World of X

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Smoke in your head

von Marion Kirchner

Kapitel 2

Kapitel 1



Ort unbekannt, 9:45 Uhr



Dana Scully öffnete die Augen, in einem Moment, der ihr vergönnt sein sollte. Sie fühlte sich elend, so elend wie niemals zuvor. Bitterer Geschmack klebte an ihrem Rachen, irgendetwas brannte in ihrem Magen, so als bahne es sich einen Weg nach oben. Ruckartig hob sie sich nach oben, rang nach Luft. Alles was sie in sich sog, war eine stickige Masse. Sie hustete, es war ein trockener, schmerzvoller Husten, der ihren kleinen Körper erzittern ließ. Ihre Muskeln verkrampften sich, sie spürte wie etwas ihre Brust durchbohrte. Blut sickerte in ihren Mund. Sie fasste sich ruckartig an die Kehle, drückte daran so als hoffe sie irgendetwas von ihrem Hals zu quetschen. Sie hustete weiter, sackte schließlich verkrampft zu Boden, wölbte sich unmenschlich, während der würgende Ton unheimlich gegen die metallenen Wände hallte. Schließlich sickerte mit ihrer Spucke Blut aus ihrem Mund, viel Blut. Entsetzt sah sie auf die Pfütze, die sich unter ihrem Körper bildete, sie stöhnte. Zitternd spürte sie etwas in ihrem Hals stecken, sie rang nach Luft. Sie wurde von einem erneuten Hustenkrampf geschüttelt, als sie schließlich etwas hervorwürgte, das kurz darauf zu Boden prallte. Erneut nach Luft schnappend sackte sie zu Boden. Sie lag dort für Sekunden, Minuten. Schritte hallten von weit fern an ihre Ohren. Sie wollte sich rühren, konnte es jedoch nicht. Immer noch pochte ein tiefer Schmerz in ihrer Brust. Es war als habe jemand einen Teil von ihr herausgerissen. Plötzlich vernahm sie eine quietschende Tür. Ein Mensch trat in den Raum ein. Sie drehte ihren Kopf, bemüht etwas sehen zu können, doch die Person blieb außerhalb ihres Blickfeldes. Ehe sie richtig registriert hatte wer oder was sich zu ihr gesellt hatte, sah sie, wie sich zwei blankpolierte Schuhe neben ihren Kopf postierten. Unruhig vernahm sie den Dampf von Rauch in ihrer Nähe. Er kitzelte in ihrer Nase, bahnte sich einen Weg in sie hinein. Er fühlte sich trocken an, ekelhaft.



„Liegen Sie hier nicht herum, wie ein Kind, Agent Scully.“ Eine ruhige Stimme drang an ihre Ohren. Eine Stimme, die sie so gut kannte, wie den widerlichen Gestank dieser Zigarette.

Ihre blauen Augen drehten sich energisch nach oben und sie erkannte diese Person, wie sie dort über ihr stand, wie ein Gott. Sie spürte einen Drang in sich größer zu sein, als dieser Mann. Sie hasste es von oben betrachtet zu werden. Tief durchatmend stemmte sie Ihre Hände auf den Metallboden und erhob sich. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie einen Krankenhauskittel trug. Ein dicker, roter Fleck hatte sich darauf ausgebreitet. Peinlich berührt stemmte sie sich nach oben. Die Hände vor der Brust verkreuzt stand sie ihm nun gegenüber.

„Ich dachte Sie wären tot?“, konterte sie gewohnt ruhig, ernst.

Er grinste, Scully verdrehte die Augen.

„Sie dachten in Ihrem Leben viele Dinge.“, sagte er, seinen Mund immer noch zu einem Lächeln verzogen.

Sie sah ihm in die Augen. Zum ersten Mal bemerkte sie dieses Braun in seinen Augen, dieses Braun, welches sie irgendwo schon einmal gesehen hatte. Hastig drehte sie sich weg, sah zu Boden, wo ihr Blick auf ein kleines Metallteil fiel, das dort in der zerdrückten Blutlacke lag.

Sie bückte sich, spitze Daumen und Ziegefinger, hob es auf, drehte es vor ihren Augen.

„Was ist das?“ Ihre Augen kreisten wieder zu ihm.

„Kommen Sie mit, ich werde es Ihnen zeigen.“

Sie deutete verdutzt auf ihren mir Blut befleckten Kittel.

„Wo bin ich hier?“

Er nickte nur und deutete auf die offenstehende Tür.

Scully wusste für einen Moment nicht, wie sie handeln sollte. Sie fühlte sich seltsam, so als hintergehe sie jemand. Es war durchaus nicht das erste Mal, dass er ihr Dinge gezeigt hatte, durchaus nicht. Doch warum tat er es diesmal, auf diese so skurrile Weise?

„Einen Moment, wohin…?“, doch er war bereits durch die Tür geschritten, machte nicht den Ansatz ihr etwas erklären zu müssen.

Schließlich setzte sie sich widerwillig in Bewegung. Das kalte Metall schnitt in ihre bloßen Füße, sie fror. Als sie draußen angekommen war, stand er nur da, als erwarte er etwas von ihr.

„Was ist nun?“, fragte sie etwas mürrisch.

