World of X

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Strawberries and Chocolate

von Isabel Boehmer

Kapitel 1

Fox Mulder machte sich Sorgen. Seine Partnerin war seit einigen Tagen nicht zur Arbeit gekommen. Als er sie anrief, behauptete sie, dass sie nur eine leichte Grippe hätte. Aber in seinem Herzen wusste er es besser und er war sich nicht sicher, was er tun sollte. Sie brauchte jetzt ihre Freunde und ihre Familie und doch schob sie alle von sich. Scully war dazu bestimmt, stark zu sein, alles mit sich selbst abzumachen, und obwohl er diese Eigenschaft an ihr bewunderte, befürchtete er dennoch, dass die Anstrengung, die damit verbunden war, schneller zu ihrem Tode führen würde, als es tatsächlich sein sollte.

Sie hatte Krebs und obwohl sie ihn nicht direkt mit jemandem teilen konnte, gab es keine Notwendigkeit für sie, damit allein klarkommen zu müssen. Einsamkeit, das hatte er gelernt, seit er sie getroffen hatte, war manchmal schlimmer als der Tod. Er wollte... nein, er musste für sie da sein und er war noch nicht bereit sie gehen zu lassen. Er brauchte sie zum leben. Er liebte sie.

Mulder lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und schloss die Augen. Er erinnerte sich daran, als Dana Scully schon einmal dem Tode nahe war, an die Zeit, als sie nach ihrer Entführung im Koma lag. Er war mit Margaret Scully zum Lunch gegangen... Mulder schaute auf die ältere Frau, die ihm gegenüber saß und er fragte sich, woher sie die Stärke nahm. Er hatte nicht ganz verstanden, warum sie mit ihm essen gehen wollte, warum sie seine Gegenwart als tröstend zu empfinden schien. Im Grunde war er ein Außenseiter, der Partner ihrer Tochter... mehr nicht. Er konnte nicht verstehen, dass sie ihn schließlich für seine Güte liebte und auf seine Stärke vertraute. Sich selbst betrachtete er als nicht besonders gut oder stark. Er sah zu, wie die erschöpft aussehende Frau sich dazu zwang, ein Käsesandwich zu essen und ihn ermahnte, seines ebenfalls zu essen. In diesen Tagen hatte er nicht viel gegessen und nie wirklich geschlafen.
Was sie sagte, machte Sinn... dass sie Dana nicht helfen konnten, wenn sie schwach waren, aber es war hart. Er war so voller Schuld wegen dem, was ihr passiert war, dass sie ihn innerlich auffraß.

"Fox", sagte sie schließlich leise. "Ich wollte mich bei Ihnen entschuldigen." Maggie sah ihn an und dachte, dass er schöne Augen hatte. Wenn sie jünger wäre, könnte sie sich in diesen Augen verlieren, die sie mit so viel Traurigkeit und Mitleid ansahen. Bill hatte Augen wie diese, nicht Fox’ phantastisch gütigen Ausdruck darin, aber dieselbe Art Augen. Es war nicht fair. Dieser Mann hätte eines Tages ihr Schwiegersohn werden können. Nun schien es, dass es nicht passieren würde... niemals.

"Wofür, Mrs. Scully? Ich verstehe nicht."

"Ich weiß, dass Sie mit meiner Entscheidung, Danas Beatmungsgerät abzuschalten, nicht einverstanden sind."

"Ich verurteile Sie nicht dafür, Mrs. Scully." Das tat er nicht. Er war nicht einverstanden mit ihr, aber er verstand ihre Entscheidung. Sie liebte und respektierte ihre Tochter. Er tat es auch... sie respektieren... aber er war nicht bereit, sie gehen zu lassen.

"Ich weiß das." Sie starrte für einen Moment auf ihre Hände. "Fox, ich sagte Ihnen gestern, dass das der Moment für die Familie wäre... aber Sie könnten sich uns anschließen. Das war grausam. Ich hätte es nicht sagen sollen. Niemand hat mehr für meine Tochter gekämpft als Sie. Nicht einmal ihre eigenen Brüder waren gekommen, auch wenn sie Familie haben und weit weg sind", seufzte Margaret und fuhr fort. "Es tut mir leid."

