World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

The wrong way to do right

von Netty

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Büro der X-Akten

Washington D.C.

Dienstag 9. April 1996

9:30am

„Jemand hat die magischen Drei geknackt“ Mulders Stimme unterbrach den stummen Starrkampf zwischen Dana Scully, der zwischen ihr und ihrer dritten Tasse Kaffee während der letzten 30 Minuten geherrscht hatte. Vielleicht war es der Tatsache zu verdanken, dass sie diese eben noch nicht getrunken hatte, oder das die beiden Vorherigen außer Magenschmerzen keinen nennenswerten Effekt auf ihren Körper ausgeübt hatten, denn obwohl ihre Ohren deutlich seinen tiefen Bass vernahmen ergab die Aussage in diesem Moment nicht den geringsten Sinn.

„Was?“ Eloquenz in überzeugender Kürze.

„Indianapolis hat heute Morgen die Hilfe des FBIs angefordert“ seine Worte wurden begleitet von dem klatschenden Geräusch einer Akte, die vor ihr auf dem Schreibtisch landete. Ein kurzer Blick in ihren Inhalt und schon lichtete sich der Nebel um seine verwirrende Ausführung.

Eine kürzlich abgeschlossene Studie des FBIs hatte ergeben, dass durch die generelle Unbeliebtheit von Bundesagenten bei örtlichen Gesetzeshütern in einer Region in der Regel erst drei ungeklärte Morde auflaufen mussten, bevor man sich entschied Hilfe anzunehmen. Offensichtlich hatte Indiana seit Gestern diese Quote erfüllt.

„Und worum geht es?“ fragte sie innerlich hoffend, dass ihr Partner ihr ersparen würde sich durch die elenden Einzelheiten einer ziemlich dicken Akte wühlen zu müssen. Er sah auch so viel frischer aus als sie sich fühlte, sodass man fast meinen konnte, sie wäre die Einzige gewesen, die gestern Nacht kaum mehr als 90 Minuten Schlaf bekommen hatte.

„Gegenfrage: was weißt du über Skorpione?“ Der plötzliche Themenwechsel wäre für einen Außenstehenden sicherlich schwer nachzuvollziehen gewesen, aber Jahre dieser Taktik hatten sie immun gegen die Irritation gemacht, die seine überraschenden Einwürfe für gewöhnlich mit sich brachte.

„Ich habe Medizin studiert, nicht Zoologie“ schraubte sie seine Erwartungen absichtlich etwas herunter. Doch noch bevor er seinen Mund öffnen konnte, um sie mit irgendwelchen Fakten zu bombardieren, die er sich mit Sicherheit kaum drei Minuten bevor er das Büro betreten eingeprägt hatte, ließ sie folgende Worte über ihre Lippen wandern. „Skorpione gehören in die Kategorie der Arachnoiden, also Spinnentiere. Es gibt etwa 1200-1300 verschiedene Arten wovon etwa 90% giftig sind, allerdings nur etwa 25 für den Menschen oder Säuger im Allgemeinen. In der Forschung wird ihr Gift gerne als Insektizid benutzt und medizinisch kann man aus ihm Medikamente zur Immunsuppression gewinnen zur Behandlung von beispielsweise MS.“ Entspannt lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück und genehmigte sich einen weiteren Schluck Kaffee während sie versuchte ihr Grinsen zu unterdrücken. Mulders erstaunter Blick war wahrlich Belohnung genug.

Eine ihrer ausgeprägtesten Charaktereigenschaften war schon immer das Strebertum gewesen. Bereits in der Schule und auf der Uni war ihr erklärtes Hauptziel gewesen jede einzelne Frage ihrer Lehrer beantworten zu können, natürlich war dies eine utopische Idee gewesen, was sie aber nicht davon abgehalten hatte ihr mit jeder Faser ihres Herzens nachzujagen. Natürlich galt sie deswegen nicht unbedingt zu den beliebtesten Schülern oder Studenten, das taten Streber eher selten, aber ihre Zukunftsvorstellung als renommierte Ärztin vor Augen und das trügerische Gefühl den anderen immer einen Schritt voraus zu sein waren eine gute Alternative zur Beliebtheit gewesen.

Dann hatte sie Mulder kennen gelernt.

Und alles, was sie sich je in ihrem Leben mühevoll angelesen und gelernt hatte, erschien geradezu lächerlich im Hinblick auf die unendlichen Weiten scheinbar unnützen Wissens, das ihr Partner in seinem Gehirn gespeichert hatte.

Der Streber in ihr war darüber nicht allzu begeistert gewesen.

Nachdem Mulder sie in ihren ersten Fällen gerne hatte auflaufen lassen, nur um zu sehen inwieweit sie ihm gegenüber konkurrenzfähig war, hatte sie begonnen ihre Welt mit anderen Augen zu sehen. Artikel in Zeitungen jeglicher Art, die sie früher einfach nur überflogen und als unwichtig abgetan hatte scannte sie nun mit mehr Sorgfalt, auch Dokumentationen, die sie gerne im Hintergrund laufen ließ, wenn sie kochte oder sauber machte wurden mit akribischer Genauigkeit verfolgt. Selbstverständlich wusste sie, dass es ihr aufgrund Mulders fotografischem Gedächtnis nie möglich sein würde auch nur ansatzweise so viel Wissen in ihr Hirn zu prügeln wie er. Dennoch war sie ihm in den letzten Jahren ihrer Partnerschaft ebenbürtiger geworden, was sowohl für sie selbst – und ihren kleinen Streber – als auch für ihre Partnerschaft von Vorteil geworden war.

Und dann gab es Momente wie eben, in denen sie mit mühevoll angespeichertem Wissen, das jahrelang verstaubt auf der Festplatte in ihrem Kopf geschlafen hatte, auftrumpfen konnte und Mulder diesen unbezahlbaren Gesichtsausdruck bekam. Als würde er verzweifelt versuchen zu erkennen wo genau sie das Lexikon an ihrem Körper versteckt hatte um ihm diese Fakten präsentieren zu können. Leider hielt diese Verblüffung nie lange an, weswegen es eine Heidenarbeit war diesen kleinen Trick wieder und wieder zu vollführen. Zum Glück gab es noch andere Arten mit denen man ihn beeindrucken konnte.

„Nicht schlecht, Scully“ räumte er grinsend ein. „Aber du weißt nicht zufällig wie viele dieser 25, für den Menschen gefährlichen, Skorpione in Indiana anzutreffen sind?“

„Muss mir gerade entfallen sein“ entgegnete sie und nahm noch einen Schluck von ihrem stetig kälter werdenden Kaffee.

„Nicht einer“ eröffnete er triumphierend.

„Und das ist wichtig für den Fall, weil…“ sie ließ den Satz absichtlich unbeendet, um ihm deutlich zu machen, dass er doch bitte mal zum Punkt kommen sollte. Es gab Momente im Leben, da genoss sie Mulders verschiedene Formen einer Hinhaltetaktik, dass sie ihm jede Information aus der Nase ziehen musste gehörte aber definitiv nicht dazu.

„Wirf doch mal einen Blick auf die Autopsieberichte“ war seine Antwort und obwohl sie sich bereits vorstellen konnte, was sie finden würde, blätterte sie in der Akte herum bis sie die Todesursache der zwei ersten und die Vermutung für das dritte Opfer gefunden hatte.

„Hier steht sie wären alle durch einen Skorpionsstich ums Leben gekommen, was wie ich zugeben möchte ungewöhnlich aber sicher keine X-Akte ist-“

„Es ist nicht nur ungewöhnlich, statistisch gesehen ist es sogar unmöglich“ unterbrach er sie sanft. „Die jährliche Todesfolge durch einen Skorpionsstich liegt in den USA bei gerade 0,1%, zudem dauert das totale Kreislaufversagen meist mehrere Stunden weshalb es den Opfern hätte möglich sein müssen ein Krankenhaus aufzusuchen.“

„Das muss nicht zwangsläufig stimmen“ sie musste zugeben, dass es ihrem Partner mal wieder gelungen war ihre Neugier zu wecken und sie stellte ihren Kaffee zur Seite um in der Akte nach Beweisen für ihre Theorie zu suchen. „Wenn eine größere Menge Gift direkt in eine Vene gelangt, kann ein Zusammenbruch innerhalb weniger Minuten passieren.“

„Wir sprechen hier von drei Opfern, Scully, ich glaube zwar, dass ein Skorpion durch Zufall ein Mal eine Vene trifft, aber drei?“ Genau diesen Einwand hatte sie erwartet.

„Wer immer die Autopsien durchgeführt hat, hat nicht aufgeführt wie viele Stiche jedes Opfer hatte, es wird immer nur der eine tödliche Stich erwähnt“ sie sah vom Bericht auf. „Wenn genug Skorpione oft genug zustechen wird wohl auch mal ein Gefäß dabei sein.“

„Okay, nur ist Indiana wie erwähnt nicht gerade die Hochburg für giftige Skorpione“ warf er ein.

„Mulder, der Nachbar meines Bruders hält sich ein Krokodil als Haustier“ hielt sie dagegen. „Heutzutage kann man doch alles übers Internet bestellen.“

„Arachnoide von Amazon“ grinste Mulder und sie nickte lächelnd.

„Vielleicht hat Jemand nicht aufgepasst und seine Sammlung macht nun die Stadt unsicher“ fügte sie noch immer lächelnd hinzu, allmählich verflog auch ihre Müdigkeit, obwohl sie nach wie vor nicht ganz verstand, warum diese Akte gerade den Weg ins Büro der X-Akten gefunden hatte.

„Die örtliche Polizei teilt deine Ansicht, allerdings konnten sie bei ihren Nachforschungen Niemanden mit fehlenden Skorpionen im Haushalt ausfindig machen.“

„Außer…“ sie wusste immer, wann Mulder sich den Hammer bis zum Schluss aufhob.

„Dr. Lail Gordon, ein Wissenschaftler, der an der Universität von Indianapolis mit Giften verschiedener Tiere experimentiert. Doch bevor du mit dem Finger auf den schuldigen Professor deutest“ kam er ihrem Einwand zuvor „er besitzt zwar einige Skorpione, alle von ihnen jedoch erwiesenermaßen ungiftig.“

„Vielleicht brauchte er keinen Skorpion, als Forscher kann er sich das Gift von Melkfarmen aus der ganzen Welt schon handlich verpackt in kleinen Ampullen schicken lassen und eine Injektionsstelle ist von einem Stich aufgrund des Anschwellens des umgebenden Gewebes nur schwer zu unterscheiden“ führte sie eine neue Theorie in das noch kleine, aber wachsende, Kartenhaus ein, welches letztendlich hoffentlich zur Lösung des Falles führen würde.

„Damit kannst du den Doktor gerne persönlich konfrontieren, unser Flug geht in 3 Stunden“ beendete Mulder die Diskussion, aber so schnell wollte sie sich noch nicht geschlagen geben.

„Ich verstehe immer noch nicht, warum wir diesem Fall zugeteilt worden sind?“

„Weil ich darum gebeten habe“ war seine lockere Antwort und ihre Augenbraue wanderte fragend nach oben. „Weißt du wie Dr. Gordon von den Studenten der Universität auch genannt wird?“ er war bereits auf dem Weg nach draußen, gedanklich vermutlich schon seine Sachen für den anstehenden Trip packend. An der Tür drehte er sich grinsend zu ihr um. „Der Skorpionsflüsterer“ und noch bevor sie entnervt aufstöhnen konnte war ihr Partner verschwunden, nur um Sekunden später noch mal den Kopf ins Büro zu stecken. Währenddessen hatte sie wieder begonnen auf ihre kalte Tasse Kaffee zu starren und festgestellt, dass zweieinhalb Tassen nicht reichen würden um den Tag zu überstehen. „Vergiss nicht festes Schuhwerk einzupacken“ dieser Vorschlag wurde von geradezu lächerlich wackelnden Augenbrauen begleitet, bevor er schließlich ganz verschwand.

Universität von Indianapolis

Indianapolis, Indiana

Dienstag 9. April 1996

18:00pm

“Kaffee?” seine Partnerin schenkte der kleinen untersetzten Sekretärin des Dekans ein Lächeln als wäre diese ein Geschenk des Himmels, während sie eifrig nickte und die ihr gereichte Tasse an ihre Lippen presste. Er selbst lehnte das Angebot ab, da er nicht vor hatte sich noch länger als bisher nötig in dem Büro des Universitätsvorstandes aufzuhalten.

„Agents, Sie müssen mir glauben, dass ich diese schrecklichen Todesfälle so schnell wie möglich aufgeklärt haben möchte“ führte Dekan Manster seine Ansprache fort, kaum dass seine Sekretärin den Raum wieder verlassen hatte. „Aber das Ansehen unserer Universität erleidet doch beträchtlichen Schaden wenn hier wieder und wieder Polizisten den Campus stürmen und mit wilden Anschuldigungen gegen einen der führenden Forscher der USA um sich werfen.“ Allmählich begann Mulders Geduld, angesichts der Tatsache, dass der gute Dekan sie bereits seit knapp 20 Minuten gefangen hielt und vehement gegen eine weitere Unterhaltung mit seinem führenden Forscher protestierte, zu schwinden.

„Wie groß wäre dieser Schaden erst wenn sich herausstellt, dass Sie einen Mörder schützen?“ der Ton in seiner Stimme nahm einen ernsten autoritären Klang an, auch wenn er sich bewusst war, dass sie nur noch einen Wortwechsel von Anwälten und Haftbefehlen entfernt waren. Scully räuspere sich kurz um ihn darauf hinzuweisen, dass sie ab jetzt das Reden übernehmen würde um das schlimmste zu vermeiden.

„Dekan Manster, wir beide wissen doch, dass das Gesetz letztendlich über dem Ansehen ihrer Universität steht“ begann sie sanft und hob schnell eine Hand um den Einwand des älteren Mannes schon im Keim zu ersticken. „Aber Sie sollten viel mehr in Betracht ziehen, dass Dr. Gordon nur einer von vielen möglichen Verdächtigen ist und je eher wir ihn ausschließen können, desto eher kann uns seine einzigartige Begabung vielleicht helfen den wahren Schuldigen zu finden. Die Resonanz in der Presse darauf würde vermutlich einen positiven Eindruck bei ihren potenziellen Studenten hinterlassen, landesweit.“ Schon vor dem landesweit konnte Mulder das Aufleuchten in den Augen des Dekans erkennen und keine fünf Minuten später waren er und seine Partnerin mit Wegbeschreibung auf dem Weg zum Skorpionsflüsterer.

„Du hast immer noch nicht verstanden, dass man mit Zucker weiter kommt als mit der Peitsche, oder?“ konnte sie sich nicht verkneifen als sie draußen über den Campus hinweg ihrem Ziel entgegen gingen.

„Einer der Gründe warum ich dich so gerne bei mir habe“ war seine gekonnte Antwort, die bewies, dass er dem Prinzip des Schleimens nicht ganz unfähig gegenüber stand. Scully belohnte seine Anstrengung mit einem kleinen Lächeln.

„Erinnerst du dich noch an deine Unizeit?“ fragte er kurze Zeit später, den Blick verträumt über die alten Gebäude schweifen lassend.

„Ich erinnere mich vor allem an den Stress, den die Uni mit sich brachte. All das neue Wissen, von dem ich gar nicht erwarten konnte es zu erfahren.“

„Keine wilden Parties?“

„Ich weiß nicht, ob es dir bis jetzt nicht aufgefallen ist, aber ich bin nicht unbedingt der Partymensch“ antwortete sie trocken.

„Schon, aber in der Uni haben wir doch alle das ein oder andere getan wofür wir nicht unbedingt bekannt sind“ bohrte er weiter. Natürlich hätte sie ihm jetzt von ihrem letzten Studienjahr erzählen können, in dem sie es für eine gute Idee gehalten hatte mit ihrem Professor zu schlafen, ihrem verheirateten Professor noch dazu, aber das war ein Teil ihrer Vergangenheit, den sie noch nicht bereit war mit ihm zu teilen.

„Gibt es irgendeine Oxfordgeschichte, die du mir noch erzählen möchtest?“ drehte sie den Spieß einfach um, allerdings war sie nicht ganz sicher ob sie es wirklich wissen wollte. Zum Einen wollte sie schon noch das eine oder andere über den Mann an ihrer Seite erfahren, auf der anderen Seite drängte sich ihr allerdings eine ungebetene Erinnerung an Phoebe Green und das Grab von Sir Arthur Conan Doyle ins Gedächtnis. Einen Teil seiner Vergangenheit, den sie nicht unbedingt hätte erfahren müssen.