„Wir werden einen kleinen Ausflug unternehmen.“ Seine Augen funkelten.

„Wie weit werden wir gehen? Weiß jemand davon?“

„Nicht weit, nur soweit Sie es wollen.“

Scully war überrascht von der Antwort, dieser Mann richtete sich nach ihrem Willen?

„Weiß jemand davon?“, fragte sie schließlich etwas verdattert zum zweiten Mal, doch er schien nicht auf eine Antwort aus zu sein. Plötzlich öffnete er doch seinen Mund:

„Ich gehe keine Risiken ein.“, sagte er trocken und setzte sich in Bewegung. Sie hielt sich an seiner Seite und fühlte sich ihm in diesem Moment unterlegen. Er ging in diesem Anzug neben ihr her, während sie ihm in einem Krankenhaushemd folgte. Sie hasste ihn. Er war ein Verräter, ein Betrüger, ein Mörder und wer wusste schon was er außer diesen Dingen noch war.

„Wohin gegen wir?“, versuchte sie erneut Licht in die Angelegenheit zu bringen.

„An einen Ort, den niemand empfohlen ist zu sehen.“ Er beschleunigte seine Schritte, warf nach einer Weile die Zigarette in einen metallenen Mülleimer, hielt abrupt an. Sie standen vor einer Tür. Nur durch ein kleines von Glas bedecktes Loch, konnte man in das Innere des Raumes blicken.

Scully sah ihn erwartungsvoll an, doch er zeigte mit seiner Hand nur auf die Glasscheibe. Sie verdrehte leicht die Augen und ging schließlich darauf zu. Vorsichtig beugte sie sich gegen die Tür, erwartete, obwohl sie bis zu diesem Zeitpunkt nichts gesehen hatte, irgendwelche grellen Lichtblitze, doch was sie sah, war weitgehend normal. Genau das machte es jedoch so verstörend, so beängstigend. Hinter der Tür lag ein weißer Raum, leer, steril, ohne Fenster. Sie wehrte sich zwar dagegen, doch immer wieder kamen diese Gedanken in ihr hoch. Wie Erinnerungen zogen sie in ihrem Kopf vorbei. Entführungen, Angst, Experimente. Etwas verwirrt wand sie sich zu ihm um. Er sah ihr direkt in die Augen, durchdringend, geheimnisvoll.



„Warum zeigen Sie mir das? Was ist daran besonders?“

Er zögerte einen Moment, kramte in seiner Tasche herum und zog schließlich eine Packung Morleys heraus. Genussvoll ließ er den Deckel aufspringen, zog eine Zigarette hinaus und zündete sie an. Nachdem er kräftig daran gezogen hatte, sprach er:
“ Wissen Sie, Agent Scully, ich dachte Sie wären vielleicht daran interessiert zu wissen wo Sie diese vier Herbstmonate des Jahres 1994 verbracht haben…“ Er sagte dies in einem Tonfall, den Scully nicht wiederzuerkennen vermochte. Er war kalt, distanziert, doch auf eine gewisse Art verständnisvoll.

Dana Scully schaute ihn für einige Sekunden wie gelähmt an. Als sie sich wieder gefasst hatte, trat sie erneut auf das Fenster zu, wieder kam ihr dieser weiße Raum entgegen.

„Sie lügen.“, sagte sie leise.

Er schüttelte lächelnd den Kopf, doch das was er darauf antwortete hörte sich irgendwie ironisch an:

„Ich habe Ihnen gerade ein Stück der Wahrheit präsentiert, Agent Scully. Wenn ich Sie wäre, wüsste ich besseres damit anzufangen, als es ohne wenn und aber zu verwerfen.“ Seine Augen nahmen einen dunkleren Farbton an, er schien enttäuscht von ihr zu sein.

„Was verlangen Sie denn, dass ich damit anfange? Ich meine ich…Sie, Sie führen mich einfach zu diesem Ort, ohne auch nur ein Wort zu verlieren, warum Sie mich eigentlich hierhin bringen. Zeigen mir etwas, das ich nicht zuordnen kann und verlangen nun von mir mehr damit anzufangen?“ Sie zuckte mit den Schultern. In diesem Moment wünschte sie sich mehr denn je Ärztin zu sein und einfach in ihrer Praxis stehen zu können und sich nicht mit dem Raucher unterhalten zu müssen. Was brachte es eigentlich mit einem Menschen zu kommunizieren, von dessen Worten mindestens die Hälfte erlogen waren?

„Agent Scully, ich habe Sie hierher gebracht, weil ich dachte, Sie seien nun endlich reif genug es zu sehen. Doch wie es mir scheint, sind Sie, wenn es darauf ankommt, nicht im Geringsten anders, als vor ein paar Jahren auch.“ Er schüttelte den Kopf und Scully glaubte so etwas wie Hoffnungslosigkeit in ihm zu sehen. Sie sah etwas in ihm, etwas, das ihn menschlich machte und das beunruhigte sie. Sie wollte etwas sagen, ihr fehlte jedoch die richtige Antwort für solch eine Aussage. Sie war sehr wohl anders als früher, doch von welchem Aspekt redete er, worin sollte sie sich verändert haben?

