World of X

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Traders in Snow

von Vanzetti

Kapitel 1

"There is no land uninhabitable or sea unnavigable."

(Es gibt kein unbewohnbares Land und keine nicht befahrbare See)

Scully wusste von Anfang an, dass es zwei separate Ermittlungen über Mulders Verschwinden geben würde. Die erste war die Offizielle, in der das FBI schickte, was immer es an Ressourcen dafür entbehren konnte. Sie machte sich keine Illusionen über den Umfang dieser Ressourcen. Mulder war vielen Leuten zu lange ein Dorn im Auge gewesen, als dass seinem Verschwinden mehr als eine gedämpfte Erleichterung folgte. Die Suche wurde abgebrochen, und der verantwortliche Agent wurde angewiesen den X-Akten beizutreten.



Wären ihre Positionen andersherum gewesen, war sie sich sicher, dass Mulder laut und unaufhörlich protestiert hätte. Er hätte darauf bestanden, dass die Suche fortgesetzt, dass jeder mögliche Hinweis verfolgt, dass wer immer verantwortlich war zur Verantwortung gezogen würde.



Sie betete, dass sobald er zurückkehrte (sobald, ihr Verstand bestand darauf), er verstehen würde, wieso es so schien, als ob sie in der Sache klein beigegeben hätte.



Die Wahrheit des Ganzen war, dass sie nicht die Energie hatte, zwei Untersuchungen seines Verschwindens parallel zu leiten. Oder besser, sie hatte die Energie, aber nicht die Zeit.



Deshalb arbeitete sie sich tagsüber durch die X-Akten, denen sie zugeteilt wurde, tat ihr Bestes, um in der Art und Weise zu denken in der, wie sie sich erinnerte, Mulder dachte, dankbar, wenn sie nicht taub war für die Unterstützung, die John Doggett ihr anbot. Die Wochenenden, Abende und Nächte wurden ihr wirkliches Leben. Sie verbrachte mehr Zeit mit Frohike, Langly und Byers als in ihrem eigenen Apartment. Sie sorgten dafür, dass sie genug aß und genug schlief, aber waren ansonsten ihrer Suche gewidmet. Ihre Nächte wurden zu einer surrealen Mischung aus elektronischen Impulsen und John Does. Die Impulse entpuppten sich niemals als Zeichen für UFOs oder wenn sie es taten, war es schon zu spät. Die John Does waren niemals Mulder; worüber sie nach jedem Besuch im Leichenschauhaus froh war und sie gab ihr Bestes nicht jedes Mal, wenn sie aus einem Krankenhaus kam, zu weinen.



Hinweis für Hinweis, und immer noch nichts. Die Monate vergingen und sie wartete darauf, dass ihr Körper sie betrug.



Er hatte es schon einmal getan. An dem Tag, an dem sie ohnmächtig wurde und die Gunmen sie in ein Krankenhaus brachten, hatten sie ihren besten Hinweis verloren. Ihren einzigen richtigen Hinweis. Das war einer der Gründe, warum sie so willig waren alles liegen zu lassen und ihr zu helfen: denn während sie sich um Scullys Gesundheit sorgten, verschwanden Krycek und Covarrubias ebenso spurlos wie Mulder. Es konnte kein Zufall gewesen sein.



Aller schlechten Dinge sind drei. Ihre Mutter hatte das einmal gesagt, und Scully hatte es als Aberglaube abgetan. Jetzt war sie sich nicht mehr so sicher. Im Krankenhaus wurden ihr drei Informationen mitgeteilt. Krycek und Covarrubias waren vermisst. Mulder wurde in Oregon entführt. Und sie war schwanger. Das letzte war keine schlechte Nachricht, nicht das Baby, das sie sich so sehr gewünscht hatte.



Das Baby, ihr unpassendes Wunder. Sie erwischte sich eines Nachts fragend, ob die heilige Jungfrau jemals so empfunden hatte. Wenigstens wusste Maria, wo das Kind herkam. Wenn der Erzengel Gabriel vorgehabt hatte, Dana Scully zu besuchen, musste er sich unterwegs verlaufen haben. Die Gotteslästerung war mehr amüsant als entsetzlich.



