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Drei Monate

von Rachel Anton

Kapitel 1

"Scheiß-Verkehr!" Mulder schlug frustriert mit der Faust auf das Lenkrad. Es schien, als ob er schon seit Stunden auf derselben Straße fuhr, und er fragte sich, wann -wenn überhaupt- dieser ätzende Tag vorbei sein würde.  *Drei Monate* fiel ihm ungebeten ein. *Es ist drei gottverdammte Monate her*. Jetzt fing es auch noch an zu schneien, was den Verkehr umso schlimmer machte. Der Winter war in vollem Gange, es war bereits Februar.  Fast wieder Scullys Geburtstag. Drei Monate waren vergangen. Drei Monate, seit sich Scullys Krebs auf wundersame und rätselhafte Weise zurückgebildet hatte. Und vier Monate, seit Fox Mulder sich selbst ein Versprechen gegeben hatte. Ein Versprechen, von dem er überzeugt war, dass er den Mumm hatte, es einzuhalten.

Er war heute so dicht dran gewesen. So nahe, dass sich sein Herz zusammenzog, wenn er nur daran dachte. Sie hatten sich über die Stichhaltigkeit seines neusten Projektes gefetzt. Sie hatte sich gegen den Aktenschrank gelehnt, ihren Kopf geschüttelt und ihn völlig ungläubig angesehen. Sie hatte so stark ausgesehen, so kraftvoll, so brilliant, so Scully. Der Gedanke daran machte ihn auch jetzt wieder heiß. Er hatte einen Moment purer Klarheit erlebt. Sie war da. Sie war wieder da. Sein Fels in der Brandung, seine Scully, wieder völlig sie selbst. Er hatte sie in dem Moment wie eine Vision gesehen. Eine Vision der Perfektion, alles, was er je wollte, brauchte, in einem wunderschönen kleinen Päckchen mit einer roten Schleife oben drauf.

*HUUP!* Mulder wurde durch die grelle Hupe seines Hintermannes wieder in die Wirklichkeit zurück gerissen. Er sah nach vorne und merkte, dass er gute 30 Meter zurück war. Er beschleunigte, um sich wieder anzuschließen.

"Bist du jetzt glücklich, du Arschloch?" brummte er über den Geschäftsmann in dem Wagen hinter ihm. "Alles Idioten!"

Sechs Uhr und es war schon dunkel. Mulder hasste Winter. Er hasste Kälte, andauernde Dunkelheit, im Schnee von der Arbeit nach Hause fahren zu müssen. Er war heute früher gegangen, um vor dem angekündigten Schneesturm zu Hause zu sein, aber es war nicht früh genug gewesen. Scully war einige Stunden vor ihm gegangen. Sie war bestimmt schon in ihrem warmen und gemütlichen zu Hause, in eine Decke eingewickelt mit einer heißen Schokolade oder so vor sich. Mulder musste bei dem Gedanken lächeln und wünschte, er wäre bei ihr in ihrer behaglichen Wärme. Er war heute so dicht dran gewesen.

Er hatte aufgehört, mit ihr zu streiten und hatte sie nur angestarrt - überwältigt von den Gefühlen, die ihn gepackt hatten. Fragend hatte sie eine Augenbraue gehoben und ihn gefragt, was er wohl anstarren würde. Die Worte waren da. Er hatte gespürt, wie sie sich in seinem Inneren formten, wie sie aus seinem Körper hinaus wollten durch die Schichten von Selbsthass, Schuldgefühlen und Angst. Sie hatten gedrängt, gepushed und konnten fast die letzte Barriere durchdringen. Doch irgendetwas hatte sie aufgehalten.  Etwas in ihm, dass es nicht zuließ. Ein Teil in ihm weigerte sich, Dana Scully von dem Podest, auf das er sie vor Jahren so sorgsam gestellt hatte, herunter zu nehmen. Sie herunter auf sein Level zu bringen, sie jemanden sein zu lassen, der ihn lieben könnte, den er so berühren konnte, wie er es wollte, würde ihre Person ruinieren. Sie würde ihm gleichgestellt sein, und somit völlig wertlos. Mulder könnte nicht ertragen, ihr so etwas anzutun. Er weigerte sich, ihren Glanz zu nehmen, sie durch seine Liebe in Gefahr zu bringen. Mit Worten, von denen er sich versprochen hatte, dass er sie sagen würde, wenn sie sich je erholen würde. Worte, bei denen er sich immer sicherer wurde, dass sie nie den Weg aus seinem Mund heraus finden würden.