„Nun, wenn ich Ihnen nicht reif genug scheine, warum lassen Sie mich dann nicht einfach gehen?“ Scully war erstaunt darüber, erstaunt, dass sie das gesagt hatte. Doch wenn sie ehrlich mit sich war, war es genau das auf das sie wartete.

Er grinste, lachte er etwa?

„Ich hatte mir eigentlich gedacht eine andere Antwort von Ihnen zu erhalten, so etwas wie einen Verwurf dessen, was ich zuvor gesagt habe. Ich habe eine Aufgabe zu erfüllen, Sie haben Aufgaben zu erfüllen. Ich bestehe aber darauf, dass meine Aufgabe Vorrang hat. Deshalb kann ich Sie nicht gehen lassen, selbst wenn ich es wollte.“

„Gut, was ist das?“, sie zeigte auf die Tür, „Ein Versuchsraum, ein Gefängnis?“

„Ein Aufenthaltsraum“, flachte er Scullys Vorschläge ab.

„Ich habe mich dort ebenfalls aufgehalten?“

„Sie und andere, ja.“ Er wirkte, als sage er dies zum ersten Mal, aber auch so, als habe er lange darauf gewartet es zu sagen. Doch worin lag die große Enthüllung ihr einen einfachen weißen Raum zu zeigen?

Sie atmete tief aus und musste unweigerlich an Penny Northern denken, die Frau, die sie angeblich während ihrer Entführung getröstet hatte. War sie ebenfalls in diesem Raum gewesen, waren sie alle in diesem kleinen Raum gezwängt gewesen? Scully brachte nicht den Mut auf dies zu fragen, nein, sie brachte nicht die Würde auf. Er hatte sie an einem Punkt getroffen, den sie hasste. Er sprach über ein Thema, das sie hasste.

„Ich denke wir sollten unsere kleine Führung fortsetzen.“

Sie sah ihn erschrocken an, hatte nicht damit gerechnet, dass er reden würde.

„Welche Führung?“, fragte sie entsetzt.

„Nun, die Führung durch die Wahrheit.“

„Die Wahrheit über diese vier Monate, oder die ganze Wahrheit?“

„Ich könnte Ihnen eine Antwort auf diese Frage geben, die Antwort, die ich für richtig halte. Sie jedoch müssen selbst sehen in wie fern sich diese Frage für Sie beantworten wird. Der Ausmaß der Wahrheit, entspricht immer der Menge der Fragen.“

Nun, wenn das so ist, haben wir wohl noch eine lange Reise vor uns sagte Scully im Inneren zu sich selbst. Doch sosehr sie sich auf die Fragen konzentrieren wollte, deren Antworten sie nun erwartete, sie konnte nur eine einzige Frage vor ihrem inneren Auge ausmachen:

Sollte sie sich darauf einlassen?

Unruhig rieb sie ihre Finger aufeinander, bemerkte schließlich, dass das kleine Metallstück immer noch in ihren Händen war. Sie hielt eine Frage in ihren Händen, in Form eines Gegenstandes und sie wollte eine Antwort darauf. Sie schluckte, dachte an das F.B.I, an Mulder, an Doggett, an Reyes und was noch schlimmer war, an ihren Sohn William. Konnte sie einfach derartige Dinge riskieren, ohne zu wissen, was sie erwartete. Ohne zu wissen, ob sie dies heil durchstehen würde?

„Wie viel Zeit werde ich hier verbringen müssen?“

„Ich habe Ihnen gesagt, nicht lange. Es könnte sein, dass es Ihnen lange erscheinen wird, dass es länger wird, als es werden soll. Doch ich garantiere Ihnen, in welchem Fall auch immer, Sie werden morgen um exakt 9:30 Uhr zurück sein.“

Scully sah ihn schief an. Widersprach er sich gerade? Es könnte länger werden, doch egal wie lange es werden wird, sie würde genau morgen um 9:30 Uhr wieder zurück sein?

„Was ist nun? Bleiben wir hier stehen, oder gehen wir weiter? Ich überlasse es Ihnen, ob Sie an diesem Punkt innehalten. Nur, wie gesagt, Sie werden nicht vor 9:30 Uhr zurück sein.“ Er sah sie herausfordernd an.

Scully schaute zurück, drehte sich um die eigene Achse, ohne zu wissen warum. Sollte sie es wirklich tun? Er würde ihr nichts tun, das wusste sie, oder sie glaubte es zumindest. Doch was veranlasste sie überhaupt es zu glauben? Er war ein Mörder, wahrscheinlich waren sie noch von Hunderten anderen umgeben. Warum sollte er ihr solche Dinge zeigen? Es war seine Aufgabe, hatte er gesagt. Wer hatte sie ihm erteilt? Das Syndikat gab es nicht mehr und selbst, wenn es sich neu gebildet hätte, warum sollte es seine Geheimnisse an den Feind preisgeben? Sie wurde unruhig.

„Agent Scully?“ Er sah sie eindringlich an, zwang sie fast ihm jetzt zu antworten.