Die Herkunft des Babys war etwas, das sie nicht zu tiefgründig untersuchen wollte. Sicherlich war eine Nachforschung erst mal genug. Zuerst würde sie Mulder wieder finden, und dann würden sie zusammen das Problem lösen, dass die Schwangerschaft darstellte. Wenigstens gab es keine Abnormalitäten: Die letzte Ultraschalluntersuchung hatte denselben gesunden, männlichen Fötus gezeigt wie alle früheren. Das musste ein gutes Zeichen sein, ein Zeichen, dass das Kind das war, was sie hoffte, dass es war.



Durch das Fehlen göttlicher Einmischung würde Dana Scully an den von der Wissenschaft gelieferten Erkenntnissen festhalten. An der Wissenschaft und ein bisschen Hilfe von ihren Freunden.



Sie war auf dem Weg nach Hause von ihrer Untersuchung, als sie den Anruf von Langly erhielt.



Alex Krycek war in New York gesehen worden.



B.



„Sie ist was?“



„Schwanger“, wiederholte Marita Covarrubias. Krycek sprang von dem Stuhl auf und begann schnell durch den Raum zu der gegenüberliegenden Wand zu gehen. Er stoppte dort und lehnte seinen Kopf dagegen, nur für eine Sekunde, dann schlug er sie ohne Vorwarnung mit seiner linken Faust.



„Fuck“, murmelte er. „Ich verschwinde für ein paar Monate und alles geht den Bach runter. Wessen ist es? Mulders?“



Sie blätterte durch die Unterlagen auf dem Tisch, als würde sie nach etwas suchen. „Wir sind uns nicht ganz sicher.“ Als sie hochblickte hatte er sich umgedreht und lehnte gegen die Wand, sie dabei ansehend.



„Was sind die Möglichkeiten?“



„Ihre Eizellen wurden entfernt während sie entführt worden war“, bemerkte Marita.



„Also können wir ziemlich sicher sein, dass es nicht natürlich ist. Fuck.“



Sie nickte. „Sie unterzog sich letztes Jahr einer IVF Behandlung, jedoch war diese nicht erfolgreich. Aber Alex ..., sie unternahm diesen Frühling einen Ausflug mit dem Raucher.“



„Fuck“, sagte er zum dritten Mal. Sie nickte zustimmend. Das Wort war eine gute Beschreibung für die Situation, in der sie waren.



„Sie hat keinen DNA-Test an ihm gemacht. Wir würden es wissen. Wir bekommen Kopien von all ihren medizinischen Unterlagen. Also entweder sie ist sich sicher...“



„...oder sie ist besorgt und will es nicht wissen“, beendete er für sie den Satz. „Dumme Schlampe“, murmelte er zu sich selbst.



„Wir müssen sie holen und die Tests selbst durchführen“, sagte sie. „Es könnte das sein, auf das sie warten.“



Ihre Blicke trafen sich. „Ich bin überrascht, dass du dich in meiner Abwesenheit nicht darum gekümmert hast, Marita.“



Sie zuckte ihre Achseln, fühlte sich plötzlich unbeholfen unter seinem Blick. Die Wahrheit war, dass sie nicht soviel Verantwortung übernehmen wollte. Sie wusste jetzt, was die Konsequenzen von Ungehorsam waren.



Die vergangenen vier Monate waren nicht einfach gewesen. Alex war fast unverzüglich verschwunden, nachdem sie den Raucher die Treppen runter fliegen ließen, und in der Zeit, in der sie zum Apartment zurückkehrte um zu entdecken, dass die Leiche verschwunden war, war er aus ihrer Reichweite. Mit beiden, Mulder und Alex, vermisst, war sie selbst untergetaucht, hielt Funkkontakt mit den Informanten, die sie stellvertretend für den Raucher unterhielt, aber wollte keinen Schritt unternehmen, bevor sie es nicht musste.



Und dann war Alex zurückgekehrt, gesund und glücklich. Um ehrlich zu sein, sie hatte Angst ihn zu fragen, was er verkauft hatte, im Tausch für seinen regenerierten Arm. Die ganze Situation sah schlecht aus. Sie wusste, Alex vertraute ihr nicht mehr. Er sah wahrscheinlich immer wenn er in ihre Richtung schaute das Wort “entbehrlich“ in großen, leuchtenden Buchstaben über ihrem Kopf.