„Als ich noch relativ frisch in England war versuchte ich so viele Studentenparties wie möglich mitzunehmen einfach um mir selbst und den anderen weiß zu machen, dass ich einer von ihnen wäre. Samanthas Verschwinden hatte mich unfreiwillig zu etwas Besonderem gemacht, wie alle Menschen die so jung und auf brutale oder ungeklärte Weise ein Familienmitglied verlieren und das hieß nicht besonders im guten Sinne“ er stockte kurz um zu sehen, ob sie verstand und sie nickte kaum merklich komplett auf ihn konzentriert. „Auf diesen Parties gab es Unmengen von Alkohol und nachdem ich auf einer Party reichlich davon Gebrauch gemacht hatte, kam Einigen von uns in den Sinn, dass Psychologie studieren ja jeder könnte, aber Psychologie live erleben wäre nur Wenigen vorbehalten und erst, wenn man auf dieser Seite der Tür gewesen wäre, könnte man unseren Beruf wirklich verstehen.“ Er unterbrach seine Erzählung um die Tür zur Forschungseinrichtung zu öffnen und seine Partnerin eintreten zu lassen. Nachdem das schwere Holz hinter ihnen wieder ins Schloss gefallen war und sie sich einig darüber waren welcher der verwirrend vielen Flure sie zu ihrem Ziel bringen würde fuhr er fort. „Also wurde ein Opfer auserwählt und ich weiß bis heute nicht warum alle dachten ich wäre am besten geeignet einen Irren zu spielen und vor allem warum ich sie in dieser Ansicht auch noch unterstützte“ er genoss das kleine Lächeln um ihre Lippen als Reaktion für einen Moment. „Irgendwer rief die Polizei und erzählte eine abenteuerliche Geschichte über Suizidgefährdung und Gefahr für das Allgemeinwohl, ich spielte meine Rolle offensichtlich sehr überzeugend und eh ich mich versah wurde ich in ein Krankenhaus eingeliefert und lass mich dir Eines sagen Scully, es ist wesentlich einfacher auf eine psychiatrischen Station zu kommen als wieder runter.“ Das Lächeln wurde durch ein breites Grinsen ersetzt. „Es dauerte einen ganzen Tag dem diensthabenden Arzt unseren perfiden Plan zu erklären und ich bin nicht sicher, ob er mich schon wegen möglichem Alkoholismus da behalten wollte, aber er betrachtete mich die gesamte Zeit über mit diesem Gesichtsausdruck, als könne ich sagen was ich will ich würde schon ganz richtig als Patient vor ihm sitzen und früher oder später vermutlich zu Recht eingewiesen werden. Seitdem versuche ich Alkohol und Psychiatrien zu meiden“ schloss er seine kleine Anekdote. „Aber nur für den Fall bereite dich schon mal seelisch darauf vor mich mit Gurten an ein Bett gefesselt in einer renormierten Klinik zu besuchen“ es war als Witz gedacht, obwohl es sich eher wie eine Prophezeiung anhörte. „Du würdest mich doch besuchen, oder?“ sie hatten ihr Ziel erreicht, doch bevor sie das Forschungslabor betraten brauchte er eine Antwort auf seine Frage, schließlich war das, was auch immer sich da zwischen ihm und Scully gerade entwickelte noch recht frisch und seine kleine Zukunftsaussicht war einer möglichen Realität doch näher als sie es hätte sein sollen.

„Ich weiß nicht ob ich es könnte, Mulder“ antworte sie ehrlich und für eine Sekunde blieb ihm vor Trauer fast das Herz stehen, bis er das Lächeln sah. „Ich würde vermutlich im Raum direkt neben deinem liegen und ich weiß nicht wie die aktuellen Regeln für Besuche unter Patienten sind.“ Wenn sie sich in diesem Augenblick nicht in einem öffentlichen Gebäude aufgehalten, und vermutlich von Kameras beobachtet worden wären, dann wäre jetzt der Punkt gewesen an dem er sie zu sich heran gezogen und geküsst hätte. Stattdessen öffnete er die Tür zum Forschungsbereich.

Der Hund war eine echte Überraschung.

Kaum das Mulder die Tür aufgemacht hatte, kam ihnen ein bellendes, mit dem Schwanz wedelndes, Fellknäuel entgegen, schnupperte für eine Sekunde an ihnen herum, bevor es durch die offene Tür verschwand.

„Verfluchte Scheiße“ ertönte die Stimme einer hageren jungen Frau mit halb rasiertem Kopf, grünem Resthaar und Augenbrauenpiercing, die sie mit wütenden Augen anblitzte. „Könnt ihr Typen eigentlich nie anklopfen?“ Mit schnellen Schritten schloss sie zu ihnen auf um sich unhöflich an ihnen vorbei zu drängeln. „Buster, komm wieder zurück!“ rief sie und war schon auf dem Weg den entlaufenden Vierbeiner wieder einzufangen.

Verwundert sahen sich die beiden Agenten an, was hatte ein Hund in einem hochdekorieren Forschungslabor zu suchen? Aufmerksam sahen sie sich in dem kleinen Raum um, der noch nicht das Labor sondern vielmehr die Schleuse zwischen den verschiedenen Forschungsräumen war. In der Mitte des Raumes stand eine kleine Insel aus Schränken und Waschbecken, an Haken hingen Laborkittel und verschiedene Überzüge für die Kleidung. Von den Wänden rechts und links des Eingangs gingen weitere Türen mit Teilverglasung ab. Ein Blick durch die linke Tür offenbarte die Produzenten des Giftnachschubes; dutzende Terrarien mit unterschiedlicher Beleuchtung standen in dem abgedunkelten Raum. Hinter der anderen Tür verbarg sich die eigentliche Einrichtung mit verschiedensten Laborutensilien, Computern und Mikroskopen.

Im Labor befanden sich zwei Männer beide mit Mundschutz, Handschuhen und Kitteln bewaffnet. Ein junger Student mit dicker Hornbrille und ein älterer Mann, der nicht unbedingt das Klischee des verrückten Professor bediente, er sah eher aus wie Indiana Jones, durchtrainiert und fit, die langen Haare zu einem frechen Zopf zusammengebunden.

Nicht sicher, ob sie das Labor einfach so betreten konnten - wer wusste schon was ihnen vielleicht hinter dieser Tür schwanzwedelnd entgegen kommen würde - klopfte Mulder an die Scheibe und wartete bis der Professor zu ihnen sah. Er presste seinen Ausweis gegen die Scheibe, das FBI selbst aus der Entfernung lesbar und bedeutete dem anderen Mann, dass dieser zu ihnen kommen sollte.

Es war nicht gerade Freude, die sich auf Dr. Gordons Gesicht ausbreitete, er sagte irgendwas zu seinem Studenten und kam dann zielstrebig zur Tür. Mit einem lauten Schmatzen löste sich die Schiebetür vom Gummi und glitt zur Seite, eine kurzer Windhauch erfasste die Agenten als das Vakuum im Raum einen Unterdruck erzeugte. Der Professor trat zu ihnen in die Schleuse und verschloss die Tür wieder hinter sich, dann entledigte er sich seiner Handschuhe und des Mundschutzes und entblößte ein gut gebräuntes Gesicht mit weichen Zügen. Er warf seine Utensilien in einen Abfalleimer und wandte sich dann seinem ungebetenen Besuch zu.

„Ich sage Ihnen das Gleiche, was ich schon den anderen Polizisten gesagt habe: diese Menschen wurden nicht von einem Skorpion getötet“ begann er sofort mit warmer und, trotz seiner harschen Worte, sanften Stimme.

„Agents Mulder und Scully“ stellte Mulder sie beide vor, ungeachtet des Angriffs. „Und was genau veranlasst Sie zu dieser Schlussfolgerung?“

„Die Beweise, Agent Mulder“ er machte eine Pause und musterte seine Gegenüber als würde er analysieren ob es sich lohnte ihnen seine Sicht der Dinge zu erläutern. Offensichtlich zu einem positiven Ergebnis gelangend räusperte er sich und fuhr in einem etwas versöhnlicheren Tonfall fort. „Sehen Sie, vor 8 Tagen kommt Detektiv Was-weiß-ich-wie-der-heißt in meine Vorlesung gestürmt und erzählt mir was von einem Skorpionstoten, was statistisch schon mal recht unwahrscheinlich ist. Er fragte ob uns einer fehlt und ich versuche ihm ruhig zu erklären, dass wir hier keine Bande von Hippies sind, die nicht auf ihre Forschungsobjekte achtgeben können“ bei der Erinnerung nahm seine Stimme einen leicht genervten Unterton an. „Nein, keiner unserer Skorpione ist verschwunden und selbst wenn haben wir hier gar keine Spezies, die für den Menschen gefährlich ist. Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Erforschung von Pestiziden für die Landwirtschaft.“ Er pausierte erneut um zu sehen, ob die Agenten ihm folgen konnten und Mulder gab ihm mit einem Nicken zu verstehen, dass er fortfahren sollte. „Fünf Tage danach ist er wieder da. Angeblich sei schon wieder ein Mensch durch einen Skorpion getötet worden, was nicht nur unwahrscheinlich sondern fast unmöglich ist, also verlange ich danach den Autopsiebericht zu sehen, aber der toxikologische Befund war noch nicht da, also konnte man sich ja gar nicht sicher sein, dass ein Skorpion für diese Toten verantwortlich war. Gestern dann der Supergau; ich werde von zwei Uniformierten abgeholt und aufs Revier gebracht, wie ein gewöhnlicher Krimineller. Schon wieder eine Tote und ich bin der Hauptverdächtige, dabei wurde völlig außer Acht gelassen, dass alle Tatorte zusammen genommen mehr als 18 Meilen auseinander liegen und dass das mehr als die doppelte Größe des Reviers eines Skorpiones ist. Diesmal war aber wenigstens der Toxbefund vom ersten Opfer da, auch wenn mein Anwalt hart kämpfen musste damit ich überhaupt einen Blick darauf werfen durfte. Und was soll ich sagen? Es war kein Skorpion. Das erste Opfer ist an einem Neurotoxin mit 105 Aminosäuren gestorben, aber selbst das Betatoxin des Centruroides infamatus besteht nur aus 66 Aminosäuren. Es gibt nicht eine Skorpionsart auf der Welt, die ein Toxin mit 105 Aminosäuren produziert. Vielleicht noch irgendwo unentdeckt im afrikanischen Dschungel, aber mit Sicherheit nicht hier in Indianapolis“ schloss der Professor seinen Bericht.

„Wäre es möglich so ein Toxin künstlich herzustellen?“ schaltete sich Scully ein.

„Nicht so wie sie wahrscheinlich denken, man kann nicht einfach verschiedene Toxine von Skorpionen nehmen, sie in einen Mixer geben und heraus kommt ein Supertoxin. Die verschiedenen Proteine sind sehr anfällig und heben sich in ihren Eigenschaften teilweise selbst auf oder zerstören einander“ erklärte Dr. Gordon.

„Das beantwortet nicht meine Frage“ entgegnete sie ernst.

„Wenn Sie jemanden nehmen, der sich mit der Materie auskennt, ihm unbegrenzt Zeit, finanzielle Mittel und die passenden Räumlichkeiten und Geräte zur Verfügung stellen, vielleicht.“

„Wären Sie so Jemand?“ hakte Scully nach und der Professor konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

„Wenn Sie glauben, dass ich mich jetzt als die einzige Person oute, die dazu in der Lage wäre, dann muss ich sie enttäuschen Agent Scully“ er wirkte fast amüsiert. „Wie schon erwähnt liegt meine Spezialisierung in der Erschaffung von Insektengiften. Ich versuche lediglich einige unserer Toxine zu potenzieren und zu verstärken, ich versuche nicht sie zu kombinieren.“ In diesem Moment öffnete sich die Eingangstür und die junge, auffällige Frau von vorhin betrat den Raum dicht gefolgt von dem Überraschungsvierbeiner.

„Was ist mit Ihrem Personal?“ wollte jetzt Mulder wissen, den Blick auf den Neuankömmling gerichtet.

„Das wären dann Dr. Charlotte Menki, meine Assistentin und unser Praktikant Frank Bieter, einer meiner Studenten“ er deutete auf den Raum hinter sich. „Wir sind nur eine sehr kleine Forschungseinrichtung und keiner der beiden könnte das, was sie andeuten.“

„Könnte was nicht?“ fragte Dr. Menki dicht gefolgt von einem strengen „Buster, sitz!“ Die kleine Promenadenmischung gehorchte sofort, pflanzte seinen Hintern auf den Boden und wedelte weiter fröhlich mit seinem Schwanz.

„Ein Toxin mit 105 Aminosäuren herstellen, Charlie“ und schon die Art wie der Professor ihren Namen aussprach machte den Agenten deutlich, dass Dr. Gordon und Dr. Menki mehr als nur Arbeitskollegen waren.

„Sag nicht, dass es schon wieder um diese komischen Todesfälle geht“ stöhnte die junge Frau. „Sie werden ihn doch nicht schon wieder mitnehmen, oder?“ ihre Feindseligkeit war kaum kaschiert.

„Wir sind lediglich hier um ein paar offene Fragen zu klären“ versuchte Scully die Stimmung etwas zu beruhigen.

„Warum gehst du nicht rein und hilfst Frank?“ der Professor strich seiner Assistentin einmal sanft über den Arm.

„Ich muss Buster noch sein Wasser hinstellen“ widersprach diese leicht eingeschnappt, als könne sie den Gedanken nicht ertragen sofort wieder aus der Unterhaltung ausgeschlossen zu werden.

„Das mach ich schon“ beschwichtigte sie Dr. Gordon, machte mit seinem Tonfall aber auch gleichzeitig klar, dass er keine weitere Widerrede gelten lassen würde. Ergeben nickte Charlotte, nahm sich Handschuhe und Mundschutz aus einer der Schubladen der Mittelinsel und schlüpfte in einen Kittel. Mit einem letzten vernichten Blick auf die beiden Agenten öffnete sie die Labortür und war verschwunden.

„Sie müssen Charlie entschuldigen“ erklärte der ältere Mann, während er einen kleinen Eisennapf am Becken mit Wasser füllte. „Aber es kommt schließlich nicht alle Tage vor, dass man mich des Mordes bezichtigt.“ Er beugte sich herunter und stellte den Napf auf den Boden. Sofort trottete der Hund zu ihm und tunkte seine Schnauze gierig ins Wasser, während der Professor ihm liebevoll über den Rücken streichelte.

„Ist der Hund auch eines ihrer Forschungsprojekte?“ erkundigte sich Scully, die sich die Anwesenheit des Vierbeiners in einer so geschützten Umgebung noch immer nicht erklären konnte.

„Buster?“ der Professor sah sie amüsiert an. „Nein, er ist der Campushund. Kam vor zwei Jahren einfach in meinen Vorlesungssaal gestreunt und Charlie hat ihn sofort ins Herz geschlossen, seitdem machte er das Gebäude unsicher.“

„Und das wird geduldet?“ ihre Stimme klang skeptisch.

„Nun, er darf natürlich in keines der Labore, aber ansonsten wird er vom Dekan nicht weiter beachtet und die Studenten lieben ihn“ liebevoll kraulte er den Hund hinter den Ohren, was dieser sichtlich genoss.

„Dr. Gordon wenn Sie nicht glauben, dass ein Skorpion diese Menschen getötet hat“ lenkte Mulder das Gespräch zurück auf den eigentlichen Grund ihres Besuches. „Was ist dann Ihrer Meinung nach verantwortlich?“

„Das, Agent Mulder“ der Professor erhob sich langsam. „Ist eine ausgezeichnete Frage. Und um ehrlich zu sein, habe ich nicht die geringste Ahnung“ gestand er. „Aber wenn Sie es finden, dann würde ich es wirklich gerne untersuchen.“

Damit wäre die Unterhaltung eigentlich beendet gewesen und für eine Sekunde glaubte Scully fast, dass sie das Universitätsgelände einfach verlassen würden, ohne dass Mulder den Professor mit seinem Spitznamen bombardierte. Sie hätte es nach all den Jahren wirklich besser wissen müssen.

