World of X

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One more time...

von Eva Lill

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Konntest du es nicht sehen? Nicht einmal ein Bisschen? Konntest du es nicht fühlen? Wenigstens ein Bisschen? Das, was ich die ganze Zeit über tat.

Tief in meinem Inneren, in meinem Herzen liebte ich dich und tue es, wenn ich meinen Gefühlen trauen kann, auch immer noch. Meine Liebe zu dir übersteigt selbst die Grenzen dieser Welt und sogar die Grenzen des Himmels. Wir haben so viel erlebt. Ich hoffte, dass du alles irgendwann einmal verstehen wirst. Meine Gesten waren nur für dich bestimmt, nur für dich. Ich lebte nur für dich... nur für dich allein und ich atmete, ich atmete in der Hoffnung, einmal einige dieser Züge mit dir zusammen verbringen zu können und in der Gewissheit, dass du dann all meine Gründe gesehen hättest, meine abgrundtiefe Liebe zu dir gefühlt hättest und meine Schmerzen verstanden hättest. Ich liebte dich, vom ersten Tag an und ich hoffe, wo auch immer du bist, dass dir Eins klar wird. Ich denke an dich. Jede Sekunde meines Lebens habe ich damit verbracht. Ich habe abends im Bett gelegen und die Sterne angesehen. Ich habe gebetet, dass du deine Schwester finden würdest, ich konnte den Schmerz in deinen Augen nicht ertragen, wenn du von ihr sprachst. Deine Augen. Ich werde sie nie vergessen und ich werde immer für dich leben... atmen nur für dich allein.



Ich stütze meinen Kopf in die schweißnassen Hände und fahre mit den Fingern meine Stirn hinab, ich massiere meine Schläfen. Ich weiß nicht, wie oft du diese Geste gemacht hast, die Geste.... ich möchte sie noch mal sehen. All die Jahre wo wir beieinander waren, nie habe ich mir je etwas so stark gewünscht, wie in diesem Augenblick. Ich möchte noch einmal deine Nähe spüren deine stimme hören. Deine Hand auf meiner Schulter. Deine Finger in meinem Gesicht, als sie mir die Tränen wegwischten. Nur noch einmal. Doch nun ist es zu spät. Viel zu spät. Du bist weg. Von einem Tag auf den nächsten, von einer Minute auf die nächste, von einer Sekunde auf die nächste.... nicht einfach so, sondern für immer. Ich weiß immer noch nicht genau, wie es passiert ist. Oder vielleicht weiß ich es doch, will es aber nicht glauben, weil es meiner Seele zu weh tun würde. Sie würde es nicht überleben. Also sage ich mir, ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht. Langsam hebe ich die Tasse auf, die schon die ganze Zeit vor mir auf dem Tisch gestanden hat und betrachte in meinen Gedanken versunken das blasse Blümchenmuster, was den oberen Rand der Tasse umschließt. Es erinnert mich an dich. Ich weiß nicht warum. Alles bist du, in diesem Moment. Alles... egal was ich sehe, höre oder schmecke, es erinnert mich an dich. Vorsichtig nippe ich an meinem heißen Tee. Oder ist er kalt? Ist es überhaupt Tee? Oder Kaffee? Ist er warm oder kühl? Ich weiß es nicht. Du bringst mich durcheinander. Mir ist alles egal.... ich würde alles dafür geben, wenn ich dich noch einmal berühren dürfte, sogar mein eigenes Leben, um dich noch einmal zu sehen. Deine Augen. Dein Gesicht.



