World of X

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Helden

von KajaM

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"They die to save the world, and that to me is a fitting end."

"Some will hate us for it. But I bet the ones who say they hate the idea

will cry when they see it."
John Shiban



Wie aus weiter Entfernung dringt Yves Stimme an mein Ohr. Und doch höre ich ihre Worte ganz deutlich.





„Das ist nicht gerecht. Das ist es nicht...“





Wie wahr. Es ist alles andere als gerecht. Sie haben es nicht verdient, keiner der drei hat den Tod verdient.

Ich konnte sie nicht retten. Ich habe es versucht, ich habe es wirklich versucht, aber meine Bemühungen waren ganz offensichtlich nicht gut genug. Ich habe versagt... Ich konnte sie nicht retten.





Yves und ich, wir wurden beide Zeugen, Zeugen des Todes unserer Gefährten und Freunde John Byers, Melvin Frohike und Richard Langly. Wir sahen mit an, wie sie langsam und, wie wir befürchten, qualvoll gestorben sind... genau vor unseren Augen. Lediglich eine Tür trennte uns von ihnen und ich konnte nichts tun! Ich konnte verdammt noch einmal einfach nichts tun, um ihnen zu helfen!





Mittlerweile bin ich mir dessen bewusst geworden, dass ich auch Yves und mich damit in Gefahr gebracht hätte, wäre es mir gelungen die Jungs zu befreien. Das Gas wäre bis zu uns vorgedrungen und auch wir zwei hätten sterben müssen. Yves hat versucht mir meine Selbstvorwürfe und Gewissensbisse auszureden. Ich habe richtig gehandelt und somit keinen Grund mir irgend eine Art von Schuld zuzuschreiben, hat sie mir wieder und wieder zugesprochen, während ich in ihrem Armen lag und wie ein kleines Kind weinte, unmittelbar nachdem sich Frohike, Byers und Langly nicht mehr geregt hatten. Ich weinte wie ein kleines Kind. Ich konnte einfach nicht stark sein in diesem Moment, so wie Yves.





Sie war schon immer die stärkere von uns beiden, so auch bei dem Tod unserer Jungs. Sie hat mich gehalten, so fest sie konnte. Sie hat mir beruhigende Worte zugeflüstert, leise, aber sanft. Und dabei die Fassung bewahrt. Und letztlich war sie es, die uns dort hinausgeführt hat. Sie war stark, aber ich zweifle keine Sekunde daran, dass auch sie geweint hat. Später, als sie allein war.





Auch jetzt wirkt sie gefasst. Ihr Körper bewahrt eine beherrschte Haltung, ihrem Gesicht sind keine definierbaren Emotionen abzulesen. Aber ihre Augen... ihre Augen verraten sie. Obwohl ich nur einen vagen Blick von der Seite auf sie werfen kann, erkenne ich darin ganz deutlich ihre Trauer, ihre Wut und ihre Hilflosigkeit. Zum ersten Mal, seitdem wir uns kennen, erlebe ich Yves von einer schwachen Seite, die sie aber in keiner Weise ihrer Würde und Anmut beraubt. Es macht sie nahbarer.





Morris Fletcher tritt zu uns heran, während Yves, Scully und ich in einiger Entfernung zu den drei Särgen beisammen stehen.





„Langly hat mir gesagt, dass diejenigen, die niemals aufgeben, niemals sterben werden. Ich weiß noch immer nicht, was das bedeutet“, gesteht Fletcher.





Ich bekomme zwar mit, dass Scully ihm antwortet, aber ich brauche ihre Antwort nicht mehr zu hören. Ich kenne sie bereits. Ich kenne sie, die ganz persönliche Wahrheit über diese drei einzigartigen Menschen.





Für manche waren sie Spinner, für andere einfach nur irgendwelche merkwürdigen, nicht ernstzunehmenden Typen... doch für mich waren sie Helden! Fast ihr gesamtes Leben über haben sie sich für andere Menschen aufgeopfert, selten haben sie einfach nur für sich selbst gelebt. Sie haben mit Höhen und Tiefen kämpfen müssen und der ständigen „Begleiterscheinung“ trotz ihrer Bemühungen nicht ernst genommen zu werden. Sie haben sich für ihr großes Ziel, den Menschen die Augen zu öffnen für die Wahrheit, stets mit aller Kraft eingesetzt, sich in Gefahr gebracht. Kein Preis war ihnen zu hoch, es gab kein Risiko, das sie nicht eingegangen wären.





Byers, Langly und Frohike waren die „menschlichsten“ Helden, die man sich vorstellen kann. Nie hätten sie jemandem, der ihre Hilfe brauchte, ihre Unterstützung verweigert, mochten es nun Freunde wie Fox Mulder und Dana Scully, später auch Agent Doggett und Agent Reyes, oder aber völlig Fremde gewesen sein.

Sie halfen einem verzweifelten Mulder bei der Suche nach einem Heilmittel für Scullys Krebserkrankung und standen einer unbehüteten Scully in der Zeit von Mulders Entführung bei. Auch für mich waren sie jederzeit da, auch wenn es mal wieder nur um eine Kleinigkeit ging, die ich nicht verstanden hatte und sie mit ihrer Geduld zu kämpfen hatten.





Selbst Yves, deren Vertrauenswürdigkeit anfangs alles andere als selbstverständlich war, haben sie sogleich ohne einen Moment des Zögerns geholfen. Ja sogar Morris Fletcher, der in meinen Augen noch immer ein verlogener Hund ist, durfte die Hilfsbereitschaft unserer Jungs erfahren.





Die Mutmaßung liegt nahe. Anzunehmen, dass alle drei einiges verpasst hätten im Leben. Kinder, eine Familie oder Liebe. Aber ich weiß, dass dem nicht so ist. Nun gut, Kinder hatte in der Tat keiner von ihnen, aber wir hatten einander und somit hatten wir Familie und Liebe. Es ist vielleicht nicht die Art von Familie und Liebe, die sich die meisten von uns als großes Ziel setzen – eine Frau zu lieben und diese Gefühle erwidert zu bekommen; mit einer wundervollen Frau eine Familie zu gründen – aber Freundschaften können Beziehungen oftmals um viele Jahre überleben, im Idealfall ewig halten.





Nein, Melvin Frohike, Richard Langly und John Byers haben ihre Leben nicht vergeudet. Sie haben kein sinnloses Dasein geführt. Ihre Leben dienten stets dem guten Zweck, geleitet von Überzeugung und Idealen. Sogar ihr Tod geschah für den höheren, den guten Zweck – der Rettung Tausend anderer Menschenleben für die Opferung von dreien.





Kurz vor ihrem Tod haben sie mir eine kleine, aber ungeheuer wichtige Regel mitgeteilt: Gib niemals auf!

Das werde ich nicht. Nicht nur aus dem Gefühl heraus es ihnen schuldig zu sein, sondern aufgrund der sehr simplen Tatsache, dass sie selbst sich stets an diese Regel gehalten haben.




Diejenigen, die niemals aufgeben, werden niemals sterben


Wie recht Langly doch hatte. Meine Jungs werden niemals sterben, denn sie leben in denjenigen weiter, denen sie ihr einmaliges Beispiel vorgegeben haben.




Ende









They had you crying but you came up smiling
They had you crawling and you came up flying
They had you crying and you came up smiling
And the last laugh, baby is yours




Mark Knopfler, “The Last Laugh”

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