Einfache Worte, wirklich. Das hatte er sich zumindest gesagt, als er sich das Versprechen gemacht hatte. Womöglich nichts, was sie nicht ohnehin schon wusste. Er wusste, dass sein Benehmen seine Gefühle widerspiegelte.  Da war nichts Zweideutiges gewesen, als er mit Leib und Seele um ihr Leben gekämpft hatte. Nichts, das man missdeuten könnte, bei der Art wie er sie ansah, die Art wie er sie gehalten hatte, als sie dachten, dass das Ende nahe war. Keine Zweifel an der wirklichen und wahrhaftigen Freude in seinem Gesicht und der endlosen Umarmung, als sie ihm gesagt hatte, dass sich der Krebs zurückbildete. Sie musste es wissen. Warum also war es so schwer, die Worte zu sagen?

Weil er dann, das wusste er, mit der Möglichkeit rechnen musste, dass sie sie ihm ebenfalls sagen würde. Er müsste eine Situation in Kauf nehmen, dass sie womöglich dazu verleitet würde, ihn so sehr zu wollen wie er sie.  Sie könnte womöglich denken, dass er sie verdient hätte, und vielleicht würde sie ihn in die Arme nehmen wollen. Bei Gott, es würde nicht viel fehlen. Und dann müsste er ihr erklären, warum er sie nie im Leben glücklich machen könnte. Dass mit ihm zu schlafen ihr auf lange Sicht nur Schmerz und Leid bringen würde. Wie er letztendlich alles zunichte gemacht hatte, das er liebte, jeden ruiniert hatte, der ihn geliebt hatte, und er würde sie ebenfalls verlieren. Nicht nur als mögliche Geliebte, sondern auch als seine Partnerin, seine Freundin, seine einzige wirkliche Familie - sein ganzes Leben.

Nachdem er zu feige gewesen war, es ihr zu sagen, hatte es angefangen zu schneien. Scully hatte ihn ziemlich eigenartig angesehen, und den Fall zur Weiterbearbeitung am nächsten Tag zu den Akten gelegt. Dann war sie gegangen. Er hatte sie nicht einmal nach draußen begleiten können, weil er zu dem Zeitpunkt ein beträchtliches Problem in seiner Hose gehabt hatte. Er war an seinem Tisch sitzen geblieben, bis sie gegangen war, um sich vor der Peinlichkeit zu bewahren. Erstaunlich, wie ein einziger Blick von ihr ihn zu einem erbärmlich geilen Teenager machen konnte. Diese Tatsache brachte eine gewisse Erfurcht für sie mit sich und äußersten Ekel über sich selbst. Mit seinen perversen Fantasien fertig zu werden, wenn er alleine zu Hause war, war eine Sache, aber der Gedanke, Scully könnte davon Wind bekommen, machte ihn krank. Nur leider war er sich seit der ganzen Überwachungs-Geschichte nicht mehr sicher bezüglich der Privatsphäre in seinem eigenen Apartment. Besonders weil er in den meisten Fällen am Ende immer den Namen seiner Partnerin geschrien hatte. Man weiß ja nie, wer zusehen könnte. Er war äußerst misstrauisch wegen all dem gewesen und hatte längere Zeit danach nicht mehr masturbiert. Das Ergebnis war größerer Frust als gewöhnlich und das verdammte Ding kam in den unangebrachtesten Momenten hoch.

*PIEP* Wie jetzt zum Beispiel. Mulder brummte verärgert und nahm die Ausfahrt vom Highway. Er nahm eine Abkürzung zu seiner Wohnung. Sie ging durch eine ungemütliche Gegend, aber das war ihm jetzt auch egal. Die Aussicht, angehalten und beraubt zu werden war nicht so schlimm wie die Aussicht, noch länger in dieser Kiste sitzen zu müssen. Er wollte nach Hause, und zwar schnell. Scheißegal wer zusieht. Mulder wäre es jetzt auch egal, wenn er sich im Foyer des J. Edgar Hoover Gebäudes einen runterholen müsste. Er hoffte bloß, dass seine Fantasien nicht zu krank seien. Manchmal konnte er Scully morgens kaum ansehen, wenn er die Nacht zuvor wieder an sie gedacht hatte.