"Womöglich war es falsch von mir, nicht mit Ihnen zu gehen", seufzte er leise. "Vielleicht bin ich derjenige, der sich entschuldigen sollte. Ich habe keinen Augenblick gemeint, als ich sagte, Ihre Tochter müsste untersucht werden, dass man sie als Beweisstück behandelt. Melissa war deswegen sehr wütend auf mich."

"Melissa kennt Sie nicht so, wie ich." Maggie lächelte sanft. "Die Schwestern sind so unterschiedlich..." Für einen Augenblick füllten sich ihre Augen mit Tränen und sie zwang sie zurück. "Ich erinnere mich an ein Jahr, als Dana noch ein kleines Mädchen war... irgendwie hatte ich es geschafft, genug Geld für einen Urlaub in Ocean City zusammenzukriegen. Ich habe zwei Jahre dafür gebraucht. Es war schwer, vier Kinder aufzuziehen von dem Geld, das man bei der Marine bekam."

"Ich kann es mir vorstellen", entgegnete er sanft, obwohl er es sich nicht wirklich vorstellen konnte. Geld hatte bei den Mulders nie eine Rolle gespielt. Auch jetzt hatte er genug Ersparnisse, auf die er zurückgreifen konnte. Er fragte sich, wie seine Mutter das wohl gemeistert hätte. In Wahrheit wäre sie womöglich gar nicht dazu in der Lage gewesen.

"Wir gingen alle auf dem Holzsteg entlang, als Dana etwas entdeckte, was sie noch nie gesehen hatte... Erdbeeren... in Schokolade getaucht... auf einem Stab. Mein kleines Mädchen bat selten um etwas... Dana konnte sich stundenlang selbst beschäftigen mit Büchern aus der Bibliothek oder sie spielte Kickball mit den Jungs... aber an diesem Tag bat sie um die Erdbeeren. Sie für alle vier zu kaufen, war unmöglich und das sagte ich ihr. Sie waren einfach zu teuer, Fox. Ihr kleines Gesicht verzog sich und sie lief weg. Sie mochte es noch nie, vor jemandem zu weinen... auch damals nicht. Bill konnte sie nicht so zurücklassen, seine kleine Starbuck, so kaufte er einen Stab... vier Erdbeeren... ich war verärgert. Er gab jedem Kind eine Erdbeere." Margaret schloss ihre Augen und fragte sich, warum sie gerade diese Geschichte erzählte. Die Erinnerung daran war wie ein Schatz. Konnte ein junger Mann, der selbst keine Kinder hatte, überhaupt verstehen, was in dem Herzen einer Mutter vorging? "Die Jungs schluckten ihre herunter, fast ohne sie zu schmecken. Melissa mochte sie und wollte mehr. Dana... Dana... nahm einen Bissen von ihrer und dann... hörte sie auf und hielt mir ihre Beere hin... Du hast gar nichts, Mami. Wenn du sie halbierst, kannst du sie mit Daddy teilen..." Margaret nahm eine Papierserviette und trocknete ihre Augen. "Ich liebe meine Kinder... alle meine Kinder... aber Dana war schon immer etwas Einzigartiges und Besonderes. Sie war ein liebes kleines Mädchen, ausgenommen zu jener Zeit, als sie dachte, sie müsste es uns zeigen, und meine Zigaretten im Hof rauchen. Ich habe dann das Rauchen aufgegeben... ich erkannte, welch schlechtes Beispiel ich war..." Sie konnte nicht weiter sprechen.

Mulder drückte ihre Hand. Worte waren nicht notwendig. Die Erinnerung daran, wie Dana ihr die Erdbeere gab, bedeutete Margaret offensichtlich mehr als alle anderen. Es war eine noble Geste für ein kleines Mädchen. Er wettete, dass Margaret ihr gesagt hatte, sie sollte ihre Beere allein essen. Der Kellner kam mit der Rechnung, die er bezahlte.

Bevor Margaret Scully ging, umarmte sie ihn fest. "Ihre Mutter kann sich glücklich schätzen, Fox Mulder", hatte sie gesagt. "Ich hoffe nur, sie erkennt es."

"Es freut mich, dass Sie so denken...", erwiderte er lächelnd. Es war so angenehm, geliebt zu werden, wenn auch nur für einen Augenblick, von einer Frau wie Margaret Scully. Es war so angenehm, auf eine Weise umarmt zu werden, wie es seine eigene Mutter nicht mehr getan hatte, seit er zwölf Jahre alt gewesen war und er wie gelähmt dasaß, als sie kamen und seine Schwester holten.

