World of X

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The Sky of Armageddon (2)

von Lord Sijar

Kapitel 1

- when the world falls apart -
part II

~xXx~


Wahrheit, Frieden und Glück sind Illusionen, geschaffen um mit ihnen Fabeln, Symbole und Legenden für die Kinder, die Alten und die Schwachen zu erschaffen.

Schwarz und Weiß, der ewige Kampf zwischen Gut und Böse ist ein Märchen, erfunden von Weltverbesserern und Idealisten. Die Welt und das Universum sind nicht schwarz und weiß. Der Kosmos ist gefüllt mit unendlich vielen Abstufungen der Farbe Grau. Ein Grau welches von fast Schwarz bis zu beinahe Weiß hin reicht, welches die Extremwerte jedoch immer knapp verfehlt.

Grau ist eine trostlose und verwirrende Farbe auf die Weise wie auch die Realität in ihren Grundzügen verwirrend und trostlos ist. Es gibt nie eine perfekte Lösung sondern immer nur die Wahl zwischen einem schlechten oder weniger schlechten Weg, wie die Wahl zwischen einem guten und einem weniger guten.

Grau ist keine schöne Farbe, aber sie ist real, vielleicht die realste Farbe, die es überhaupt gibt.

Aber darin liegt ihre Gefahr. Es ist leicht in einem grauen Meer der Resignation und des Stillstandes zu versinken, im grauen Einerlei der Realität.

Wenn unser Streben die Farbe Weiß zu erreichen zum Stillstand kommt, unser Glaube in unsere Symbole stirbt, dann wird uns die graue Welt verschlingen in ihrer Trostlosigkeit. Es mag ein sinnloses Streben sein, aber dieses Streben ist es erst, das unser Leben mit Sinn erfüllt.



~xXx~



UNGLÜCKSSTELLE 22.12 UHR



Nachdem sie sich gegenseitig über ihre Erfahrungen ausgetauscht hatten, stellte sich die Frage, wie weiter zu verfahren sei. Doch die Stimmung war gereizt. Zu viel das nicht so war, wie es hätte sein sollen, zu viel, das schief lief. Mulder und Scully waren übermüdet, Spender nervös, weil er nicht wusste wie seine Kollegen auf den Anschlag auf Bush reagierten, Skinner weil er hier eingesperrt war und Doggett, weil er Dinge akzeptieren musste, die er sich zu akzeptieren sträubte.

„...Wie viele Tonnen des Black Cancers wurden bis jetzt abgepumpt?“ fragte Scully Spender. Sie saßen zusammen in einem der größeren Aufenthaltsräume der Amsterdam II, der zu einem behelfsmäßigen Büro geworden war. Abhängig von dieser Information war die Frage, wie lange sie noch hier draußen bleiben würden. So abgeschnitten von jeglicher Information war es schwierig die notwendigen Entscheidungen zu treffen.

„Kapitän Van Leeuw, sprach davon, das die Tanks erst etwa halb voll seien, aber er würde es nicht unbedingt verantworten wollen, noch sehr viel länger hier zu verweilen. Seit der Funkkontakt mit dem Festland und anderen Schiffen in der Umgebung unterbrochen wurde, ist die Crew nervös. Van Leeuw würde am liebsten sofort hier weg, denn seit wir die ausgebrannte Pretension gefunden haben, werden die Leute ungeduldig und wollen endlich Erklärungen...“

„...Die wir ihnen unmöglich geben können, es sei denn wir würden es auf eine Meuterei anlegen,“ führte Skinner Spenders Satz zuende.

„Wie wahr... schön, dass Sie das einsehen“ meinte Spender mit mildem Spott. Skinner konterte giftig:

„Ich bin nicht besonders stolz darauf“.

„Wir brauchen dringend Kontakt zu den Dracos,“ fügte Mulder hinzu. „Auf die Dauer können wir dem Zeug nicht Herr werden, ganz egal wie viele Schiffe wir einsetzen.“

„Als wir aufbrachen um meine Mutter zu befreien, war die Midgard auf dem Weg hierher. Die Dracos sprachen zu dem Zeitpunkt davon, das sie versuchen würden den Schwarzen Krebs einzudämmen,“ sagte Scully.

„Wir wissen nicht, wie erfolgreich sie damit waren oder sind. Und solange die Kommunikation unterbrochen bleibt, werden wir es auch nicht erfahren,“ brummte Mulder.

„Wir dürfen die Situation auf dem Festland nicht unbeachtet lassen,“ warf Spender ein.

„Ich selbst trauere nicht wirklich um Präsident Bush, aber es ist nicht abzusehen, wie sich die Geschehnisse entwickelt haben seit Mulder und Scully das letzte Mal etwas darüber gehört haben. Außerdem müssen wir befürchten, das DEREN Schiffe sich nicht länger aufs zusehen beschränken..“

„Meinen Sie , wir müssen mit Angriffen rechen?“ Skinner schüttelte ungläubig den Kopf.

„Keineswegs auszuschließen,“ antwortete Spender. „IHRE ursprünglichen Pläne, zumindest das, was ich davon kenne, sahen wie folgt aus: Die Mitarbeiter meiner Organisation, die Leute, die Sie als das Syndikat bezeichneten, sollten das Virus verbreiten und verschiede Handlangerarbeiten übernehmen. In erster Line eine Sklavenrasse schaffen, die gegen das Virus immun sind um die Kolonisierung zu überleben.“ Spender räusperte sich. „Sie haben die Bienen gesehen, nicht wahr Mulder, Agent Scully?“ Die beiden Angesprochenen nickten. Spender fuhr fort. „Innerhalb weniger Tage wären die meisten Menschen gestochen und infiziert worden und kaum ein menschliches Wesen hätte die virologische Apokalypse überlebt. Die Wenigen, die natürliche Resistenz gegen das Virus aufwiesen, sollten von speziell abgerichteten Hybriden aufgespürt und vernichtet werden. Noch in den selben Stunden sollten die jungen Aliens beginnen, eine völlig neue Form des intelligenten Lebens auf Erden zu erschaffen. An den Homo Sapiens würde von den Zeitpunkt an nichts weiter mehr erinnern, als der gesammelte Gencode einzelner Personen und Personenkreise, die als Basis für weitere Hybride und Sklavenrassen dienen könnten.

„Fein ausgedacht,“ kommentierte Mulder das Gesprochene. „Aber es wäre anders gekommen?“ Spender überhörte Mulders Kommentar.