XXX

Chrystal fror. Und sie war sauer. Ihr Rock war viel zu kurz für die momentanen Temperaturen und ihre Vinyl-Stiefel hielten ihre Füße auch nicht besonders warm. Es war eine Scheißnacht, und als sie auf dem Bürgersteig neben den Häusern entlang ging, fragte sie sich, was sie hier draußen überhaupt machte. Die Straßen waren wie ausgestorben. Sie würde in einer Nacht wie dieser nie Kunden bekommen. Aber verdammt nochmal, sie brauchte das Geld. Wenn nicht bald jemand auftauchen würde, wusste sie nicht, was sie tun sollte.

Sie zog ihre dünne Baumwolljacke enger um ihren schlanken Körper. Mit 1,60 m Körpergröße und 50 Kilo hatte sie nicht viel, um sich von der Kälte zu schützen. *Fahr zur Hölle, Kevin* dachte sie nicht zum ersten Mal heute Nacht. Er hatte ihr für heute ein volles Aufgebot versprochen. Kein Straßenstrich, hatte er gesagt. Ich hab alles geregelt, hatte er gesagt.

Doch das neue Girl war einfach hingegangen und Chrystals einfache Nacht für sich beansprucht. Und jetzt wurde Miss Perfekt von Hotel zu Hotel chauffiert, während Chrystal sich hier den Hintern abfror und den Tag verfluchte, an dem sie nach DC gekommen war.

Gedankenabwesend kontrollierte sie ihr Aussehen im Schaufenster eines Getränkeladens. Auf Kevins Empfehlung hin, hatte sie erst kürzlich ihre Haare rot gefärbt. Es passte gut zu ihrem blassen Gesicht und es fiel eher ins Auge als ihr natürliches Abwaschwasserblond. Sie strich es hinter die Ohren und seufzte. Es war ziemlich egal, wie sie heute Nacht aussah. Es war niemand da, um sie anzusehen.

Sie wandte sich von dem Fenster ab und sah einen schwarzen Wagen vorbeidüsen. Getönte Fenster. Sie konnte nicht hinein sehen. Er fuhr viel zu schnell für diese Wetterverhältnisse. Chrystal fragte sich, ob der Fahrer lebensmüde war, oder einfach nur blöd. Sie zuckte, als sie Reifenquietschen hörte. Der Wagen hatte abrupt gehalten, etwa eine halbe Meile hinter ihr, und war jetzt im Rückwärtsgang in ihre Richtung. Chrystal war es ein wenig mulmig zumute, aber sie hatte vor allem Hoffnung. Könnte ein potentieller Kunde sein.

Der Wagen erreichte sie und hielt an. Das Beifahrerfenster fuhr herunter und eine männliche Stimme rief, "Soll ich dich mitnehmen?" Sie kam ein wenig näher, um in das Auto hinein zu sehen. Hallo, er war sogar richtig süß! Vielleicht war diese Nacht gar kein so großes Desaster wie sie gedacht hatte.

"Es kostet Sie aber was", sagte sie mit einer, wie sie hoffte, schüchternen, verführerischen Stimme. Er starrte sie mit einer Intensität an, die Chrystal noch nie zuvor gesehen hatte. Er sah wie ein Verrückter aus.  Vielleicht war das doch keine so gute Idee.

"Ist mir klar. Steig ein." Seine Stimme war fest, aber nicht wirklich barsch. Chrystal spürte, dass er ihr nicht weh tun würde. Er war vielleicht nicht richtig im Kopf, aber nicht gefährlich. Sie hatte in ihrem Beruf gelernt, die Leute schnell und knapp einzuschätzen. Wie sicher es war, und ob sie gewalttätig würden. Sie musste es wissen, um ihrer eigenen Sicherheit willen, und sie hielt sich selbst für jemanden, der ganz gut darin war jemanden einzuschätzen. Sie stieg ein.

Der Mann rollte das Fenster wieder hoch und fuhr los. Sie sah ihn genau an und merkte, wie attraktiv er eigentlich war. Er hatte eine gute Statur und ein schönes Gesicht. Umwerfende Lippen, weiche Augen. Er war sauber und gut gekleidet. Er roch gut. Sein Auto war schön und kostete wahrscheinlich einen Vermögen. Chrystal wusste beim besten Willen nicht, warum er ihre Dienste benötigte.