„Ich weiß, was Sie getan haben, Fox. Die Krankenschwestern haben mir erzählt, wie Sie jeden Morgen gekommen sind und sich um sie gekümmert haben... sie gewaschen haben... Sie sind ein ganz besonderer Mann..." Damit drehte sich die Frau um und ging. Dana wusste nichts davon.

Er hatte es ihr sicher nie erzählt und in einer stillen Übereinkunft hatte es auch Margaret nicht getan. Es hätte sie in Verlegenheit gebracht, aber das Personal war so überarbeitet und Mrs. Scully zu stolz, das Angebot von Fox anzunehmen, eine private Krankenschwester zu bezahlen. Sie hatte ihre meiste Zeit im Krankenhaus verbracht, aber niemand konnte dort 24 Stunden am Tag zubringen. Und irgendwie schien es Mulder wichtig, dass, wenn Margaret kam, die Haare ihrer Tochter gekämmt waren und sie gepflegt erschien. Es war linkisch, aber er tat, was ihm sein Gefühl sagte. Er hatte nicht gewollt, dass es irgendjemand tatsächlich mitbekam. Es war mit ein Grund dafür, warum er später so wütend auf seine Partnerin war, als sie sich dieses grässliche Tattoo machen ließ. Er hatte ihren Körper gründlich kennengelernt, auf eine einzigartige Weise, und es hatte ihn geärgert, dass sie sich auf so eine Weise verunstaltet hatte.

Natürlich war er nicht in der Lage gewesen, es zu erklären. Er hatte sie angefahren und war so grausam und sarkastisch zu ihr gewesen. So war er überrascht gewesen, dass er es war, den sie angerufen hatte, als sie erfuhr, dass sie Krebs hatte. Bei dem Gedanken an seine zarte Partnerin im Bett mit Ed Jerse, einem gemeingefährlichen Verrückten, schüttelte er sich. Mulder schüttelte den Kopf und brachte seine Gedanken zurück in die Gegenwart. Er hatte den ganzen Tag noch nichts getan. Skinner würde sauer auf ihn sein, wenn er nicht bald seine Berichte abgab. Ohne Scully litt der Papierkram immer. Und irgendwie schaffte es seine Partnerin immer, dass sogar seine wahnsinnigsten Theorien vernünftig genug klangen, um sie in das bürokratische Muster einzupassen.

Das Telefon läutete. "Mulder."

"Fox, hier ist Margaret. Ich war heute Morgen bei Dana. Ich bin sehr besorgt um sie. Glauben Sie, Sie könnten zu ihr fahren und versuchen, sie dazu zu bringen, dass sie etwas isst? Sie wollte nicht auf mich hören... sie sagte mir nur, dass es ihr gut geht." Maggie sprach schnell. Sie war offensichtlich alarmiert und wusste nicht, wen sie sonst anrufen sollte. Eigentlich, das wusste er, wäre es Melissa gewesen, aber Melissa lebte nicht mehr.

"Ich gehe gleich zu ihr, Mrs. Scully", versprach er schnell. Zufällig kam er auf seinem Weg zu Scullys Apartment an einem Süßwarengeschäft vorbei und im Schaufenster standen Erdbeeren in Schokolade getaucht. Er ging hinein und kaufte zwei Pfund davon für Dana... wahrscheinlich nicht das Beste für sie zum essen, aber etwas, womit er sie verführen konnte.

Sie waren zwar nicht auf einem Stab, aber es war in Ordnung. In den Jahren, in denen er mit ihr zusammengearbeitet hatte, lernte er Dana auf so viele verschiedene Weisen kennen. Sie liebte Schokolade, manchmal mehr, manchmal weniger... Er hatte gelernt vorauszusagen, wann sie ihre Regel hatte, wegen der Schokoriegel, die sie bei sich hatte. Na ja, die meisten davon vernaschte er schließlich selbst. Nach einer Weile fing sie an, zwei Riegel zu den Außeneinsätzen mitzubringen. Und sie hatten darüber ihre Späße gemacht auf eine Weise, die vielleicht intimer war, als es bei verheirateten Paaren der Fall war.