Sie blies zitternd Luft zwischen ihren Lippen hindurch, sagte schließlich:

„Gut, gehen wir weiter.“ Kurz darauf schollt sie sich dafür. Was war sie nur für ein verantwortungsloser Mensch. Sie war ja wie Mulder, machte riskante Dinge, ohne darüber nachzudenken. Doch diese Worte waren ihrem Mund entwichen. Sie hätte es nicht gesagt, wenn es nicht die Wahrheit wäre. Und das war es auch, sie wollte sehen, was er ihr zeigen wollte, so sehr sie sich dagegen wehrte.

Erst jetzt bemerkte sie, dass er schon weitergegangen war. Sie beschleunigte ihre Schritte, ging fast hastig.

Es ist richtig was ich tue redete sie sich ein. Spontanität ist vielleicht nicht sicherer, aber ehrlicher.



900 West Georgia Street, Apartment Nr. 42 in Alexandria/Virginia, 5:05 Uhr





Fox Mulder saß auf seiner Couch und spielte mit der Fernbedienung, die er immer abwechselnd mal in die linke, dann wieder abrupt in die rechte Hand sinken ließ. Er tat so, als konzentriere er sich vollkommen auf den Fernseher, der vor ihm seelenruhig flackerte und verzweifelt versuchte, ihm die heutigen Nachrichten mitzuteilen. In Wahrheit jedoch waren seine Gedanken auf etwas konzentriert, das er selbst nicht zu bestimmen wusste. Seitdem er nicht mehr beim FBI arbeitete hatte er den größten Teil seiner Zeit damit verbracht, Weltmeister im Zeittotschlagen zu werden. Irgendwie kam jedoch das Gefühl in ihm hoch, dass der heutige Tag ihm ein wenig Abwechslung schenken würde. Also wartete eine Seite von ihm gespannt auf etwas nicht Alltägliches, das sich ereignete, doch es geschah einfach rein gar nichts. Wieder wanderte die Fernbedienung in die linke Hand. Sollte er vielleicht das FBI mit einem Besuch beglücken? Die rechte Hand. Sollte er Scully aus ihrem ruhigen Schlaf reißen? Die linke Hand. Oder sollte er einfach weiter hier herumsitzen und warten bis womöglich der Himmel über ihm einstürzte? Er knallte die Fernbedienung auf den Tisch. Er könnte auch Doggett heiraten…



Plötzlich klingelte das Telefon. Mulder stöhnte und schwang sich zu dem kleinen Tischchen auf dem er vermutlich, unter einem Berg Zeitschriften begraben, sein Telefon liegengelassen hatte. Er hob eine nach der anderen hoch, verlor dabei die Hälfte, brummte als er endlich seinen piependen Freund fand und hob schließlich ab.

„Hallo?“, murmelte er in die Hörmuschel.

„Mulder, ich bin’s.“, war das Einzige was er für die erste Minute zu hören bekam.

„Was gibt’s Scully? Brauchst du mich etwa um eine völlig abwegige Theorie aufzustellen? Ich stehe dir gerne zur Verfügung.“ Er versuchte eine gewisse Ironie zu unterdrücken. Dana Scully rief ihn an einem Sonntagmorgen an… und das auch noch zu solch früher Stunde. Zwar hatten ihn die Erlebnisse der letzten Monate grundlegend verändert, auch seine Beziehung zu Scully selbst, doch etwas trieb ihn trotzdem zum Lachen.

„Scully?“, kam es fragend aus seinem Mund, nachdem sie ihm über eine Minute nicht geantwortet hatte und er schon dachte, dass die Lone Gunmen sich einen Scherz erlaubt hatten.

Nichts…er wurde unruhig.

„Scully? Komm, bitte, du weißt, wenn du so weitermachst wird der paranoide Mensch in mir wach…“ Er klemmte den Hörer zwischen Ohr und Schulter und machte sich daran, ein paar der heruntergefallenen Zeitschriften aufzuheben. Ein Grinsen entwich ihm, als er auf einmal eine Medizin-Zeitschrift in der Hand hatte. Was Scully so alles bei ihm liegen ließ, war schon erwähnenswert…

Sie antwortete immer noch nicht.

„Scully, sag mal, bist du noch dran?“ Er ließ die Zeitschriften wieder fallen und spürte, wie ein unangenehmes Gefühl in seinem Magen aufstieg.

Er hörte nur die leere Leitung, nicht einmal ein Atmen.

„Scully? SCULLEEE?“ Er versuchte zwanghaft nicht zu schreien. Plötzlich drang ihre Stimme wieder an sein Ohr und er zuckte aufgrund der Unerwartung erschrocken zusammen.

„Mulder? Hör mir zu, ich muss auflegen, wärst du so nett und sagst Agent Doggett und Agent Reyes, dass ich heute etwas später kommen werde?“ Mulder fühlte sich extrem perplex und stotterte nur:

„Ja…wenn du es sagst, aber…?“, doch da vernahm er auch schon das nichtssagende Leerzeichen.