Vielleicht war es seine Persönlichkeit. Er war still, während sie durch ihre Gegend fuhren, und sah sie immer wieder verstohlen an, kopfschüttelnd und seufzend. Langsam wurde es ihr mulmig. Vielleicht machte er das mit allen Frauen, und deswegen brauchte er sie.

Nach etwa fünf Minuten verstohlener Blicke und völliger Wortlosigkeit, rutschte es Chrystal plötzlich heraus, "Was starren Sie denn so?" Und das hatte einen völlig unerwarteten Effekt auf den Mann. Er fing an zu lachen.  Es war ein seltsames Lachen. Nicht ein freudiges Lachen, sondern ein ungläubiges und... irgendetwas anderes, vielleicht Bitterkeit.

"Unglaublich. Wie alt bist du?" Chrystal fuhr zusammen bei der Frage. Der letzte, der sie das gefragt hatte, war ein Undercover Cop gewesen. Er hatte gesagt, dass er ihr helfen wolle. Die zwei Tage hinter Gittern waren ihr keine große Hilfe gewesen. Vielleicht war das hier ja genauso einer. Auch ein Undercover Cop. Doch das war eigentlich nicht ihr Eindruck.

"Wie alt soll ich denn sein?" fragte sie und sah ihn mit erhobener Augenbraue an.

"Gott." Er schüttelte den Kopf und sah wieder auf die Straße.

"Fünfunddreißig."

"Häh?" Chrystal hatte überhaupt keine Antwort auf ihre Frage erwartet. Sie hatte gefragt, um auf seine nicht antworten zu müssen.

"Du bist fünfunddreißig. Du hast nächste Woche Geburtstag." Oh-oh. Jetzt wurde es verrückt. Sogar für Chrystals Geschmack, die schon einiges erlebt hatte.

"Ähm, okay. Natürlich, Mister." Sie würde ihm sicher nicht auf die Nase binden, dass sie letzten Monat erst 18 geworden war. Vielleicht brauchte er das Gefühl, sich mit jemandem in seinem Alter einzulassen. Vielleicht würde er sich wie ein perverser alter Mann fühlen, wenn er wüsste, wie jung sie war. Wer weiß das schon. Und wen kratzt das, solange er sie bezahlte.

"Also, wohin fahren wir?" fragte sie.

"Zu meiner Wohnung."

"Nein, das mache ich nicht. Es muss ein Hotel sein." Chrystal war kein Idiot. Es würde nur Schwierigkeiten geben, wenn sie zu ihm nach Hause fahren würden. Der Mann nickte, er schien zu verstehen.

"Ist für dich wohl sicherer, nehme ich an." Sie seufzte erleichtert. "Ich nehme also an, dass du mir sagst, wohin ich fahren soll."

"An der nächsten Ampel links, dann drei Blocks runter. Da ist eins, wo ich öfters hin gehe." Der Mann tat wie sie sagte, und schon bald standen sie vor dem Goodnight Motel. Er ließ sie im Wagen warten, während er ein Zimmer mietete.

Allein in seinem Auto, sah sich Chrystal den Wagen genauer an. Handy im Handschuhfach, Fast Food Papier auf dem Boden unter ihren Füßen, eine Sporttasche auf dem Rücksitz. Schien ziemlich normal. Bestimmt nur ein gelangweilter Geschäftsmann oder sowas. Hatte vielleicht Frau und Kinder, die zu Hause auf ihn warteten. Doch das schien auch nicht zu stimmen. Was war das für ein Typ? Aus irgendeinem Grund wollte Chrystal das jetzt wirklich wissen.

Mit ein paar Schlüsseln kam er zum Wagen zurück. "Ich habe es für die ganze Nacht gemietet. Ich hoffe, das ist okay." Nein, definitiv nicht verheiratet.

"Das kostet aber extra." Er zuckte mit den Schultern, das schien ihm egal zu sein. Überhaupt schien ihm Geld egal zu sein. Er hatte sie nicht einmal nach ihren Preisen gefragt. Und das war normalerweise die allererste Frage.