„Eine Frage habe ich noch“ begann dieser auch sofort und Scully hoffte inständig, dass er den anderen Mann nicht verärgern würde. Nicht jeder war von seinem Spitznamen begeistert und gerade ihr Partner hätte das wissen müssen. „Sie genießen innerhalb und außerhalb der Uni einen etwas skurrilen Ruf-“ weiter musste er gar nicht erklären, da der Professor sofort zu lachen begann.

„Sie meinen bestimmt diese Skorpionsflüsterer-Sache“ grinste er und Mulder nickte. „Das ist ein Spitzname den mir mein erster Kurs verpasst hat als ich noch ganz neu an der Uni war und ich hab es irgendwie nie geschafft den wieder loszuwerden.“

„Dann entspricht er nicht der Wahrheit“ sie konnte die Enttäuschung ihres Partner quasi fühlen, auch wenn der sich bemühte sich nichts anmerken zu lassen.

„Zumindest nicht im wahren Sinne der Wort, nein“ erklärte er nach wie vor lächelnd. „Wie jeder Forscher oder Züchter, der sich längerfristig mit seiner Lieblingsspezies beschäftigt, beginnt man irgendwann damit ein Gefühl für die Tiere zu entwickeln. Ich kann anhand ihrer Scherenstellung sagen ob sie jagen wollen. An der Art wie sie ihren Schwanz halten ob sie Gefahr wittern und an ihrer Farbe ob sie paarungsbereit sind. Aber dahinter steckt keine Magie, nur zwei gesunde Augen und ein scharfer Verstand“ schloss der Professor seine Ausführung.

„Aber haben Sie oder haben Sie nicht eine Studentin vor sechs Jahren davor bewahrt von einem Skorpion gestochen zu werden indem sie einfach mit dem Tier geredet haben?“ hakte Mulder nach, der seine Theorie noch nicht ganz aufgeben wollte.

„Die Studentin war Charlie, aber die Geschichte wurde maßlos übertrieben“ lenkte der andere Mann zögerlich ein. „Ich hab mich nicht wie beim Kaffeeklatsch eine halbe Stunde mit ihm unterhalten. Stattdessen habe ich nur beruhigend auf ihn eingeredet bis ich ihn einfangen konnte. Ähnlich wie ich es vermutlich auch mit Buster tun würde, sollte der je versuchen einen Menschen anzugreifen“ bei der Erwähnung seines Namens sprang der Hund voller Freude auf und lief aufgeregt um den Professor herum. „Und dabei hatte der Skorpion gar nicht versucht Charlie anzugreifen sondern lediglich sich zu verteidigen, denn Skorpione sind betont passive Tiere. Noch ein weiterer Grund, warum ich nicht glaube, dass ihre Opfer tatsächlich auf das Konto eines Skorpions gehen.“

Nachdem nun vorerst alles geklärt war verabschiedeten sich die Agenten und verließen das Labor. Auf dem Weg über den Campus zu ihrem Auto war Mulder auffallend ruhig, verschwunden war die Leichtigkeit mit der sie ihren Hinweg überbrückt hatten.

„Es tut mir Leid, dass Dr. Gordon nicht das war, was du dir erhofft hast“ und das tat es wirklich. Auch wenn Mulder manchmal an den unmöglichsten Stellen nach übersinnlichen Phänomenen suchte, so war seine Suche nur selten von einem greifbaren Beweis gekrönt.

„Ich übersteh das schon, Scully“ er schenkte ihr ein müdes Lächeln. „Aber irgendwas an diesem Fall ist komisch“ also gab es noch einen anderen Grund für seine Schweigsamkeit.

„Glaubst du, dass der Professor gelogen hat und doch etwas mit den Todesfällen zu tun hat?“ fragte sie, auch wenn sie selbst nicht das Gefühl hatte.

„Nein“ stimmte er zu. „Er macht auf mich nicht den Eindruck als wäre er der Mensch, der einem Skorpion befehlen würde einen anderen Menschen zu töten, selbst wenn er es könnte.“

„Was dann?“

„Ich weiß nicht“ er zuckte mit den Schultern. „Nur so eine Ahnung.“ Inzwischen waren sie an ihrem Auto angekommen und Scully erinnerte sich ungebeten an die letzte Ahnung ihres Partners, da hatten sie versucht gegen den Fluch einer uralten ecuadorianischen Urne zu kämpfen. Damals wären sie beinahe von Katzen zerfleischt worden. Sie konnte nur hoffen, dass die Ahnung ihres Partners hier nicht ein ähnliches Ende nehmen würde, denn sie hatte keine Lust einem Skorpion zu begegnen.

„Mal sehen was die Cops so zu erzählen haben“ riss er sie aus ihren Gedanken und stieg ins Auto. Erschöpft ließ sie sich auf den Beifahrersitz sinken.

„Mulder, es ist jetzt kurz nach acht, ich glaube kaum, dass jetzt noch ein Detektiv von der Mordkommission außerhalb der Bereitschaft arbeitet und außerdem habe ich heute außer dem lappigen Sandwich im Flugzeug und Unmengen von Kaffee noch nichts zu mir genommen und du sicher auch nicht“ versuchte sie sanft ihren Partner von seinem Vorhaben abzubringen. Schließlich waren sie schon wieder mehr als 12 Stunden auf den Beinen ohne nennenswerten Schlaf.

„Okay, von mir aus checken wir ins Hotel ein, suchen uns ein Restaurant und verschieben die Cops auf Morgen, auch wenn denen nicht gefallen wird, dass wir mit der Arbeit schon begonnen haben.“ Damit hatte er vermutlich recht, denn eigentlich hätten sie vom Flughafen direkt ins Revier fahren sollen um sich anzumelden, aber da ihr Flug mit Verspätung gelandet war und sie statt der geplanten 4 Stunden fast 5 in der Luft gewesen waren, hatte Mulder darauf bestanden sofort zur Universität zu fahren, bevor ihr Hauptverdächtiger Feierabend machte.

Best Western Crossroads

Indianapolis, Indiana

Dienstag 9. April 1996

9:30pm

Auf der Fahrt von der Universität zum Motel hatte Scully noch kurzfristig überlegt ob sie die Sache mit dem Restaurant vergessen sollten und sich stattdessen an dem was der Zimmerservice zu bieten hatte gütlich tun sollten. Als Mulder den Wagen jedoch auf den Parkplatz vor dem gelben Steinbau parkte, verwarf sie die Idee sofort wieder. Kakerlaken gehörten nicht unbedingt zu ihrer bevorzugten Speise.

Nur ein einziges Mal wollte sie in einem richtigen Hotel übernachten, aber zwischen der Sparpolitik der Regierung und dem Rang den die X-Akten innerhalb des FBIs genossen konnte sie vermutlich froh sein, dass sie und Mulder nicht in einem Zelt schlafen mussten.

Wenigstens das Personal war freundlich, ihre Zimmer sauber und auf dem gleichen Gang nur wenige Meter auseinander. Nachdem sie ihre Zimmer bezogen hatten, machten sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Restaurant um dann zwei Stunden später gut gesättigt wieder ins Motel zurückzukehren.

Wie selbstverständlich folgte ihr Partner ihr in ihr Zimmer und kaum dass die Tür hinter ihnen geschlossen war, schlang er seine Arme um sie und zog sie für einen langen langsamen Kuss an seinen Körper.

Vielleicht konnten sie dem FBI ein besseres Zimmer aus den Rippen leihern, wenn sie vorschlugen es sich zu teilen.

Für einige Sekunden ließ sie ihn gewähren, dann presste sie ihre Hand auf seinen Brustkorb um etwas Abstand zwischen sie zu bringen und löste ihren Mund von seinem.

„Lass mich das kurz klarstellen“ mit ihrer Zunge fuhr sie kurz über ihre Lippen um sie zu befeuchten und verstärkte dann den Druck ihrer Hand damit Mulder die Geste nicht als Einladung verstand. „Du schleppst mich zu einem Fall, nur damit du mit Dr. Dolittle sprechen kannst und erwartest jetzt ernsthaft, dass du in meinem Bett schlafen darfst?“

„Vergiss nicht, dass ich immer noch enttäuscht bin, weil Professor Gordon eben nicht Dr. Dolittle ist“ argumentierte er ruhig und da sie ihm ihren Mund noch immer verweigerte, platzierte er seine Lippen stattdessen an ihrem Halsansatz kurz über dem Kragen ihrer Bluse.

„Ich kann deine Enttäuschung praktisch fühlen“ antwortete sie trocken, neigte ihren Kopf aber willig zur Seite um ihm besseren Zugang zu ermöglichen. „Aber ich plane heute Nacht wenigstens 5 Stunden Schlaf ein, Mulder“ ermahnte sie ihn ernst. Fünf Wochen in einer Beziehung mit ihrem Partner und sie konnte die Nächte in denen sie durchgeschlafen hatte an einer Hand abzählen und hätte noch Finger übrig gehabt.

Es fiel ihnen nicht besonders schwer tagsüber ihre Professionalität beizubehalten, aber kaum, dass nach Feierabend ihre Agentenpersönlichkeiten im Büro eingesperrt wurden, waren sie wie jedes andere neue Paar auch. Neugierig und kaum in der Lage die Finger vom Anderen zu lassen. Natürlich verbrachten sie ihre Zeit nicht ausschließlich im Bett, aber was auch immer sie taten, sich eine Film ansehen, am PC sitzen oder gemeinsam essen, letztendlich kam immer der Punkt an dem sie eng umschlungen in die Laken sanken. Und es war fantastisch.

Mit einem tiefen Brummen akzeptierte Mulder ihre Bedingung und begann bereits damit sie von ihrer Kleidung zu befreien. Als er dann endlich wieder ihre Münder miteinander verschmolz und sie ihre Hände gierig über seinen Körper wandern ließ begann sie sich ernsthaft zu fragen, ob sie wirklich fünf Stunden Schlaf brauchte.

Police Department

Indianapolis, Indiana

Mittwoch 10. April 1996

9:10am

Detektiv was-weiß-ich-wie-der-heißt hieß in Wirklichkeit Norman Taylor, war kaum größer als Scully, hager und versteckte sein Gesicht, dass zu jung erschien um schon zu einem Detektiv zu gehören, hinter einem dicken Vollbart. Doch entgegen Mulders Erwartung war der Mann, der vielleicht zwei oder drei Jahre älter als er selbst war, weder feindselig noch verärgert darüber, dass sie mit der Untersuchung schon begonnen hatten ohne sich vorher mit ihm abzusprechen. Im Gegenteil, er schien geradezu dankbar, dass ihm jemand half.

„Verstehen Sie, ich versuche nicht etwas zu sehen, dass nicht da ist“ erörterte der Polizist gerade seine Vorgehensweise. „Aber wenn Dr. Moralis, unsere Gerichtsmedizinerin, als Todesursache Skorpion angibt, dann lasse ich den örtlichen Wildtierfänger suchen. Wenn ich aber drei Tote habe, dann beginne ich mich zu fragen wer vielleicht einen Skorpion benutzen könnte, klar?“ Mulder nickte verstehend. „Und Dr. Gordon ist derjenige dessen Name dann ganz oben auf der Liste landet. Ich denke tatsächlich nicht, dass der Professor jemanden töten würde, er ist viel zu sehr in seine Arbeit vertieft und außerdem liebt er Skorpione und würde es vermutlich nicht ertragen, wenn einer verletzt oder gar getötet werden würde.“

„Wie lang ist diese Liste?“ versuchte Scully sich einen Überblick über die restlichen Verdächtigen zu verschaffen.

„Verflucht kurz, das kann ich Ihnen sagen“ antwortete Taylor. „Da wäre also Dr. Gordon, seine Assistentin und der Praktikant. Das Halten von Gifttieren erfordert im Staat Indiana eine offizielle Genehmigung und im Raum von Indianapolis und Umgebung gibt es nur zwei weitere Menschen, die die Erlaubnis zum Halten von Skorpionen haben. Ein Gunter Blumkist und Dennis Haag, bei beiden war die Überprüfung ergebnislos, da alle ihre Tiere gesund und munter in ihren Terrarien waren. Mister Blumkist ist außerdem unseren Jungs vom Norddepartment behilflich eventuelle illegale Schwarzhalter ausfindig zu machen, bisher jedoch ohne Spur. Zudem forschen wir im Internet nach, ob sich jemand in den letzten Wochen eine größere Menge an Tiergiften besorgt hat, aber auch damit hatten wir bisher keinen Erfolg“ der Polizist wirkte frustriert, was durchaus verständlich war. „Mir ist ehrlich gesagt völlig egal, ob das Vieh das wir suchen ein Skorpion, eine Schlange oder sonst was ist, ich will es nur endlich finden und seinen Besitzer davon abhalten noch mehr Menschen zu töten.“

„Was ist mit den Opfern, gibt es irgendeine Verbindung zwischen Ihnen?“ wollte Mulder wissen, der zwar die meisten Einzelheiten aus der Akte schon kannte, aber dennoch sichergehen wollte, dass niemand von ihnen etwas übersah.

„Okay, also die Opfer“ begann Taylor und stand von seinem Schreibtisch auf um zu einer Wand, an der ein riesiges Whiteboard befestigt war, zu gehen. Auf der Tafel befanden sich Unmengen von Fotos und Fakten, die diesen ungewöhnlichen Fall begleiteten. „Opfer Nummer eins“ er deutete auf das Schulfoto einer jungen, hübschen Blondine. „Mary Lou Brodin, 21 BWL-Studentin an der Universität, hatte nicht eine Vorlesung bei Dr. Gordon und befand sich nie in der Nähe seines Forschungslabors, bis wir ihm ihr Foto gezeigt haben, kannte er sie gar nicht. Sie ist vor drei Jahren zum Studium aus Wisconsin hergezogen und stand kurz vor ihrem Bachelor. Nebenbei jobbte sie als Aushilfe in einer Anwaltskanzlei und servierte an drei Tagen in der Woche ihren Mitstudentin in der Mensa das Essen. Laut ihren Dozenten und Noten war sie eine mittelmäßige, unauffällige Studentin und laut ihren Freunden hatte sie weder ein Problem mit Alkohol oder Drogen und war seit zwei Jahren Single nach einer einvernehmlichen Trennung von ihrem Freund. Weitere Hintergrundrecherchen laufen zwar noch, aber bisher haben wir noch keinen Grund gefunden warum jemand sie töten sollte. Der Todeszeitpunkt war schätzungsweise zwischen zwei und vier Uhr nachts am 1. April. Am Morgen wurde sie tot in ihrer Wohnung von einer Kommilitonin gefunden mit der sie immer zur Uni fuhr-“

„Sie hat nicht auf dem Campus gewohnt?“ fragte Mulder.

„War wohl zu teuer, sie hat in einem winzigen Apartment in Downtown gewohnt auf der Washington Street“ erklärte Taylor.

„Unser ist Hotel ist dort, nicht gerade die ideale Gegend für eine junge Studentin.“

„Absolut Ihrer Meinung, wenn Ihr Hotel dort ist, hatten Sie Glück, dass Ihr Mietwagen heute früh noch auf dem Parkplatz gestanden hat“ grinste der Detektiv bevor er wieder ernst wurde. „Wir haben uns mal in der Szene umgehört, ich meine ihre Freunde können ja viel erzählen, es gibt Junkies die ihre Sucht gut verheimlichen können. Aber laut unseren Informanten war die Kleine keine Kundin.“

„In der Regel greifen Drogendealer auch nicht zu einem Skorpion um jemanden zu töten“ warf Scully ein und beide Männer nickten.

Taylor ging einen Schritt weiter und deutete auf das nächste Opfer, einen Afroamerikaner mittleren Alters, mit kurzen Haaren, Schnurrbart und einem ansteckenden Lächeln.

„Peter Winslow, 48. Vor 11 Monaten geschieden worden, Vater von vier Kindern. Arbeitete bis vor drei Monaten als Hausmeister für eine große Wohnungsbaugesellschaft, dann wurde bei ihm irgendein Krebs festgestellt“ er suchte auf der Tafel nach dem richtigen Stichpunkt. „Ich kann mir diesen lateinischen Quatsch einfach nicht merken.“

„Aggressives Pankreaskopf-Ca“ half Scully ihm aus, die den Punkt weiter unten auf der Tafel sah.