„Wie schon gesagt, ich kann nur das sagen was ich weiß. Denn während meine Leute getreulich für die Fremden arbeiteten, haben wir uns auch um Gegenmaßnahmen bemüht und versucht Zeit zu gewinnen.“

„Sie meinen, Sie haben versucht ihren eigenen Arsch zu retten,“ giftete Doggett. Er kannte Spender nur aus Mulders Akten, aber die Dinge, die er inzwischen in Erfahrung gebracht hatte, ließen ihn wenig vertrauenswürdig und erst recht nicht sympathisch erscheinen.

„Sehen Sie Agent Doggett, ich an Ihrer Stelle, würde es mir nicht anmaßen ein Urteil über meine Arbeit zu fällen. Denn während mein Sohn, Agent Scully und Mr. Skinner Erfahrung mit diesen Dingen haben, haben Sie jahrelang Kleinkriminelle, Drogendealer, Autoknacker und Ehebrecher verfolgt. Ich kann Ihnen das zwar nicht zum Vorwurf machen, aber bitte überlegen Sie sich, worum es bei dieser Sache geht. Denn dann würden Sie wohl kaum so pauschale Urteile fällen,“ sagte Spender überraschend sanft. Doggett starrte ihn wütend an. Spender lächelte wehmütig und brachte den Agent damit entgültig aus dem Konzept. Skinner grinste.

„Vielleicht könnten wir uns wieder auf das wesentliche konzentrieren?“ Mulder hatte keine Lust, Doggett eine Nachhilfelektion in *Wie-verstehe-ich-C.G.B.Spender* zu geben. Scully nickte ihm zu. Sie hatten wahrlich andere Probleme. Doggett schaute weg.

„Wenn das dann geklärt wäre, können wir hoffentlich weitermachen,“ seufzte Mulder. Er lehnte sich zurück in seinem Stuhl.

„Also gehen Sie von einer Offensive aus?“ verdeutliche Skinner seine Frage noch einmal. Spender sah äußerst unglücklich aus.

„Wir müssen damit rechnen.“

„Und was machen wir jetzt?“ fragte Doggett gereizt. Schön, das sich Skinner, Mulder und sein Vater so einig waren, aber diese Fragestellung zu beantworten hatte doch definitiv Priorität und genau aus diesem Grund ging ihm Mulders Coolness auch langsam ziemlich auf die Nerven. Mulder erhob sich und ging zum Fenster. Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte in die Runde.

„Sehr viel länger hier bleiben können wir hier nicht, sonst verlieren wir den Anschluss an das was an Land geschieht, aber es auch ist riskant diesen Ort zu verlassen, denn dann werden wir nicht bemerken ob hier nicht noch was anders gründlich schief läuft. Ich habe nicht grade viel Ahnung von Geologie, aber wenn mich mein Schulwissen nicht täuscht, kann es noch ein ganzes Stück schlimmer werden.“

„Wie meinen Sie das Mulder?“ fragte Skinner neugierig.

„Unterirdische Erdrutsche,“ antwortete er leise. „Ich habe vor einer Weile mal einen Artikel darüber gelesen, was passieren könnte, wenn der Kontinentalabhang der Kanarischen Inseln abrutschen würde und ich stelle mir die Frage, ob das nicht auch hier unter dem Ozean passieren können. Was wäre wenn die Erdspalte weiter aufbrechen würde?“

„Ich stimme dir zu, allerdings wären wir ohnehin nicht in der Lage es aufzuhalten“, kommentierte Scully seine Aussage ruhig und sachlich.

„Das könnten allenfalls die Dracos, wenn es überhaupt jemand kann. Das einzige was uns in diesem Falle bliebe, wäre die Hoffnung auf eine günstige Strömung.“

„Also Agent Scully, sehe ich das richtig, das Sie der Ansicht sind, das wir zurückkehren sollten?“ frage Skinner. Scully seufzte frustriert.

„Ich weiß nicht, ob es wirklich noch etwas ausmacht, wo wir sind. Wir können unmöglich überall sein, wo SIE angreifen können.“

„Wir brauchen eine vernünftigen Plan,“ brummte Doggett.

„Sehr schön John, lachte Skinner bitter. „Und wie stellen Sie sich das so ungefähr vor?“ Und jetzt war Doggett der hoffnungslose Dumme. Doggett sagte nichts und auch der Rest schwieg betreten. Spender erhob sich.

„Ich werde Kapitän Van Leeuw informieren, das die Amsterdam II nach San Diego zurückkehren soll.“ Damit war zumindest dies entschieden. Die Versammlung löste sich auf. Mulder bemerkte die flüsternden Matrosen auf den Gangways, als er an die frische Luft trat, und in diesen Augenblick erschauderte er. Wie weit war er gekommen, um nun selber einer der Geheimnisträger zu sein, über den die Menschen flüsterten und über den nichts wahres bekannt war? Nun war er zu einer der dunklen Personen geworden, die das Schicksal lenkten, anstelle die Wahrheit zu offenbaren, die er nun kannte. Keine Rolle, in der er sich gern sah, beinahe schon wie sein Vater. Verdammt dachte er, es musste endlich aufhören! Ihm war kalt, obschon vom Nachtwind oder der unbestimmten Furcht in seinem Herzen, war ihm nicht ganz klar. Scully holte ihn ein.

„He Mulder, was ist los mit Dir?“ Mulder drehte sich um und sie trat auf die Gangway heraus. Gleich würde Scully versuchen ihn auszuquetschen und dazu stand ihm wirklich nicht der Sinn. De Fakto waren sie beide umsonst hierher gekommen, jetzt wo Spender sowieso umkehren wollte und die Dracos hatten sich auch nicht blicken lassen. Langsam begann Mulder an ihren Motiven zu zweifeln.

„Scully, bitte! Müssen wir jetzt eine Diskussion über meine derzeitige Stimmung abhalten?“

„Du forderst es heraus.“

„Wie bitte?“

„Wenn du dich jetzt im Spiegel anschauen würdest, würdest du es wohl genauso sehen.“ Mulder gab ein undeutliches „Hhmm“ von sich. Er fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. Dann warf er Scully einen ernsten Blick zu. Seine eigene Situation war unwichtig, doch gleich musste er ihr sagen, das sie wohl ihren großen Bruder an DIE verloren hatte. Bisher hatte er diese Offenbarung noch aufgeschoben, aber nun wurde es wohl Zeit.

„Sie haben es Dir noch nicht gesagt?“ fragte er leise. Diesen Moment hatte er gefürchtet und im Stillen auf seinen Vater gehofft. Aber es während ihrer Einsatzbesprechung auszusprechen war ihm nicht angemessen erschienen. Er beobachte, wie sich Scullys Miene schlagartig veränderte. Das Knäuel in seinem Magen zog sich schmerzhaft zusammen.