Sie gingen ins Zimmer und der Mann setzte sich auf den einzigen Stuhl in dem Raum. Er kreuzte die Arme vor der Brust und sah Chrystal unverwandt an, die neben dem Bett stand und auf ihn wartete.

"Also, ähh.. was soll ich tun?" Er schien auf etwas zu warten. Vielleicht sollte sie anfangen.

"Sag nichts. Deine Stimme ist falsch. Und zieh diese lächerlichen Klamotten aus." Ihre Stimme? Noch nie hatte sich jemand über ihre Stimme beklagt. Sie durfte nicht reden. Zieh die Klamotten aus. Wenigstens machte der Teil Sinn. Sie fing an, ihre Bluse langsam in einem verführerischen Striptease aufzuknöpfen.

"Halt dich damit nicht auf, zieh sie einfach aus. Lass aber deiner Unterwäsche an - wenn du welche hast."

Chrystal tat wie ihr geheißen und zog Jacke, Bluse und Rock aus. Übrig blieben ein schwarzer BH und Höschen, Strapse und ihre schenkelhohen Vinyl-Stiefel. Der Mann schüttelte den Kopf, immer noch nicht zufrieden.

"Keine Strapse. Und vor allem nicht diese Stiefel!" Seltsam. Normalerweise waren die Stiefel immer ein Volltreffer. Viele Typen wollten, dass sie sie anbehält, während sie es taten. Sie zuckte mit den Schultern und zog beides aus. Er sah schon etwas zufriedener aus, aber er kam immer noch nicht auf sie zu.

"Was jetzt?" fragte sie.

"Wie heißt du?"

"Wie heißen Sie?"

"Tut nichts zur Sache. Wie ist dein Name?"

"Chrystal." Der Mann zog eine Grimasse und schüttelte den Kopf.

"Jetzt nicht mehr. Heute heißt du Scully. Jetzt halt den Mund und komm her."

Sie ging langsam auf ihn zu und fragte sich, wer oder was Scully war. Als sie vor ihm stand, schlang er seine Arme um ihre Hüften und vergrub sein Gesicht in ihrem Bauch. Diese liebevolle Geste verblüffte sie völlig, und sie erwiderte sie, indem sie ihm leicht über den Kopf strich. Er fing an, federleichte Küsse über ihre Mitte zu verteilen und sie musste überrascht feststellen, dass sie das anmachte. Er zog sie näher zu sich und flüsterte, "Setz dich auf meinen Schoß."

Sie tat es und er bettete ihren Körper in seine Arme. Er küsste ihren Hals und streichelte ihre Schenkel. Sie rieb ihren Po an ihm und fühlte die Härte seines Körpers, die gegen sie presste. Seine Lippen glitten zu ihren Ohren, saugend und nippend, immer intensiver werdend. Er wollte sie auf den Mund küssen, aber sie hielt ihn mit der Hand zurück und schüttelte den Kopf. Der Mann nickte. "Schon gut, ich habe Pretty Woman gesehen."

Chrystal nicht, und sie fragte sich, wovon zum Teufel er sprach.

Er stand auf, hob sie hoch und trug sie zum Bett. Er legte sie hin und legte sich daneben. "Zieh meine Sachen aus." Sie setzte sich auf ihn und zog sein Jackett aus, warf es auf den Boden. Als sie an ihm herunter sah, bemerkte sie etwas, das sie vorher übersehen hatte. Ein Holster... eine Waffe! Zu Tode erschrocken sprang sie vom Bett.

"Was ist?" fragte er verwirrt. Dann sah er herunter und verstand. Er zog das Holster aus und legte es auf den Nachttisch. "Beruhige dich, ich bin FBI Agent." Doch das beruhigte Chrystal nicht im Geringsten. Ein FBI Agent??? Wo zum Teufel hatte sie sich reingeritten? War das irgendeine verdeckte Ermittlung oder so etwas? Herr im Himmel!