One more time

Für einen Augenblick nur, denke ich daran, es zu beenden. Meine Qual. Meine Schmerzen, keine äußerlichen, sondern in meinem Herzen. Wunden, die nie mehr verheilen werden. Schluss zu machen, für immer, nur um bei dir zu sein. Um es zu können... um es dir zu sagen. Meine Hände umschließen die Couchlehne - deine Couch. In Gedanken schließe ich meine Finger um das kalte, leblose Stück Metal - die Pistole. Ich spüre den eisigen Druck der Mündung, die wie ein eisiger, liebloser Kuss meine Schläfe berührt. Ich muss nur noch abdrücken. So wie ich es schon so oft gemacht habe. Nur mit dem Unterschied, dass es diesmal nicht irgendein Leben beenden wird, sondern mein eigenes. Ich muss nur noch einen Millimeter... doch... HALT! Wer um Gottes Willen sagt mir... dass ich dich dort wirklich wiedersehen werde? Jenseits des Horizonts, über den Wolken, im Sternenlicht? Was ist, wenn mein Gefühl mich trügt? Ich öffne die Augen. Sie sind schwer wie ein eisernen Vorhang, rot und angeschwollen. Es ist, als hätte ich keine einzige Träne mehr. Ich habe bereits alle vergossen, für dich, aus Angst... Trauer und vielleicht ein wenig Hoffnung, dich noch einmal zu spüren, wie deine Lippen meine berühren... in der Millenniumsnacht. Ich hoffte, diese winzige Zeitspanne würde nie zuende gehen. Und in diesem Moment lasse ich alles fallen. Ich bin keine Skeptikerin mehr. Ich glaube an alles, wenn ich dich doch nur wiedersehe...



Only... only one more time



Ich kann dich sehen, Fox. Wie am ersten Tag. Ich kann dich fühlen, Mulder. Kannst du es auch? Kannst du fühlen, was ich dir nie gesagt habe? Ich liebe ich, Spooky.

Du mich auch?



Es war mitten in der Nacht. Scully lag noch wach, die Decke bis zum Kinn hinaufgezogen. Ihr fröstelte es. Das Fenster war nur einen spaltbreit auf und der Mond schien in einem schmalen Streifen auf ihre Bettdecke. Sie starrte aus dem Fenster, in die Sterne. Sie dachte über Mulders Worte nach, die er vor langer Zeit einmal gesagt hatte:



„Vielleicht sind es Seelen, Scully. Reisende im Sternenlicht, die ein zu Hause suchen, für alle Zeit.“ (Closure)



Sie überlegte, ob sie wirklich einmal alle im Strudel der Zeit versinken würden, als jemand, den 100 Jahre später niemand mehr kennen würde. Oder ob es wirklich etwas wie Zukunft gab. Dort oben. Eine Reise ins Sternenlicht, weit weg von allen Sorgen. Sie wollte diese Reise zusammen mit ihm antreten, an seiner Seite, Hand in Hand... Schulter an Schulter. Ob diese Wolken dort oben vielleicht die Gedanken waren, die eine Reise ins Nichts antraten. Ins Ungewisse... und ob es dort oben etwas gab, was allem Logischen wiedersprach. Fox´ graue Männchen. Ob die Wahrheit wirklich irgendwo da draußen lag.

In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Scully sah mit blinzelnden Augenlidern auf die Leuchtanzeige ihres Radioweckers. 1:25. Etwas früh, für einen Anruf. Wahrscheinlich war es nur wieder Mulder, mit einem unmöglichen Überwachungsauftrag oder so etwas in der Art.

„Entschuldigen Sie, Miss Scully, aber ich muss ihnen leider mitteilen, dass gestern Abend um halbzehn bei ihrem Partner eingebrochen wurde. Agent Mulder, Miss Scully, wurde mit schweren Schussverletzungen ins Georgetown Memorial eingeliefert. Miss Scully...“, sie drückte auf die Wahlabbruchtaste des Telefons. Sie zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub. Sie konnte es nicht fassen.



MULDER!?







Das monotone Pfeifen und Piepen der Geräte ließ sie wieder aufschrecken. Sie musste wohl vor einiger Zeit eingeschlafen sein, denn draußen graute schon der Morgen. Ihr Kopf ruhte Nahe bei Mulders Brust. Ihre Finger umklammerten in Todesangst seine Hand. Sie spürte seinen leisen Herzschlag... langsam...