„Was soll man mir noch nicht gesagt haben?“ fragte Scully besorgt. Er musste es ihr jetzt sagen, es gab keine Möglichkeit sie länger in dieser Ungewissheit zu lassen. Er räusperte sich um den Kloß aus seiner Kehle zu entfernen.

„Scully, du weißt, das die USS Pretension unter dem Kommando deines Bruders stand?“ Noch bevor die Worte seinen Mund verlassen hatten, bereute er sie. Das war nicht fair! Scully schloss kurz die Augen und schluckte. Als sie die Augen wieder öffnete, war das klare, helle Blau ihrer Augen, zu einem stumpfen Grau geworden. Scully brach nicht weinend zusammen, wie Mulder befürchtet hatte und er jetzt sich selbst tadelte - Scully heulte nicht wie ein Schlosshund - aber sie schien vor unterdrücktem Zorn nur zu beben. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten, kniff die Augen zusammen und als sie sprach war ihre Stimme rau wie Sandpapier. Mulder hatte Scully noch nie so wütend und verzweifelt gesehen.

„Verdammte Biester!“ brüllte sie. Frustration, Verzweiflung und Wut bahnten sich den Weg nach draußen. Mulders erster Instinkt war es sie zu umarmen, aber er musste ihr die Möglichkeit geben es rauszulassen. Nachdem sie sich heiser getobt hatte, zitterte sie am ganzen Körper. Mulder starrte auf die Beule in der Reling des Schiffes, die auf ihre Kosten ging. Erst als sie begann sich selbst weh zu tun, griff er ein. Vorsichtig hielt er ihre Arme gefangen.

„He, Scully beruhig dich, es wird schon wieder alles Okay,“ flüsterte er beschwichtigend. Er musste sie wieder halbwegs beruhigen. Sie waren beide übermüdet und hatten dringend eine Atempause nötig. Wenn sie sich weiter so aufregen würde, würde sie sich noch völlig verausgaben und damit erst recht zu einem psychischen Wrack werden. Mulder konnte ihren Zorn nur allzu gut verstehen, da er diesen Schmerz selber gut genug kannte, aber sinnloses Toben führte zu nichts. Eines der Dinge, die ihn Scully gelehrt hatte. Nun würde er die Stimme der Vernunft sein müssen, der auf sie acht gab. Seine grüngoldenen Augen musterten sie besorgt. Scully rutschte kraftlos an der Bordwand herab, nachdem sie zu wüten aufgehört hatte. Mulder streifte ihr zärtlich die zerzauststen roten Haarsträhnen aus dem Gesicht und schloss sie fest in die Arme. Das hier war der totale Wahnsinn! Hier draußen auf dem kalten Deck würden sie sich beide noch eine Lungenentzündung einfangen. Vorsichtig nahm er sie auf die Arme und trug sie zu ihrem Quartier.

„Beruhig dich erst einmal,“ sagte er sanft, als er sie in ihre Koje legte.

„Ich soll mich beruhigen!“ keuchte sie aufgebracht.

„Scully... niemand ist dafür verantwortlich! Es war Schicksal. Niemand konnte es wissen, geschweige denn verhindern.“ Danas blaue Augen füllten sich erneut mit Tränen und ein paar heisere Schluchzer entragen sich ihrer Kehle. Und genau diese Trauer schürte das Feuer von Mulders eigenem Zorn. Aber hier waren sie machtlos. Mulder hielt es für sehr unwahrscheinlich, das sie Bill lebend wiederfinden würden, genauso wenig wie eines der anderen Crewmitglieder.

„Das darf alles nicht wahr sein... das kann einfach nicht geschehen!“ hauchte sie. Mulder setzte sich neben sie. Es war einfach nicht fair, dachte er wieder. DIE leisteten wahrlich vortreffliche Arbeit. Scully so am Boden zerstört zu sehen, war er nicht gewohnt. Mulder blieb stumm. Es gab nichts was er ihr in dieser Situation sagen konnte. Worte des Trosts wären Lügen gewesen und falsche Hoffnungen zu schüren würde sie noch viel tiefer treffen. Denn auch Scully kannte die bittere Wahrheit. Stattdessen setzte er sich neben sie und hielt ihre Hand, während er geduldig abwartete, das sie sich beruhigte. Irgendwann, Mulder schätzte, das es inzwischen elf Uhr nachts war, war Scully in einen unruhigen Schlaf gefallen. Sie träumte offenbar, das konnte Mulder an der Bewegung ihrer Augen sehen. Bestimmt waren es keine angenehmen Träume. Er seufzte leise, als er daran dachte, das diese Träume auch ihn einholen würden, wenn er heute Nacht überhaupt Ruhe finden würde. Er erhob sich leise, um sie nicht zu wecken, aber als er aufstand erwachte sie. Mulder drehte sich herum und sah sie an. Sie erkannte seine Absichten sofort, sie wusste, das er ihr Zeit geben wollte sich zu fangen und sich mit dem Geschehenen abzufinden, aber sie war nicht länger bereit deswegen auf seine Nähe zu verzichten. Inzwischen waren es acht Jahre des Leugnens, sie wollte nicht, das ein neuntes Jahr daraus wurde.

„Bitte bleib hier,“ bat sie schüchtern. Er bemerkte die Unsicherheit in ihrer Frage und die Antwort die sie sich erhoffte. Eine gewisse Paradoxie lag dieser Situation zugrunde. Sie waren kein richtiges Paar, obwohl sie sich - nun lag es eine Woche zurück - ihre Liebe gestanden hatten. Darin lag ihr Problem. Ewige Zweifel, denen sie sich stellen mussten.

„Alles für dich, Scully,“ erwiderte er sanft. Er schlug die Bettdecke zurück und kuschelte sich neben sie. Wirklichen Trost würde es nicht geben, aber vielleicht würden die Albträume diese Nacht fortbleiben.



~xXx~





Doggett trat auf das Oberdeck der Amsterdam II und füllte seine Lungen mit der kalten Nachtluft. Sein Atem kondensierte zu hellem Nebel.