Irgendetwas war mit Krycek in Tunesien geschehen. In Tunesien, oder früher: Sie hatte seit dem Tag, an dem sie den Jungen gestohlen hatte und dem Virus ausgesetzt worden war nicht sehr viel von ihm gesehen. Das Konsortium hatte ihr Leben gerettet, aber nicht aus Gnade. Sie hatte über ein Jahr als Versuchstier verbracht, war Labor zu Labor gebracht worden, wie die Forschung es gerade vorschrieb Sie würde immer noch dort sein, wenn die Zerstörung der Führerschaft des Konsortiums den Raucher nicht einflusslos zurückgelassen hätte. Oder wenn der Hass, den sie auf Alex Krycek verspürte, Spender nicht hätte glauben lassen, dass sie nützlich sein könnte.



Er hat niemals begriffen, dass Alex kaum der einzige war, den sie hasste; oder wenn er es tat, begriff er es zu spät. Das war, was sie gerne geglaubt hätte. Die Wahrheit war, dass sie sie alle hasste, alle Leute, die sie benutzt, verlassen und zum Sterben zurückgelassen hatten. Wenigstens hatte sie in Alex‘ Fall ihn zuerst betrogen.



Manchmal hasste sie sich selbst genauso, weil sie Angst vor ihnen hatte. Sie fürchtete sich nicht die ganze Zeit: Die Furcht würde in seltsamen Momenten über sie kommen, veranlasst durch einen Geruch, durch die Art, wie sich das Licht bewegte, durch irgend etwas, was sie nicht kontrollieren konnte. Jetzt gerade war Alex Krycek eines dieser Dinge. Oder besser, Alex Kryceks neu gefundene Selbstkontrolle. Sie erinnerte sich an einen Krycek, der durch seine Begierden leicht zu manipulieren war. Das war der Krycek, den sie erwartet hatte in Tunesien zu finden, und sie hatte sich so gut wie sie nur konnte darauf vorbereitet. Vergnügen hatte nichts damit zu tun erinnerte sie sich selbst. Dies war nur ein anderer Weg ihn erneut in ihre Gewalt zu bringen.



Die erste Nacht hatte er sie alleine gelassen. Sie hatte es auf Erschöpfung oder sogar Verwirrung geschoben. In der dritten Nacht hatte sie ihre Zähne zusammen gebissen und war zu ihm gegangen und er hatte sie weggeschickt.



Das hatte sie mehr als alles andere -- selbst mehr als die Angst, dass ihr früherer Arbeitgeber immer noch lebendig war -- davon abgehalten, eigene Schritte zu unternehmen, als er gegangen war.



Jetzt schaute sie ihm dabei zu, wie er zum Esstisch zurückkehrte und durch die Berichte blätterte, die sie für ihn vorbereitet hatte. Sie benutzten eine ihrer vorübergehenden sicheren Unterkünfte, einen Bauernhof, nördlich gelegen von New York, den sie als Sommerhaus gemietet und dann durch den Herbst behalten hatte. Sie würde es nach diesem Wochenende nicht wieder benutzen; Es war zu spät in der Jahreszeit.



Zeit, um zu einer Hütte in Vermont überzuwechseln, gut gelegen zum Skifahren. Sie würde wieder dem gleichen Grundsatz folgen. So lange, wie die Leute, die die Hütte benutzten, professionell aussahen und nicht länger als eine Woche blieben würde niemand sie bemerken.



Er war immer noch, seltsamerweise, fremd mit seinem neuen Arm. Er hatte sich gezwungen, sich so komplett dessen Abwesenheit anzupassen, dass er selbst jetzt noch Dinge einarmig machte. Kleine Dinge, wie Milch in ein Glas zu gießen oder seinen Mantel anzuziehen. Wenn er es bemerkte, würde er die ganze Aktion stoppen und es ein zweites Mal machen, erst mit seiner linken Hand, dann mit beiden. Jetzt zum Beispiel schrieb er Notizen auf ein Papier. Er legte den Füller hin, um die Seite umzublättern, dann nahm er ihn erneut, um eine neue Notiz zu machen. Während der ganzen Zeit lag sein linker Arm unbeachtet auf dem Tisch.