„Richtig, irgendwas mit der Bauspeicheldrüse, wenn Sie näheres darüber wissen wollen, müssen Sie sich an Dr. Moralis wenden“ kommentierte Taylor kurz, bevor er mit seinem Bericht fortfuhr. „Er war deswegen im Uniklinikum in Behandlung. Der Tod ist beim ihm ähnlich wie bei Mary Lou etwa zwischen 2-4 Uhr morgens am 5. April eingetreten, allerdings wurde er erst knapp 24 Stunden später gefunden, nachdem die Klinik vergeblich versucht hatte ihn zu erreichen. Als er am Freitag schon den zweiten Chemotermin verpasst hatte, haben sie die Polizei alarmiert und die haben ihn dann gefunden.“

„Gibt es in seinem Fall Motive?“ fragte Mulder.

„Eine ganze Reihe sogar Mr. Winslow war nicht immer ein gesetzestreuer Bürger, er hat von 89-92 eine Haftstrafe wegen bewaffneten Raubüberfalles gesessen, zudem wurde er verdächtig an mindestens 3 weiteren Überfällen beteiligt gewesen zu sein, aber nur in einem konnte man ihn eindeutig identifizieren. Für seine Aussage gegen die Drahtzieher hinter den Überfällen wurde ihm Straffreiheit gewährt.“

„Also kann man einen Racheanschlag nicht ausschließen.“

„Eigentlich nicht. Aber bisher ist es uns noch nicht gelungen eine Verbindung zwischen ihm und dem ersten Opfer herzustellen und es erscheint mir relativ unwahrscheinlich, dass zwei Menschen innerhalb kürzester Zeit unabhängig voneinander auf die gleiche Weise getötet werden.“

„Zudem auf diese ungewöhnliche Weise“ bekräftigte Scully die Aussage des Detektivs.

„Und erst Recht, wenn man bedenkt, dass gerade mal drei Tage nach seinem Tod und zwei Tage nach dem Auffinden von Peter Winslow die Leiche von Rita Nevil auf dem Tisch der Gerichtsmedizin gelandet ist“ mit diesen Worten ging Taylor einen weiteren Schritt zur Seite um die Aufmerksamkeit auf die Fakten des dritten Opfers zu lenken. „Da die Leiche erst gestern gefunden wurde sind unsere Informationen noch nicht ansatzweise vollständig, aber das ist, was wir bisher haben“ erklärte er die auffallend kurze Menge an Stichpunkten unter dem Foto einer rüstigen Rentnerin. „Rita Nevil, 63. Seit drei Jahren verwitwet, war die Frau von Donald Nevil, der die regionale Autohauskette Nevils Automobile gegründet hat-“

„Mit Nevils Autos fahren sie wie der Teufel“ fiel Scully ihm überraschend ins Wort und erntete einen fragenden Blick des Detektivs.

„Sie kennen Nevils Automobile?“

„Mein Bruder hat einige Zeit in Fort Waine gewohnt, er hat sein erstes eigenes Auto bei Donald Nevil gekauft und ich kann gar nicht beschreiben wie oft ich mir diesen Werbespruch danach aus seinem Mund anhören durfte“ bei der Erinnerung daran musste sie unwillkürlich mit den Augen rollen so stolz war Bill damals auf sein Auto gewesen.

„Sie wurde gestern Nachmittag von der Putzfrau gefunden, Todeszeitpunkt irgendwann in der Nacht davor und viel mehr haben wir noch nicht wirklich. Aufgrund des Erfolges ihres Mannes könnte vielleicht Neid oder Habgier als Motiv in Betracht kommen, was aber nicht erklärt, warum auch sie augenscheinlich von einem Skorpion getötet wurde“ schloss Taylor nicht ganz ungeknickt. Seit über einer Woche machte ein unidentifiziertes Tier auf Befehl von einer unbekannten Person seine Stadt unsicher und alles was er vorweisen konnte waren Opfer die weder in Rasse, Geschlecht oder sozialem Stand miteinander in Verbindung standen.

„War sie krank?“ wollte Mulder wissen und Scully griff augenblicklich nach der Akte, da es keinen korrespondierenden Stichpunkt auf der Tafel gab.

„In der Akte ist nichts vermerkt“ wiegelte sie ab.

„Ich glaube sie hatte Krebs“ die Stimme des Detektivs nahm einen nachdenklichen Klang an und Scullys Kopf schoss nach oben. „Ich erinnere mich, dass meine Frau mich vor drei Jahren auf einen Zeitungsartikel aufmerksam gemacht hat in dem stand, dass nach dem Tod von Donald Nevil an Lungenkrebs nun auch seine Frau daran leiden würde.“ Mulder wollte dem Detektiv gerade zu seinem guten Gedächtnis gratulieren, als dieser mit einem Grinsen abwinkte „Ich weiß das nur noch, weil meine Frau das als Bespiel genutzt hat, dass ich endlich mit dem Rauchen aufhören sollte, aber nicht der Artikel hat mich schließlich dazu gebracht diese Gewohnheit abzulegen, sondern die Tatsache, dass sie mir knapp eine Woche später eröffnete, dass sie schwanger sei.“

„Also haben wir zwei Opfer die nachweislich an Krebs gelitten haben“ warf Mulder in Gedanken versunken in die Runde.

„Woran denkst du?“ wollte Scully wissen, die zwar eine Übereinstimmung sah aber noch nichts, was sie der Lösung des Falles näher gebracht hätte.

„Ich weiß nicht, vielleicht ist es eine Art Sterbehilfe.“

„Da gäbe es aber weiß Gott bessere Methoden“ grunzte Taylor.

„Zudem müssten wir dazu wissen, ob es für die Opfer wirklich keine Chance auf Heilung mehr gegeben hätte und dafür bräuchte ich die Krankenakten-“

„Na das sollte kein Problem sein, Sid Mayers, der Staatsanwalt wartet nur darauf, dass ich endlich mit einer verständlichen Theorie an seine Tür klopfe, die den Fall endlich von seinem Schreibtisch befördert. Ich bin mir sicher, wenn ich ihn gleich anrufe, haben sie in ein paar Stunden einen Gerichtsbeschluss für beide Krankenakten“ unterbrach sie der Detektiv und lief bereits zu seinem Schreibtisch um den erforderlichen Anruf zu machen.

„Was ist mit Mary Lou Brodin?“ wollte Scully wissen noch ehe er mit dem Wählen begonnen hatte.

„Bei ihr gibt es keinen begründeten Verdacht, daher weiß ich nicht, ob nur die bloße Vermutung für einen Gerichtsbeschluss reichen wird, aber ich werde sicherheitshalber mal nachfragen“ dann, als er plötzlich statt Freizeichen eine Stimme in seinem Ohr hatte. „Sid? Norman hier, ich hab vielleicht gute Nachrichten…“

Noch während der Detektiv seinen Freund auf den neusten Stand der Dinge brachte, wandte sich Scully wieder an ihren Partner. „Während wir auf die Gerichtsbeschlüsse warten, würde ich mich gerne mal mit der Gerichtsmedizinerin unterhalten.“

„Vielleicht kann sie uns auch sagen, wie die Chancen stehen, dass Mary Lou Brodin irgendwo einen unentdeckten Tumor hatte“ stimmte Mulder ihr zu und als Taylor aufgelegt hatte setzten sie ihn von ihrem geplanten Vorgehen in Kenntnis. Mulder gab dem Detektiv seine Karte, sodass dieser sie erreichen konnte sobald der Staatsanwalt sich meldete. Nachdem sie die Adresse der Gerichtsmedizin erhalten hatten, waren sie auch schon auf dem Weg.

Gerichtsmedizinisches Institut

Indianapolis, Indiana

Mittwoch 10. April 1996

11:30am

Die Gerichtsmedizin lag auf dem Gelände des Universitätsklinikums und keinem der Agenten entging die Ironie. Bisher führten alle Wege immer zurück zur Universität. Was in einer Stadt wie Indianapolis, die buchstäblich von der Uni lebte, nicht unbedingt verwunderlich, aber dennoch auffallend, war.

Dr. Rosa Moralis, war eine mittelgroße, etwa 50jährige schlanke Frau, deren mexikanische Herkunft durch ihren dunklen Teint und ihre pechschwarzen langen Haare kaum zu verbergen war. Ihre großen braunen Augen fixierten ihre Gegenüber durch eine dicke Hornbrille und sie sprach beinahe akzentfrei.

„Dr. Gordon kann behaupten was er will“ trotz ihrer verteidigenden Ausdrucksweise klang sie nicht feindselig. „Ich glaube immer noch, dass diese Menschen von einem Skorpion getötet wurden und seine strikte Ablehnung macht ihn meinen Augen nicht unbedingt unverdächtiger. Ich meine, wenn ich der Hauptverdächtige wäre, würde ich schließlich auch alles behaupten um den Verdacht von mir abzulenken.“

„Was ist mit dem unbekannten Neurotoxin?“ fragte Mulder.

„Ganz ehrlich?“ erwiderte die Ärztin und beide Agenten nickten. „Ich tippe auf einen Fehler des Labors, wäre bei weitem nicht das erste Mal. Ihre Geräte sind veraltet und die meisten Mitarbeiter schlampig, vermutlich hat einer von ihnen die Probe verunreinigt. Ich habe eine Neue eingereicht zusammen mit der des zweiten Opfers und heute früh eine von der dritten Leiche, aber vor Übermorgen rechne ich mit keinem neuen Befund. Seit Jahren versuche ich unseren Vorstand davon zu überzeugen ein privates Labor zu beauftragen, aber unseres ist eben billiger und so ist es ein ständiger Kampf gegen Windmühlen“ sie versuchte gar nicht ihren Ärger darüber zu verbergen.

„Wir könnten die Proben nach Quantico schicken“ schlug Scully vor, die selbst nur allzu gut wusste wie schwer es war ein gutes Labor zu finden.

„Gerne, aber selbst die werden wohl mindestens drei Tage für eine toxikologische Untersuchung brauchen“ Scully konnte diese Aussage nur durch ein Nicken bestätigen. Im Gegensatz zu dem, was das Fernsehen seinem Zuschauer vermittelte, brauchten derartige Befunde länger als nur ein paar Stunden. Dr. Moralis zuckte mit den Schultern „Aber zumindest haben wir dann eine Vergleichsauswertung zu unserem Labor, ich werde das nötige Material gleich entnehmen und versenden.“

„Was ist mit den Stichen? Sie haben jeweils nur den tödlichen Stich erwähnt, gab es noch andere?“ fragte Mulder, der die Theorie seiner Partnerin noch nicht vergessen hatte.

„Wenn da mehr gewesen wären, dann hätte ich sie erwähnt“ nach wie vor klang sie nicht beleidigt oder angegriffen, aber ihre Stimme verriet eine erlernte Routine ihre Ergebnisse gegenüber Kollegen, Anwälten oder anderen Berufsgruppen rechtfertigen zu müssen.

„Hat einer der Stiche ein Gefäß getroffen?“ versuchte Scully die Nachfrage ihres Partners zu spezifizieren.

„Jeder Einzelne hat das“ während Dr. Moralis sprach ging sie hinüber zu einem der Kühlfächer, öffnete die Tür und zog die eiserne Barre hervor, auf der der leblose Körper von Rita Nevil lag. „Mit Nevils Autos fahren sie wie der Teufel“ fügte sie gedankenverloren hinzu und Mulder konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, es schien ein wirklich eingängiger Werbespruch zu sein.

„Alle drei Opfer wurden in eine oberflächliche Vene gestochen, wobei das Gift augenblicklich in ihren Blutkreislauf geriet und innerhalb von Minuten ein multiples Kreislauf- und Organversagen hervorgerufen hat“ die Ärztin deutete auf eine minimale Einstichstelle auf dem rechten Handrücken der Leiche, um die sich ein riesiges Hämatom und eine starke Schwellung gebildet hatten. „Was den Verdacht erhärtet, dass jemand das Tier absichtlich dorthin gesetzt und es zum Stechen gebracht hat.“

„Könnte es sich dabei auch um Nadelstiche handeln?“ wollte Scully vorsichtig wissen, um die Medizinerin nicht weiter zu provozieren.

„Bis gestern hätte ich das vielleicht noch in Erwägung gezogen, wenn ich dann nicht gestern Abend das hier aus dem letzten Opfer gezogen hätte“ sie zog einen kleinen durchsichtigen Becher mit mikroskopisch kleinem Inhalt aus ihrer Kitteltasche und hielt ihn ins Licht, sodass beide Agenten einen Blick darauf werfen konnten.

„Ist das ein Stachel?“ hakte Mulder, dem noch nicht ganz klar war worauf er da starrte, nach.

„Vielleicht sollten Sie das mal Dr. Gordon fragen. Aber nach meiner Meinung auf jeden Fall“ erklärte die Gerichtsmedizinerin triumphierend.

„Davon stand gar nichts in ihrem Bericht.“

„Weil Taylor den Bericht am liebsten schon auf seinem Tisch hat, bevor die Leiche überhaupt hier angekommen ist“ lächelte sie trocken. „Das was Sie in ihrer Akte haben ist nur die erste oberflächliche Untersuchung, ich war gerade dabei die vollständigen Ergebnisse abzutippen bevor Sie gekommen sind.“

„Steht in diesem Bericht auch, dass Rita Nevil Krebs hatte?“ wollte Scully wissen, die fühlen konnte, dass was auch immer sie hier gerade in Erfahrung brachten, den Weg zur Lösung des Falles ebnete.

„Sie hatte ein rezidivierendes Lungenkarzinom“ stimmte Dr. Moralis zu.

„Was ist mit Mary Lou Brodin?“ führte Mulder die Unterhaltung auf die ungeklärte Erkrankung des ersten Opfers.

„Nun sie hatte keinen Krebs, zumindest keinen den ich gefunden hätte“ die Ärztin schien über die Wendung der Unterhaltung leicht überrascht zu sein. „Glauben Sie, dass jemand diese Menschen tötet, weil sie an Krebs litten?“

„Sagen wir, es ist eine mögliche Theorie“ erklärte Scully. „Haben Sie bei der Blutuntersuchung die Tumormarker bestimmt?“

„Das gehört nicht zur Standardvorgehensweise und da ihre Theorie nicht schon vor 9 Tagen im Raum stand, sah ich auch keinen Grund dafür“ die Gerichtsmedizinerin beugte nachdenklich den Kopf zur Seite. „Die Zerstörung der Blutbestandteile ist jetzt zu weit vorangeschritten, als dass sie noch einen aussagekräftigen Wert ergeben könnten. Aber ich könnte die Leiche durch unser CT jagen um zu sehen ob sich im umliegenden Gewebe der Organe irgendwo ein Tumor versteckt, den die Autopsie nicht zu Tage gefördert hat.“ Noch ehe die Agentin etwas darauf erwidern konnte klingelte das Handy ihres Partners.

„Mulder?“ nahm dieser den Anruf entgegen und obwohl sie nur seine Seite der Unterhaltung mitbekam erfuhr sie sofort, dass die Gerichtsbeschlüsse da waren. In einer Rekordzeit noch dazu, offensichtlich hatte Taylor nicht übertrieben wie gerne der Staatsanwalt diesen Fall abschließen wollte.

„Ein Nein für das erste Opfer, aber die Krankenakten der beiden Anderen liegen oben auf der Onkologie. Detektiv Taylor wollte sie ins Revier faxen lassen, aber da wir ja gerade hier sind, habe ich gesagt, dass du sie mitbringst. Er faxt gerade den Gerichtsbeschluss oben an die Station“ erklärte Mulder kurz, nachdem er sein Gespräch beendet und aufgelegt hatte.

„Ich?“ bohrte seine Partnerin nach.

„Während du mit Taylor die Akten durchgehst, würde ich gerne damit“ er nahm den Becher mit dem vermeintlichen Stachel aus Dr. Moralis Hand „zu Dr. Gordon gehen und abklären, ob das wirklich der Stachel eines Skorpions ist. Natürlich nur wenn Sie einverstanden sind“ fügte er an die Ärztin gewandt hinzu.

„Sicher, aber wenn Sie ihn verlieren ist das Ihre Beerdigung“ stimmte die Gerichtsmedizinerin zu.

„Unter einer Bedingung“ schaltete sich Scully nach einem Blick auf ihre Uhr ein.

„Die wäre?“ wollte er lächelnd wissen.

„Bevor du fährst gehen wir in der Cafeteria was essen.“ Es stand zwar nicht in ihrer Jobbeschreibung, aber über die Jahre hinweg hatte es sich einfach so ergeben, dass sie darauf achtete, dass ihr Partner voller Arbeitseifer nicht die einfachen Grundbedürfnisse seines Körpers wie Schlaf oder Nahrung ignorierte. Was er nur allzu gerne tat.

