World of X

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Vor so langer Zeit

von Queequeg2

Kapitel 1

Washington, D.C. im September



Es ist ein schöner Tag, die Sonne scheint und es duftet nach Bäumen, Blumen und Gras. Ich liebe den Spätsommer, ich habe ihn schon immer gemocht. Es sind die letzten Tage um abends noch lange Spaziergänge machen zu können, ohne dabei eine Jacke anziehen zu müssen. Alles erscheint in einem leuchtenden gelbrot, wenn zu später Stunde die Sonne am Horizont versinkt.



Seit einer langen Zeit schon, sitze ich jeden Nachmittag hier im Park, sehe auf den Potomac und lasse die Dinge herum auf mich wirken. Es ist eine verträumte Welt, wie soll ich sagen, sie wirkt einfach unrealistisch. Obwohl sie doch zu existieren scheint. Es scheint sich alles zu wiederholen, Menschen die gehen und Menschen die kommen. Manche joggen, andere gehen spazieren und wiederum andere setzten sich einfach nur auf eine Bank, so wie ich und genießen die Ruhe. Eine Ruhe die man sich nicht vorstellen kann, da das Leben, welches um diesen Park tobt, nie zur Ruhe zu kommen scheint. Diese Stadt lebt, aber nicht nur durch die Menschen die hier wohnen, sondern auch durch Orte, wie diesen, wo man einfach nur man selbst sein kann. Aber kann man es wirklich? Ich meine einfach nur man selbst sein? Früher habe ich es oft versucht, aber durch den Stress im Alltag, konnte ich es nicht genießen, bzw. war ich zu unfähig es mir selbst zuzugestehen. Erst heute, nach so langer Zeit, verstehe ich, was es heißt zu leben und zu genießen. Heute kann ich, ich selbst sein! Ich beobachte die Leute hier im Park, manche sehe ich öfters andere hab ich noch nie zuvor gesehen. Alle erzählen mir eine Geschichte, eine Geschichte die ich in ihren Gesichtern lesen kann. Gesichter können einen soviel sagen, ich habe es zuerst auch nicht glauben wollen.



Es hat damit angefangen, als ich zum ersten Mal meine Frau gesehen habe. Sie sah fabelhaft aus in ihrem Outfit. Sie wirkte schüchtern, aber ihre Augen zeugten von einem Licht, dass alles andere in den Schatten stellte. Dieses blau in ihr schimmerte, wie frisch geschlagener Topas. Nicht ganz rein, aber gerade das machte den Wert aus. In den Jahren unserer Freundschaft und Partnerschaft, lernte ich aus ihnen zu lesen, so wie sie aus meinen lesen konnte. Uns verbannt etwas, auf deren Suche ich auch heute immer noch bin. Ich kann es nicht in Worte fassen, es war einfach da. Ich glaube was mich und meine Frau verbannt, war einzigartig und von einer Schönheit, die herrlicher nicht sein konnte.



Tja, was soll ich zu meiner Frau sagen? Sie war einfach alles für mich, sie machte mich zu einem ganzen Menschen. Es war nicht immer leicht. Wir sind durch harte, aber auch durch schöne Zeiten gegangen. Ihre Nähe war der Halt für mich und ihre Liebe war grenzenlos. Jederzeit würde ich durch die Hölle für sie gehen, nur um noch einmal einen Tag mir ihr zu verbringen. Sie hat mich unsagbar glücklich gemacht, ich vermisse die Zeit, wo sie neben mir eingeschlafen ist und mich im Arm gehalten hat. Sie gab mir Trost und ein Gefühl von Größe. Sie war die perfekte Frau für mich und ich vermisse sie jeden Tag mehr.



Sie starb vor zwei Jahren an Krebs, es war eine schwere Zeit für sie und mich, aber ich habe es genossen für sie da zu sein. Endlich konnte ich ihr das geben, was sie all die Jahre zuvor mir gegeben hat. Wie immer versuchte sie stark zu sein und sich nicht gehen zu lassen. Sie wollte für uns beide stark sein, die letzte uns noch bleibende zeit war grausam, aber mit Liebe und Wärme angefüllt. Wir taten Dinge, die wir zuvor dank der Arbeit und den Kinder nie machen konnte.