Schokoriegel für sie und für ihn, sagte sie und sie hatten es immer genossen, die Riegel miteinander zu teilen. Er erreichte ihre Wohnungstür mit Bangen. Wenn Dana Scully stur war, würde sie ihn nicht einmal hereinlassen. Sie hatte noch nie gezögert, zu sagen, was sie dachte. Wie oft hatte sie ihn für verrückt erklärt, ihn einen Idioten genannt? Er lächelte bei dem Gedanken. Manchmal vermisste er die verbalen Gefechte, die sie sich früher geliefert hatten.

Er hob seine Hand, um anzuklopfen, aber der Schlüssel zu ihrem Apartment war bereit. Dana betrachtete sich im Spiegel. Sie wusste, dass sie zu sehr abgenommen hatte. Ihr Körper sah zerbrechlich aus in dem zartgelben Nachthemd, das sie trug. Sie wusste, dass sie sich zwingen sollte zu essen. Na ja, schließlich hatte sie es fertig gebracht, sich zu duschen. Drei Tage Erbrechen hatten sie sehr geschwächt. Es war die blanke Ironie, dass dies tatsächlich nichts mit ihrem Krebs zu tun hatte. Dana Scully... niedergeworfen von einem Magen-Darm-Infekt.

Sie fühlte sich sehr allein, aber sie wollte keine Gesellschaft. Sie wusste nicht, ob es falsch gewesen war oder nicht, niemandem von der Behandlung zu erzählen, wegen der sie ins Johns Hopkins Krankenhaus gegangen war. Es waren die klinischen Tests eines neuen Medikaments. Direkt in den Tumor injiziert, aß es die Krebszellen auf. Von diesem Punkt an wurde es nur bei sehr kranken Menschen mit erstaunlichen Ergebnissen eingesetzt. Ein alter Freund von der medizinischen Akademie hatte sie in die nächste Testrunde gebracht, aber sie hatte niemandem Hoffnung machen wollen, auch nicht sich selbst. In der Regel hatte das Medikament einige Nebenwirkungen, aber irgendwie hatte sie es geschafft, sich ausgerechnet einen Magen-Darm Virus einzufangen, während sie zur Behandlung war.

Krankenhäuser waren schreckliche Plätze, um sich Krankheiten einzuhandeln. Es war nichts, was sie irgendjemandem zumuten wollte, obwohl es Zeiten gab, dachte sie, in denen Mulder sie so gereizt hatte, dass sie es ihm gewünscht hätte. Sie lächelte ein wenig bei dem Gedanken an ihren Partner. Da war ein Klopfen an der Tür. Sie wollte wirklich keine Gesellschaft, aber das Klopfen klang so vertraut und sie wusste, wenn sie nicht antwortete, würde er seinen Schlüssel benutzen und trotzdem hereinkommen. Sie war glücklich gewesen, ihn los zu sein, bis die Krankheit vorüber war. Langsam öffnete sie und sah ihren Partner vor sich mit einer weißen Schachtel in der Hand.

"Hi, Schöne", sagte er mit einem Lächeln. "Kann ich herein kommen?"

"Okay, Mulder", willigte sie ein. Es kam ihr in den Sinn, dass er ihr nicht geglaubt haben könnte, als sie sagte, sie hätte eine Grippe. Hatte er geglaubt, dass der Krebs sie krank gemacht hatte?

"Ich habe einen Film bei Blockbuster ausgeliehen. Es ist ein Sci-Fi Klassiker... und ich habe etwas zum Dessert gekauft..."

"Ich werde uns einen Kaffee machen", sagte sie, plötzlich froh darüber, dass er gekommen war. Ein "Rieseninsekt, das die Welt auffraß" Film könnte genau das richtige sein, um ihre Gedanken von der Realität abzulenken.

"Du wirst nichts dergleichen tun. Du machst den Videorecorder fertig und ich koche dir einen Tee und nehme mir selbst ein Bier..."

Sie legte das Videoband ein und wartete auf ihn. Sie fühlte sich plötzlich sehr schwach und alles, was sie wirklich wollte, war zurück ins Bett zu gehen, aber er war gekommen und seine Augen waren so voller Sorge gewesen, sie konnte ihn nicht wegschicken. Wenn sie einschlief, würde er es verstehen. Er saß neben ihr und sie sahen sich eine Weile den Film an.

