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Gesegnet

von Draco

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Gesegnet seist du

Und all deine lieblichen Fehler

Die Zukunft bist du

Denn du bist das Licht, das mich leitet



Mulder hatte die Augen geschlossen und lauschte mit einem verträumten Lächeln dem ruhigen, gleichmäßigen Atemzügen. Es waren nicht seine eigenen und eigentlich hatte er schon fast die Hoffnung aufgegeben, ihre je unter solchen Umstände zu vernehmen. Manchmal waren die Mauern, wenn auch aus Glas, unüberwindbar gewesen. Und sie hatten sich gesehen, wieder und wieder die Hände an die Scheibe gelegt, waren aber dennoch nie auf die andere Seite gekommen. Aber jetzt war genau diese Scheibe in tausend Teile zerbrochen und erlaubte ihm, sie endlich bei sich zu haben, so nah, wie er es sich schon immer gewünscht hatte. Viel zu lange hatte das Warten auf diesen Moment gewährt und er hätte alles dafür gegeben, wäre die Mauer doch schon eher eingestürzt. Aber vielleicht war es auch gut so. Jetzt spürte er nur noch diese Erleichterung und sie.



Klar wie Wasser empfind’ ich dich

Rein wie das Wasser belebst du mich

Und dein Salz auf meiner Haut



Wie wundervoll diese Nacht für ihn doch gewesen war und noch immer fühlte er sich, als schwebe alles um ihn her in einem Traum. Ein Traum, aus dem Mulder nie wieder aufwachen wollte, denn es schien Wirklichkeit geworden zu sein. Bitter musste er sich eingestehen, dass dies vielleicht auch wieder eine Illusion sein könnte. Mulder atmete tief ein – nein, diesmal war es wahr. Diesmal lag Scully neben ihm, kuschelte sich an ihn, fühlte ihn. Und er fühlte sie. Ihren ruhigen, langsamen Atem auf seiner Haut. Sie hatte ihm zwar wieder und wieder vorgehalten, dass seine Suche sinnlos sei, war aber dennoch nie von seiner Seite gewichen. Und Mulder war sich sicher, dass der Grund nicht ihre Aufgabe gewesen war – zumindest letztlich nicht.



Kein zurück mehr, jetzt sind wir gefangen

Für immer und ewig, beieinander zusammen

Ich brauche dich



Scully seufzte im Schlaf. Mulder öffnete die Augen und sah in dem schummrig dunklen Licht an sich nach unten. Dort lag sie nun und kuschelte sich noch näher an ihn, wobei es kaum möglich war. Wie die eines Engels, lagen auch ihre Gesichtzüge in der Unschuld der Nacht. Was hatten sie nicht alles zusammen erlebt. Allein ihr erster Fall lockte ein Schmunzeln auf seine Lippen. Nur allzu gern erinnerte er sich an Scully, die pitschnass, wie er selbst, auf der Straße gestanden hatte. Das kalte Wasser war sanft ihren Gesichtszügen gefolgt, die zu einem Lachen geworden waren. Alles nur wegen diesem roten Kreuz, was er auf die Straße gezeichnet hatte. Nur das Scheinwerferlicht des Wagens hatte sie von der Seite erhellt. Scullys Blickwinkel hatte sich im Laufe der Zeit stark geändert. Immer wieder war sie Dingen begegnet, die sie nicht logisch erklären konnte. Und wenn es sich nur um einige verlorene Sekunden handelte... doch was war schon die Zeit im Vergleich zu diesem Paradies?



Ich trag’ dich am Herzen

Du trägst meine Schmerzen



Mulder schloss die Augen wieder und Bilder breiteten sich in seinem Kopf aus. Bilder von Scully, wie sie in Sorge um ihn an seinem Bett gesessen hatte, wie ihr Lächeln ihn in Momenten des Zusammenbruchs aufgemuntert hatte und wie ihre Augenbrauen ihn skeptisch musterten, um Mulder auf etwas aufmerksam zu machen. Bilder voller Verzweiflung, als er sie nur haarscharf verloren hätte, Bilder voller Glück, wenn sie Menschen hatten retten können. Momente voller Fassungslosigkeit über einen Fall und Situationen der Gefühle, wenn sie sich doch hinreißen ließen. Er liebte ihr Lächeln, ihren Duft, ihre Art zu sprechen und alles an ihr.