„Deal.“

Forschungslabor

Universität von Indianapolis, Indiana

Mittwoch 10. April 1996

3:45pm

Wohl gesättigt hatten er und Scully die Krankenakten von der Onkologie geholt. Auch wenn es sich dabei lediglich um Kopien handelte. Die Anwältin des Krankenhauses die sie bereits erwartet hatte, weigerte sich standhaft die Originale auszuhändigen. Zumindest durfte seine Partnerin einen vergleichenden Blick auf beide Exemplare werfen um zu bestätigen, dass nicht ausversehen eine Seite verloren oder fehlkopiert worden war. Oberflächlich betrachtet schienen die Akten übereinzustimmen, was die Anwältin auch bereit gewesen wäre durch einen Notar beglaubigen zu lassen.

Da aber keiner der Agenten vermutete einen Hinweis auf den tatsächlichen Täter aus den Akten zu beziehen, auch wenn man das nicht komplett ausschließen konnte, sondern lediglich die Krankeninformationen vollständig zusammen tragen wollten, verzichten beide auf das Warten, das ein notarieller Besuch mit sich gebracht hätte.

Bewaffnet mit den Akten und dem neuen Beweismittel hatte er seine Partnerin am Polizeirevier abgesetzt und sich dann auf den Weg zur Universität gemacht.

Jetzt stand er in der kleinen Schleuse vor dem Labor und wartete auf den Professor, der ihn zwar schon bemerkt hatte, aber gerade noch akribisch damit beschäftigt war einen Skorpion zu melken. Es war fast eine Art Deja vu, bis auf dass Scully, Buster und die angriffslustige Assistentin von Dr. Gordon fehlten.

Behutsam setzte der ältere Mann das Tier zurück in einen kleinen Styroporbehälter, klemmte sich den weißen Karton unter den Arm und kam zur Schleuse. Als der Doktor sich seines Mundschutzes und der Handschuhe entledigte, wobei der den Behälter einfach auf die Ablagefläche der Mittelinsel gestellt hatte, konnte Mulder zum ersten Mal in seinem Leben außerhalb eines Zoos einen Blick auf einen Skorpion werfen.

Es war ein wirklich hässlicher Anblick. Das Tier hatte einen dicken, fast gelblich schimmernden Körper mit großen Scheren und einem kleinen, aber dennoch prominenten Schwanz.

„Androctonus m. mauretanicus. Faszinierend nicht wahr?“ der Professor hatte sich direkt neben ihn gestellt und blickte fast schon mit liebevoller Hingabe auf das Tier.

„Es scheint fast unvorstellbar, dass das Ding nicht gefährlich sein soll“ die Begeisterung des Agenten hielt sich merklich in Grenzen.

„Nun, nicht gefährlich für Sie“ antwortete Dr. Gordon und griff sich den Karton, lief hinüber zu dem Zimmer mit den Terrarien, öffnete die Tür und lief zielstrebig auf einen Glaskasten auf der linken Seite zu. „Für eine Wespe, Hornisse oder gar eine Maus wäre ein Stich dieses Skorpions ein Todesurteil“ er setze das Tier zurück in seine Behausung und verschloss das Terrarium wieder sorgfältig.

„Mäuse?“ stutzte Mulder. „Ich dachte Sie hätten hier keine für Säugetiere gefährlichen Arten?“

„Nein, ich sagte, dass wir keine für den Menschen gefährlichen Skorpione halten“ berichtigte ihn der anderen Mann. „Bis vor einem Jahr hatten wir noch welche. Quasi den großen Bruder des Tieres, das sie gerade sehen konnten. Aber Dekan Manster und der Vorstand waren von der Vorstellung von so viel Gift in der Nähe ihrer Studenten nicht unbedingt begeistert und da wir die gleichen Ergebnisse auch aus der Erforschung der weniger gefährlichen Skorpione erzielen können, haben wir unsere Exemplare dem Zoo von Toronto gespendet“ erklärte Dr. Gordon geduldig und Mulder nickte verstehend.

„Wo befindet sich denn ihr Team?“ wollte er wissen, da ihm nicht entgangen war, dass sich der Professor völlig allein in seiner Forschungseinrichtung aufhielt.

„Im Kinderzimmer“ war die kurze Antwort und Mulder hätte beinahe lauf aufgelacht, der andere Mann, dem seine Reaktion nicht entgangen war, grinste kurz. „Zwei Zimmer weiter haben wir eine ideale Umgebung für die Paarung und die Aufzucht angelegt. Wir haben versucht der Natur in den Terrarien einfach freien Lauf zu lassen, aber nicht nur, dass die Weibchen die kleineren Männchen nach der Paarung gerne verspeisen“ Mulder zuckte bei dem Gedanken unwillkürlich zusammen. Gott sei Dank war alles, was Scully nach dem Sex wollte Kuscheln und Schlafen. „Zudem sehen die anderen Skorpione die Jungtiere auf dem Rücken der Mutter als schmackhafte, kleine Zwischenmahlzeit und ständig Nachschub zu kaufen, war auf Dauer zu teuer, also bauten wir das Kinderzimmer“ fuhr der Doktor fort ohne den Gedankengang seines Gegenübers zu erahnen. „Es gibt zwar immer noch die eine oder andere Mutter, die nicht versteht, dass die Aufzucht von Jungtieren nicht deren Verzehr beinhaltet, aber inzwischen konnten wir die Verluste auf ein Minimum begrenzen.“ Dr. Gordon schloss die Tür zum Terrarienzimmer und gesellte sich dann zurück zu dem Agenten an die Mittelsäule. „Aber Sie sind doch sicher nicht gekommen um sich über die Aufzucht von Skorpionen zu informieren, oder?“

„Nein, tatsächlich bin ich hier, um Sie zu bitten, etwas für mich zu identifizieren“ erklärte Mulder sein Anwesenheit und zog das kleine Plastikröhrchen aus seiner Tasche. Der andere Mann nahm den Behälter und hielt ihn gegen das Licht, die Augen konzentriert zusammengekniffen um den Inhalt besser erkennen zu können.

„Interessant“ war seine einzige Reaktion, bevor er seine Hand wieder senkte. Dann griff er zwei paar Handschuhe, Mundschutze und Kittel, reichte jeweils eins an Mulder weiter und öffnete nach dem Anziehen die Labortür. Sich etwas fehl am Platz fühlend, der medizinische Bereich war doch eher das Resort seiner Partnerin, folgte der Agent dem Arzt zu einem Mikroskop.

Vorsichtig platzierte dieser das neue Indiz auf einem Objektträger und schob diesen unter die Linse. Lange Zeit starrte der Professor stumm durch die Okulare, so dass Mulder fast schon glaubte, dass dieser das Objekt nicht identifizieren konnte.

„Ich tippe auf ein Buthus-Exemplar“ sprach der Arzt schließlich zögerlich.

„Ist das eine Skorpionsart?“ wollte Mulder wissen und sein Gegenüber nickte. „Also ist das definitiv der Stachel eines Skorpions?“ hakte er nach und erhielt wieder ein Nicken. „Aber?“

„Sehen Sie selbst“ Dr. Gordon rutschte mit seinem Stuhl zur Seite, damit der andere Mann einen Blick durch das Mikroskop werfen konnte.

„Und was genau sehe ich da?“ fragte der Agent, der mit dem Bild vor seinen Augen nur wenig anfangen konnte.

„Die meisten Skorpionsarten haben eine bestimmte Stachelform: Heterometrus haben einen langen gebogenen Stachel, wohingegen Pandinus-Skorpione einen kurzen geraden Stachel besitzen und der Stachel der Leirusart hat kleine Widerhaken an seinem Ende. Dieser Stachel jedoch“ er zögerte kurz, nicht ganz sicher wie er fortfahren sollte. „Er scheint verschiedene Merkmale zu vereinen“ schloss er schließlich und Mulder konnte ihm nur zustimmen. Der Stachel im Licht des Mikroskopes war sehr kurz, stark gebogen und besaß zwei Widerhaken an seinem äußersten Ende. „Am ehesten passt die kurze, geschwungene Form zu einem Buthusskorpion, allerdings besitzt kein Tier dieser Gattung diese Widerhaken“ erklärte  der Professor sein Unvermögen den Stachel ganz spezifisch zuordnen zu können. „Zudem erscheint die Farbe fast rötlich, aber sie müsste eigentlich eher einen Beigeton haben.“

„Wodurch ließen sich diese Abweichungen erklären?“ wollte Mulder wissen.

„Eine Laune der Natur vielleicht“ antwortete der Arzt. „Oder es ist tatsächlich die Erscheinung einer neuen Spezies.“

„Sie klingen nicht sehr überzeugt.“

„Seit über 25 Jahren wurde keine neue Spezies mehr gefunden, es gab Funde neuer Unterarten, aber das Auftreten eines völlig unbekannten Exemplares in einer bevölkerten Stadt wie Indianapolis erscheint mir nicht unbedingt wahrscheinlich“ die Zweifel des Arztes waren nicht einfach von der Hand zu weisen.

„Könnte jemand das Tier von einer Reise mitgebracht haben?“

„Durchaus möglich, vielleicht aus einer Wüstenregion. Die rötliche Farbe lässt auf Anpassung an rötliches Gestein wie beispielsweise in der Mohavewüste schließen“ gestand der ältere Mann. „Allerdings müsste dieser Jemand das Tier an verschiedenen Zöllen vorbeigeschleust haben um es nach Amerika einführen zu können.“

„Aber es wäre nicht unmöglich“ sagte Mulder eigentlich mehr zu sich selbst als zu dem anderen Mann. „Könnte dieses Exemplar das vom Labor entdeckte Neurotoxin bilden?“

„Wie schon gesagt gibt es bisher keine Art, die ein so starkes Gift produziert, aber wenn es sich bei diesem Tier wirklich um eine bisher unbekannte Gattung handelt, dann wäre auch das vermutlich möglich. Leider ist die Giftblase nicht mit abgerissen, so dass wir das gleich hätten überprüfen können.“

„Wie gefährlich wäre diese Verletzung für den Skorpion gewesen?“ Das war die eine Million Dollar Frage. Sie waren zwar der Ergreifung des Täters nicht wirklich näher, aber wenn der Abriss des Stachels ähnlich wie bei einer Biene den Tod bedeutet hätte, so würde das hoffentlich wenigstens verhindern, dass noch mehr Opfer ihr Leben verloren.

„In freier Wildbahn absolut tödlich. Seines Stachels beraubt, wäre das Tier weder in der Lage sich gegen Fressfeinde zu verteidigen, noch irgendwie seine Beute zu töten“ begann der Doktor und Mulder hörte das ‚aber‘schon, bevor er weitersprach. „Aber die Art der tödlichen Verletzungen bei dem Opfer lassen darauf schließen, dass der Täter den Skorpion gezielt benutzt. Das bedeutet wohl auch, dass er sich um das Tier kümmert und ohne Gefahr durch potenzielle Jäger und versorgt mit leichter Nahrung könnte es durchaus überleben.“

„Und auch weiter Gift produzieren?“

„Wenn die Giftblase nicht zerstört wurde, sicher.“ Der Agent nahm den Stachel wieder an sich, bedankte sich bei dem Professor und verließ das Labor.

Sie hatten zwar nach wie vor keine näher bezeichnenden Spur auf den Täter, aber der Stachel war vielleicht ein Wink in die richtige Richtung. Einige Polizisten würden sich durch die Fluglisten der letzten Wochen kämpfen müssen um zu erkennen, welcher Flugast vielleicht einen blinden Passagier mitgebracht hatte. Damit war der Fall zwar gerade wesentlich aufwendiger geworden, aber es schien erfolgsversprechender als alles, was sie bisher hatten. Zumal das Töten wohl auch ohne Stachel weitergehen konnte.

Police Department

Indianapolis, Indiana

Mittwoch 10. April 1996

5:30pm

„Brustkrebs“ war Scullys erstes Wort als sie ihren Partner das kleine Büro betreten sah, in dem sie gerade über verstreut liegenden Akten saß.

„Und das, wo ich doch so regelmäßig zur Vorsorgeuntersuchung gehe“ war seine trockene Antwort und sie belohnte ihn mit einem kleinen Lächeln.

„Ich meine damit“ begann sie ihren Stichpunkt zu erklären „das Brustkrebs die fehlende Komponente in diesem Puzzle ist.“

„Mary Lou Brodin?“ seine Frage erntete ihm ein Nicken.

„Dr. Moralis hat im CT einen kleinen Knoten im rechten oberen Quadranten gefunden, eine Biopsie ergab dann die bösartige Bestätigung. Detektiv Taylor ist mit einem neuen Gerichtsbeschluss bewaffnet auf dem Weg zu Ms. Brodins Gynäkologen um die Akte abzuholen, aber ich glaube nicht, dass diese uns etwas anderes erzählen wird, als das was wir schon wissen.“

„Also hatten alle Opfer Krebs“ erschöpft ließ er sich gegenüber von ihr in einen Stuhl fallen. Er war es nicht gewohnt so lange bei einem Fall auf der Stelle zu treten. Scully und er untersuchten zwar Fälle, die kein anderer Agent anfassen wollte, aber sie waren auch erfolgsverwöhnt. Ihre unkonventionellen Methoden brachten sie meist innerhalb weniger Tage auf die Lösung des Falles. Hier gab es aber keine unkonventionellen Methoden nachdem sich die Theorie des Skorpionsflüsterers nicht bewahrheitet hatte. So konnten die Ermittlungen noch Wochen dauern.

„Das hatten sie, allerdings alle in verschiedenen Organen und in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Peter Wilson hatte laut seiner Akte noch etwa 6 Monate zu leben, allerdings scheinen die letzten Chemotherapien endlich angeschlagen zu haben, da Dr. Moralis einen abgestorbenen Zellkreis um den Tumor gefunden hat, der vor seinem Tod noch nicht verstoffwechselt worden war. Rita Nevil befand sich in mitten einer erfolgsversprechenden Therapie aus Bestrahlung und Chemotherapie und Mary Lou Brodins Brustkrebs befand sich in einem so frühen Stadium bei dem die Heilungsquote bei fast 100% liegt“ ihre Stimme klang leicht frustriert. Die Theorie mit der Sterbehilfe hätte zumindest ein Motiv bedeutet, so waren sie noch immer nicht wirklich weiter gekommen.

„Was hat Dr. Gordon zum dem Stachel gesagt?“ fragte sie in der Hoffnung, dass er vielleicht mehr Glück hatte als sie.

„Es ist tatsächlich ein Skorpionsstachel“ erwiderte Mulder.

„Aber ?“ schon sein Zögern war kein gutes Zeichen.

„Er sagt, er wäre von keiner ihm bekannten Spezies, was entweder bedeutet, dass der Täter eine neue Gattung hier gefunden, oder aus einem fremden Land eingeführt, hat-“

„Das ließe sich doch wenigstens überprüfen“ ertönte die Stimme des Detektivs, der unbemerkt das Büro betreten hatte und genauso müde und erschöpft aussah wie die Agenten sich fühlten. „Ich kann morgen früh einige meiner Männer daran setzen die Flüge der letzten Wochen zu überprüfen.“

„Sie sollten sich allerdings nicht zu viele Hoffnungen machen“ bremste Mulder den Enthusiasmus des anderen Mann sanft.

„Besser als nichts zu tun“ erwiderte dieser und legte die neue Akte zu Scully auf den Tisch.

Best Western Crossroads

Indianapolis, Indiana

Mittwoch 10. April 1996

11:30pm

„Wow“ beinahe knochenlos rutschte ihr nackter Körper von seinem zurück auf die Matratze. Sie hatte Mühe ihren rapide pochenden Herzschlag und ihre erhöhte Atemfrequenz wieder unter Kontrolle zu bringen, während ihre Hände nach der Decke griffen um der unvermeidlichen Abkühlung ihres Körpers durch den Schweißfilm auf ihrer Haut entgegen zu wirken.

„Das kann man wohl sagen“ war seine, nicht weniger atemlose, Antwort und sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Eigentlich hatten sie vorgehabt nach dem Abendessen noch kurz irgendetwas Hirnloses im Fernsehen zu sehen und dann früh schlafen zu gehen um am Morgen wieder frisch auf die Jagd nach einem Phantomkiller und seinem sehr realen Todeswerkzeug zu gehen. Ihr Hirn hatte allerdings andere Pläne gehabt und nachdem sie über eine Stunde schlaflos nebeneinander gelegen hatten und Schlaf weit entfernt schien, hatte sie dem Verlangen ihres Körper schließlich nachgegeben.

