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Lost Investigations - Wasser und Blut

von meiko

The X-Files: Lost Investigantions 5.4 - Wasser und Blut

The X-Files: Lost Investigantions 5.4 - Wasser und Blut

by meiko



The Hibernation Project, Virginia
2:19 p.m.

„Name?“
„Covarrubias. Rossana Covarrubias.“
Rossana zog die Schultern zurück und hob das Kinn ein Stück höher, als sie ihrem Gegenüber antwortete.
Der Mann auf der anderen Seite des Tisches schob die Schreibmappe ein Stück von sich fort und musterte die junge Frau eindringlich.
Eine Minute verging, vielleicht auch zwei, während der keiner der beiden einen Ton von sich gab.
„Gut“, sagte der Mann endlich. „Schweigen können Sie also. Damit haben Sie bereits unsere erste Voraussetzung erfüllt. Wir - hassen - gesprächige - Leute!“
Er dehnte jedes Wort zu unangenehmer Länge, dann zog er die Mappe ruckartig zu sich heran und nahm ein Blatt heraus.
„Sie sind jung, sehr jung“, stellte er scharfsinnig fest. „Warum sind Sie hier?“
Rossana öffnete den Mund. Sie hatte diese Frage erwartet und sich schon eine passende Antwort darauf zurechtgelegt, doch der Anblick des älteren Mannes lähmte irgendetwas in ihr.
„Nun?“
Verwirrt suchte sie nach Worten, fand sie nicht. Als sie sah, dass der Mann bereits ungeduldig wurde, stand sie abrupt auf.
„Ich bin hier, weil ich meinem Land dienen will“, stieß sie ohne nachzudenken heraus. „Und weil ich davon überzeugt bin, dass unserem Land die größte Gefahr nach wie vor nicht von außen, sondern von innen droht!“
Der ältere Mann erhob sich ebenfalls und drehte sich zum Fenster um. Für einen Augenblick glaubte Rossana, er hätte sich verschluckt und wollte bereits fragen, ob sie ihm helfen könne, da bemerkte sie, dass das Beben seiner Schultern andere Ursachen hatte. Er lachte!
Ein mühsam unterdrücktes Lachen zwar, doch dann konnte er nicht mehr länger an sich halten und brach in laut schallendes Gelächter aus, das schließlich in einem bösen Hustenanfall endete.
„Sir?“, fragte sie konsterniert.
„Es... ist schon gut, Miss Covarrubias. Sie haben natürlich ganz Recht. Von innen!“
Er entließ sie mit einem heiteren Kopfnicken, dann lehnte er sich entspannt im Sessel zurück und zog eine Schachtel Morley’s aus der Jacketttasche.
Diese junge Frau würde ihm noch gute Dienste leisten, er hatte da so ein Gefühl.



[Opening Credits]
Spoiler: Episodes 5.13 / 5.14 – Patient X / The Red And The Black




The Hibernation Project, Virginia
Experimental Facility A89
5:30 p.m.

"Sie haben sich freiwillig für dieses Projekt gemeldet?" Das Erstaunen darüber war James Martinez deutlich anzusehen.
Rossana lächelte ihn an und schraubte ein weiteres Reagenzröhrchen in die Metallhalterung. "Ja. Warum auch nicht?"
James dachte nach. "Weiß ich nicht. Ich bin Wissenschaftler und über meine Firma Roush hierher gekommen. Ist mir ehrlich gesagt auch egal, wo ich arbeite. Was zählt, sind die Ergebnisse. Und dafür gibt es gutes Geld - wesentlich mehr, als woanders."
Geld? Daran hatte sie gar nicht gedacht - Geld hatte bei ihren Überlegungen noch nie eine Rolle gespielt. Aber natürlich konnte sie diese Seite der Medaille nicht einfach ignorieren: Dass hier Menschen arbeiteten, denen das Was und Wie egal waren, wenn sie nur ihren Lebensunterhalt verdienen konnten.
"Und Sie, Miss Covarrubias??"
Sie zögerte mit der Antwort und brachte den Bunsenbrenner in die korrekte Position. Sie war sich nicht sicher, wie weit sie gehen und wie viel sie ihrem neuen Kollegen offenbaren konnte. "Ach ich weiß nicht. Bei mir war es eher so eine Art Trotzreaktion unserem Vater gegenüber. Immer hieß es nur Marita hier, Marita dort. Was auch immer meine heilige Schwester anfasste, es war automatisch das Richtige und von vornherein von meinem Vater sanktioniert. Was es auch war."
"Ah, das Kleine-Schwester-Syndrom, oder?"
"Genau, auch wenn unsere Rollen leider vertauscht waren. Ich bin die kleine Schwester, die es offenbar nie geschafft hat, ihren Vater stark genug zu beeindrucken. Manchmal wünschte ich..."
Sie unterbrach sich und fragte sich, ob sie nicht schon zu viel erzählt hatte. Aber Martinez hatte sich schon wieder seiner Arbeit zugewandt. Hatte er ihr überhaupt richtig zugehört?
Rossana seufzte, als ihr klar wurde, dass sie zwar vor ihren Problemen fliehen und sich sogar endlich einmal etwas beweisen konnte. Doch Freunde und Vertraute würde sie hier wohl kaum finden.