Gesegnet seist du

Und all deine lieblichen Fehler

Die Zukunft bist du

Denn du bist das Licht, das mich leitet



Er würde immer für sie da sein. Leise, ohne sie zu wecken, befreite er sich aus ihrer Umarmung und stand auf. Leise schlich er zu dem Fenster, um es zu öffnen. Irgendwie war ihm angenehm warm. Er sah zu den Sternen auf und genau in dem Augenblick, als er seinen Blick gehoben hatte, erleuchtete für diesen winzigen, schon unscheinbaren Moment eine Sternschnuppe. Sie war wie die Träne eines Engels und brachte Mulder ein leicht melancholisches Gefühl, als ihn dieser Gedanke traf. Engel weinen... Irgendwie musste er an Scully denken. Die Tränen, die er auf ihrem Gesicht gesehen hatte – wie sehr hatte er sich gewünscht, sie davor zu bewahren.



Ich fühl mich schuldig

Bin nicht so rein wie du



Doch was hätte er schon tun können? Er war nicht wie sie. Er war Spooky Mulder. Ein nahezu Verrückter, der in seinem Kellerbüro über damals ungelösten Fällen saß, um sie schließlich doch zu lösen. Mit Hilfe dieser Frau hatte er dieses Ziel sogar manchmal erreicht – oder es war ihnen nur kurz entgangen, da war er sich sicher.

Mulder setzte sich auf den Fensterstock und legte den Kopf genießerisch in den Nacken. Er fühlte Scullys Hände förmlich auf seiner Haut, obwohl sie noch immer eingekuschelt in der Decke schlief. Sein Blick strich über ihre glatte, zarte Haut als wolle er sie streicheln. Ihre Lippen bewegten sich leicht und sie drehte sich auf die andere Seite, so dass er ihr Gesicht nicht mehr sah. Doch er trug es längst eingebrannt in seinem Herzen.



Dein Lächeln

Dein Ausdruck

Deine Seele

Deine Reinheit



Auch wenn es manchmal geradezu aussichtslos gewesen war, hatten sie sich zusammengerauft, hatten einfach von vorn begonnen oder andere Möglichkeiten ausprobiert. Und wenn er ehrlich war, gab es ja auch eine Menge an Situationen, die einfach zum Lachen waren, sei es nur die Tatsache, dass ein Film über sie gedreht worden war. Ein Film, ja, das entlockte Mulder ein breites Grinsen. Ein Film, in dem Scully und...

Er versuchte die Gedanken zurückzudrängen, um nicht laut loszulachen und seine Geliebte zu wecken.

Geliebte – ja, das klang gut. Oder doch lieber Engel? Doch selbst dieses Wort konnte Scully nicht beschreiben.



Ich werde dich tragen,

keine Frage



Mulder seufzte zufrieden. So konnte sich nur der Himmel anfühlen. Er hatte so oft Angst gehabt & sie zu verlieren. Wieder und wieder hatte er sich selbst geradezu beschworen & ihr endlich alles zu sagen. Vielleicht wäre es von Anfang an besser gewesen, wäre Scully nie zu ihm gestoßen. Andererseits hätte er nie auf diese Nacht verzichten wollen. Nun musste er sie erst recht beschützen. Die beschützen, die er am meisten liebte.