Zumindest brachte die körperliche Ertüchtigung genug Glücks- und Schlafhormone mit sich, wie sie in den letzten Wochen des öfteren erfahren hatte. Denn Mulder, der ewig Schlaflose, wachte mindestens ein Mal pro Nacht auf und obwohl er sie nie wecken wollte, kam trotzdem immer irgendwann der Punkt in dem ihr Körper auf sein Wachsein reagierte. Manchmal war es seine Abwesenheit, wenn er im Wohnzimmer auf der Couch mit leisem Fernseher versuchte seine Schlaflosigkeit zu entkommen. Es war schier unglaublich wie schnell sie sich an seinen Körper neben ihrem gewöhnt hatte, dass sie selbst unterbewusst reagierte wenn er nicht mehr dort war. Manchmal konnte sie selbst im Schlaf fühlen wie er sie beobachtete und überschritt deshalb die Grenze von schlafend zu wach. Welcher Grund aber auch immer vorlag wenn ihre Körper dann mitten in der Nacht zusammenkamen, so kam auch der Schlaf zurück. Deshalb konnte sie auch jetzt schon den verführerischen Zug ihres Unterbewusstsein fühlen sich einfach ins Traumland zu verabschieden, zumindest bis Mulders rauchige Stimme an ihrem Ohr sie wieder zurück holte.

„Wusstest du, dass die meisten Skorpionsweibchen ihre Männchen nach der Paarung auffressen?“ Ihr Lachen als Reaktion kam plötzlich und heftig und sie konnte sich für Sekunden kaum genug beruhigen um ihn zu fragen „Willst du mir damit irgendwas sagen?“ bevor sie erneut zu Lachen begann.

„Ich dachte nur, dass das eine Information ist, die du deinem beachtlichen Wissen an Skorpionen gerne hinzufügen möchtest“ grinste Mulder, der ihr Lachen durchaus ansteckend fand.

„Dir sollte eher bewusst sein, dass wenn du mich heute Nacht noch Mal weckst ich den Skorpion in mir entdecken werde“ ermahnte sie ihn noch immer lächelnd, während sie ihren Kopf an seine Schulter kuschelte und einen Arm über seine Brust legte, ihre Hand direkt über seinem Herzschlag.

„Hey, wenn ich mich recht erinnere, dann hab ich hier nur unschuldig gelegen und versucht zu schlafen bis du mich besprungen hast“ protestierte er.

„Charmant ausgedrückt“ sie fühlte wie sein Arm sich um ihre Schultern schlang und sie näher an seinen warmen Körper zog.

„So bin ich.“

„Halt die Klappe und schlaf“ beendete sie ihren kurzen Dialog, bevor das Gespräch sie vollends wieder aus ihrer schläfrigen Stimmung ziehen würde. Als Antwort küsste er nur kurz ihre Stirn bevor beide sich ihrem Nirwana hingaben.

Kaum drei Stunden später riss weder ihr neu erwachter Sexualtrieb, noch Mulders Schlaflosigkeit, sie aus ihrem friedlichem Schlaf, sondern das kaum zu ignorierende, fordernde Klingeln des Hoteltelefons. Mitten aus ihrer REM-Schlafphase herausgeholt brauchte sie eine Sekunde um die Quelle des quälenden Geräusches ausfindig zu machen. Dann griff sie über ihren Partner hinweg zum Nachttisch um den Hörer abzunehmen, bevor ein weiteres Klingeln ihr Hirn durchbohren konnte.

„Scully“ murmelte sie verschlafen.

„Tut mir leid Sie so spät noch zu stören“ um an den Hörer zu gelangen hatte sie sich leicht aufrichten müssen und nun kitzelten Mulders Brusthaare verführerisch über ihre Brustwarzen, weswegen sie leicht abgelenkt die Stimme des Detektivs nicht sofort erkannte. „Aber das Wachpersonal der Universität hat gerade die Leiche von Frank Bieter in Dr. Gordons Labor gefunden“ fuhr Taylor fort und vergessen war die Ablenkung auf ihrer Haut oder das Gefühl Mulders wandernder Finger auf ihrem Rücken während dieser ebenfalls aus seinem Schlaf erwachte.

„Durch einen Skorpion?“ wollte Scully wissen und die Hand auf ihrem Rücken erstarrte in ihrer Bewegung und Mulder musterte sie neugierig. Sie hielt den Telefonhörer etwas näher an ihn heran, so dass sie beide den Worten des Polizeibeamten folgen konnten.

„Nein, er wurde erschossen“ war Taylors knappe Antwort und noch bevor sie weiter nachfragen konnte. „Der Wachmann hat auf seinem Rundgang einen Schuss gehört und als er zum Labor kam, sah er jemanden in einem weißen Kittel fliehen. Er verfolgte die Person, verlor sie aber auf dem Campus. Als er zum Labor zurückkehrte fand er dann den leblosen Körper. Dr. Moralis und der Leichenbeschauer sind schon vor Ort. Wir haben einen Haftbefehl für Dr. Gordon und sind gerade auf dem Weg zu seiner Wohnung. Wenn Sie in einer Stunde auf dem Revier sein könnten, dann hätte ich Sie und ihren Partner gerne beim Verhör dabei.“

„Wir werden da sein“ bestätigte sie, bevor sie den Hörer zurück auf die Gabel schmiss.

„Warum sollte jemand den Praktikanten umbringen?“ fragte Mulder in die Stille des Raumes während sie sich erhob und streckte um ihrem müden Körper klar zu machen, dass er aufwachen musste.

„Ich glaube die wichtigere Frage ist, warum sollte Dr. Gordon seinen Praktikanten töten?“ erwiderte sie bevor sie im Bad verschwand um sich fertig zu machen.

Police Department

Indianapolis, Indiana

Donnerstag 11. April 1996

4:00am

Ihr erster Weg führte sie beide zur Kaffeemaschine des Reviers wo jemand in weiser Voraussicht gleiche mehrere Kannen gekocht hatte. Mit dem nötigen Koffein in der Hand suchten sie dann den Verhörraum in dem Dr. Gordon vermutlich den Rest seiner Nacht verbringen würde.

In Nebenraum des Verhörzimmers, welches mit dem üblichen Einwegglas ausgestattet war, trafen sie auf Detektiv Taylor und einen etwa gleichaltrigen Mann im adretten Anzug.

„Staatsanwalt Sid Mayers, die Agenten Mulder und Scully“ stellte der Polizeibeamte sie vor und Hände wurden geschüttelt.

„Hat er schon was gesagt?“ wollte Mulder wissen während er an seinem Kaffee nippte und durch das Glas Dr. Gordon beobachte. Der ältere Mann wirkte fast schon ungepflegt. Unrasiert und mit wirren Haaren, die um seinen Kopf flogen, hatte er nur noch wenig Ähnlichkeit mit dem selbstsicheren Professor, den er schon zwei Mal im Labor getroffen hatte.

„Als wir ihn festgenommen haben hat er seine Unschuld beteuert, aber kaum hatten wir ihn hier und haben ihm seine Rechte verlesen, hat er sofort nach seinem Anwalt geschrien“ erzählte Taylor und rieb sich die Augen. Er klang nicht nur erschöpft sondern fast schon wütend.

„Das ist sein gutes Recht“ versuchte Scully ihn zu beruhigen.

„Ich weiß, aber bis dieser Rechtsverdreher hier ist kann es noch Stunden dauern und wer weiß wie viele Opfer Dr. Gordon heute Nacht außer seinem Praktikanten noch gefunden hat“ lenkte der Detektiv deprimiert ein.

„Wie meinen Sie das?“ hakte sie nach.

„Vielleicht ist es ihm nun zu heiß geworden, jetzt wo das FBI auch noch gegen ihn ermittelt“ beantwortete der Staatsanwalt ihr Frage. „Vielleicht räumt er auf, beseitigt alle Zeugen bevor er sich aus dem Staub macht.“

„Ich weiß nicht“ brummte Mulder nachdenklich. „Er erscheint mir nicht der Typ dafür einfach alle stehen und liegen zu lassen, dafür ist ihm seine Forschung viel zu wichtig.“

„Wenn es darum geht den Rest des Lebens hinter Gittern zu verbringen ändern sich sie Prioritäten der Menschen sehr schnell“ widersprach ihm Sid.

„Zudem hatte auch niemand von uns wirklich geglaubt, dass Dr. Gordon zu einem Mord fähig ist“ pflichtete der Detektiv ihm bei und da musste Mulder ihm wohl zustimmen. Keiner hatte damit gerechnet, dass der offensichtlichste aller Verdächtigen auch wirklich ihr Täter war.

„Hat er versucht ein Alibi zu liefern?“ mischte sich Scully wieder in die Unterhaltung ein.

„Hat gesagt er wäre zu Hause gewesen, aber seine Wohnung liegt auf dem Universitätsgelände, nur wenige Meter vom Tatort entfernt, also wäre es für ihn ein Leichtes gewesen seinen Praktikanten zu töten und sich danach ins Bett zu legen und auf uns zu warten.“

„War er allein?“ wollte sie wissen.

„Sie meinen seine Assistentin?“ hakte Taylor nach und sie nickte. „Ist Ihnen auch aufgefallen, dass die mehr als nur Kollegen sind, häh?“ grinste der Detektiv und Scully kam nicht umhin sich zu fragen ob Mulder und sie nicht die gleiche Reaktion hinter ihrem Rücken erhielten. War es für jeden, der sie zusammen sah, offensichtlich, dass auch sie nicht nur das Büro teilten? Natürlich gab es im FBI Gerüchte, aber die hatte es auch schon gegeben bevor sie und ihr Partner beschlossen hatten ihre Partnerschaft vom Beruflichen auch ins Private zu übernehmen. „Wir haben vorhin versucht sie anzurufen, aber vermutlich hat sie einfach geschlafen wie jeder gesunde Mensch um die Zeit“ fuhr der Detektiv fort ohne ihren Gedankengang zu kennen. „Ich hab einen meiner Männer vorbeigeschickt um nach dem Rechten zu sehen.“ Was, wie Mulder fand, eine gute Idee war, denn wenn der Professor tatsächlich alle losen Enden abschließen wollte, dann stand seine Freundin vermutlich ziemlich weit oben auf der Liste.

„Okay, also dieser Frank wurde keinesfalls durch einen Skorpion getötet“ ertönte die Stimme von Dr. Moralis, die mit einer Akte und einigen Fotos bewaffnet den kleinen Raum betreten hatte. „In meiner äußeren Autopsie konnte ich keinen einzigen Einstich an seinem Körper finden. Todesursache ist sehr wahrscheinlich das große Loch mitten in seiner Brust“ mit diesen Worten presste sie eine Röntgenaufnahme gegen das Glas und das durchscheinende Licht entblößte die Verwüstung, die die Kugel in Frank Bieters Körper angerichtet hatte. „Die Kugel ist zwischen der dritten und vierten Rippe eingedrungen, wobei sie offensichtlich die dritte Rippe leicht gestreift hat und so die Knochenabsplitterung hervorrief, die sie hier sehen“ sie deutete auf einen grauweißliche Fleck mit dem Mulder überhaupt nichts anfangen konnte, aber da seine Partnerin nickte schien das wohl richtig zu sein. „Durch diese Tuschierung abgelenkt“ sie zog ein ausgedrucktes CT Bild aus ihrer Akte und hielt es neben das Röntgenbild „flog die Kugel nicht geradeaus weiter sondern durchschlug mit einem Winkel, den ich erst nach der endgültigen Autopsie richtig benennen kann, den Aortenbogen und den linken Vorhof und blieb dann in der linken Kammer des Herzens stecken.“

„War er sofort tot?“ wollte Taylor wissen, der dem Wachmann die Schuldgefühle nehmen wollte. Da dieser den Täter verfolgt hatte und das Opfer so nicht sofort entdeckt hatte und der sich nun schreckliche Vorwürfe machte, dass er den jungen Mann vielleicht noch hätte retten können. Obwohl Norman an seiner Stelle genauso gehandelt hätte.

„Eine Sache von Sekunden“ bestätige die Gerichtsmedizinerin seine Vermutung. Niemand hätte Frank Bieter retten können, nicht nachdem fast die gesamte linke Hälfte seines Herzen zerstört worden war. „Natürlich ist keine dieser Aussagen rechtsbindend“ fühlte sich Dr. Moralis genötigt zu sagen. „Zumindest nicht bis die Obduktion abgeschlossen ist, aber ich dachte mir Sie wüssten das gerne bevor Sie mit ihm sprechen“ sie nickte in Richtung des Mannes auf der anderen Seite des Glases während sie ihre Bilder wieder einsteckte.

„Danke Rosa“ antwortete der Detektiv.

Die Tür des Verhörraumes wurde geöffnet und ein alter, sehr gepflegter Mann mit gestutzten weißen Bart und Glatze im Anzug trat an Dr. Gordon heran.

„Wunderbar, der Anwalt ist da“ sagte Taylor und lief zur Tür und die FBI Agenten folgten ihm. Doch noch bevor sie den Flur durchqueren und das Verhörzimmer betreten konnten, wurde die Tür aufgerissen und ein wütender Anwalt blickte ihnen entgegen.

„Detektiv Taylor ich werde Ihr Department wegen andauernder Schikane verklagen“ waren seine wütenden Worte.

„Agents Mulder und Scully, Dr. Lucas Borelli“ stellte der Detektiv sie vor, von dem Wutausbruch des Anwalts gänzlich unbeeindruckt.

„Das FBI ist auch daran beteiligt?“ wetterte dieser auch sofort weiter.

„Dr. Borelli wir haben einen Haftbefehl für Ihren Mandanten und wenn Sie daran irgendetwas auszusetzen haben, dann können Sie das gerne mit dem Staatsanwalt und dem Richter klären. In der Zwischenzeit habe ich ein Verhör zu führen“ die Stimme des Polizeibeamten hatte einen harten, autoritären Klang angenommen, den keiner der Agenten vorher von ihm gehört hatte, aber er zeigte Wirkung.

„Wenn das wieder nur unberechtigte Anschuldigungen sind, dann werde ich Ihren Kopf rollen lassen“ antworte Dr. Borelli, aber schon nicht mehr ganz so angriffslustig. Er selbst wusste vermutlich am besten, dass kein Richter einen Haftbefehl bloß wegen einer Vermutung ausstellte. Dr. Gordon hatte das nötige Wissen für die Morde und kein Alibi, auch wenn man den Skorpion nicht bei ihm gefunden hatte.

Zu viert betraten sie das kleine Verhörzimmer in dem nur ein Tisch mit vier Stühlen stand. Der Anwalt setzte sich neben seinen Mandanten und Mulder und Scully nahmen ihm gegenüber Platz. Kaum, dass sie saßen, fuhr Taylor den Verdächtigen an „Warum haben Sie es getan Gordon? Hat Frank herausgefunden was sie diesen armen Menschen angetan haben?“

„Detektiv ich warne Sie“ schaltete sich Borelli sofort dazwischen.

„Detektiv Taylor, Dr. Gordon sieht etwas müde aus, was um diese Uhrzeit ja nicht sonderlich überraschend ist. Warum holen Sie ihm nicht einen Kaffee damit er sich besser auf unsere Fragen konzentrieren kann?“ versuchte Scully, wohl wissend, dass der Anwalt jede weitere aggressive Verhörtaktik nicht tolerieren würde, die Lage etwas zu entschärfen. Für eine Sekunde sah Taylor so aus als würde er ihren Einwand ignorieren, doch dann nickte er und verließ den Raum und sie wusste, dass er auf der anderen Seite des Glases jedem ihrer Worte folgen würde.

„Haben Sie eine Ahnung was ihr Praktikant zu dieser späten Stunde in ihrem Labor gewollt hat?“ begann Mulder in einem ruhigen Tonfall.

„Wir haben zwei Weibchen, die kurz davor sind Junge zu bekommen“ antworte Dr. Gordon. „Skorpione gebären bevorzugt in der Nacht. Frank und Charlie haben sich abgewechselt um sicher zu gehen, dass die Mutter ihre Nachkommen nicht auffrisst“ führte er weiter fort, dann schoss sein Kopf plötzlich nach oben „Geht es Charlie gut?“

„Warum fragen Sie?“ hakte Scully nach.

