World of X

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Broken Throne

von Netty

Prolog

„... Denn alles, was entsteht,

ist wert, dass es zugrunde geht;

drum besser wär’s, dass nichts entstünde.“

                                                           - Mephisto


Er konnte seine Anwesenheit fühlen. Die Stärke, die den ganzen Raum erfüllte, der plötzliche Kälteeinbruch und das klamme Gefühl von Krankheit und Tod, das in der Luft schwang. All das waren Beweise für seine Präsenz.

Wie immer war ihm äußerst unwohl in seiner Haut, obwohl er wusste, dass der Meister das bald durch ein besseres Gefühl ersetzen würde. Eine Empfindung, die es wert war durch die Hölle zu gehen, im wahrsten Sinne der Worte. Macht! Oh ja, bald schon würde die pure Kraft durch seine Adern fließen und ihn unsterblich machen.

Vorfreude und Angst vermischten sich und schufen eine explosive Mischung in ihm, Größenwahn. Vielleicht konnte er den Meister heute dazu bringen, länger zu bleiben. Die Empfindung länger aufrechtzuerhalten und das scharfe Gefühl der Schwäche im Nachhinein vielleicht völlig von ihm zu nehmen. In gewissem Sinne den Kater, nach einer suchtdurchtränkten Nacht. Wie süchtig er nach Macht geworden war, konnte er kaum glauben, aber es war egal.

Genauso wie es egal war, dass immer, wenn der Meister kam, Menschen sterben mussten. Auf grausame Weise ihr Leben opfern mussten und nicht einmal wussten, weshalb. Es galten keine Leben, es galten keine Gefühle, außer der beschämenden Freude der gehorsame Diener Satans zu sein!

 

Es beobachtete sie, sie konnte es fühlen. Gierige Blicke, die irgendwo aus ihrer Umgebung kamen, aber sie konnte nicht ausmachen woher. Panisch drehte sie sich von einer Seite zur anderen und wünschte sich am ganzen Kopf Augen. Der Park um sie herum lag in trügerischer Ruhe, aber irgendwo in den Büschen lauerte es. Wartete, dass sie einen Fehler machte, eine Sekunde nicht aufpasste und dann würde es passieren.

Ihr Atem kam stoßweise und Schweiß lief ihren ganzen Körper hinunter, obwohl sie erbärmlich fror. Wieso war sie hierher gekommen? Wieso hatte sie Greg nicht gesagt, wenn er sie unbedingt sehen wollte, sollte er gefälligst mit seinem Auto vor ihrem Haus vorfahren und sie abholen, egal was ihr Großvater dazu sagte. Es hätte ein verdammt schöner Abend werden können, aber er musste sich ausgerechnet diesen kleinen Park aussuchen und jetzt war er tot und sie würde es bald genauso sein.

Tränen, die sie nicht bemerkte, liefen ihre beschmutzten Wangen hinunter. Ihre Lungen füllten sich mit Sauerstoff und stießen quälend Kohlenstoffdioxid wieder aus. Die Schuhe, die sie erst vor zwei Tagen für einen unanständig hohen Preis gekauft hatte, lagen irgendwo neben der Leiche ihres Freundes und wenn sie das hier überlebte, würde sie nie wieder teure Schuhe kaufen.

Ihre Beine, die auf dem Laufsteg den perfekten Gang hatten, zitterten und waren völlig zerkratzt. Die Dornenbüsche hatten sie übel zugerichtet, die Kratzer waren überall, ein Teil ihres Kleides war eingerissen. Husten drohte sie zu überwältigen, aber sie unterdrückte den Drang aus Angst, die Konzentration zu verlieren und ihr eigenes Todesurteil zu unterschreiben. Es war lange her gewesen, seit sie für ihre gute Figur joggen musste und sie besaß keine Kondition mehr.

„Hilfe“, schrie sie erneut heiser. Das Laufen und Schreien hatten ihre Stimme fast gänzlich zum Versagen gebracht und ihr ganzer Körper drohte aufzugeben. „Hilfe!“ Sie hatte die Arme in einer hilflosen Art von sich gestreckt und sah kurze Zeit so aus, als würde sie mit den Schultern zucken wollen.

„Hil-“, sie brach ab und ihr gefror das Blut in den Adern. Einen erlösenden Moment setzte ihr Herzschlag aus und sie hoffte auf der Stelle tot umzufallen, um ihrem grausamen Schicksal zu entgehen. Hinter ihr. Ein Ast hatte geknackt, als etwas schwerfällig darauf getreten war. Sie drehte sich nicht sofort um, wollte leugnen, dass es sie schließlich doch erwischt hatte, und hörte weitere Äste knacken und bersten. Langsam, tödlich langsam, drehte sie sich auf ihrer Ferse herum und blickte dem Tod ins Auge.

Sein grässliches, geiferndes Antlitz ließ sie völlig erstarren. Ihre Augen waren vor Entsetzen geweitet und sie wusste, dass sie keine weitere Minute zu leben hatte, als es angriff und Unbeschreibliches geschah. Sie schrie nicht mehr, nie mehr.

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