Mulder ließ sich verwirrt auf die Couch zurücksinken und starrte wieder auf den Fernseher. Was sollte denn das eben? Seit wann konnte Scully nicht mehr selbst im Büro anrufen und sich für eine Verspätung entschuldigen? Und was veranlasste sie überhaupt dazu bei ihm anzurufen, wenn sie ihm eigentlich nicht mehr als das zu sagen hatte? Wo war sie eigentlich gewesen? Er glaubte sich daran erinnern zu können, dass er Motorengeräusche im Hintergrund gehört hatte, laute Motorengeräusche, so als stände sie direkt an einer Straße. Aber was machte sie um diese Uhrzeit an einer Straße? Joggte sie? Er schüttelte den Kopf…irgendetwas stimmte nicht.

Ohne weiter nachzudenken sprang er auf, schaltete den Fernseher aus und griff nach seiner Jacke.



Washington D.C., Keller des J. Edgar Hoover Building, 6:30 Uhr



Agent Monica Reyes stand etwas unentschlossen vor einem riesigen Aktenberg und fragte sich, was sie sich als erstes vorknöpfen sollte. Am liebsten sah sie diese Arbeit als eine Art Kampf mit einem riesigen Raubtier…man musste nur irgendwann den Dreh raus haben wie man es am besten bekämpfen konnte…nur scheinbar war sie noch nicht so weit. Manche Leute begannen im Alter Golf zu spielen, weil sie sich reif genug dafür fühlten und vielleicht würde sie ja anfangen Akten zu sortieren.

„Was machen sie eigentlich so früh am morgen hier?“ Reyes hätte vor Schreck beinahe die Akten fallen gelassen, die sie soeben zur Hand genommen hatte.

„Agent Mulder, was um Gottes Willen machen Sie hier?“ Mulder erkannte mit Entsetzen, dass die in einem Aktenstapel vertiefte Reyes durch sein Auftauchen wohl beinahe einen Herzinfarkt erlitten hatte.

„Nur Mulder bitte…“, korrigierte er sie aus Gewohnheit und hängte hinten dran:

„Man wird durch die Arbeit hier unten schreckhaft, nicht wahr?“ Er versuchte zu lächeln.

„Das war ich auch schon vorher.“, meinte sie und versuchte die etwas durcheinander geratenen Akten ein wenig in Ordnung zu bringen.

Ein Schweigen hatte sich über das Büro gelegt. Eigentlich hatte Mulder vorgehabt sie über Scully auszufragen, doch in diesem Moment erschien ihm das irgendwie taktlos. Obwohl er wusste, dass es ihm eigentlich nicht gestattet war, diese Frage zu stellen, leitete er das Gespräch dennoch damit ein:

„An welchem Fall arbeiten Sie gerade?“ Er versuchte so unschuldig wie möglich zu klingen und Reyes legte die Akten auf den Schreibtisch, ohne auch nur daran zu denken, ihre Arbeit irgendwann in naher Zukunft zu beenden.

„Achso, verstehe, Sie kommen jetzt also einfach aus Langeweile hierher, oder wie soll ich das verstehen?“, sagte sie lachend. „Wenn das so ist.“ Sie nahm die Akten wieder vom Tisch und drückte ihm diese in die Hand. „Dann können Sie ja gleich mal diese Akten hier bändigen.“ Er starrte sie etwas verdutzt an, ging ein paar Schritte nach hinten und ließ die Akten auf dem erstbesten Stuhl sinken.

„Hey…tut mir Leid Sie enttäuschen zu müssen, Reyes, aber ich habe einen Grund, hier aufzutauchen. Darum wollte ich auch wissen, an was Sie und Doggett arbeiten. Hätte Scully heute irgendeinen Grund zu Ihnen zu kommen?“ Reyes verschränkte die Arme vor der Brust.

„Scully? Öhm…also…eigentlich, nicht, dass ich wüsste, wie kommen Sie drauf?“

„Nur, so…“ Er fuchtelte mit den Armen wild herum.

„Also, ich habe echt keine Ahnung was sie hier machen sollte. Wir haben eigentlich gar nicht mit ihr geredet, ich meine, wir kommen ganz gut zurecht und…ähm…wir haben nicht mal eine Leiche, also von daher…wollte sie denn herkommen?“

Mulder zuckte mit den Schultern.

„Wie gesagt, nur sooo…“ Er grinste etwas schief und wollte eigentlich gehen, doch gerade als er das Büro verlassen wollte, musste er Platz für Doggett machen, der, etwas elend dreinblickend, den Raum betrat.

„Mulder?“ Er sah ihn an wie ein Insekt, das in diesem Teil der Erde nicht vorkam.

„Ich bin schon weg…“, wollte er sich herausreden.

„Was machen Sie hier? Haben Sie etwa eine Ahnung wo Agent Scully abgeblieben sein könnte?“

Reyes sah auf Doggett. Sie sah aus hätte man sie soeben mit einem Eimer eiskalten Wasser übergossen.

„Was reden Sie eigentlich die ganze Zeit von Scully?“ Sie sah beide Männer ziemlich verwirrt an.