„Wir werden einen sicheren Wohnort brauchen“, sagte sie. „Etwas mit guten medizinischen Einrichtungen, nur für den Fall.“



„Wir werden den Ort draußen in Chicago benutzen“, sagte er und sein Klang deutete an, dass er sich mit dem Thema beschäftigt und die Entscheidung einige Zeit vorher getroffen hatte. Diesmal wartete sie, bis er zu Ende gelesen hatte und schaute zu, während er die Dokumente nahm und sie in den Reißwolf gab. Er hatte den Inhalt auf zwei Blätter mit Codes, die nur er entziffern konnte, reduziert. Er würde sie als Erinnerung benutzen und sie dann genauso zerstören. Sie hat ihn das schon einmal machen sehen, als sie vorgaben in Russland zusammen zu arbeiten. Als die Dokumente zu Streifen reduziert waren, nahm er den Reißwolfkorb mit zum Kaminfeuer und begann die Papiere hinein zu werfen, eine Hand voll jedes Mal. Er schien vertieft in die tanzenden Flammen zu sein und das Licht wurde von seinem Gesicht reflektierte, bis er zu sprechen begann. „Sie sucht immer noch nach uns. Der einfachste Weg sie zu kriegen, wird der sein, ihr zu geben, was sie will.“



C.



Krycek nutzte die Zeit, um die Falle so sicher zu machen, wie es nur ging. Er nahm den Zug nach Manhattan und verbrachte 36 Stunden auf der Lower East Side, gerade lange genug, um seinen Leuten ihre Positionen zuzuweisen und um die Bestätigung zu bekommen, dass er entdeckt worden war.



Dann ging er nach Vermont. Zu früh zum Skifahren, was er gerne wieder ausprobiert hätte. Mit Marita dort waren sie nur ein Paar aus der Stadt in einer gemieteten Hütte. Sie hatten sogar ein paar Gäste über das Wochenende da, ein Doctor-und-Professor Pärchen aus Boston.



Eine Woche später kehrte er zurück in die Stadt. Ein früher Pendlerzug aus Connecticut ließ ihn in Grand Central heraus, einer von tausend Männern und Frauen in Anzügen. Er wechselte seine Verkleidung in einem Badezimmer. Er brauchte fünf Minuten, um von einem Geschäftsmann zu einem obdachlosen Mann zu werden. Danach war er unsichtbar so lange er sich nicht zu schnell bewegte.



Er ließ die Verkleidung einmal fallen, gerade lange genug, um im selben Gebiet gesehen zu werden, dass er vorher benutzt hatte, dann ließ er sich nieder und wartete. Er kannte die drei Männer, die er in diesem Job brauchte: Einen aus den alten Tagen, als sie einen Job für die alten Männer zusammen erledigten und die anderen zwei aus Russland. Das Auto, das sie benutzen würden, war von einem anderen Russen, der einen Gefallen tun wollte.



Nach dem Erscheinen in der letzten Woche, war Scully mit Mulders drei Informanten im Schlepptau aufgetaucht. Sie hatten sein und Maritas Bild jedem in einem 4-Blöcke Radius gezeigt. Sicher, sagten einige von ihnen, sie hätten ihn gesehen. Nein sie kannten ihn nicht. Sicher, würden sie sie verständigen, wenn er wieder auftauchen würde.



Das nächste Mal, als er auftauchte kaufte er eine Lederjacke von einem Großhändler und orderte einen Anzug von einem der Schneider auf der Straße. Er hatte den Schneider behutsam ausgesucht und war erfreut, als Scully vier Stunden, nachdem er den Laden verlassen hatte, persönlich aufgetaucht war.



Die Anprobe für den Anzug war in vier Tagen. Am Morgen des dritten Tages rief er an, um den Termin abzusagen und ihn für den Mittag desselben Tages neu anzusetzen. Das gab ihr gerade genug Zeit, um nach New York zu kommen, aber nicht genug, um Rückendeckung zu arrangieren. Er hoffte das der so bedeutsame Mulder auf sie abgefärbt hatte, und sie anbeißen würde.



Der Schneider hatte das Spiel durchschaut als Krycek zu früh für die Anprobe auftauchte. Krycek erzählte ihm, er würde nicht verletzt werden, wenn er kooperierte. Der Mann glaubte ihm nicht. Es spielte keine Rolle: Nichts konnte ihm jetzt helfen.