Er sah ihr nach, als sie ins Bad ging. Sie ging langsam. Sie hatte den Tee, den er ihr gekocht hatte, kaum angerührt. Dennoch, sie hatte ein paar Schlucke genommen, das war ein gutes Zeichen. Als sie zurückkam, konnte er nicht mehr. Der Anblick von Verletzlichkeit, den sie in ihrem zartgelben Nachthemd bot, brach ihm das Herz. Er nahm ihre Hand und zog sie auf seinen Schoß. Ihr zerbrechlicher Körper versteifte sich einen Augenblick, aber er drückte ihren Kopf gegen seine Brust. "Shh... hübsches Mädchen", sagte er weich. "Lass mich dich halten. Ich muss dich halten." Er fühlte, wie sie sich entspannte und an ihn lehnte mit absolutem Vertrauen. Er holte eine Erdbeere aus der Schachtel. "Ich habe dir etwas Besonderes mitgebracht. Bitte versuche, etwas zu essen, Dana. Ich bin sehr besorgt um dich."

Dana wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie liebte Erdbeeren mit Schokolade seit dem Tag, als sie ein kleines Mädchen war und Ahab ihr welche in Ocean City gekauft hatte. Sie fragte sich, woher er das wusste und vermutete, dass ihre Mutter dahinter steckte. Sie hatte keinen Appetit gehabt, aber plötzlich ließ der Geruch von Schokolade ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen. Während er die Beere hielt, biss sie einmal ab, dann ein zweites Mal. Irgendwie hatte sie niemals etwas so Köstliches geschmeckt. Sie aß sie auf und dann noch eine. Dann sah sie zu ihm auf.

Seine Augen waren voller Liebe für sie, einer Liebe, über die er nie gesprochen hatte, aber von der sie wusste, dass sie da war. Sie fühlte sich dadurch stärker. Dana wollte ihn eigentlich nur kurz auf die Wange küssen, aber irgendwie berührten ihre Lippen seine und dann hielten sie aneinander fest. Es war ihr Handeln, das wusste sie, aber sie wusste nicht genau, wann die Entscheidung fiel, Grenzen zu überschreiten. Sie konnte das Bier schmecken, das er getrunken hatte, zusammen mit der Schokolade und den Beeren. Plötzlich konnte sie ihn schmecken, den Geschmack von Sauberkeit und Aftershave und ihm. Der einzigartige Geschmack von ihm, den sie kennen und lieben gelernt hatte. Sie drehte sich auf seinem Schoß und drückte ihn herunter auf die Couch mit einer Kraft, von der sie nicht gewusst hatte, dass sie sie noch besaß.

Er verstand nicht ganz, was geschah. Er wusste, sie hatte damit angefangen, ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange zu geben. Und dann plötzlich trafen sich ihre Lippen und ihre Zungen setzten den anderen in Flammen. Sie saß rittlings auf ihm und öffnete seinen Reißverschluss. Ein Schauer ging durch seinen Körper. Was immer auch geschah, er hatte nicht die Kraft, es zu beenden. Dann sah sie ihn an, ihre Augen baten um Zustimmung zu dem, was sie tun wollte. Und wie konnte er das abschlagen?

Er schloss seine Augen kurz, als sie eins mit ihm wurde, ihn umschloss mit ihren intimsten Körperteilen. Er hatte sich oft gefragt, wie es sein würde, sie zu lieben. Aber er hatte niemals gedacht, dass es überhaupt passieren würde und schon gar nicht so. Die ganze Zeit, während sie ihn auf der Couch liebte, sah sie ihn an. Ihre Augen waren mit seinen verbunden. Keine Frau hatte ihn jemals so geliebt, sie gab alles und wollte nichts dafür. Bei keiner Frau hatte er jemals so empfunden. Schließlich konnte er die Lust nicht länger ertragen und sein Körper zitterte in der Ekstase, während er zur gleichen Zeit ihre Erfüllung um sich herum spürte. Erst dann ließ sie seine Augen los. Sie streckte sich auf seinem Bauch aus, ihr Gesicht ruhte auf seiner Brust, als wäre sie gebannt von seinem Herzschlag. Sie hatten nicht ein Wort gesprochen. Er zog ihr Nachthemd herunter und legte die Decke, die sie immer über der Couchlehne liegen hatte, über sie.