„Ich dachte eigentlich, dass heute gar nichts ansteht? Ich meine, ich habe mich eigentlich seelisch darauf vorbereitet, den ganzen Tag Akten zu ordnen und jetzt taucht auf einmal Mulder auf und Sie, John, sehen aus, als habe man sie durch einen Fleischwolf gedreht…es ist ja nicht so, dass ich nichts gegen ein wenig Abwechslung hätte, aber was ist denn nun los mit Scully?“



Da standen sie also in der Mitte dieses Raumes, diese drei Menschen, der eine unschlüssig über das Motiv jedes anderen und starrten sich an. Doggett trat einen Schritt vor, stellte sich gerade und sah Reyes eindringlich an. Ab und an wanderte sein Blick symbolisch zu Mulder, auf eine Antwort von Reyes hoffend, was dieser hier zu suchen hätte. Reyes hingegen sah etwas sehnsüchtig, aber gleichzeitig ehrfürchtig auf den Aktenstapel, der auf dem Drehstuhl, dem Mulder die Last aufgetragen hatte, hin und her wackelte.

Mulder räusperte sich schließlich.

„Ähm…schon komisch, dass wir hier alle vollkommen sinn- und ratlos in diesem Büro herumstehen, obwohl wir es alle gewohnt sind…öhm…hier zu sein. Ich…es tut mir Leid, dass ich Sie aus dem Konzept bringe, aber ich glaube, dass Scully heute Morgen zu Ihnen kommen wollte, aus welchem Grund auch immer. Für mich klang es so, als…als würden Sie beide sie erwarten.“

Reyes sah sofort fragend zu Doggett, da sie offenbar wirklich keine Ahnung von diesem „Termin“ zu haben schien. Dieser fuhr sich etwas unschlüssig durch die Haare und wandte sich schließlich an Mulder, der erwartend, wie ein kleines Kind vor dem Weihnachtsbaum, dastand:

„Eigentlich weiß ich nichts davon…ich weiß nur, dass sie heute Morgen, als wir beide noch nicht im Büro waren, erst hier und dann bei Skinner angerufen hat, um für morgen ein Treffen mit uns beiden auszumachen. Allerdings habe ich keine Ahnung warum sie sich mit uns treffen sollte, da wir zur Zeit an keinem Fall arbeiten und sie, soweit wir das wissen, auch nichts in der Hand hat, das in irgendeiner Form mit den X-Akten zu tun haben könnte…ich…ich bin da wirklich überfragt.“ Er zuckte mit den Schultern und machte Mulder deutlich, dass er mit seinem Teil der Geschichte beginnen sollte, doch Reyes kam ihm zuvor:

„Wann haben Sie denn das letzte Mal mit ihr geredet, Mulder?“ Sie zog die Stirn kraus und witterte, so wie es Mulder schien, wohl irgendetwas in der Luft. Wenigstens hatte hier jemand etwas mit ihm gemeinsam.

„Ich habe heute ziemlich früh am Morgen mit ihr telefoniert. Sie hat mich angerufen, muss so…“, er überlegte kurz und spielte mit seiner Armbanduhr, „gegen fünf Uhr gewesen sein.“

„Ach und deswegen kommen Sie jetzt zu uns?“ Doggett trat wieder einen Schritt bei Seite, es sah so aus, als wolle er sich auf den Weg machen, um sich eine Tasse Kaffee zu holen.

„Nein…das…das war alles ziemlich seltsam. Wir haben eigentlich kaum ein Wort miteinander gewechselt. Kurz nachdem wir uns begrüßt hatten, hat sie sich ziemlich hastig verabschiedet und gemeint, ich solle doch bei Ihnen anrufen und sie entschuldigen, weil sie wohl zu irgendeinem Treffen später kommen würde. Sie war auf einer Straße, ich habe Motorengeräusche im Hintergrund gehört…um fünf Uhr morgens. Ich weiß nicht mal wo sie war, oder warum sie eigentlich bei mir angerufen hat.“

„Das klingt wirklich komisch…John, kannst du dich an irgendeine Verabredung mit ihr erinnern?“ Doggett, der hinten wohl Kaffee kochte, rief herüber:

„Nein, vielleicht hat sie es ja geträumt.“ Mulder schüttelte den Kopf, Reyes ebenfalls.

„Ich glaube, da stimmt irgendetwas nicht.“

„Und ich weiß es sicher.“, war Mulders schnell darauf folgender Kommentar. „Ich habe mich darüber informiert, ob sie heute zur Arbeit erschienen ist. Fehlanzeige. William ist schon seit gestern Abend bei ihrer Mutter und sie hat seitdem weder von ihrem Haustelefon, noch von ihrem Handy ein Telefongespräch geführt.“

Doggett kam nun eilig, ohne eine Kaffeetasse in der Hand nach vorne und gesellte sich zu den beiden.

„Und Sie sind sich dessen absolut sicher?“ Mulder nickte, auf die Gunmen war Verlass…

„Also, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, John, aber ich rufe jetzt Kimberley an, um mich genauer nach Scullys Anruf zu erkundigen. Irgendetwas wird hier wohl zusammenpassen.“ Sie hob den Hörer an und wählte hastig. Mulder begann allmählich daran zu zweifeln, ob sich Abwechslung wirklich gut anfühlte…





Ort unbekannt, 6: 17 Uhr



Ganz langsam öffnete Scully ihre Augen. Sie fühlte sich dämmerig und es kam ihr vor, als habe sie für eine sehr lange Zeit geschlafen. Sie hatte kein Zeitgefühl, konnte sich nicht einmal wirklich daran erinnern, wann sie eingeschlafen sein könnte. Sie sog lange und tief Luft ein, fühlte sich seltsam eingeengt, so als läge etwas Schweres auf ihrer Brust. Sie sah auf sich hinab. Sie trug eine verschlissene Jeans und ein weißes T-Shirt, das ihr wohl einige Nummern zu groß war. Sie rieb sich die Brust. Sie war normal, doch Luft bekam sie nicht wirklich. Sie hustete eine kalten Husten, der sich tief in ihren Körper bohrte. Im Allgemeinen fühlte sie sich so komisch wie wohl selten zuvor. Sie konnte nicht sagen, ob es ihr gut oder schlecht ging.