"Hey, keine Sorge, ich werde dich nicht verhaften. Ich müsste mich selbst auch verhaften, und ich habe keine Lust, die Nacht im Gefängnis zu sitzen." Sie suchte auf seinem Gesicht ein Anzeichen dafür, dass er log. Doch er schien die Wahrheit zu sagen. Außerdem, wenn er vorhatte, sie zu verhaften, hätte er es längst getan. Sie setzte sich wieder auf ihn und fing an, sein Hemd aufzuknöpfen. Sie zog es weg und saugte sanft an seinen Brustwarzen. Er stöhnte und sie verstärkte den Druck. Ihre Hände glitten herunter und machten seinen Gürtel auf. Er zog sich mit den Füßen die Schuhe aus und seine Socken und sie befreite ihn von seiner Hose. Er lag unter ihr in grauen Boxershorts, seine Erektion drückte heiß gegen ihre noch bekleidete Mitte, und sie stellte fest, dass sie wirklich sehr erregt war. Wie war das nur passiert?

Er drehte sie auf ihren Rücken, legte sich auf sie und drückte seine Hüften gegen ihre. Sie hielt ihr Stöhnen zurück, denn er wollte ihre Stimme ja nicht hören. Er küsste und leckte an ihrem Hals und Brust abwärts und stoppte, um ihren BH zu entfernen und ihre Brüste mit seiner Zunge zu streicheln. Er steckte seine Finger unter den Bund ihres Höschens und zog es aus. Chrystal war sicher, dass er nun bald in ihr sein würde. Vielleicht schon in ein paar Sekunden. Sie griff nach der Jacke neben ihr und zog ein Kondom aus der Tasche. Sie gab es ihm, doch er legte es beiseite. "Später." Später? Sollte das heißen gar nicht? Wenn er sich weigerte es anzuziehen, würde sie dem Ganzen schnell ein Ende setzen müssen.

Dann spürte sie seinen Mund auf ihr und verstand, was er wollte. Er wollte es zuerst so. "Sie müssen das nicht tun", sagte sie so leise wie möglich.  Langsam machte sie sich Sorgen. Sie wollte nicht kommen. Nicht bei einem Kunden.

Er hob den Kopf. "Ich habe dir gesagt, du sollst still sein. Außerdem will ich es tun. Es ist wichtig." Seine Zunge schoss heraus und strich über ihre Klitoris. Sie musste sich auf die Lippe beißen, um nicht zu schreien. Er machte das gut. Verdammt. Sie musste an etwas anderes denken. An irgendetwas, um nicht das zu fühlen, was er mit ihr machte. Sie dachte an den Fettwanst, den sie die Nacht zuvor gehabt hatte. Sie dachte daran, wie ihre beste Freundin letztes Jahr auf der Straße verblutet war. Sie dachte daran, wie ihre Mutter sie mit der Bratpfanne geschlagen hatte. Sie dachte an die schrecklichsten Dinge, die ihre Erinnerungen zustande bringen konnte und schaffte es, einen echten Orgasmus zu vermeiden. Nach einer glaubhaften Zeitspanne täuschte sie mit bäumenden Hüften und überzeugendem Zittern einen vor.

Er positionierte sich über sie und griff nach dem Kondom. "Ich weiß, dass das kein echter war, aber danke für den Versuch", sagte er, als er den Gummi über seinen, so bemerkte Chrystal, riesigen Penis zog. Sie versuchte, nicht darauf zu starren, aber es war sicherlich einer der größten, den sie je gesehen hatte. Wieder fragte sie sich, warum dieser Typ Probleme hatte, eine Frau ins Bett zu kriegen.

Er glitt mit einem Seufzer in sie hinein und legte seinen Kopf auf ihre Schulter. Langsam stieß er in sie hinein und küsste zärtlich ihren Hals.  Sie fühlte etwas Nasses an ihrem Ohr und bemerkte mit Schrecken, dass er weinte. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Sie war noch nie in einer solchen Situation gewesen.

"Ich liebe dich, Scully", flüsterte er ehrfürchtig in ihr Ohr. Das war so seltsam. Es war geradezu verrückt. Langsam wurde es Chrystal unheimlich, und sie dachte, dass sie sich besser mit irgend einem verschlissenen Rüpel eingelassen hätte, der wollte, dass sie ihn grün und blau schlug, anstatt mit diesem Typen. Aber sie wurde bezahlt. Das war die Hauptsache. Und darauf versuchte sie sich zu konzentrieren, als er seinen Rhythmus verstärkte und anfing, an ihrem Hals zu stöhnen.