The Hibernation Project,
Conference Room 213
4:22 p.m.

Der Besprechungsraum war kahl und schmucklos eingerichtet. An der Stelle, wo in Regierungsbehörden gewöhnlich das Bild des amtierenden Präsidenten prangte, befand sich nur ein leerer grauer Fleck. Eine Staubschicht deutete an, dass diese Stelle schon seit Jahren achtlos ignoriert wurde, was keinen der Anwesenden der kleinen Runde auch nur im Geringsten zu stören schien.
"Ihr Eindruck, Martinez?"
James Martinez beobachtete, wie der Raucher eine neue Zigarette am Stummel der alten anzündete und grinste still in sich hinein. "Wie Sie schon sagten, Sir: Ganz brauchbar. Ich meine, sie ist noch jung und steckt voller Enthusiasmus, aber mit ein bisschen Druck und ein, zwei gut dosierten Schockmomenten lässt sie sich sicher in die richtige Richtung lenken."
"Was ist mit ihren Überzeugungen?"
"Unbestimmt, aber voller Hass auf alles, was ihre kleine Welt bedroht. Auch hier können Sie davon ausgehen, dass man entsprechend auf sie einwirken kann."
"Ausgezeichnet", krächzte der Raucher heiser. "Dann möchte ich, dass Sie alles nötige vorbereiten."



The Hibernation Project, Virginia
Experimental Facility A89
7:51 a.m.

Das schwarze Öl pulsierte gleichmäßig in den zahlreichen Reagenzgläsern vor sich hin, was Rossana mit Interesse verfolgte. Sie hatte noch viel zu lernen, auch wenn die einem hier stets nur so viel Informationen zuteilten, wie sie zur Bewältigung ihrer Arbeit wissen musste.
"Langsam jetzt", murmelte Martinez und justierte eine Kontrolleinstellung. "Wenn auch dieser Test fehlschlägt, stehen wir wieder ganz am Anfang."
Sie antwortete nicht, beobachtete nur, wie die schwarze ölige Substanz, dieses offenbar lebendige Etwas, sich wie vorherberechnet verhielt. Sie hätte zu gern gewusst, was dieses Öl eigentlich war. Ein Lebewesen? Falls ja, warum hielt man diese Informationen vor ihr geheim? Woher kam es, und welches Geheimnis umrankte sein merkwürdiges Verhalten?
Ein neuer Kampfstoff? Ein medizinisches Serum?
Rossana war sich sicher, dass Sie dem Mysterium eines Tages auf die Spur kommen würde. Und bis dahin würde sie ihre Arbeit tun, was immer man von ihr verlangte, um die Feinde ihres Landes abzuwehren.
"Ja!", schrie Martinez und fuhr sich mit der Hand durch das verschwitzte Haar. "Es hat funktioniert! Endlich, und zum ersten mal seit wir die neue Testreihe begonnen haben."
Er sieht glücklich aus, dachte Rossana. Als gäbe es dort draußen nichts weiter mehr, an dem er sich erfreuen könnte.
"Wie geht es nun weiter?", fragte sie neugierig.
"Das kann ich Ihnen gern sagen. Der nächste Schritt wird es sein, die Substanz an einer Versuchsperson zu testen."
"Eine Versuchsperson? Sind wir schon so weit?"
Martinez hob gleichgültig die Schultern. "Sicher, jetzt schon! Aber um die Auswahl der Kandidaten brauchen wir beide uns keine Sorgen zu machen, das erledigt die Projektleitung für uns."