Dann schlang er seine Arme um ihren Rücken und dachte, es wäre für immer. "Ich liebe dich, Fox", sagte sie schließlich sanft. Als sie auf seinem Schoß saß, hatte sie erkannt, dass sie ein emotionaler Krüppel geworden war, der sich davor ängstigte, seine Gefühle zu verraten... Schwäche zu zeigen, auf jemanden angewiesen zu sein, und schlimmer noch, der Angst hatte, zu geben. Und sie hatte erkannt, als ihr der Saft der Erdbeere über das Kinn lief, dass sie nicht auf diese Art sterben wollte. Wenn ihre Zeit gekommen war, okay, aber sie wollte diese Erde nicht verlassen, ohne geliebt zu haben und wiedergeliebt zu werden.

"Ich liebe dich, Dana", flüsterte er und streichelte zärtlich ihren Rücken.

"Würdest du etwas für mich tun, Fox?" Ihre Stimme war sanft und schläfrig.

„Alles“, entgegnete er.

"Ich habe eine neue Behandlung begonnen. Bringst du mich morgen ins Johns Hopkins?" Sie hörte seine Antwort jedoch nicht mehr, war bereits eingeschlafen.

***


Fox drehte sich auf der Couch um. Er war in den Fängen eines angenehmen Traums und er wollte nicht aufwachen. Irgendetwas fühlte sich anders an. Er fühlte kein Leder unter sich. Er war mit irgendetwas Weichem zugedeckt, das die Andeutung eines angenehmen Duftes hatte... Dana, erkannte er. Es roch ein wenig, wie seine Partnerin. Warum sollte die Couch nach ihr riechen? Der Fernseher war nicht an und plötzlich roch er... Speck und Kaffee... War er gestorben und nun im Himmel? Träumte er noch? Er erkannte, dass er definitiv noch am Leben war an dem Druck, der plötzlich auf seiner Blase lastete. Es war zwar eine qualvolle Erinnerung daran, dass er nicht mehr träumte, aber er war auch nicht zu Hause. Langsam öffnete er seine Augen, als die Erinnerung an die letzte Nacht wiederkam. Es lag etwas Surreales darin, Dana in seinen Armen, Dana auf ihm, um ihn herum, blaue Augen, die in seine starrten, als sie ihn zur Ekstase brachte. Der Gedanke kam ihm in den Sinn, dass sie ungeschützten Sex miteinander gehabt hatten, aber es machte nichts. Er kicherte in sich hinein bei dem Gedanken, dass es das erste Mal in seinem Leben gewesen war, dass er es ohne Kondom getan hatte und fragte sich, ob das den wahren Verlust der Unschuld für einen Mann darstellte.

Der Druck auf seine Blase wurde immer schlimmer und widerwillig stand er auf, um etwas dagegen zu tun. Wohin, fragte er sich, würden sie von hier aus gehen und was würde als nächstes geschehen? Er ging in ihr Badezimmer und konnte nichts dagegen tun, er musste wieder lächeln. Sie hatte ihm einen Rasierer und einen Jogginganzug hingelegt. Er fragte sich, woher sie den hatte. Anscheinend war er nach einem ihrer Fälle in ihrem Gepäck gelandet und sie hatte ihn ihm nicht zurückgegeben.

Als seine Blase leer war, dachte er darüber nach, ob er das alles ignorieren sollte, aber er entschied, dass es womöglich nicht fair ihr gegenüber wäre. Der physische Aspekt ihrer Beziehung war ein wenig zu neu, um sie schlechtem Atem am Morgen auszusetzen. Er duschte und rasierte sich schnell und dann ging er in die Küche.

"Morgen, Mulder", sagte sie ein wenig scheu. Sie hatte bereits Jeans und T-Shirt an, aber ihre Füße waren nackt und ihr Haar hing locker und lässig herab. Sie hatte kein Make-up aufgelegt und sie sah blass aus, aber dafür schön auf eine natürliche Art. Ihr Gesicht war fragend, so als wüsste sie nicht was sie tun sollte.

"Hi, Schöne", sagte er. Und dann plötzlich wusste er, was er zu tun hatte, wenn es seine Partnerin nicht tat. Er ging zu ihr herüber und küsste sie auf die Stirn. "So hast du mich letzte Nacht ganz sicher nicht genannt."