Der Himmel war wieder klar geworden und es gab nicht die geringste Spur von etwas, das auch nur einen Hauch von Ähnlichkeit mit den „UFOs“ hatte, von denen Mulder, Agent Scully, Skinner und sogar Spender, sprachen. Er hatte die Leiche des außerirdischen Biests auf der USS Pretension gesehen, aber sein Intellekt weigerten sich, die Tatsachen zu akzeptieren, die sein Instinkt schon längst kannte. Das die Kolonisierung von der er schon so viel gehört hatte, nun begann. Alle diese Dinge passten nicht in sein Weltbild, nicht in seine Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit. Er hatte einen Großteil seines Beruflebens als Kriminalpolizist bei der New Yorker Polizei gearbeitet, dabei mit Mördern und Verbrechern zu tun gehabt, Individuen die aus Eifersucht, Geldnot, Neid und andern niederen - menschlichen - Motiven zu Kriminellen geworden waren. Aber die Arbeit bei den X-Akten forderte ganz andere Fähigkeiten, insofern hatte Spender durchaus recht gehabt. Doggett hielt sich selbst für einen sensiblen Menschen, jedes Verbrechen berührte und erschreckte ihn, aber mit derartiger Zerstörung, Vernichtung und absoluter Hoffnungslosigkeit konfrontiert zu werden, lag noch einige Größenklassen über all dem, das er kannte. Er mochte nicht darüber nachdenken, was geschehen würde, wenn Mulder mit seiner Schwarzseherei und seinen wilden Ideen recht behalten würde.

John schaute über die schwarze Fläche, die das Meer war und über den schmalen Streif Mondlicht, der auf dem Wasser schimmerte. Ein unglaublich friedlicher Anblick, der leider überhaupt nicht mit den Ereignissen übereinstimmte, die sich einige hundert Meter unter ihrem Schiff abspielten. Doggett fragte sich, ob die ersten Mengen des Black Cancers, die an die Oberfläche traten wie ein Ölteppich auf dem Meer zu treiben beginnen würden oder sich aber langsam auf dem Meeresboden verteilen. Auf diese Frage wusste niemand eine Antwort, nicht einmal Spender, obwohl er die mit Abstand größte Erfahrung mit dem außerirdischen Virus hatte. Ein weiteres Mysterium, das ihnen die Arbeit erschwerte. Aber Doggett beschloss entsprechende Überlegungen hinten anzustellen, denn sie würden zu nichts führen, zumindest nicht mehr heute Nacht.

Der Bergungstanker, mit dem sie unterwegs waren, machte gute Fahrt und er hoffte, dass sie am morgigen Vormittag nach San Diego zurückkehren würden. Was danach geschehen würde, stand noch in den Sternen.

Das Schiff hinterließ weiße Gischtstreifen, die vom Mondlicht zum leuchten gebracht wurden. Eine Illusion von Reinheit in einer Welt, die kurz vor dem Ende stand. Und dann erblickte er etwas, das sich all seiner Empfindungen und seines Herzens bemächtigte. Über der Straße aus Mondlicht im Wasser, schien ein silbriger Wolkenschleier in der Luft zu liegen. Dann teilten sich die Fluten und aus ihnen erhob sich die gewaltige, reinweiße Rückenfinne eines einzelnen Wals. Genau auf dem Pfad, den der Mond auf dem Wasser zauberte, glitt die riesige, unirdische Kreatur auf Doggett zu. Vollkommen lautlos. Das Wasser, welches das Wesen durchpflügte, glitzerte wie tausende von reinsten Diamanten auf dunklem Samt, den Eindruck erweckend, dass das Tier eine Spur des Lichts hinter sich erschuf. Doggett wurde von dem Anblick gefangen genommen. Er kannte dieses Wesen. Einmal hatte er diesen Wal schon gesehen, oder auch nicht, dessen war er sich nicht sicher. Siamore hatten ihn die Dracos genannt und als den Gott des Irdischen Meeres bezeichnet. Und so, wie das Wesen jetzt erschien, schien Doggett diese Bezeichnung nur als gerechtfertigt. Doch trotzdem war es nur ein Tier, rief er sich in Erinnerung, bis zu der Sekunde, als sich etwas unglaublich starkes seines Geistes bemächtigte. Eine Stimme, in Ermangelung einer besseren Bezeichnung musste er es so nennen. Sanft und tief ohne Tadel, doch unendlich stark und würdevoll.

„Du bist einer DER Krieger und doch zweifelst du noch? Die Beweise liegen vor Dir, erkenne die Wahrheit als solche an. Sonst wirst du diesen Kampf nicht bestehen. Meine Schwester und Herrin legte das Wissen auch in deine Hände. Handle weise und diesem entsprechend.“

Doggett sah das Wesen ehrfürchtig an, das inzwischen an der Seite des Schiffes schwamm. Der weiße Wal hatte seinen Kopf aus dem Wasser emporgehoben und John Doggett blickte direkt in ein einzelnes, hellblaues Auge, das selbst in der Finsternis leuchtete. Es war das reinste, absoluteste und klarste Blau, das er jemals erblickt hatte und es schien, als ob sich in diesem einen Auge die Weisheit und Güte aller Welt vereinigte. Ein Blick, von dem Doggett wusste, das er die tiefsten Tiefen seiner Seele auslotete und alle Zweifel zu tilgen vermochte.

„Es liegt bei Dir, wie du dich entscheidest, aber triff deine Entscheidung wohlüberlegt.“ Mit diesen Worten löste sich das fremde Bewusstsein, von dem Doggetts und verschwand nach dort, von wo es gekommen war, ebenso wie der Körper zu dem es gehörte. Der weiße Tiergott schien eins mit dem Licht des Mondes auf dem Wasser zu werden und sich darin aufzulösen. Einzig und allein der silberne Nebel blieb erhalten. Doggett blinzelte. War das alles Einbildung gewesen? Es hatte unglaublich real gewirkt, obwohl es schlichtweg unmöglich war. Oder doch nicht?

Doggett wünschte sich die Stimme einer alten Freundin hierher. Monica hätte ihm vielleicht sagen können, was er von diesen Dingen zu halten hatte. Aber Monica war nicht hier und Doggett hoffte, das er noch irgendwann die Gelegenheit bekam mit ihr über diese Angelegenheiten zu sprechen.

Er kehrte dem Meer den Rücken zu und begab sich zu seinem Quartier. Am nächsten Morgen musste er ausgeschlafen und vorbereitet sein auf das, was noch kommen würde.