Pünktlich zum Termin stürzte Scully mit gezogener Waffe in den Laden. Gib ihr, was sie will, hatte er gesagt, also tat er es. Sie brauchte drei Schritte durch den Laden zu den Umkleidekabinen im hinteren Teil. Sie riss den Vorhang an die Seite und dort war er, schon seine Hände nach oben haltend. Er war bereit das Risiko einzugehen, dass sie ihn nicht töten würde, wenn er sie nicht bedrohte. Sie brauchte ihn lebendig, damit er ihre Fragen beantworten konnte.



Einen Augenblick lang starrten sie sich an. Scully sah hager aus, dachte er. Als wenn sie nicht viel geschlafen hätte. Sie war immer blass gewesen, doch jetzt dachte er, er sähe an ihr einen gelblichen Hauch. Er wusste nicht viel über schwangere Frauen, aber das sah nicht richtig aus.



Und was sah sie, fragte er sich. Bemerkte sie den Arm? Wunderte sie sich nicht, warum er keinen halbfertigen Anzug trug?



Es gab keine Chance es zu erzählen: Die Glocken an der Tür klingelten wieder und seine Rückendeckung schneite hinein. Die drei obdachlosen Männer, die sie wahrscheinlich sogar gar nicht bemerkt hatte -- oder bewusst nicht bemerkt hatte -- kauerten an der Tür des Schneiderladens. Sie drehte sich nicht um, aber sie musste sie gehört haben. Und sie gerochen haben.

„Geben Sie es auf, Scully“, sagte er.



„Keine Bewegung“, sagte sie. "Ich werde ihn erschießen. Ich werde es wirklich tun.“



„Seien sie nicht dumm, Scully. Wenn Sie mich erschießen, werden diese Männer sie töten. Kommen sie. Sie brauchen mich, um Mulder zu finden. Ich werde Ihnen nicht wehtun.“



„Lügner“, sagte sie. „Sie haben ihn angestiftet. Sie haben ihn hingeschickt, damit er entführt wird.“ Sie klang verärgert, aber er konnte ihre Entschlossenheit zerspringen sehen. Er nahm seine Hände langsam runter, schaute, ob ihr Finger sich um den Abdrücker verengte. Die Männer hinter ihr traten näher. Sie war immer noch, wie er sich selbst erinnerte, die gefährlichste Frau, die er kannte. Außer vielleicht Marita. Er ignorierte diesen Gedanken und konzentrierte sich auf ihre Hand und ihr Gelenk, wartete auf die unvermeidliche Entspannung. Sobald sich ihr Finger lockerte, trat er einen schnellen Schritt nach vorne und zur Seite, griff ihre Hand und verdrehte sie. Seine linke Hand nahm ihr die Waffe aus den Händen, bevor sie sie benutzen konnte. Der Konsortiumsmann nahm das medizinische Pflaster. aus der Verpackung und klebte es auf ihr Genick.



Wut und Vorwurf füllten ihre Augen, als die Droge Wirkung nahm, und sie vorwärts stürzte. Bevor sie ihr Bewusstsein verlor, schleppte er sie stolpernd aus der Tür und in die wartende Limousine. Der Fahrer würde ihn zu einem Langzeitparkplatz in der Nähe des Newark Flughafens fahren, wo Marita sie mitnehmen würde. Hoffte er. Nein, er wusste, dass sie sie mitnehmen würde. Er hoffte sie würde nicht versuchen, ihm Scully vor seiner Nase wegzustehlen.



Die drei Mitglieder des Unterstützungsteams säuberten den Schneiderladen und zerstreuten sich danach. Er hatte arrangiert, dass das Geld am Nachmittag auf ihre Konten eingezahlt werden würde. Er blickte auf seine Uhr: vor 23 Minuten.



Er lehnte Scully gegen seine Seite, sein linker Arm um ihre Schultern, als würde sie schlafen.



Der Doktor hatte ihm versichert, dass die Droge eine normale Schwangerschaft nicht stören dürfte, aber weiß Gott, was Scully dort drinnen hatte.



Marita hielt eine Minute, nachdem der Fahrer Krycek und Scully auf dem Parkplatz raus gelassen hatte, an. Sie muss irgendwo gewartet haben, wo sie sie vorbeigehen sehen konnte. Es sei denn, sie war ihnen den ganzen Weg von der Stadt aus gefolgt. Wie auch immer, es war eine gute Sache -- er fühlte sich so ausgesetzt, hier zu stehen, Scully aufrecht zu halten und zu hoffen, dass niemand sie bemerken würde.



