein ?
Der Zeitverlust und das UFO, das er gesehen hatte, war das der Beginn seiner Arbeit mit den X- Akten gewesen ?

„Mulder, was ist. Haben Sie Zahnschmerzen ?“ Er sah auf und direkt in Dana Scullys blaue Augen hinein.
Sie stellte die Tüten des Restaurants China-Town auf seinen Schreibtisch, nachdem sie die sich dort befindlichen Akten sorgsam zur Seite gelegt hatte. „Nein“, er lächelte sie an und mußte wieder an Miß Marples Worte denken. Wie recht sie doch hatte !
„Was würde ich nur ohne Sie tun, Scully ?“ „Wahrscheinlich Ihr Essen selber bezahlen, Mulder. Kommen Sie, lassen Sie uns essen, ich habe einen Riesenhunger !“


ENDE

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