~xXx~



It doesn't matter

If you're wrong or if you're right

It makes no difference

If you're black or if you're white



All men are equal

Till the victory is won

No colour or religion

Ever stopped the bullet from a gun



Out in the fields

The fighting has begun

Out on the streets

They're falling one by one

Out from the skies

A thousand more will die each day

Death is just a heartbeat away



It doesn't matter

If you're left or to the right

Don't try to hide behind the cause

They want to fight



There'll be no prisoners taken

When the day is done

No flag, no uniform

Ever stopped the bullet from a gun



Out in the fields

The fighting has begun

Out on the streets

They're falling one by one

Out from the skies

A thousand more will die each day

Death is just a heartbeat away



There's no communication

No one to take the blame

The cries of every nation

They're falling on deaf ears again



Out in the fields

Out in the fields

They're falling one by one

Out in the fields

No flag has ever stopped

The bullet from a gun



Death is just a heartbeat away

Out in the fields

A heartbeat away

Out in the fields

Death is just a heartbeat away

Out in the fields

A heartbeat away

Out in the fields



In the fields

The fighting has begun

Out on the streets

They're falling one by one

Out from the skies

A thousand more will die each day



OUT!Ä





Wir kämpfen der Welt letzten Krieg und die Welt brennt. Ich erinnere mich an einen Mythos den ich studierte, als ich noch jung war, nur eine Version vom Untergang der Welt. Die Völker Nordeuropas glaubten daran, dass sich das Ende der Welt in einem langen Winter ankündigte, den sie Fimbultyr nannten. Brüder würden sich in den Rücken fallen und Söhne würden ihre Väter nicht verschonen. Die Sonne und der Mond würden von Wölfen verschlungen, dann endlich bräche Ragnarok los, das heißt, dass alle Mächte aufgehoben werden und die Weltordnung der Vernichtung anheim fällt. Der Gott der Bösartigkeit würde ein unheimliches Schiff auftakeln, schwarz wie der Nachthimmel - Naglfar genannt, erbaut aus den Fingernägeln der Toten und mit Segeln aus der zerfetzten Haut der Leichen. Alle Fesseln würden brechen und schließlich würde auch der schrecklichste aller Dämonen der Fenriswolf frei kommen, um mit aufgerissenem Rachen Himmel und Erde zu zerquetschen. Die Brücke zur Götterwelt solle unter ihrer eigenen Last brechen und der Weltenbaum würde brennen. Zwei riesige Heere würden am Wigad Wall die letzte Schlacht schlagen und am Ende bliebe die Welt tot und der Krieg ohne Sieger.

Die brennenden Reste der Erde verschlänge schließlich das Meer.



Es wurde kalt auf Erden, nicht im Sinne der physischen Kälte, aber es wurde immer kälter in den Herzen der Menschen, die immer mehr Kriege untereinander führten, als ob sie das Heulen des Fenriswolfs schon hören wurden, welches das Verderben aller ankündigt. In den letzten Jahren sind sich Brüder in den Rücken gefallen und Söhne haben ihre Väter verraten. Meine Brüder sind mir in den Rücken gefallen und ich ihnen, selbst wenn wir nichts von unseren Blutsbanden wussten. Unser Vater hat uns alle benutzt und wir haben ihn nicht verschont. Die schwarzen Schiffe, die ich aus meinen Träumen kenne, tragen den Namen des dunklen Geisterschiffs.



~xXx~

6 MEILEN VOR SAN DIEGO, 07.56 UHR



Skinner erwachte von lautem Geschrei, das für sein Gefühl ziemlich verängstigt und drängend klang. Innerhalb von wenigen Sekunden war der Assistant Director hellwach. Es war kurz nach Sonnenaufgang. Offenbar gab es einen Tumult an Bord.

Zwei Minuten später verstand Skinner auch den Grund dafür. Etwa zwanzig Crewmitglieder der Amsterdam II standen an die Reling gedrängt und gestikulierten wild. Daher der Lärm.

Vom Oberdeck des Tankers aus, konnte man bereits die Küste der Vereinigten Staaten erkennen und das, was sich am Horizont abzeichnete, ließ Skinner den Atem stocken. Dichter, pechschwarzer Rauch stand in einer undurchdringlichen Front am Himmel über dem Festland. Selbst von hier draußen auf dem Meer ließ sich der düstere rote Glanz von Großfeuern erahnen den Skinner für die Sonne gehalten hatte. Doch die klaren Strahlen des Tagesgestirns wurden vom Qualm verschluckt. Schwefelgelb waren die Höhenwolken und der Finsterniswind trieb sie durch den Himmel. Er schloss die Augen um den Horror zu verbannen, aber das Bild war bereits tief in sein Gedächtnis eingebrannt. Er konnte nicht glauben, was offensichtlich geschehen war. Aus seiner Starre erwacht, beeilte sich Skinner zur Brücke zu kommen. Spender unterhielt sich mit Van Leeuw. Der seriös und erfahren erscheinende Kommandant wirkte betroffen, verzweifelt und gleichzeitig wütend, während er in nicht ganz akzentfreien Englisch Spender seine Beobachtungen mitteilte. Spender nickte gelegentlich und schien seine Handlungen zu rechtfertigen. Die beiden bemerkten den Assistant Director erst überhaupt nichts, so lange, bis sich Skinner räusperte. Erschrocken wandten sich Spender und Van Leeuw zu ihm um .

„Ich nehme an das Sie es bereits gesehen haben,“ fragte Spender ohne Vorrede. Er war ebenso schockiert wie Skinner selbst und auch ihm war die Angst ins Gesicht geschrieben.

„Wir wissen jetzt zumindest, warum es keinen Funkkontakt mehr gibt“, murmelte er dumpf.

„Schaffen Sie lieber die drei anderen her,“ wies ihn Spender Skinner an.

Bei Doggett ging es schnell und problemlos, in Mulders Quartier war niemand, sodass Skinner nur hoffte, nicht gleich mit einer für alle Beteiligten peinlichen Situation konfrontiert zu werden.

Doch die beiden waren schon wach und Skinner wäre im Korridor beinahe mit ihnen zusammengestoßen. Vollkommen außer Atem, frage Skinner knapp:

„Haben Sie es schon gesehen?“

„Es ist wohl kaum zu übersehen,“ erwiderte Mulder ernst. Obwohl sein dunkles Haar zerzaust war und er alles andere als ausgeschlafen aussah, wirkte er schon wieder voll konzentriert, ebenso wie Scully die sogar einigermaßen ordentlich gekleidet war. Manchmal fragte sich Skinner, wie sie das trotz der derzeitigen Ereignisse auf die Reihe bekam.

„Das ist also Armageddon,“ meinte Mulder leise, als sich die vier Menschen an die Reling lehnten und über das bleigraue Meer zu den Feuern am Horizont sahen.

„Nein Mulder, dass ist der Himmel von Armageddon,“ verbesserte ihn Scully.