The Hibernation Project, Virginia
Operation Centre
4:29 p.m.

Die Testperson wurde in den Raum geschoben und von wissenschaftlichen Assistenten wie von emsigen Drohnen umschwirrt.
Ein eifriges Klopfen erklang vor ihrem Labor. "Miss Covarrubias? Es ist soweit!"
Rossana eilte zur Tür und folgte Martinez den grell beleuchteten Gang entlang. Sie freute sich, endlich die Früchte ihrer Arbeit genießen zu können.
Welch unvergleichliches Gefühl, nach Wochen der Arbeit endlich den Punkt erreicht zu haben, an dem man ein greifbares Ergebnis in den Händen halten konnte. Ihre Studien hatten sie in den letzten Tagen zu der Überzeugung kommen lassen, dass es sich bei der geheimnisvollen Substanz um ein starkes antivirulentes Mittel handeln musste. Es war ihr vollkommen klar, dass man ein neuartiges und wichtiges Arzneimittel so lange schützen musste, bis es erfolgreich auf dem Markt eingeführt werden konnte. Sie verspürte Stolz bei dem Gedanken, Teil eines so bedeutenden Projektes zu sein.
Dann erreichte sie den Operationsraum. Ihr Blick fiel auf die Testperson und ein kalter Hieb traf sie in der Magengegend, nahm ihr die Luft zum Atmen und für einen Moment glaubte sie, die Besinnung verlieren zu müssen.
Die Testperson war Marita Covarrubias.
Alle Blicke wandten sich Rossana zu.
"Bitte sehr", sagte James Martinez und deutete auf die Apparatur, die ihre Schwester mit dem außerirdischen Virus infizieren sollte.
"Ich kann das nicht", flüsterte sie und stürzte aus dem Operationssaal.



Chesapeake Bay, Virginia
Wohnung von R. Covarrubias
1:02 a.m.

Wenn sie aus dem Fenster blickte und die Reflexionen der Hafenanlage auf der Wasseroberfläche betrachtete, überkam sie immer wieder ein kalter Schauer.
In dieser Nacht war es besonders schlimm. In weiter Ferne konnte sie das Heulen eines Signalhorns hören, das verlassen durch die Stille trieb.
Rossana schlang die Arme um die Schultern und ließ sich auf das Bett sinken. Nachdenklich setzte sie den Stift auf das leere Blatt Papier.

< Marita,
es fällt mir sehr schwer, dir diese Worte zu schreiben, doch wie sonst könnte ich hoffen, jemals Vergebung zu finden? Ich weiß, dass die Worte, die ich in dieses Tagebuch schreibe, die Dinge nicht mehr ungeschehen machen können, doch vielleicht können sie mir helfen, mit meiner Schuld klarzukommen.
Viele Dinge sind mir erst jetzt bewusst geworden, wie zum Beispiel mein Egoismus, dieses verzweifelte Flehen um die Aufmerksamkeit unseres Vaters, obwohl ich es doch hätte besser wissen müssen. Obwohl ich doch hätte wissen müssen, dass ich sie schon längst besessen und nun sicher zerstört habe: Seine Aufmerksamkeit und seine Liebe.
Könnte ich die Dinge ungeschehen machen, ich würde es tun, doch das liegt nicht in meiner Macht. Und während ich nun hier liege und all meine Gedanken zu dir sende, bleibt mir nur die Hoffnung, dass ich dir durch meine Blindheit keinen Schaden zugefügt habe.
Aber schon jetzt, da ich dies schreibe, weiß ich um die Dummheit dieser Worte.
Es ist ein Virus, und selbst wenn dein Körper damit fertig wird, so habe ich doch dein Herz verletzt und ich schätze, dass dies eine Wunde ist, die man weder mit Medizin noch mit Worten heilen kann.
Was bleibt mir noch - jetzt, da ich meinen Glauben an das Gute in uns verloren habe? Was bleibt mir?
Ich weiß nicht, ob wir uns wieder sehen, doch falls es eines Tages so weit sein wird, möchte ich dir wieder in die Augen blicken können. Also bleibe ich hier und werde Informationen sammeln.
Meinen Willen haben sie gebrochen, doch mein Geist wird frei sein und auf den Tag warten, da ich meinen Fehler wieder gutmachen kann.
Leb wohl, Marita. Und verzeih mir, wenn du kannst.
Rossana. >


Ende.



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