Ja, unsere Kinder. Ein Mädchen und ein Junge, sie sind bereits erwachsen und haben selbst eine Familie, aber ich erinnere mich noch gut an ihre Kindheit. Meine Frau und ich haben es lange probiert, aber zuerst wollte es einfach nicht funktionieren. Wir gingen zum Arzt und sie ließ sich behandeln, als ich erfuhr, dass ich Vater werden sollte, wusste ich warum ich am Leben war.

Es war mit eine der schönsten Zeiten in meinem Leben, die Kleinen aufwachsen zu sehen. Ich war der stolzeste Daddy überhaupt. Am liebsten wäre ich Tag und Nacht bei ihnen gewesen, aber irgendwer musste ja Geld verdienen. Aber das erste Lächeln und die erste Berührung, sowie das erste Mal, als sie mich Daddy nannten, war ein Königreich für mich.



Nur dafür müsste ich meine Frau schon lieben, dass sie mir diese beiden Geschenke gemacht hat. Ich weiß, dass ich auf Grund dessen nicht böse sein sollte, aber ich bin es. Sauer und ärgerlich, dass sie mir genommen wurde, ohne das ich was hätte tun können. Wir hatten ein erfülltes Leben, aber war die Zeit wirklich schon reif? Wer nimmt sich das Recht, so etwas zu beurteilen? Wer ist der Gott, der mir nimmt, was mich am Leben hielt?

Ich sollte nicht böse sein, meine Frau hätte es nicht gewollt. Sie meinte ich solle mich in solchen Momenten an schöne Dinge erinnern, aber leider fällt mir das sehr schwer. Dennoch versuche ich meiner Frau Worte nachzukommen. Sie in meinen Erinnerungen zu behalten und im Herzen zu bewahren.

Ich schaue mich in diesen Momenten im Park um, damit die Ablenkung, welche ich mir verschaffen will auch funktioniert.



Da sitzt ein Mann auf einer Parkbank schräg gegenüber. Er erinnert mich an jemanden. Ein Kinderwagen steht vor ihm und er hält ein Kind, sein Kind, in den Armen. Ein Sabbertuch liegt über seiner Schulter, aber zur Zeit saugt das Baby noch an einer Falsche, welche er ihm hinhält. Sein Gesicht sieht glücklich aus, so glücklich wie ich es einst auch war. Jetzt weiß ich, an wen er mich erinnert. Er muss so um die vierzig sein und beim Vorbeigehen hatte er mich vorhin angesehen, seine Augen zeigten Kraft und Stärke, aber auch Angst. Eine Angst die wohl jeder Vater mit sich trägt. Er wiegt das Baby, einen Jungen nehme ich an, in seinen Armen. Er strahlt den gleichen Stolz aus, wie ich es tat. Nach kurzer Zeit höre ich eine Stimme aus der Ferne, die einen Namen ruft. Es ist eine Frau, sie sieht interessant und sportlich aus. Erst als sie näher kommt, kann ich ihre wirkliche Schönheit erkennen. Meine Augen haben leider schon etwas nachgelassen, aber durch diesen Glanz, der von ihr ausgeht, kann ich zum ersten mal seit Jahren wieder richtig sehen. In ihr entdecke ich, die Schönheit einer Frau, die schon viel durchmachen musste, aber im Moment mehr als alles andere glücklich zu sein scheint. Sie erinnert mich an meine eigene Frau.

Kurz bevor sie sich scheinbar zu ihrem Mann begibt, kommt sie an mir vorbei und lächelt mich an. Sie nimmt mein Herz gefangen und ich wünsche ihr alles Glück der Welt. Ein kurzer Blick zeigt mir, das sie zu dem Mann mit dem Baby gehört. Sie schauen sich an und zwischen ihnen scheint es ein ebenso tiefes Band zu geben, wie ich es auch mal empfunden habe.



Sie kuscheln sich aneinander und genießen ihr Glück, etwas was ich damals oft zu kurz kommen ließ. Diese beiden verstehen es, jetzt und heute zu Leben und zu genießen.

Ich steh auf, da meine Zeit für heute hier im Park zu sitzen ist vorbei. Während ich an den beiden Verliebten vorbei gehe, höre ich wie die junge Dame zu ihrem Mann sagt: „Mulder, ich liebe Dich!“

Ich wünsche diesen beiden Personen, obwohl ich sie nicht kenne, das gleiche Glück, welches ich vor so langer Zeit gehabt habe.



Ende
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