„Weil ich glaube, dass irgendjemand versucht mir was anzuhängen und dann wäre es nur verständlich, wenn dieser Jemand auch versuchen würde meiner Assistentin“ er stockte kurz voller Emotionen „etwas anzutun.“

„Ein Polizeibeamter sieht gerade nach ihr“ beruhigte ihn Mulder.

„Oh Gott“ der Professor senkte den Kopf und fuhr sich in einer fast schon verzweifelt wirkenden Geste mit den Händen über die Augen und durch die Haare und es fiel Scully schwer diesen Mann mit den heimtückischen Morden in Verbindung zu sehen. „Wer tut denn nur so etwas?“ Es war eine rhetorische Frage und niemand antwortete.

„Im Augenblick ist die Polizei eher daran interessiert die Tatwaffe zu finden und durchsucht in diesem Augenblick Ihre Wohnung“ Mulder lehnte sich näher über den Tisch zu Dr. Gordon. „Werden sie die Waffe finden?“ fragte er ruhig.

„Nein“ antworte der Professor ebenso ruhig und sah ihm lange in die Augen. „Ich habe weder diese Menschen noch meinen Praktikanten getötet.“

„Haben Sie irgendwelche Feinde?“ wollte Scully wissen.

„Bei der Erforschung von Pestiziden gibt es nicht gerade viel mit dem man den Leuten auf die Füße treten kann“ erklärte er geduldig. „Eine Zeit lang wurden wir von Tierschützern belagert, aber nachdem wir klargestellt haben, dass wir die Tiere nicht töten und sie versuchen so artgerecht wie möglich zu halten haben die Proteste wieder abgenommen.“

„Neider?“ bohrte sie weiter.

„Ich bezweifle, dass meine Ergebnisse jemals den Nobelpreis erzielen werden und das große Geld lässt sich damit leider auch nicht verdienen.“ Also war das auch keine brauchbare Theorie. Sie warf einen Blick in Richtung ihres Partners um zu sehen, ob er noch eine Frage hatte, aber er schüttelte nur kurz den Kopf.

Wortlos standen beide auf und verließen des kleine Zimmer. Draußen auf dem Flur kam ihnen der Detektiv entgegen.

„Sie haben ihn aber ganz schön mit Samthandschuhen angefasst“ meinte dieser trocken.

„Ich glaube nicht, dass Dr. Gordon etwas zu sagen hat, egal wie man ihm die Frage stellt“ erwiderte Mulder.

„Aber es gibt unangenehme Fragen, die gestellt werden müssen“ sagte Taylor und Mulder vollführte mit seiner rechten Hand eine Geste, die dem Detektiv zeigen sollte, dass er das gerne übernehmen konnte wenn er wollte und sofort lief der andere Mann zur Tür des Verhörraumes. „Ach Detektiv, hat sich ihr Beamter inzwischen gemeldet?“

„Bisher noch nicht“ antwortete Taylor und sah ihn fragend an.

„Scully und ich werden zur Wohnung von Charlotte Menki fahren. In der Zeit könnten Sie ja versuchen, ob Sie noch irgendetwas in Anwesenheit seines Anwaltes aus ihm herausbekommen“ erklärte Mulder und Scully wartete, bis der Detektiv im Zimmer verschwunden war, bevor sie fragte „Gibt es einen Grund warum du nicht weiter am Verhör teilnehmen möchtest?“

„Sagen wir es wäre Teil meiner Ahnung“ bei seinen Worten fühlte sie wie der Kaffee in ihrem Magen unangenehm zu brennen begann.

Wohnhaus von Charlotte Menki

Indianapolis, Indiana

Donnerstag 11. April 1996

6:00am

Das Wohnhaus in dem die Wohnung von Charlotte Menki sich befand lag in einer besseren Gegend als das Hotel der Agenten. Das Haus selbst schien ein Neubau zu sein und teurer als dass man dort eine Wohnung nur durch einen Assistposten an der Universität unterhalten konnte.

„Entweder zahlt die Universität jetzt besser als zu meiner Zeit oder ihr waghalsiges Äußeres soll verbergen aus welcher sozialen Schicht sie tatsächlich stammt“ bemerkte Scully.

An der Haustür befanden sich nur wenige Klingelschilder und Mulder betätigte ohne Zögern den Knopf für die Wohnung in der oberen Etage. Nachdem keine Reaktion folgte drückte er erneut auf den Knopf. Mit dem gleichen Ergebnis. Die Gegensprechanlage blieb ruhig und kein Summer ertönte. Das Brennen in Scullys Magen nahm an Intensität zu. Schließlich presste Mulder eine andere Klingel und nach kurzer Zeit wollte eine verschlafene Stimme wissen wer da um diese Uhrzeit klingelte und nachdem die Agenten sich zu erkennen gegeben hatten, öffnete sich schließlich endlich die Haustür.

Auf dem Weg zum Fahrstuhl kamen sie an der geöffneten Wohnungstür vorbei, wo der ältere Herr, der ihnen geöffnet hatte sie kritisch beobachtete. Mulder fischte seinen Ausweis aus der Tasche und schickte den Mann dann zurück in seine Wohnung.

Mit dem Fahrstuhl war es nur eine kurze Fahrt bis in die dritte Etage. Auf dem Flur befanden sich nur drei Wohnungstüren und nur eine von ihnen wackelte fast geschlossen hin und her. Wobei das nicht zuschnappende Schloss ein leise klapperndes Geräusch von sich gab.

Beide Agenten zogen ihre Waffen.

Mit seinem Fuß stieß Mulder die Tür leicht an und der schwere, metallische Geruch von Blut stieg ihnen in die Nase. Sie betraten die Wohnung und befanden sich sofort im Wohnzimmer wo augenscheinlich ein Kampf statt gefunden hatte. Verschiedene Gegenstände vom Couchtisch und einer Kommode lagen verstreut auf dem Boden, aber noch war kein Blut zu sehen. Wind blies durch die geöffnete Balkontür und die Gardine wehte wild ins Zimmer.

Mit schnellen Schritten verschloss Scully die Tür und sah dabei kurz nach draußen auf den Balkon, der aber unbenutzt aussah. Mit ihrer Waffe bedeutete sie Mulder in die Küche zu gehen und dann den kleinen Flur in den hinteren Teil der Wohnung zu nehmen, während sie sich der Tür auf der rechten Seite des Wohnzimmers zuwandte.

Langsam und vorsichtig öffnete Mulder die Küchentür und fand die Küche verlassen und ordentlich vor, so wandte er sich dem kleinen Flur zu. Die erste Tür offenbarte das Arbeitszimmer, das ebenfalls leer und unauffällig war; er konnte Scully im Wohnzimmer hantieren hören. Die vorletzte Tür führte ihn in ein Badezimmer, das von einer riesigen Blutlache beinahe überschwemmt war und keinen Zweifel daran ließ, dass in diesem Zimmer jemand – vermutlich Charlotte Menki – gewaltsam ihren Tod gefunden hatte.

„Scully“ rief er seine Partnerin während er sich niederkniete um mit einem Finger zu testen wie flüssig und kalt das Blut war. Vielleicht konnte ihnen das einen Hinweis darauf geben wie lange der Angriff schon zurück lag.

Der Schlag auf seinen Hinterkopf traf ihn heftig und völlig unvorbereitet und mit einem Grunzen fiel er ohnmächtig vornüber in das Blut.

Wohnung von Charlotte Menki

Indianapolis, Indiana

Donnerstag 11. April 1996

6:30am

Als Dana Scully, mit Handschellen an einen Stuhl des Esstisches im Wohnzimmer gekettet, sah wie Charlotte Menki ihren blutüberströmten Partner ins Zimmer schleifte ergriff sie ein Gefühl von unbeschreiblicher Panik. In Quantico hatte man sie auf jede erdenkliche gefährliche Situation vorbereitet und ihr eingebläut, dass Panik nicht nur für sie, sondern auch für andere Menschen, über Leben und Tod entscheiden konnte, weshalb sie gelernt hatte ihre Gefühle ignorieren.

Aber kein Ausbilder der Welt hätte sie auf diesen Anblick vorbereiten können und sie versuchte verzweifelt zu erkennen wo der Angriff ihn getroffen hatte. Schon allein die Menge des Blutes machte sie fast wahnsinnig vor Angst. Dass der Mann, den sie als Partner und Freund zu schätzen gelernt hatte und in den sie sich gerade verliebte, wegen einer dummen Fehleinschätzung in diesem Zimmer sterben konnte war kaum zu ertragen.

Sie musste das fast schon lähmende Gefühl unbedingt im Keim ersticken. Gemeinsam hatten sie und Mulder schon unfassbar viele lebensgefährliche Momente durchgestanden und sie konnte nicht zulassen, dass nur die Tatsache, dass der verletzte Mann, den Charlotte Menki gerade mit Klebeband an einen zweiten Stuhl fesselte, nun mehr als nur ihre Partner war sie davon abhielt ihren Job zu machen.

„Warum haben sie Frank getötet?“ sie bemühte sich ihrer Stimme einen beruhigenden Klang zu verleihen. Wenn sie Charlie in ein Gespräch verwickeln konnte bis Taylor Verdacht schöpfte, dann hatten sie vielleicht eine Chance.

Wenn Mulder so lange durchhalten konnte.

„Er war zu neugierig“ bei ihrem ersten Aufeinandertreffen hatte die junge Frau feindselig gewirkt, jetzt schien sie noch aggressiver und wütender zu sein. „Nachdem diese Nevil Objekt B1 beinahe tödlich verletzt hatte, war ich gezwungen eine übereilte Paarung in Gang zu setzen“ während sie sprach umwickelte sie Mulders Beine und die des Stuhles mit immer dicker werdenden Lagen eines Paketklebebandes, so wie sie es vorher schon bei Scully getan hatte.

Die Agentin war gerade dabei gewesen das Schlafzimmer zu inspizieren als der kalte, feste Lauf einer Waffe sich an ihren Kopf gepresst hatte.

„Shh“ hatte Charlotte Menki gezischt. „Ein Geräusch und ihr Gehirn ziert meine Wände“ schnell hatte sie Scully entwaffnet und ihre Hände mit Handschellen hinter ihrem Rücken gefesselt, dann hatte sie sie zu dem Stuhl geführt. Dabei hatte die Agentin versucht unauffällig, aber deutlich wahrnehmbare, Geräusche zu machen. Mulder musste nur mit seiner Waffe in der Hand ins Wohnzimmer stürmen und der Albtraum hatte ein Ende, aber nichts war passiert, außer dass ihre Gefangennehmerin aufmerksam wurde. „Mach nur so weiter und er“ sie nickte in Richtung Flur „hat nicht so viel Glück wie du.“ Womit sie wohl meinte, dass sie noch am Leben war. Mit hastigen Bewegungen hatte sie mit dem Klebeband erst ihre Beine an den Stuhl gefesselt und dann die Zwischenkette der Handschellen an die Rückenlehne geklebt, wobei sie Scully beinahe die Schultern ausgekugelt hatte. Da hatte Mulder ihren Namen gerufen.

Ihre Hoffnung hatte überwogen als Charlotte Menki den Flur betreten hatte und selbst dann noch als sie den Schlag und das unmissverständliche Aufklatschen eines ohnmächtigen Körpers gehörte hatte. Mulder war mindestens einen Kopf größer als seine Angreiferin also musste er sie doch überwältigt haben.

Sie hatte so fest daran geglaubt, dass sie beinahe aufgeschrien hatte als die zierliche Frau ihren viel schweren Partner aus dem Flur zog.

„Frank hat bemerkt, dass ein Weibchen zu viel im Kinderzimmer war“ fuhr Charlotte unbeirrt fort, während sie sich nun daran machte Mulders schlaf herabhängende Arme an den Stuhl zu kleben. „Erst hat er mich gefragt und als ich ihm sagte, dass ihn das nichts anging wollte er Lail informieren und das konnte ich ja wohl kaum zulassen, oder?“ sie grinste in Scully Richtung als wäre ihre Motivation komplett plausibel. „Dann taucht dieser beschissene Wachmann auf, so dass ich gezwungen war das Weibchen zurück zu lassen und mich hierher zurück zu ziehen.“ Jetzt war der Oberkörper ihres Partners dran und das Klebeband hinterließ auf der blutdurchtränkten Kleidung ein schmatzendes Geräusch, das Scully fast die Tränen in die Augen trieb, und noch immer konnte sie die Quelle des Blutes nicht ausmachen. „Ich wollte warten bis sie Lail verhaftet haben, was nur eine Frage der Zeit war, schließlich deuten alle Hinweise auf ihn. Dann wollte ich zurück zur Uni und mein Weibchen holen, zusammen wären wir abgehauen und ich hätte uns ein schönes neues Zuhause gesucht in einer fremdem Stadt. Eine neue Uni und ein neues Leben“ sie erhob sich langsam und betrachtete ihr Werk. „Und wer hätte mir das schon verübelt, wo mein Exfreund so viele Menschen getötet hatte? Da klingelt dieser hartnäckige Polizeibeamte an meiner Tür, faselt was von Gefahr und lässt sich doch partout nicht abwimmeln und kaum habe ich diese Sache erledigt, da tauchen sie beide hier auf“ sie runzelte verächtlich die Stirn.

„Alles was ich brauche ist ein bisschen mehr Zeit, damit ich meine Forschung woanders wieder aufnehmen kann.“ Mulder gab ein leises schmerzgepeinigtes Stöhnen von sich und Scully hätte vor Freude darüber, dass er überhaupt ein Lebenszeichen von sich gab, beinahe laut aufgeschluchzt.

„Forschung?“ sie hatte Mühe das Zittern ihrer Stimme zu unterdrücken. „Sie meinen das Töten von Menschen.“

„Dass die draufgehen ist ein bedauerlicher Nebeneffekt“ verteidigte sich die andere Frau. „Ich bin es Leid immer nur Pestizide zu erforschen, auch wenn es für Lail die Erfüllung zu sein scheint. Wir haben vor einigen Monaten mit Wachstumshormonen rumexperimentiert um größere Skorpione zu erschaffen, die eine größere Menge an Gift produzieren würden, aber die Idee war ein Reinfall. Die Tiere wurden zwar größer, aber die Hormone veränderten die Proteinketten des Giftes und so wurde es unbrauchbar und ungefährlich. Ein Exemplar erzeugte aber eine Aminokette, die bislang nur künstlich hergestellt werden konnte und in der Krebstherapie eingesetzt wird. Ein phänomenaler Durchbruch, aber Lail wollte davon nichts wissen“ ihre Wut trieb die Worte zornig über ihre Lippen und Scully starrte auf die Waffe in der Hand der anderen Frau und hoffte inständig, dass diese sich nicht so Rage redete bis sie einfach schießen würde. „Man würde sich nie die Mühe machen Tiere für etwas zu züchten, das man günstiger auch künstlich herstellen konnte hat er gesagt. Aber ich wusste, wenn man die Stärke dieses Proteins potenzieren konnte sodass es stärker war als alles was man im Labor erschaffen könnte, dann würde die Welt aufmerksam werden. Mit den Wachstumshormonen versuchte ich das Tier weiter zu stärken, aber das Protein veränderte sich nicht mehr und da kam mir die Idee, dass man das Protein nur mit einem starken Toxin mischen musste um eine größere Wirkung zu erzielen. Da der große Professor diese Idee als absurd ablehnte, forschte ich hier zu Hause weiter. Mit Erfolg!“ rief sie stolz.

„Sie haben diese Menschen als Versuchskaninchen missbraucht“ widersprach Scully.

„Für die Wissenschaft müssen eben auch einige geopfert werden“ tat Charlotte diesen Vorwurf ab.

„Ich bin mir sicher Joseph Mengele hätte ihnen da zugestimmt“ ertönte Mulders schwache Stimme während er sich mühsam wieder ins Bewusstsein zurückkämpfte.

„Ich erwarte nicht, dass sie das verstehen. Aber in einigen Jahren, wenn die Nachkommen von Objekt B1“ sie sprach den Namen beinahe liebevoll aus „tausenden Menschen das Krebsleiden nehmen werden, dann werden sie es verstehen.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und lief den Flur hinunter.

„Mulder, wo bis du verletzt“ wollte Scully sofort wissen kaum das Charlotte dass Zimmer verlassen hatte.