Die nächsten anderthalb Stunden verliefen weitestgehend schweigend. Niemand verspürte das Bedürfnis zu reden. Je dichter sie auf die Küste zusteuerten, desto deutlicher wurde die Verwüstung. Viele Gebäude waren zerstört, wie nach einem Bombenangriff, aber es zeigten sich auch immer wieder tiefe, schwarze Furchen, die wie Messerschnitte die Bebauungsdecke von San Diego spalteten. Mulder wusste das dafür keine menschliche Waffe verantwortlich sein konnte. Es schien sich vielmehr um die Spuren einer Strahlenwaffe zu handeln, die Beton und Glas durchtrennte, wie ein heißes Messer Butter zerteilte. Andererseits schien der Hafen relativ unversehrt, auch fuhren immer noch einige Autos. Die Luft war von Rauch erfüllt und die lauten Sirenen von Feuerwehrtrucks schufen die passende apokalyptische Geräuschkulisse. Ganze Häuserzeilen waren zu Asche verbrannt worden und Schutt bedeckte die Straßen. Ein ausgebranntes Hochhaus ragte wie ein schwarzer, zersplitterter Zahn aus der zerstörten Landschaft. Über allem wölbte sich ein Himmel, der so rot wie Menschenblut war und dort wo die Wolken dünner waren, gelb wie Schwefel schimmerte. Schwarze Rauchfahnen verschluckten gelegentlich selbst dieses schwache Licht, das aus der Hölle zu stammen schien.

Heute war der vierte Juli, der Unabhängigkeitstag der Vereinigten Staaten und als sich Mulder über diese Tatsache im klaren wurde, kehrten seine Erinnerungen an ein Gespräch zurück, dass er vor vier Jahren geführt hatte. Ein Mann, der sich als Freund seines Vaters bezeichnet hatte, des Mannes den er für seinen Vater gehalten hatte, hatte ihn nach der Explosion des Bundesgebäudes in Dallas, auf die richtige Fährte und auf die Spur der Fremden gebracht. Und von diesem Alvin Kurtzweil stammte auch die Warnung, dass das Unaussprechliche an einem Feiertag passieren würde, wenn die Menschen nicht zuhause seien. Heute war sein solcher Feiertag und heute war die Welt in Brand gesetzt worden. Gott, diese Ironie liebenden grauen Hurensöhne, ausgerechnet der *Independence Day*

Schließlich legte die Amsterdam II an einer noch halbwegs unversehrten Kaimauer an. Das große Schiff weckte die Neugier einiger der Überlebenden um deren Gesundheit es schlecht stand. Brandwunden, offen und feucht glänzend, verkohlte Haare und Kleidung. Mulders Gewissen meldete sich laut zu Worte, als er heil und unversehrt von Bord des großen Tankers ging. Spender telefonierte ungeachtet des Chaos das sie umgab, um sich über die Ereignisse zu informieren. Skinner blieb stumm, aber er verschaffte seiner Gruppe Respekt, indem er seinen Ausweis aufblitzen ließ. Dann griff auch er zu seinem Mobiltelefon. Mulder vermutete, das er herauszufinden versuchte, was von San Diegos Polizei oder der FBI Nebenstelle übrig geblieben war. Erstaunlicherweise schien sich am anderen Ende jemand zu melden, denn er sah, wie sich Skinners Gesichtszüge entspannten

„Ja, du hast richtig gehört Joe, hier ist Walter! Mein Gott, ich hätte nicht gedacht, das euer Gebäude noch steht.“ Der Gesprächspartner gab eine Antwort die Mulder nicht verstand, kurz darauf vernahm er ein erleichtertes „Danke, es ist gut, das bei Dir noch alles in Ordnung ist. Wir warten am Hafen... Ja es sind fünf Leute...Bis gleich Joe.“ Skinner beendete das Gespräch und seufzte dann erleichtert. Mulders neugierige Miene entging ihm nicht.

„Joe Greasewood, war ein alter Studienkollege von mir in Quantico. Ist schon eine Ewigkeit her, das ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Er ist der Leiter des San Diego FBIs,“ beantwortete Skinner Mulders unausgesprochene Frage mit leiser demütiger Stimme, vielleicht deswegen demütig, weil es einem Wunder gleich kam, dass er noch lebte. Mulder verstand es nur zu gut.

„Sie haben schon einen Wagen hergeschickt um uns abzuholen.“ Skinner schien noch etwas hinzufügen zu wollen, weswegen Mulder sich nicht einfach wegdrehte, sondern ihn weiterhin ansah.

„...Ich hätte nicht gedacht, das unser Treffen jemals unter solchen Umständen stattfinden würde.“

„Sir, ich glaube nicht, das sich überhaupt jemand von uns, jemals eine solche Situation vorgestellt hat,“ meinte Mulder verbittert.

„Oh doch, Agent Mulder. Sie haben uns alle immer davor gewarnt. Leider haben Ihnen nur die falschen Leute Glauben geschenkt.“

„Vergessen Sie’s. Oder glauben Sie, das dieses Wissen die Leute hier gerettet hätte? Früher habe ich gedacht, alles würde in Ordnung kommen, wenn wir erst einmal wissen würden worum es wirklich geht, aber inzwischen glaube ich, das es keinen wirklichen Unterschied mehr macht.“

„Sagen Sie so etwas nicht, Agent Mulder,“ brummte Skinner.

„Ohne Ihren Einsatz wären wir längst nicht so weit, also hören Sie gefälligst auf an Ihren eigenen Methoden zu zweifeln. Wenn ich mich recht entsinne, hatten Sie gut acht Jahre auch keine Probleme damit.“ Damit schien das Thema für Skinner beendet. Mulder ging zu seinem Vater herüber dessen Blicke besorgt aber gefasst wirkten als er zu Mulder herüberblickte.

„Wie sieht es aus,“ fragte er Spender.

„Es sieht alles andere als gut aus, Fox, aber auch nicht so katastrophal, wie man annehmen könnte, wenn man San Diego als Maßstab anlegt.“ Es war das erste Mal, das Spender Mulder in der Öffentlichkeit *Fox* nannte. Mulder wunderte sich das sein Unterbewusstsein nichts dagegen einzuwenden hatte und in diesem Augenblick musste er an Krycek - Alex - denken. Welche Empfindungen hatte Spender gegenüber Alex, seinem Mörder.

„In den gesamten Staaten wurde der Notstand ausgerufen, aber zur Zeit ist nur die Westküste betroffen. Los Angeles liegt weitestgehend in Trümmern, aber es gibt vergleichsweise wenige Opfer - jedenfalls in Anbetracht der Zerstörung. Genauso sieht es in San Diego aus. San Fransisco ist mit dem Schrecken davon gekommen. Der Angriff wurde von zwei kleineren Schiffen geflogen, die die Städte verwüsteten und Augenzeugen berichten von einem dunklen Nebel, den die Schiffe verteilten. Es ist davon auszugehen, das SIE die Gewalt nur einsetzten, um die Leute aus dem Häusern zu treiben damit sie besser von dem Virus erreicht werden können.“

„Was ist mit dem Rest der Welt? Ich denke doch, das DIE sich nicht nur für die USA interessiert haben.“

„Sie haben völlig Recht Mulder. Abgesehen von den Vereinigten Staaten gab es auch mehr oder weniger starke Angriffe auf Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Japan und Russland. Wobei SIE die Hauptstädte weitestgehend unversehrt ließen. Ich vermute, das sie die Infrastruktur später selber verwenden wollen, und deshalb vorsichtig sind.