"Ich liebe dich so sehr." Oh Gott. Sollte sie ihm sagen, dass sie ihn auch liebte? Oder dass Scully ihn liebte? Sie war überhaupt nicht vorbereitet auf so etwas. Er weinte immer noch und stöhnte und stieß immer fester.  Vielleicht brauchte er Trost. Sie streichelte sanft über seinen Rücken und Kopf, um ihn zu beruhigen. Er hob seinen Kopf und versuchte wieder, sie zu küssen. Doch gerade deswegen durfte das nicht passieren. Dieser seltsame, traurige Mann brach ihr Herz. Ein Herz, das sie nicht haben sollte.

"Gott, Scully, ich brauche dich. Ich kann ohne dich nicht leben." Niemand hatte je solche Worte zu Chrystal gesagt. Natürlich sagte er sie nicht zu ihr, er sagte sie zu Scully, wer auch immer oder wo auch immer sie war.

Er erhob sich auf seine Knie und hob ihren Hintern mit hoch. Seine Stöße wurden fast schmerzhaft, aber sie fühlten sich immer noch gut an. Sie sah hoch in sein tränenüberströmtes Gesicht, das sich in einer Grimasse körperlicher Lust und seelischen Schmerzes verzogen hatte. Chrystal war selbst den Tränen nahe. Sie wusste, dass er jeden Moment kommen würde, doch er wartete auf sie. Blanke Angst ergriff sie, als sie spürte, wie sich ein weiterer Orgasmus in ihr bildete. Sie entschied, rechtzeitig ein Ende zu setzen, bevor es zu spät war.

Sie zog ihre Vaginamuskeln zusammen und schrie. Er stieß drei schnelle Male und rief ein verzweifeltes "ScullyScullyScully" bevor er über ihr in sich zusammen fiel.

Nach ein paar Momenten rollte er von ihr herunter, auf seinen Rücken.  Chrystal begann nun wirklich, sich Sorgen zu machen. Er hatte das Zimmer für die ganze Nacht gebucht. Wie oft wollte er das noch mit ihr machen? Sie glaubt nicht, dass sie es nur einmal mehr ertragen konnte.

Sie setzte sich auf und wandte sich ihm zu. "Hören Sie, ich weiß, dass Sie gesagt haben, dass sie die ganze Nacht bleiben wollen, aber mir ist gerade eingefallen, dass ich eine Verabredung habe, zu der ich unbedingt muss", stammelte sie auf der Suche nach einer Entschuldigung, hier raus zu kommen.

Er nickte ausdruckslos. "Hab mir schon gedacht, dass du sowas sagen würdest."

Sie stand auf und fing an, ihre Kleider zusammen zu suchen und sich anzuziehen. Sie fühlte sich trauriger und einsamer wie schon lange nicht mehr. Der Mann blieb auf dem Bett liegen und starrte an die Decke. Sie hatte fast ein schlechtes Gewissen, das jetzt ansprechen zu müssen, aber es gab da noch eine Sache, die erledigt werden musste. "Ähm, Mister... wegen meinem... ähh..."

"Nimm die Brieftasche aus meiner Jackentasche und nimm alles Geld, das drin ist okay."

Chrystal holte die Geldbörse und beäugte das Bündel Geld, das darin war.

"Sind Sie sicher? Das ist viel mehr als..."

"Nimms einfach. Ist schon in Ordnung." Sie war die letzte, die widersprechen würde. Mit der Kohle konnte sie sich sogar ein Taxi rufen und nach Hause fahren. Sie würde auch am nächsten Tag nicht arbeiten müssen.  Vielleicht sogar nicht den Tag darauf. Sie steckte das Geld in ihre Tasche und wollte ihm schon sein Portemonnaie wiedergeben, als sie etwas bemerkte.  Ein Foto. Es war das einzige inmitten von Plastikkarten. Es war eine Frau.  Eine Frau mit rotem Haar und blauen Augen. Eine Frau, die wie Chrystal auffiel, fast genauso wie sie aussah. Oder zumindest würde sie in etwa zehn Jahren so aussehen, wenn sie weiterhin ihre Haare färben würde. Allerdings hatte diese Frau eine gewisse Ernsthaftigkeit an sich, eine Tiefe und Intelligenz, von der Chrystal nicht glaubte, dass sie sie je besitzen würde. Sei hielt das Foto hoch. "Mein Gott, das ist sie, nicht wahr?"