Etwas unschlüssig rappelte sie sich langsam auf und stellte mit erstaunen fest, dass ihre wackeligen Beine sie trugen. Das einzige, was sie sich in diesem Moment wünschte, war zu wissen, was hier eigentlich los war. Tief im Inneren ihres Kopfes fand sie Bilder, die den Raucher zeigten, wie sie sich mit ihm unterhielt. Es war eine seltsame Unterhaltung gewesen, so seltsam, dass sie es nicht einmal fertig brachte, sich an deren genauen Inhalt zu erinnern. Scully schüttelte den Kopf. Zog die Stirn kraus, so als würde Mulder vor ihr stehen und ihr eine seiner altbekannten Theorien darlegen, doch diesmal war es nicht etwas, dass sie nicht glauben konnte…sie konnte es zwar nicht glauben, aber sie war gezwungen es zu glauben.



„Ich sehe, Sie sind wieder wach, Agent Scully. Ich fürchte, ich habe sie erschreckt.“ Hastig fuhr sie herum. Es war die Stimme des Rauchers, doch der Raum war leer und sie vermochte nicht zu sagen woher die Stimme gekommen war.

„Sie können sich daran nicht erinnern, habe ich nicht Recht?“ Sie konnte sein kaltes, widerwärtiges Gesicht grinsen sehen, tief in ihrem Kopf.

„Kommen Sie schon, wir alle wollen es vergessen. Alle vergessen es, wenn sie es das erste Mal sehen.“ Scully drehte sich immer wieder durch den Raum, wie ein Raubtier in der Falle, das seinen Gegner nicht einmal sehen konnte.

„Wo sind Sie?“, war ihr einziger Kommentar.

„Ist das das einzige, für das Sie sich interessieren? Für meinen Standort? Interessiert es Sie nicht viel eher, was ich gleich mit Ihnen tun werde? Was ich vorhabe? Sollte Sie das nicht eher interessieren? Zeigen Sie Ihrem Gegner niemals Ihre Unsicherheit…ich habe Sie im Visier, genügt Ihnen das?“

Sie atmete tief aus, fühlte sich wieder wie zuvor, wie diese kleine machtlose Frau, die im ausgeliefert war. Er sah auf sie hinab.

„Ich…ich weiß selbst was mich zu interessieren hat. Ich kann mich an gar nichts mehr erinnern, wenn Sie das zufrieden stellt. Ich fühle mich mehr als nur unwohl und ich tendiere dazu, dass Sie wieder irgendwelche illegalen Dinge an mir durchgeführt haben, für die ich nichts anderes tun sollte, als Ihnen eine Kugel in den Kopf zu jagen.“ Scully, selbst erstaunt darüber, das aus ihrem Munde zu hören, lehnte sich gegen die Wand. Sie hatte wohl vor lässig zu wirken, irgendwie ihre Kontrolle deutlich zu machen. Doch sie wusste selbst, dass er Recht hatte. Er konnte mit ihr machen, was immer er wollte und es brachte ihr rein gar nichts zu wissen, wo genau er war, solange sie nicht wusste, wo sie als nächstes sein würde.

„Ich sage Ihnen jetzt eines, Dana, wenn Sie sich einfach in eine Ecke kauern und trotzen, lasse ich Sie hier sitzen.“

Sie wollte ihm nicht zuhören, tat so, als habe er nichts gesagt. Sollte er sie doch hier sitzen lassen, es war ihr schlicht und einfach egal. Von ihr aus könnte er sie sogar hier verhungern lassen…

„Dana, ich weiß, dass Sie mich hören, ich möchte beinahe annehmen, dass Sie sich aufführen wie ein kleines Mädchen, das unartig war. Aber Sie waren nicht unartig, Sie haben bloß vor sehr langer Zeit an einer Kreuzung ihres Lebens die falschen Abzweigung genommen.“

Scully richtete ihren Kopf zu einer Ecke der Zimmerdecke. Sie tat so, als würde sie ihn dort sehen können und versuchte, ihm einen möglichst teuflischen Blick zuzuwerfen.

„Was ist, wenn ich mich für das, was sie mir erzählen wollen gar nicht interessiere? Was ist, wenn ich es gar nicht wissen WILL?“

„Sie wollen es wissen.“

„Ach, und wieso sind Sie sich dessen so sicher? Vielleicht möchte ich auch nur ein ganz normales, einfaches Leben führen, ohne die sogenannte Wahrheit zu kennen. Das ist Mulders Suche und nicht MEINE!“

Ein ironisches Lachen tönte in den Raum. Scully verzog das Gesicht zu einer Grimasse.