"Verzeih mir, dass ich mich habe hinreißen lassen", sagte sie lächelnd. "Aber, dass du nicht denkst, es hatte irgendetwas zu tun mit deiner... ähm... offensichtlich gut ausgestatteten Anatomie, denk dran, es ist drei Jahre her." Seine Berührung tat so gut. Sie hatte nicht aufstehen wollen und ihn so früh allein lassen, aber Mutter Natur hatte gerufen und sie war gezwungen, zu antworten.

"Drei Jahre?" Er grinste dümmlich. "Drei Jahre? Hey, das bedeutet, du hast mit niemandem geschlafen..." Er hielt inne. Vielleicht sagte er besser nichts mehr. "Äm, ist der Speck für mich?"

"Ich dachte, du würdest niemals aufwachen." Sie lächelte ihn wieder an. "Ich bin hungrig heute Morgen. Ich denke, der Virus ist weg."

"Dann war es wirklich ein Infekt?", fragte er, seine Stimme voller Hoffnung.

"Ja", entgegnete sie. "Es tut mir leid, Fox. Es kam mir nicht in den Sinn, dass Mom und du etwas anderes denken könntet. Natürlich habe ich mich in diesem Moment wirklich total krank gefühlt und ich konnte nicht klar denken."

"Vor dem Klo zu knien und sich zu übergeben, da kann das schon so passieren." Als sie ihm gegenüber saß, nahm er ihre Hand und lächelte. "Ich liebe dich, Dana." Er betrachtete sie, befriedigt darüber, sie Toast und Rührei essen zu sehen und sogar ein Stück Speck, obwohl sie Kaffee mied und stattdessen Tee trank.

"Ich muss mich fertig anziehen", sagte sie schließlich. "Danke, dass du mich heute nach Baltimore begleitest."

"Dabei fällt mir ein, ich rufe besser im Büro an und sage ihnen, dass ich heute frei nehme", sagte er.

"Sag mir Bescheid, wenn du soweit bist."

"Skinner wird sich fragen, was mit dir los ist. Du nimmst niemals frei, außer wenn sie dich dazu zwingen."

Sie erinnerte sich nur zu gut an diesen blöden Fall, den sie am Hals hatte, als sie ihn gezwungen hatten, Urlaub zu nehmen. Er hatte ihr verflixt viel Ärger eingebracht.

***


Die Stille im Auto war ein bisschen unbehaglich. Er hatte Millionen von Fragen an sie, aber sie war extrem still. Schließlich hielt er es nicht länger aus. "Also, Dr. Scully, was ist das für eine Behandlung, der du dich unterziehst?" Er versuchte so zu klingen, wie ihr Partner, der einen Fall untersucht und nicht wie jemand, der in ihren persönlichen Angelegenheiten herumschnüffelt. Alles fühlte sich plötzlich so zerbrechlich an.

Sie erklärte es kurz, dann legte sie ihre Hand auf sein Bein, als sie an einer Ampel anhielten. "Ich kann dich nicht anlügen, Mulder. Der Tumor ist größer geworden. Wenn das hier nicht funktioniert... na ja..."

"Es wird funktionieren, Dana", sagte er mit ruhiger Bestimmtheit. "Jetzt erst recht. Es wird funktionieren." Er wollte das Thema wechseln, den Augenblick heller machen. "Sag mal, habe ich dir schon mal erzählt, dass ich E.T. gesehen habe?"

"Ja, wirklich? Wo?", fragte sie lächelnd. Sie fand E.T. immer irgendwie niedlich. Als sie den Film eines Tages mit ihrer Nichte auf Video ansah, brachte Drew Barrimore ihre versteckten Mutterinstinkte hervor.

„Nach dem Flugzeugabsturz, bei dem Max umkam... in dem See... da hab ich es gesehen... wirklich. Es war leblos, dort unter dem Wasser, aber Taucher mit hellen Lampen kamen, bevor ich... Gott... ich hatte meine Unterwasserkamera nicht dabei... Ich habe nie meine verdammte Kamera dabei, wenn ich sie brauche... und in diesem Moment schien zu flüchten die einzig logische Aktion zu sein." Er wusste nicht, warum er ihr gerade jetzt davon erzählte.