Eine weitere Bewegung von Scully riss ihn aus den Gedanken, als er wieder zum Bett blickte, lag sie jedoch immer noch so, wie er sie aus den Augen verloren hatte.



hör mir zu

kannst du mich lieben,

trotz all meiner großen Fehler



Nun stieg zum aller ersten Mal in dieser Nacht die Frage in ihm auf, ob sie es eigentlich auch wollte. War es Scully denn recht? Er hatte gestern Abend einfach alles auf eine Karte gesetzt. Dieser wundervolle Abend... Mulder begann schelmisch zu grinsen. Er hatte Scully noch nie so erlebt gehabt. Es war ein harter Fall gewesen, doch die Einladung der Frau konnten sie nicht ablehnen. So waren sie beide bei den Wirtsleuten geblieben, um erst heute wieder nach Washington zurückzukehren.



ich trag dich am Herzen

du trägst meine Schmerzen



Mulder zuckte überrascht zusammen, als er die zärtliche Berührung auf seinem Arm spürte. Als er Scully, die nur mit der Decke um die Schultern vor ihm stand, entgegensah, verzog sie gespielt beleidigt das Gesicht. Mulder begann zu lächeln, was Scully augenblicklich erwiderte. Er rutschte vom Fensterstock und zog sie an sich, um in einen tiefen, innigen Kuss mit ihr zu versinken. Er verlor sich geradezu darin. Er liebte diese Frau und konnte gar nicht genug von ihr bekommen.



Gesegnet seist du

Und alle deine lieblichen Fehler

Die Zukunft bist du

Denn du bist das Licht, das mich leitet



Mulder dirigierte sie vorsichtig nach hinten zum Bett zurück. Immer wieder glitten seine Gedanken zu den gestrigen Geschehnissen. Der Fall hatte mit einem alten Haus zu tun gehabt, dass vier Menschen förmlich eingeschlossen hatte. Zumindest hatten Mulder und Scully dort die drei vermissten Mädchen gefunden. Sie waren die Kinder eines Mannes aus Ohio gewesen, die in der Nähe eines Highways ein kleines Hotel hatten. Als ein Dankeschön hatte man sie am Abend mit einem leckeren Essen bedient und nun einem Apartment.

Es waren Stunden voll Lachen und Spaß mit den drei Mädchen geworden. Zu siebt saßen alle noch bis spät in die Nacht am Kaminfeuer, was eine betäubende Wirkung auf alle gelegt hatte. Diese Wirkung hatte Mulder und Scully schließlich zu dieser wundervollen Nacht gebracht.



Gesegnet seist du

Weil deine Liebe mich trägt

Gesegnet seist du

Weil deine Liebe mich prägt

Gesegnet



Mulder küsste Scully leidenschaftlich und innig zugleich. Nach einigen Schritten rückwärts, stieß sie gegen die Bettkante und fiel nach hinten. Mulder stützte sich über ihr ab und ließ gar nicht mehr von ihr ab, was sie zum Kichern brachte. Mulder erwiderte es mit einem schelmischen Grinsen und verteilte unzählige kleine Küsse vom Hals abwärts auf Scullys Haut. Sie selbst schloss genießerisch die Augen und legte verwöhnt den Kopf in den Nacken. Ihre eine Hand griffen in Mulders Haare während die andere liebevoll über seine Schulterblätter strich.



Gesegnet seist du

Weil alles, was du tust

Deine Bewegung

Dein Denken

Dein Augenschlag



Er sah kurz auf und blickte ihr tief in die Augen. Wie er sie doch liebte. Er würde sie nie wieder hergeben. Nie wieder. Dies war seine Scully und niemand würde sie ihm nehmen. Nie wieder.



Will nicht daran denken, wenn du nicht

Bei mir wärst



Nun gehörten sie zusammen – für immer.

Immer – eine Wort, das in Mulders Wortschatz eine neue Bedeutung angenommen hatte. Eine Bestimmung, die es nie wieder missen wollte.

Das war die schönste Nacht seines Lebens... mit der Hoffnung, sie würde nie wieder enden...

Nie wieder...



Gesegnet seist du

Und all deine lieblichen Fehler

Gesegnet, gesegnet, gesegnet, gesegnet...

Die Zukunft bist du

Denn du bist das Licht, das mich leitet





© by Draco
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