„Sie…Sie glauben doch nicht etwa wirklich…“ Seine Stimme wurde von einem erneuten Kichern gebrochen. Der Krebskandidat kicherte…Scully kam immer mehr zu der Schlussfolgerung, dass dies hier einfach nur ein sehr, sehr lebhafter Traum sein musste. „Dass…dass ich Ihnen das abkaufe. Ich kenne Sie, vielleicht bin ich der Mensch, der Sie nach sich selbst am besten kennt, wer weiß das schon?“

„Schön und gut, aber wie lange soll das nun noch so weitergehen? Zeigen Sie mir nun endlich irgendetwas, das ich vor Schock nicht sofort vergesse…oder…“ Sie überlegte kurz und starrte auf den so unnatürlich weißen Boden. „Woher weiß ich eigentlich, dass Sie mir überhaupt etwas gezeigt haben? Vielleicht haben Sie mir nur irgendwelche Drogen gespritzt, die mir nun glauben machen wollen, dass ich Gott persönlich gesehen habe?“

„Über solche Spielchen bin ich mit Ihnen hinaus, Dana. Glauben Sie mir, ich wage hier ein Experiment und Sie haben in meinem Spiel viel mehr Macht, als Sie es sich jemals geträumt haben.“

Nun war es an Scully zu lächeln.

„Gut, ich habe Macht, Sie riskieren gerade Ihr Leben, Sie handeln selbstverständlich ehrenhaft und…und Sie lachen.“

Ein seltsames Geräusch, so als habe der Raucher gerade eine Kaffeemaschine angemacht, drang in den Raum. Sofort folgte der verführerische Geruch frischen Kaffees und Scully bemerkte, wie in ihr auf einmal eine riesige Lust auf ein Frühstück aufkam.

„Möchten Sie vielleicht einen Kaffee, Agent Scully?“ Scully knallte ihre Hand vor die Stirn und schüttelte den Kopf.

„Ich dachte mir, wir könnten die Situation etwas auflockern.“ Seine Stimme klang nun immer mehr wie die eines gutmütigen Rentners.

„Schön, tun wir das. Mit Milch und ohne Zucker und sonstige…“ Sie räusperte sich übertrieben.“…Beilagen.“

„Wie Sie wünschen.“

Hätte ihr vor ein paar Tagen, ja vielleicht sogar Stunden, jemand erzählt, dass der Raucher ihr einmal einen Kaffee servieren würde, sie hätte wohl einem gestehen müssen, dass sie einen ihrer seltenen Lachanfälle bekommen hätte…

Fünf Minuten später hatte er sie also aus dem Raum hinaus in ein kleines, na ja, man konnte es Büro nennen, geführt und dort mit ihr an einem großen silbernen Tisch platzgenommen, vor ihnen zwei dampfende Tassen Kaffee.

Scully starrte zuerst nur etwas perplex die Tasse an und begutachtete sie von allen Seiten. Schließlich entschied sie sich, doch einen Schluck zu wagen, er würde sie wohl kaum jetzt noch vergiften wollen. Sie kannte diese Leute, solch ein Mord wäre einfach…stillos.

Langsam hob sie die Tasse an, nippte daran und zu ihrem Erstaunen schmeckte der Inhalt wirklich gut.

Der Raucher, der schon einen großen Schluck zu sich genommen hatte, grinste.

„Freut mich, dass Sie so auftauen.“

Scully warf etwas peinlich berührt einen Blick auf ihren Körper, der sich verkrampft an den Stuhl klammerte. Sie lockerte sich abrupt auf.

„Ich…ähm…“

„Sie brauchen sich nicht zu verteidigen, ich wundere mich, dass Sie noch nicht in Ohnmacht gefallen sind.“

„Ich bin noch nicht…?“ Er hatte ihr also doch etwas gespritzt.

„Nicht direkt, aber ich denke, wir sollten noch eine Weile warten, bis Sie das zu hören bekommen. Kommen wir nun zu den, sagen wir, normalsten Dingen.“ Er kramte eine kleine Fernbedienung aus seiner Tasche und drückte auf einen großen Grünen Knopf. Ein kleiner Schlitz öffnete sich zwei Meter vor ihnen in der Decke und ein flacher länglicher Bildschirm kam herausgefahren.

„Was ist das?“

„Man nennt es offiziell Werbevideo, ich bevorzuge aber es „die Waffe“ zu nennen, die Waffe, die jeden UFO-Gläubigen um den Verstand bringen sollte…nun, wenn man das, was diese Leute haben, überhaupt noch Verstand nennen kann.“ Er nahm wieder einen großen Schluck Kaffe.

Scully nickte nur und lehnte sich zurück. Während er auf Play drückte, erschien sofort in großen blauen Lettern „Die Wahrheit über die Regierung der Vereinigten Staaten“ auf dem Bildschirm.

„Das ist doch nicht Ihr Ernst?“ Scully verdrehte belustigt die Augen.

Er deutete nur mit seinem Zeigefinger auf den Bildschirm wo gerade der unglaublichste Film begann, den Scully jemals gesehen hatte…
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