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Geburtstagsgeschenke und das dazugehörige Übel

von Queequeg2

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Washington, D.C.; 22.02.2000



Was mache ich hier?

Ich befinde mich bereits seit über einer Stunde in diesem großen Einkaufscenter, wo ein Geschäft dicht neben dem anderen liegt. Es gibt hier wirklich alles, angefangen von Kleidung, Schuhen und Babyartikeln bis hin zu Schmuck, Tabakwaren und Essen. In zwei Stunden werden die Geschäfte schließen und ich weiß noch immer nicht, was ich eigentlich kaufen will. Ich weiß, daß ich etwas kaufen muß, aber was?

Ich hasse Einkaufen, es ist jedes mal eine Tortur. Meine Klamotten sind immer schnell gefunden, da ich meistens weiß, was ich will. Meine Kleidergröße hat sich in den letzten zehn Jahren nicht wesentlich verändert und da ich eine Durchschnittsgröße besitze, brauche ich nicht lange suchen.

Ich kann einfach nicht verstehen, wie manche Leute gerne durch das Gedränge von Menschen laufen. Immer auf der Suche nach dem passenden Stück. Nach dem passendem Oberteil zu der vorhin gekauften Hose oder der dazu gehörigen Handtasche. Diese Menschen verstehe ich nicht, bringt ihnen das eine Erfüllung? Sind sie dann glücklicher als noch kurz davor? Die Antwort kenne ich bereits: Ja, sie sind es! Ich kann es nicht verstehen, aber sie sind es tatsächlich. Doch zu meinem Entsetzen muß ich mir zugestehen: Wenn ich heute das Richtige finde, bin ich es auch. Ja, ich werde dann ebenfalls glücklich sein, aber nicht um meiner selbst, sondern weil ich mit diesem Kauf einen anderen Menschen glücklich machen werde.

Eigentlich ist es egal, was ich kaufe, da die Person mit allem glücklich sein wird, was ich ihr schenke. Schon allein die Tatsache, daß ich daran gedacht habe, wird sie glücklich machen.

Aber mir ist es nicht egal, was ich diesem Menschen schenken werde.

Meine Partnerin Scully hat morgen Geburtstag; sie feiert nicht, da sie es genauso wenig mag wie ich. Ich meine das Älterwerden. Man schaut auf das letzte Jahr zurück und sieht, daß man kaum etwas erreicht hat. Aber man ist definitiv ein Jahr älter und es werden auch bestimmt noch mehr werden.

Ich will Scully ein Geburtstagsgeschenk kaufen, aber nicht irgendetwas, es muß etwas Besonderes sein. So besonders, wie Scully für mich ist. Es muß zeigen, wie sehr ich sie mag, respektiere und brauche. Aber was kann das sein? Was kann man einer Frau schenken, die bereits alles besitzt? Ja, ich meine alles. Selbst Dinge, die man nicht in der Hand halten kann, wie mein Herz zum Beispiel. Scully besitzt mein Herz! Ob sie weiß, daß sie es besitzt? Ich weiß es nicht. Aber sie hat es bereits vor langer Zeit in Besitz genommen.

Ich schlendere durch die verschiedensten Läden, sehe mir andere Frauen an, was sie so kaufen. Leider ist nichts dabei, was ich meiner Partnerin schenken könnte. Na ja, ich könnte schon, aber auf meinem Hintern wollte ich die nächste Zeit noch sitzen. Das könnte ich nicht mehr, wenn ich ihr diese seidene Unterwäsche hier kaufen würde. Aber was würde es mir, mal abgesehen von einem wunden Hintern, auch bringen? An ihrem Körper bewundern könnte ich es ja zweifelsohne doch nicht. Und schon wieder muß ich etwas zugeben, beim Geschenke kaufen bin ich meist ein Egoist. Wenn ich etwas verschenke, dann will ich auch eine Gegenleistung; welche das bei Scully sein würde, habe ich mir schon auf die unterschiedlichsten Weisen vorgestellt, aber bei ihr werde ich wohl leer ausgehen müssen. Na gut, leer auch nicht, da mir ein Lächeln von ihr schon reicht, um mich in den siebten Himmel zu schicken.

Aber weiterhin bleibt die Frage offen: Was soll ich einer Frau wie Scully schenken?

Langsam wird es später und ich frage mich, ob ich morgen wieder mit leeren Händen dastehen werde. So tue, als hätte ich es vergessen und sie dann später zum Essen als Entschuldigung einladen. Aber wie jedes Jahr wird sie ablehnen, da sie genau weiß, was für eine Lektion sie mir damit erteilt.

Die Lektion lautet: ´Vergiss niemals den Geburtstag deiner Partnerin oder du mußt die nächste Woche ohne Lächeln von ihr auskommen`. Diese Lektion ist zweifelsfrei ungerecht und gemein, aber es wäre ja meine eigene Schuld.

Habe ich schon gesagt: Ich hasse einkaufen!