Der Mann nickte einmal und sah traurig fort. Sie konnte nicht anders als zu denken *Ich wünschte ich wäre an ihrer Stelle* Sie fragte sich, ob diese Frau die geringste Ahnung hatte, wie der Mann vor ihr fühlte. Was war zwischen den beiden passiert, dass den Mann dazu gebracht hatte, zu ihr zu gehen, anstatt zu ihr? Hatte sie ihm weh getan? Hatte er ihr weh getan? War sie tot? Sie entschied sich, das Risiko einzugehen und ihm - das sagte ihr ihre Intuition - einen bitter nötigen Rat zu geben.  "Sie sollten es ihr sagen. Bei ihr müssten sie bestimmt nichts bezahlen."

Er starrte sie an und Chrystal bereute es augenblicklich. "Was bist du, die Nutten-Seelenklempnerin? Verschwinde einfach okay?" Chrystal zuckte die Schultern. Was ging sie das an, ob der Kerl glücklich war oder nicht. Sie hatte ihr Geld bekommen, richtig? Und trotzdem, als sie hinaus ging in die beißende Kälte, tat ihr der Mann leid, den sie zurück ließ.

XXX

Mulder war allein. Das Mädchen war gegangen und jetzt war er allein in einem schäbigen Motel in einer schäbigen Umgebung, ohne einen einzigen Dollar. Wie war es bloß soweit gekommen? Wie hatte er es geschafft, einen relativ schlimmen Tag in den schlimmsten seines ganzen Lebens zu verwandeln? Was hatte er sich nur dabei gedacht? Hatte er wirklich geglaubt, mit diesem Mädchen zu schlafen, mit diesem Kind, dieser Prostituierten, würde ihm helfen? Hatte er sich Befriedigung davon versprochen, seine Fantasien mit diesem Mädchen auszuleben? Verdammte Scheiße, ihm war nicht mehr zu helfen. Was zur Hölle war nur mit ihm los?

Das Schlimmste war, dass er ihr leid getan hat. Er hatte das Mitleid in ihren Augen gesehen. Das arme, mitleiderregende Ding hatte offensichtlich selbst Hilfe nötig, und doch hatte er ihr leid getan. Sie hatte sogar versucht, ihm einen guten Rat zu geben. Bill Scullys Worte fielen ihm wieder ein. Ein armseliger Schweinehund. Wenn er nur wüsste.

Ein Klingeln in seiner Jacke unterbrach seine Gedanken. Er holte sein Telefon aus seiner Tasche und klappte es auf. "Mulder."

"Mulder, ich bin’s." Scheiße. Verdammt.

"Hi Scully, was ist los?"

"Mulder, ich habe gerade versucht, bei dir zu Hausse anzurufen, aber da bekam ich keine Antwort. Du bist doch nicht immer noch auf dem Weg nach Hause, oder?" Sie hörte sich besorgt um ihn an. Sie machte sich Sorgen.  Gott.

"Nein, ich bin zu Hause, Scully. Ich ähm... ich habe das Telefon ausgesteckt. Ich wollte etwas schlafen."

"Oh, entschuldige, habe ich dich geweckt?"

"Nein, nein. Es ist nicht schlimm, dass du anrufst, Scully. Ich wollte bloß nicht mit jedem reden."

"Okay. Ich lasse dich dann wieder in Ruhe. Wir sehen uns morgen, wenn wir bis dahin nicht eingeschneit sind, heißt das." Nein Scully, leg nicht auf. Lass mich hier nicht alleine, bitte!

"Ähm ja. Bis morgen." *Klick* und fort war sie. Er war wieder allein.  Allein mit der Erinnerungen an das, was nicht mehr gut zu machen war. Sie rumorten in seinem Gehirn. Wie er Scullys Vertrauen und ihre Ehre betrogen hatte. Wie er all das verletzt und entweiht hatte. Wie er das arme junge Mädchen benutzt hatte. Nie im Leben würde er ihr diese Verderbtheit zumuten. Und ganz bestimmt nicht konnte er es zu träumen wagen, dass er ihrer würdig sei. Mit einer übelkeiterregenden Selbstabscheu schleppte er sich ins Badezimmer und entleerte seinen Mageninhalt in die Toilette.

Drei Monate und kein Ende.

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