Nachdem der Fall abgeschlossen war, hatte er ihr nichts davon erzählt. "Mulder, du bist nachts in tiefem Wasser getaucht... was, wie ich hinzufügen möchte, du besser nicht allein getan hättest. Die Taucher kamen und ihre hellen Lampen haben dich geblendet. Wie kannst du wirklich wissen, was du gesehen hast?", fragte sie.

"Das ist mein Mädchen." Er grinste und berührte sie leicht am Kinn. "Solange du mir sagen kannst, dass ich verrückt bin, wird alles gut werden." Vielleicht hatte er es ihr deswegen erzählt. Er wollte hören, dass sie seine Ansicht widerlegte. Manchmal vermisste er es, wie sie ihm früher ins Gesicht gesagt hatte, was sie von ihm und seinem Theorien hielt. Er hatte sie am Anfang deswegen nicht gemocht. Aber es war eine Art Spaß geworden, sie zu reizen, bis er sie auf die Palme gebracht hatte. Sie war damals so unerfahren und naiv gewesen und hatte ihre Aufgabe, ihn auf dem Boden der Tatsachen zu halten, sehr ernst genommen. Im Nachhinein betrachtet war es ganz reizend gewesen.

"Mulder, du bist verrückt", sagte sie lachend. Die Wahrheit war, dass sie ihm glaubte, aber jetzt war nicht der Zeitpunkt, es zuzugeben. Vielleicht würde der Zeitpunkt niemals kommen. Streiten war ein Teil ihrer Beziehung. In letzter Zeit hatte sie eine Menge nachgedacht und hinterfragt. Der Gedanke an Aliens war erschreckend, aber was, wenn sie gar nicht die bösen Jungs waren bei alledem? Was, wenn sie Zuschauer waren, die nur abgestürzt waren und die dunkleren Mächte der Menschheit hatten begonnen, ihre fortgeschrittene Technologie auszubeuten?

Die Behandlung war ziemlich grauenhaft, aber Mulder an ihrer Seite zu haben machte es irgendwie einfacher. Er würde sie nicht allein lassen, nicht für einen Augenblick. Dr. Mers, der zuständige Physiker, bemerkte die Veränderung. Beim letzten Mal war sie allein gekommen, allein und depressiv. Und heute morgen, trotz eines schweren Anfalls von Gastroenteritis, schien sie zu strahlen... Sie war von einer Gelassenheit, die sie vorher nicht hatte. Der Mann, mit dem sie hier war, liebte sie ganz offensichtlich und das, zusammen mit der Behandlung, könnte ihr den Impuls geben, den sie brauchte, um ihre Chance zu ergreifen.

Ihr Ruf als forensische Pathologin war ihm nicht unbekannt. Dana Scully war eine der besten und er hoffte, dass diese neue Behandlung ihr ein langes und gesundes Leben ermöglichen würde. Ein paar Stunden später war sie fertig, um zu gehen. Die Behandlung hatte ihr nicht so zugesetzt, wie jene damals in Allentown. Sie hoffte, sie hatte ihr Wunder gefunden.

Sie verließen das Hospital. Mulder wollte das Auto nehmen, aber sie sagte ihm, dass sie lieber laufen würde. Es war kein so langer Weg. Das Wetter war gut und als sie zu Hause ankamen, versprach sie, dass sie es leicht nehmen würde und sich von ihm verhätscheln lassen würde. Sie hatte in Erwägung gezogen, Urlaub zu nehmen oder um eine leichte Beschäftigung zu bitten.

Mit dieser Behandlung bestand eine gute Möglichkeit, dass sie mit vollem Schwung zurückkehren konnte. Und das war es, was sie am meisten wollte, gut erholt und auf hohem Leistungsniveau. Obwohl sie es sich nicht gestattet hatte, es zu zeigen, hatte sie Pendrells Tod nicht leicht genommen. Sie hatte seine Zuneigung für sie irgendwie amüsant und auch ein wenig lästig gefunden, aber er hatte es nicht verdient, auf diese Weise zu sterben und er hatte sich um sie gesorgt. Sie hoffte, die Männer zu finden, die für diesen Schuss verantwortlich waren, und ihnen mit Mulders Hilfe kräftig in den Hintern zu treten.

Mulder legte einen Arm um sie. Es fühlte sich gut an. Obwohl er sie schon immer gern berührt hatte, war es jetzt anders.
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