„Warum glauben Sie, sind DIE grade auf den Westen der USA losgegangen?“

„Meine Leute in Washington wissen es nicht besser als wir. Aber es erscheint mir logisch, das diese Angriffe nur vorläufige Tests waren. Sie wollen die Wirkungsweise ihres Virus auf die Bevölkerung feststellen und unsere Verteidigung auskundschaften. Eine Entwicklung der Geschehnisse, die uns zu denken geben sollte. Zwar besteht derzeit keine Gefahr für die Menschen, da das Gegenmittel hier bereits zum Einsatz kam, aber genau diese Tatsache könnte uns demnächst zum Verhängnis werden. Das nächste Mal werden SIE wahrscheinlich nicht so feinfühlig sein. “

„Wieso,“ fragte Mulder verwirrt. Spender machte eine abfällige Geste.

„Fox, Sie sind verdammt klug, also denken Sie gefälligst selbst nach. Ich dachte, das hätte ich Ihnen beigebracht. Die Gründe liegen auf der Hand. Wenn DIE feststellen, das ihr Virus hier nicht wirkt, dann werden sie bei dem Angriff auf den Rest der Welt, wohl eine mutierte Form verwenden.“ Spenders Gedankenspiele lagen durchaus im Bereich des möglichen.

„Dann würde die ganze Mühe, ein Gegengift aus der DNA meines Enkels herzustellen umsonst gewesen sein.“

„Wissen Sie, das es ziemlich beängstigend ist, mit Ihnen zusammenzuarbeiten?“

„Warum sagen Sie so etwas, Fox. Sie sind selber sehr gut.“

„Es stellt sich die Frage, wem ich das zu verdanken habe,“ bemerkte Mulder trocken.

„Es gibt noch etwas anderes, das Sie wissen sollten.“ Spender sprach nun leiser und bedeutsamer.

„Mein Kollege teilte mir mit, das eines der fremden Schiffe zerstört wurde. Das was jetzt kommt, ist wirklich interessant. Augenzeugen berichteten von einem Gefecht zwischen dem abgestürzten Angreifer und einem weiteren Raumschiff. Meine Leute wollten diesen Hinweisen erst keinen besonderen Glauben schenken, weil die beiden Zeugen... Rauschgiftabhängige sind und unter Heroineinfluss standen ... aber als ein Bauer das Wrack des Schiffs fand, wurden die Kollegen aufmerksam.“

„So wiederholt sich die Geschichte, nicht wahr Spender?“Ä

„Anscheinend,“ Spender verstand Mulders Wink mit dem Zaunpfahl. „Wie wurde das andere Raumschiff beschrieben?“ Mulder hoffte, das es einen Hinweis auf die Dracos geben würde.

„Den Zeugen zufolge könnte es die Midgard gewesen sein,“ antwortete Spender. Mulder atmete auf. Anscheinend würden ihnen die Dracos doch noch einmal zu Hilfe kommen.

„Was geschieht mit dem Wrack?“

„Wir werden es abtransportieren um es zu untersuchen. Möglicherweise gelingt es unseren Experten den Computern noch ein paar nützliche Informationen abzuringen.“

„Was werden Sie unternehmen, Spender?“

„Ich habe bereits einen Helikopter angefordert, der mich zurück nach Washington bringt. Derzeit existieren noch zu viele Gerüchte, um deren Koordinierung ich mich kümmern muss. Der stellvertretende Präsident Mr. Cheney hat bereits das Oberkommando über das Militär übernommen, aber ich bin mir keineswegs sicher, ob er der Aufgabe auch gewachsen ist.“

„Und Sie glauben, das Sie für diesen Job geeignet sind, Spender?“ fragte Mulder mit einem Hauch Sarkasmus in der Stimme.

„Ich wüsste nicht, wer sonst dafür in Frage käme,“ stellte Spender die Gegenfrage.

„Vergessen Sie es, Spender. Sie tun sowieso das, was Sie wollen, ganz egal was die andern davon halten.“ Spender begann zu grinsen, ungewohnte Lachfalten zeichneten sein zerfurchtes Gesicht.

„Wissen Sie Fox,“ begann er „...Ich finde es bezeichnend, das grade Sie mir diesen Rat geben. Wenn ich mich recht entsinne, haben Sie ebenfalls ein Problem damit, sich an Regeln zu halten.“ Mit diesen Worten ließ der alte Mann seinen Sohn stehen. Scully und Doggett traten zu ihm.

„Was hat er gesagt?“ fragte ihn Scully. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und starrte Spender hinterher, der durch die Trümmer streifte. Sie fragte sich, was im Inneren von Mulder und Spender vorging, wenn sie miteinander sprachen. Anscheinend hatte sich das Verhältnis der Beiden im Laufe der letzten Tage deutlich gebessert. Bevor Mulder auf die Frage antwortete, sagte er leise: „Wer zwei Feinde hat, sollte sich wenigstens mit einem vertragen.“

„Wie bitte?“

„Ach nichts lass es gut sein. Zum aktuellen Thema: Es ist derzeit noch nicht überall so schlimm wie hier in San Diego. Innerhalb der USA ist bisher erst Kalifornien ein Angriffsziel gewesen. Die großen Ostküstenstädte sind noch vollkommen intakt, aber Spender fürchtet, das das bloß eine Art Test unserer Verteidigungsmöglichkeiten war. Außerdem können DIE auf diese Weise ihre eigenen Ressourcen schonen. Sie brauchen gar nicht alle Städte in Trümmer zu legen, sondern müssen nur ein wenig Geduld beweisen. Ich denke, es wird keine zwei Tage brauchen, bis die Weltwirtschaft komplett zusammengebrochen ist.“

„Hat er etwas über den Anschlag auf Bush in Erfahrung gebracht?“

„Ich habe ihn nicht danach gefragt, aber er sagte das Cheney zur Zeit die Regierungsgeschäfte übernommen hätte. Er hat den Notstand ausgerufen.“

„Was glaubst du, wird dein Vater unternehmen?“

„Er hat sich einen Hubschrauber kommen lassen und wird nach Washington zurückfliegen, um seine eigenen Pläne zu verfolgen.“

„Ich weiß nicht, ob ich ihm das überhaupt noch übel nehmen kann.“ Trotzdem regte sich ein gewisser Groll in ihr als sie Spender beobachtete, der offensichtlich jede Minute mit dem Eintreffen seines Transportmittels rechnete. So einfach war das! Für eine Weile arbeitete er mit dem einfachen Fußvolk zusammen, um dann später mir nichts Dir nichts wieder zu verschwinden.