Die beiden schnallten Scully in den Beifahrersitz und Krycek plumpste, für die kurze Fahrt zu einem Parkplatz einer verlassenen Fabrik in den Rücksitz. Als sie erst einmal versteckt waren, legten sie Scullys Hände hinter ihrem Rücken in Handschellen, klebten ihren Mund zu und schlossen sie im Kofferraum ein.



„Glaubst du sie wird ok sein, da drinnen?“, fragte Marita, als sie zurück in den Wagen kamen.



„Wir können sie immer alle paar Stunden rausholen, sie herumlaufen lassen und ein bisschen Wasser trinken lassen. Es wird ihr gut gehen.“



„Ich hoffe, die Droge funktioniert.“ Natürlich, dachte er, Marita würde sich nicht um Scullys Wohlbefinden sorgen. Sie war seit kurzem recht unempfindlich gegenüber körperlichen Schmerzen. Er wusste, wie sie fühlte. Trotz allem waren sie beide immer noch am Leben. Das war eine Sache, die sie immerhin gemeinsam hatten. Nun hatten sie eine lange Reise vor sich, und obwohl er sich nicht sicher war, ob er fähig war, die ganze Zeit wach zu bleiben, fühlte er sich nicht wohl dabei, in Maritas Gegenwart zu schlafen. Jedenfalls nicht mit einem Gefangenen im Kofferraum. Das brachte schlechte Erinnerungen mit sich.



Es war vorauszusehen, dass er und Marita als Einzige übrig bleiben würden, aber manchmal wünschte er sich, das Schicksal hätte ihn mit irgendwem, aber nicht mit ihr, zurückgelassen. Sicher war sie so weit loyal gewesen, aber in einer Art, die es nur schlimmer machte. Er wartete ständig auf den nächsten Tritt.



Krycek beobachtete sie seit Tunesien, aber er war nicht schlauer aus ihr geworden. Er war sich ziemlich sicher, dass sie das Erste, dass sie dort gesagt hatte, dass sie ihn dort verrotten lassen würde, meinte, aber er hatte keine Ahnung, was noch -- wenn alles -- ernst gemeint war.



Sie dort in Verantwortung zurückzulassen, während er mit den Rebellen losging, war ein großes Risiko, obwohl es nicht so war, als hätte er eine Wahl gehabt. Sie hatten ihn aufgelesen und ihm den Deal erzählt, keine Fragen erlaubt. Sie wussten, dass er jede Hilfe, die die gesichtslosen Bastarde ihm geben konnten, brauchte.



Und dann war da der Arm. Er hatte ihn mit einer Heftigkeit gewollt, die er sogar selber kaum glauben konnte. Wenn die Aliens glaubten, ihr Geschenk würde ihnen so eine Art Macht über ihn geben, war das ihr Problem. Er wusste verdammt gut, dass sie es nur getan haben, weil ein einarmiger Mann sich abheben würde, dort wo sie ihn hinschickten. Er war wütend gewesen, als er begriff, wie einfach es für sie war ihn zu regenerieren.



Es war nichts für sie und die ganze Welt für ihn. Was ihn betraf, so hatte er für jedes Gramm Fleisch bezahlt.



Er spreizte die Finger seiner Hand. Das war es wert gewesen. Jede einzelne qualvolle, grausame, Angst einjagende Sekunde.



Mittlerweile war einen Schritt voraus zu bleiben alles was er tun musste. Das letzte Mal, als sie versucht hatten zusammen zu arbeiten, hatte Marita den Jungen von ihm gestohlen und ihn zu Mulder gebracht. Das deutete auf eine gewisse Verpflichtung hin, zumindest zu einem von Mulders Zielen. Oder die Bereitschaft, Mulder zu benutzen, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Aber Mulder war wie eine Krankheit:



Man setzt ihn auf etwas an, dass man aus dem Weg haben will, in der Art wie Armeen im Mittelalter verrottete Tiere in belagerte Städte warfen und sich zurückzogen und darauf warteten, dass sich die Fäule verbreitete.



Das Bild amüsierte ihn, und er überlegte es sich, es mit ihr zu teilen. Andererseits vielleicht nicht. Er glaubte nicht, dass Mulders Sicherheit eine hohe Priorität für sie war, andererseits wusste er es nicht wirklich.
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