„Weiß nicht, nur am Kopf denke ich“ er warf einen Blick auf seine Kleidung und dann auf das angstverzerrte Gesicht seiner Partnerin und da wurde ihm erst bewusst, was sie sah. „Das ist nicht mein Blut, Scully“ beeilte er sich zu sagen und diesmal konnte sie ihr erleichtertes Schluchzen nicht zurückhalten.

„Darf ich vorstellen“ Charlotte kam zurück ins Wohnzimmer. „Das ist Objekt A1, das Überbleibsel meiner früheren Forschung. Wenn sie ganz still sitzen bleiben wird er ihnen sicher nichts tun.“ Hinter ihr krabbelte ein Skorpion gewaltigen Ausmaßes ins Zimmer und jetzt war es Mulder, der am liebsten aufgeschrien hätte. „Und jetzt entschuldigen sich mich bitte, ich muss mein Weibchen abholen“ mit diesen Worten warf sie eine kleine Maus zwischen die beiden Stühle bevor sie eilig die Wohnung verließ.

Die Maus, die Charlotte entweder vorher verstümmelt oder die sich beim Sturz die Beine gebrochen hatte, quiekte erbärmlich zu ihren Füßen. Der Skorpion, der etwa die Größe eines Dackels hatte, fixierte sich auf das Geräusch und reckte seinen Schwanz bedrohlich in die Höhe. Das Schnappen der Scheren als Vorwarnung auf das was kommen würde.

„Das ist unglaublich“ flüsterte Scully, die irgendwo zwischen Faszination und Grauen steckte.

„Mag sein, aber das Vieh ist real“ antwortete ihr Partner, der keinerlei Neugier für das Tier empfand. Schon seit seiner Kindheit hasste er alles was kreuchte und fleuchte und dass dieser Skorpion etwa zehnmal so groß war wie seine Artgenossen machte die Sache nicht eben einfacher.

Von den Geräuschen seiner verletzten Beute angelockt kam der Skorpion langsam aber stetig auf sie zu um dann in einer blitzschnellen Bewegung seinen Stachel in des Tier zu rammen.

„Heilige Scheiße“ konnte sich Mulder nicht verkneifen. Der Anblick wie der Stachel die Maus beinahe zerfetzte war fast zu viel für ihn.

„Kannst du dich irgendwie befreien?“ wollte Scully wissen, die, da die einzig verbliebenen Opfer nun sie beide waren, keine Lust auf eine weitere Demonstration der Kraft des Forschungsobjektes hatte. So geräuschlos wie möglich zerrte ihr Partner an seinen Fesseln.

„Meine rechte Hand ist etwas lockerer, aber ich glaube  nicht, dass ich sie vollständig lösen kann“ sein Blick viel auf den Couchtisch auf den Charlotte ihre Waffen gelegt hatte. „Wenn ich irgendwie dorthin komme, dann könnte ich vielleicht eine der Pistolen greifen.“

„Und wie willst du das anstellen?“ hakte Scully nach, die von der Idee keinesfalls begeistert war. Jede Bewegung würde sie nur wieder ins Fadenkreuz ihres Wächters der gerade mit seinen Mundwerkzeugen dabei war das innere der Maus zu verspeisen, rücken.

Seine Antwort bestand nicht aus Worten sondern aus einem Hops, den er mit seinem Stuhl in Richtung Tisch vollführte. Laut krachte der Stuhl zurück auf dem Boden und verschreckt ließ der Skorpion sein Opfer fallen und wich in eine Ecke des Wohnzimmers zurück.

„Das war leichter als ich gedacht hatte“ stellte Mulder fest und wiederholte den Sprung. Nach wie vor verschreckt kauerte der Skorpion in der Ecke, stellte aber erneut seinen Schwanz auf und als Mulder das dritte Mal seinen kleinen Stunt vollführte, löste es sich – offensichtlich schon etwas an das Geräusch und die Vibration gewöhnt – von seinem sicheren Platz und krabbelte langsam in Richtung neuem Opfer.

„Mulder, bist du wahnsinnig“ sie konnte die Panik wieder aufkeimen fühlen, denn obwohl ihr Partner nur noch einen weiteren Sprung vom rettenden Couchtisch entfernt war, schien das Tier inzwischen jegliche Scheu verloren zu haben.

„Nur noch ein Mal, Scully, dann kann ich die Waffe greifen das weiß ich“ bat er und, weil sie sich nicht besser zu helfen wusste, spannte sie ihre Waden an und hob ihren Stuhl kurz in die Luft um dann laut wieder zu landen. Irritiert wandte der der Skorpion von seiner neuen Beute ab und lief stattdessen in ihre Richtung.

Mulder nutzte die Ablenkung und stemmte sich ein letztes Mal hoch und rutschte dann an den Tisch heran, seine Hand umklammerte gerade den Griff seiner Waffe als das rechte Hinterbein des Stuhls der Belastung erlag und brach. Mit einem lauten Aufprall landete er auf dem Boden, die Waffe fiel nur Zentimeter von seinen Fingern entfernt auf dem Boden.

In blinder Panik aufgescheucht rannte der Skorpion in seine Richtung und Scully schrie und rüttelte an ihrem Stuhl um das Tier wieder auf sich aufmerksam zu machen. Mit einer blitzschnellen Wendung rammte es seinen Stachel in ihre Richtung und sie konnte gerade genug zurückrutschen, sodass der spitze Dorn nur an ihrem Bein entlang schrammte und ihre Hose vom Knie abwärts aufriss. Sie spürte die leichte Verletzung ihrer Haut und das Brennen des Giftfilms als der Skorpion erneut sein Todeswerkzeug in die Luft hob um ein endgültiges Mal niederzustoßen.

Da hallte der dumpfe Klang von Schüssen durch das Zimmer und das Tier brach mehrfach getroffen tot zusammen.

„Alles okay?“ seine Stimme überschlug sich fast vor Angst und alles was sie tun konnte war nicken. Sie hörte das Knacken und Krachen als Mulder den Rest des Stuhles zerbrach um sich zu befreien. Die Armlehnen noch immer an seinen Armen festgeklebt tauchte er neben ihr auf und sah das Blut ihr Bein hinabrinnen. „Großer Gott, Scully!“

„Alles okay, ist nur ein kleiner Kratzer“ antwortete sie nicht weniger geschockt, das Adrenalin raste durch ihre Adern und sie bettete inständig, dass sie recht hatte. Vorsichtig löste er ihre Fesseln, dann stand er auf und rannte zum Telefon um den Notarzt zu rufen. „Du musst Taylor anrufen“ rief sie ihm zu als er aufgelegt hatte und zu ihr zurückkehren wollte. „Sie will in die Uni, er muss sie unbedingt aufhalten.“

Er nahm sich genau zwanzig Sekunden Zeit und brüllte ohne Erklärung Befehle in den Hörer und drohte mit Mord, sollten diese nicht befolgt werden, dann schmiss er den Hörer zurück auf die Gabel und rannte in die Küche. Mit einem angefeuchteten Handtuch kam er zu ihr und versuchte die Schramme notdürftig zu säubern. „Bitte, bitte Scully, du darfst nicht sterben“ es war nur ein Flüstern während Tränen seine Wangen hinunterliefen. Sie hatten schließlich beide das Ergebnis gesehen, das Charlotte Menkis Forschungsobjekte angerichtet hatten.

„Geh und such nach einem Erste-Hilfe Kasten oder Desinfektionsmittel“ antworte sie ernst, aber erst nach einer weiteren Wiederholung rannte er davon um ihrem Wunsch nachzukommen. Was gut war, denn sie wollte nicht, dass er sah wie ihr immer schwindeliger wurde und ihr Puls zu rasen begann. Als sie draußen die Sirenen aufheulen hörte, verlor sie das Bewusstsein.

Friedhof „Zum ewigen Frieden“

Indianapolis, Indiana

Samstag 13. April 1996

10:00am

Zwei Tage später, auf der Beerdigung von Frank Bieter, bot sich ihnen zum ersten mal wieder die Gelegenheit mit Dr. Gordon zu sprechen.

Detektiv Taylor war nach Mulders Anruf mit einem Dutzend Polizisten zur Universität gerast, doch die junge Täterin hatte nicht vor gehabt sich zu ergeben. Im darauf folgenden wilden Schusswechsel wurden zwei Beamte verletzt und Charlotte Menki getötet, ebenso wie das Skorpionsweibchen, das sie bei sie trug.

Scully war mit dem Notarzt ins nahegelegene Universitätskrankenhaus gebracht worden in dem die Ärzte mit mehreren Medikamenten ihrem Kreislaufkollaps entgegen wirkten. Entgegen Mulders Wunsch wurde auf die Gabe eines Gegengiftes verzichtet, da niemand die Auswirkungen auf das unbekannte Toxin in ihrem Blut vorhersagen konnte.

Nach zwei Stunden Hoffen und Bangen hatte sie schließlich das Bewusstsein zurück erlangt und als sie für einen Moment allein in ihrem Zimmer in der Notaufnahme waren hatte er sie überschwänglich an sich gerissen und geküsst. Die Augen voller Tränen über einen Beinaheverlust, der nicht eingetreten war.

Die Ärzte hatten auf eine 48stündige Beobachtung bestanden und Scully hatte ihnen nicht widersprochen. Zu tief saß der Schock über das Geschehene und sie und Mulder würden die Ruhe gut gebrauchen können. Noch im Krankenhaus gaben sie ihre Aussagen zu Protokoll und verfassten ihren eigenen Bericht für das FBI.

Die wenigen Momente, die Mulder nicht im Krankenhaus an ihrer Seite verbrachte, nutzte er nur zum Duschen oder um ihren Bericht auf dem Revier abzugeben. Er hatte dort den Professor gesehen wie er versucht hatte die Notizbücher seiner ehemaligen Assistentin zu entschlüsseln. Er hatte aufgesehen und dem Agenten kurz zugenickt, aber keiner der beiden Männer hatte ein Wort gesprochen.

Nachdem der Sarg in die Erde gelassen worden war und die Trauergemeinde sich auflöste, trafen die vier Hauptakteure des Falles zusammen. Der Forscher schien um Jahre gealtert und wirkte innerlich wie zerrissen. Er schien nicht in der Lage sich auf eine Emotion zu konzentrieren. Weder auf die Trauer über den Verlust seiner Freundin. Noch auf das schockierende Wissen, dass gerade diese Person skrupellos Menschen getötet hatte. Und erst recht nicht, auf die fast schon abartig verbotene wissenschaftlichen Neugier über ihre Errungenschaften.

„Agent Mulder, Sie sollten sich das ansehen“ sagte er müde. Doch bevor er fortfuhr fiel sein Blick auf Scully, die erst vor einer Stunde das Krankenhaus verlassen hatte. „Wie geht es Ihnen, Agent Scully?“ er schien aufrichtig besorgt.

„So weit, so gut. Was sollen wir uns ansehen?“ lächelte sie sanft.

„Das hier“ er zog ein etwas unscharfes Polaroid aus seiner Tasche auf dem aber deutlich ein Skorpion zu sehen war.

„Was ist das?“ wollte Scully wissen, die eigentlich gehörig die Nase von Skorpionen voll hatte.

„Leiurus Mesobuthus menkii“ erwiderte der Arzt.

„Wie bitte?“ schaltete sich Taylor ein, der ebenfalls verändert aussah, was Mulder verstehen konnte. Da sie im Keller von Charlottes Wohnhaus die Leiche des jungen Polizisten gefunden hatten, den er eigentlich zu ihr geschickt hatte um sie zu schützen. Schuld verhärmte das Gesicht des Detektivs und keine gut gemeinten Worte würden diesen Ausdruck tilgen können. Er selbst wusste was eine falsch getroffene Entscheidung bedeuten konnte. Sein Handeln hatte seine Partnerin fast das Leben gekostet, schon wieder.

„Bei der Durchsuchung von Charlies Wohnung“ seine Stimme brach fast bei der Erwähnung ihres Namens, aber er schluckte seine Trauer runter um fortfahren zu können. „Haben sie mich doch gebeten einen Blick in ihre Terrarien zu werfen und die Skorpione zu bestimmen.“ Taylor nickte. Als Mulder auf ihren Wunsch versucht hatte einen Verbandskasten zu finden, hatte er auch die letzte Tür im Flur geöffnet und sich mit drei Terrarien konfrontiert gesehen in denen es von Skorpionen nur so wimmelte. „Keines von ihnen war irgendwie auffällig oder unbekannt-“

„Bis auf?“

„Bis auf dieses“ er deute auf das Polaroid. „Es ist hier nicht erkennbar, aber das Tier besitzt keinen Stachel mehr.“

„Objekt B1“ stelle Scully fest und der Professor nickte. „Also ist das das Tier, das die Opfer getötet hat?

„Ich würde zwar noch auf die Giftbestimmung aus dem Toxlabor warten, aber ich denke schon“ antworte Dr. Gordon.

„Und woher hatte sie dieses Tier nun“ wollte Taylor wissen, der zwar den toten Riesenskorpion in der Wohnung gesehen hatte, aber dennoch an den ganzen Forschungsmythos nicht so ganz glauben konnte.

„Das ist ja das Unglaubliche daran: von nirgendwo“ jetzt war die Begeisterung trotz des traurigen Hintergrundes deutlich zu hören. „Der Name am Terrarium war mir gänzlich unbekannt und ich weiß auch warum. Sie hat es offensichtlich geschafft die DNS des durch Wachstumshormone geschaffenen Riesenskorpions mit der neuen Proteinkette mit der eines extrem giftigen Exemplares unserer Sammlung zu kreuzen und so eine völlig neue Spezies zu kreieren. Auch wenn ich diese Ergebnisse in ihren Büchern noch nicht gefunden habe, so hoffe ich doch, dass irgendwo in ihren Notizen steht wie genau ihr das gelungen ist. Leiurus Mesobuthus menkii, oder auch Objekt B1, ist offensichtlich das Ergebnis.“

„Menkii? Sie hat ihn nach sich benannt?“ fragte Mulder.

„Das ist – war – ihr gutes Recht, sie hat ihn erschaffen. Die meisten Skorpione werden nur nach ihren Entdeckern benannt, doch noch Niemandem war es vorher möglich gewesen zwei unterschiedliche Skorpione zu kreuzen. Wenn wir den Wirkungsmechanismus dieses hochpotenten Giftes entschlüsseln können, dann könnte das vielleicht tatsächlich den Durchbruch in der Bekämpfung von Krebs bedeuten.“ Auch wenn drei kranke und zwei unschuldige Menschen dafür mit ihrem Leben gezahlt hatten, war der Zusatz, den keiner von ihnen aussprach.

Wie aufs Stichwort öffnete der wolkenverhangen Himmel seine Schleusen und die Haut an Scullys Bein begann zu jucken.

Ende


Also eigentlich hatte ich nie geplant, den Krebs in diese Geschichte einzubauen, da ich finde, dass dieser Aspekt sich sonst schon in jedem Teil meines Lebens widerspiegelt. Unterbewusst war es mir offensichtlich jedoch nicht möglich diese Krankheit zu verdrängen und so war ich nicht wenig überrascht, als nach einiger Zeit in der ich kurz nicht an der Geschichte gearbeitet hatte noch einmal drüber las und plötzlich feststellen musste, dass er doch eine nicht zu unterschätzende Rolle eingenommen hatte. Einfach so. Vielleicht ist es auch nur mein Wunsch endlich ein Heilmittel gegen diesen heimtückischen Feind zu finden, auch wenn ich bevorzugen würde es nicht auf die gleiche Weise wie Charlie zu tun. Jetzt fragen sich sicher einige von euch, warum ich aus Mulder und Scully in dieser Geschichte ein Pärchen gemacht habe, wo es doch eigentlich um eine X-Akte geht. Nun dafür gibt es zwei Gründe, zunächst bin ich Shipper und deshalb immer lieber für eine Romanze als gegen. Ein weitaus wichtigerer Grund war aber, dass Chris Carter in einem Interview mal großkotzig gesagt hat, dass die beiden einfach kein Paar sein können, da sie sonst nicht mehr so effektiv arbeiten könnten weil ihnen ihr Privatleben dann immer im Weg wäre. Hier nun mein Beweis, dass sie sehr wohl in der Lage sind Berufliches und Privates zu trennen, basta! Ich hoffe ihr hattet ein bisschen Freude und auch die ein oder andere Schrecksekunde während ihr meinen Worten gefolgt seit. Wenn ihr mehr wollt, dann besucht meine Homepage unter www.nettyextreme.de.to Auf das wir uns bald wieder lesen, Netty.
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