Ich sehe in dieses Schaufenster und betrachte ein Brautkleid, in welchem Scully wahrscheinlich umwerfend aussehen würde. Leider wird sie mich bestimmt nicht heiraten und morgen ist nicht ihre Hochzeit, sondern ihr Geburtstag. Aber vielleicht würde sie mich ja doch heiraten? Das sind die Träume eines vom Einkaufen genervten Mannes, der weiß, daß er allem Anschein nach die nächste Woche nicht überstehen wird. Also muß ich weitersuchen, aber dieses Brautkleid läßt mich einfach nicht mehr in Ruhe. Ich hoffe, daß ich Scully irgendwann einmal in einem solchen Kleid vor mir stehen sehe, meine Hand haltend und die drei heiligen Worte sagend: Ja, ich will.

Mulder Du bist krank, schelte ich mich selber, aber was hilft das bei der Suche nach dem Unmöglichen? Meine Blicke wandern weiter und da sehe ich einen Juwelier; aber was könnte der haben, was ich gerade gebrauchen kann? Egal, Frauen lieben Schmuck, also gehe ich hinein, was kann ich schon verlieren?

Eine Verkäuferin kommt gleich auf mich zu um mir ihre Hilfe anzubieten. Sie sieht mich strahlend an, während ich ihr erkläre, was ich suche und für wen ich es benötige.

Sie zieht mich rüber zu einer gläsernen Auslage, in der sich alles Mögliche befindet. Da liegen Ohrringe, Uhren, Ketten, Anhänger und auch Ringe. Zum Glück sind sie alle recht schlicht, da ich diese extravaganten Sachen nicht gerade mag und Scully höchstwahrscheinlich auch nicht. So gut kenne ich meine Partnerin bereits. Die Verkäuferin holt ein paar Stücke hervor und legt sie in einem Samtkästchen vor mich hin. Was soll ich sagen? Ich weiß nicht, was Scully mögen würde und die Auswahl ist zu groß. Angestrengt überlege ich, was Scully wohl noch nicht hat und ihr gefallen würde. Ich weiß, daß sie wohl mehr als 10 Paar Ohrringe besitzt, also wäre dies nichts Besonderes. Eine Uhr hat sie gerade von ihrer Mutter zu Weihnachten bekommen, ein sehr schönes Schmuckstück übrigens. Bei den Ketten weiß ich sofort, daß Scully niemals etwas Anderes tragen würde, als ihre goldene mit dem Kreuz. Dieses Kreuz bedeutet ihr sehr viel und es gehört genauso zu ihr, wie der klare Verstand, den sie besitzt und auf den ich mich immer verlassen konnte. So, wie sie sich eben auf das Kreuz an ihrem Hals verlässt.

Jetzt bleibt eigentlich nur noch eine Sache übrig, ein Ring! Aber würde sie ihn annehmen, wenn sie ihn von mir zum Geburtstag bekäme? Eine Ring ist etwas Persönliches, was in ihrem Glauben eine große Bedeutung hat. Ich schaue in eine andere Vitrine und da sehe ich ihn. Er strahlt, so wie ihre Augen an einem wunderschönen Sommertag strahlen. Er gibt Wärme von sich, so wie sie mir Wärme gibt. Das Leuchten des geputzten Goldes erinnert mich an den Glanz in ihren Haaren. Dieser Ring, ein einfacher goldener mit einem kleinen Diamanten besetzt, ist einfach perfekt als Geschenk für Scully; genauso perfekt, wie sie für mich ist! Ich schaue gar nicht auf den Preis, er ist mir egal. Ich bin überwältigt von diesem kleinen perfekten Geschenk und mein Herz springt höher, da ich mir Scullys Gesicht ausmale, wenn sie ihn zum ersten Mal sehen wird. Sie wird überrascht und irritiert sein, ihn am Anfang nicht annehmen wollen, später aber ohne zu zögern tragen. Sonst trägt sie keine Ringe, aber diesen wird sie tragen, da bin ich mir ganz sicher.

Ich habe Glück, da die Verkäuferin mir noch schnell eine Gravierung anfertigen lässt, auf die ich nur kurze Zeit zu warten brauche. Zuerst weiß ich nicht, was in dem Ring stehen soll, ein einfaches Happy Birthday finde ich zu blöd. Ich entscheide mich für:

In Liebe, dein Mulder.

Vier einfache Worte, die aber eine große Bedeutung haben. Ich habe ihr zwar nicht das Brautkleid gekauft, aber dieser Ring ist vielleicht eine Chance für mich sie später einmal doch noch in einem solchen Kleid zu sehen.

Die Läden schließen, als ich das Einkaufscenter verlasse. In meiner Hand eine kleine Tüte, in der ein Geschenk liegt, daß vielleicht mein ganzes Leben verändern wird. Aber wer weiß, manchmal läuft auch alles ganz anders, als man es sich vorgestellt hat...

Aber an diesem Abend bin ich ein glücklicher Käufer. Glücklich darüber etwas gefunden zu haben, daß einen anderen Menschen noch viel glücklicher machen soll. Hoffentlich!





- The End -
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