„Es gibt noch etwas anderes, das du dringend wissen solltest,“ fügte Mulder Sekunden später hinzu. „Eines der fremden Schiffe, die den Angriff auf San Diego flogen, wurde in einen Kampf verwickelt und ist abgestürzt.“ Er sah in Scullys Augen Hoffnung aufleuchten.

„Du meinst die Kampfjets, die wir gesehen haben, waren in der Lage, das UFO vom Himmel zu holen?“ Mulder lächelte grimmig.

„Nein, es waren keine Militärs. Zeugen berichteten von einem anderen Schiff, von dem Spender annimmt, dass es die Midgard war. Falls das stimmt können wir hoffen, das die Dracos nun doch an unserer Seite kämpfen werden.“ Scully riss die Augen auf.



Auf einmal bremste mit quietschenden Reifen ein dunkler Kleinbus genau vor der Menschengruppe. Eine junge Frau sprang aus dem Wagen, schritt auf das Quartett zu und stellte sich als Agent Cynthia Greasewood vor. Sie war etwas größer als Scully und hatte kurzes dunkles Haar. Obwohl sie sich offensichtlich darum bemühte, ihre Fassung zu wahren, zeichnete unverholende Wut und Trauer ihr schmales Gesicht, im Einklang mit ihrer von Ruß grau verfärbten Bluse und dem von Brandflecke verunzierten Blazer. Die Zerstörung musste ungeheuer schnell über sie gekommen sein. Offensichtlich kannte Skinner die junge Agentin, denn sein bis eben ernstes und von Sorge gezeichnetes Gesicht begann zu leuchten.

„Cynthia, mein Gott, das ist eine Überraschung! Das letzte Mal, das ich dich und deinen Dad gesehen habe, warst du noch im Studium. Ich hätte nicht gedacht, das du Quantico so schnell absolvieren würdest.“ Die beiden umarmten sich herzlich. Dann stellte Skinner ihr seine Begleiter vor.

„Obwohl ich annehme, das Joe Dir schon eine Menge über meine Mitarbeiter und mich erzählt hat, das sind Special Agent Fox Mulder, Special Agent Dana Scully und Special Agent John Doggett.“ Dann wandte er sich an seine Kollegen.

„Scully, Mulder, Doggett, meine Patentochter Cynthia.“ Mulder lächelte über die Ironie dieser Situation. Diese Familienzusammenkunft fand aus den schlechtesten aller denkbaren Umstände statt.

„Angenehm Sie kennen zulernen. Sie müssen mein derzeitiges Erscheinungsbild entschuldigen, aber ich denke, Sie können sich in etwa vorstellen, wie es zur Zeit überall aussieht.“ Doggett nickte verständnisvoll.

„Ich denke nicht, das wir uns zur Zeit Sorgen um solche Sachen machen müssen.“ Agent Greasewood erwiderte:

„Bevor wir hier weiter unsere Zeit vertrödeln - entschuldigen Sie diesen Ausdruck - sollten wir lieber losfahren. Ich weiß nicht, wie lange die Straßen noch halbwegs befahrbar bleiben. Außerdem wartet Director Greasewood schon auf uns.“

Spender näherte sich den anderen. Mulder warf ihm einen teils nachsichtigen, teils warnenden Blick zu. Agent Greasewood wurde auf den ältern Mann aufmerksam, der sich so seltsam zurückhaltend im Hintergrund hielt. Sie hatte im allgemeinen ein gutes Gespür für Menschen, was sie zu der Annahme kommen ließ, das dieser Mann zwar zu den andern gehörte, sich aber trotzdem sehr von ihnen unterschied. Mulder spürte ihre Verwunderung und nahm sie zum Anlass ihr Spender vorzustellen.

„Agent Greasewood, Mr. Spender.“ Wandte er sich an beide. Cynthia nickte und fragte dann:

„Arbeiten Sie ebenfalls beim FBI?“ Eigentlich eine unverfängliche Frage, im Zusammenhang mit Spender jedoch für die meisten der Beteiligten ziemlich peinlich.

„Nein, Ms. Greasewood ich bin Mitarbeiter der Militärs und gehöre derzeitig einem Beraterstab der Regierung an.“ So konnte man es auch formulieren, dachte Mulder und lächelte innerlich über die Ironie und Redegewandtheit mit der sich Spender aus der Affäre zog.

„Aha,“ meinte Greasewood irritiert, bemühte sich aber ihre Verwirrung zu verbergen.

„Kommen Sie mit uns, oder warten Sie auf ihre Mitarbeiter?“

„Ich ziehe es vor zu warten,“ beantwortete der Raucher die Frage. Die Agentin musterte ihn misstrauisch. Militär, nun das war nicht unbedingt ihre favorisierte Berufsgruppe. Plötzlich vernahmen die Anwesenden ein Geräusch, das nur von den Rotorblättern eines Helikopters stammen konnte. Zwischen den Schluchten der ausgebrannten Häuser tauchte ein schwarzer, ungekennzeichneter Hubschrauber auf, dessen mächtige Rotoren den Staub aufwirbelten. Das Gefährt setzte zwanzig Meter entfernt zur Landung an. Spender drehte sich um und rief durch den Lärm:

„Viel Glück, Ihnen allen! Fox, kommen Sie her!“ Mulder hatte keinen blassen Schimmer, was sein Vater noch von ihm wollte, trotzdem kam er der Bitte nach. Spenders Haar wurde von dem Luftstrom zerzaust und ließ seine Kleidung flattern, trotzdem wartete er geduldig bis ihn sein Sohn erreicht hatte.

„Es tut mir leid, das ich dich schon wieder verlassen muss, trotzdem möchte ich Dir noch etwas mitgeben.“ Der alte Mann griff in seine Tasche und zog ein dünnes Bündel Papier hervor, das er Mulder in die Hand drückte. Dann drehte er sich ohne ein weiteres Wort um, dann kletterte er mit einer für sein Alter erstaunlicher Geschicklichkeit auf die Kufen des Luftfahrzeugs, öffnete die Tür und verschwand. Der Helikopter hob mit ohrenbetäubendem Lärm ab und war so schnell verschwunden, wie er gekommen war. Scully fragte sich, was Spender von Mulder wollte.

„Hat der es immer so eilig?“ fragte Agent Greasewood ihren Patenonkel, als sie zur Außenstelle des San Diego FBIs fuhren. Skinner mochte auf diese Frage nicht unbedingt gern antworten, deshalb suchte er nach einer unverfänglichen Antwort.

„Er ist ein vielbeschäftigter Mann.“
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