Es war sonderbar still im Krankenhaus. Sie stand auf, während sie Mulder leicht auf die Wange küsste. Er fühlte sich kalt an. Leblos. Nicht wie sonst. Ihre Kehle schmeckte seltsam trocken. Ganz in der Nähe musste ein Getränkeautomat stehen, wusste sie. Langsam und ohne das geringste Geräusch zu verursachen, schlich sie aus dem Zimmer heraus. Sie durchsuchte lautlos die gesamte Intensivstation, doch sie fand nichts. Seufzend begann sie den Rest des Hauses zu untersuchen. Es dauerte wohl über eine halbe Stunde, ehe sie rechts neben der Cafeteria einen im Schatten der Tür verborgenen Automaten fand. Sie kramte einige Münzen aus ihrer Hosentasche und warf sie in den hell erleuchteten Schlitz. Eine Dose Coke fiel in den dunklen Spalt unterhalb der erleuchteten Anzeigetafel. Sie packte das Getränk und ließ genüsslich den Verschluss aufschnappen. Während sie die Treppen wiederum herauflief, trank sie alles in winzigen Schlucken aus. Unterwegs, ließ sie sie in einen Mülleimer links von ihr gleiten. Als sie schließlich um die Ecke des Korridors bog, wo Mulders Zimmer lag, schien ihr Herz einen Sekundenbruchteil auszusetzen. Stehen zu bleiben, einfach nicht mehr weiterzuschlagen. Erstarrt. Der Flur war erhellt und greller Lärm drang aus seinem Zimmer ganz am Ende des Ganges....

Als sie in Mulders Raum trat fiel ihr Blick auf die leblose, durchgezogene Linie. Die Linie auf dem Bildschirm. Mulders Herzfrequenz....





Warum? Warum war ich nicht da? Bei dir? Ich glaube, es hätte mir geholfen. Ich hätte mir zwar Vorwürfe gemacht, dass ich dich nicht hätte retten können. Aber nicht solche Vorwürfe, wie in diesem Augenblick. Ich hatte dich allein gelassen. Allein, in den letzten Minuten deines Lebens. Ich liebe dich doch! Ich hätte das nicht tun dürfen. Ich hasse das Schicksal und ich hasse mich. So hätte ich dich noch einmal sehen können. So blieb mir nur noch die leblose Hülle, ohne dass, was ich so lange Zeit geliebt hatte. Deine Augen starrten leer an die weiße Zimmerdecke. Ich kann immer noch nicht verstehen, nicht begreifen. Das in einer halben Stunde, mein gesamtes Leben zusammengebrochen ist. Zu einem trostlosen Haufen verbrannter Asche. Ich bringe meine Tasse geistesabwesend in die Küche. Alles ist so fremd, ohne dich. Ich bin in deinem Apartment, Fox. Du warst meine Seele, Spooky, mein Herz, mein Atmen, mein Leben. Nun wird es wieder leer sein. Und für immer leer bleiben. Für immer... ewig. Bis ich dich wiedersehe. Über dem Horizont. In den Wolken. Im Sternenhimmel.



Ich lege mich in dein Bett. Ich weine. Lautlos bahnen sich vereinzelte Tränen den Weg über meine Wangen. Wie die Spuren eines unsichtbaren Wesens. Du?!

Es ist, als würde ich deine Wärme spüren, als hätte sie sich in den Bettlaken verfangen. Ich rieche deinen Duft. Ich fühle dich.



One more time



Ich drehe mich auf den Rücken und schiebe die Hände unter das Kopfkissen. Atme dich ein. Ich lege den Kopf schräg und schaue aus dem Fenster, hinaus in die Sterne, wie an jenem Abend. Wenn doch jetzt bloß das Telefon klingeln könnte! Ich deine Stimme hören könnte. Doch es bleibt still. Für immer. Meine Gedanken schweifen nach draußen.





Ob ich dich jemals wiedersehen werde? Oben im Sternenlicht. Millionen von Kilometern entfernt, jenseits des Horizonts...

Ich kann dich riechen, sehen, schmecken, Spooky, kannst du es auch? Ich denke an dich, wo auch immer du bist, Mulder, merkst du es? Das Gefühl das es einen Menschen auf der ganzen Welt gibt, der gerade in diesem Augenblick an dich denkt?



Hörst du, Fox, ich liebe dich... du mich auch?

FOX!

Du mich auch!?





Ende
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