World of X

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Die Stalkerfliege

von danafuchs

Kapitel 1

Scullys Kopf fühlte sich an als habe ihn jemand mit einem Presslufthammer bearbeitet. Sie versuchte die Augen zu öffnen. Vergebens. Sie unternahm einen neuen Versuch. Diesmal gewann sie den Kampf gegen ihre schweren Lider und es gelang ihr die Augen einen Spalt zu öffnen.

Der Raum war sehr hell. Das Licht blendete sie, so dass sie die Augen erneut schloss.

Sie wusste nicht wo sie war, aber mit Sicherheit war sie nicht zu Hause.

Der unverwechselbare Geruch von Desinfektionsmitteln und Medikamenten verriet ihr, dass es sich bei ihrem Aufenthaltsort wahrscheinlich um ein Krankenhaus handelte.

Sie öffnete die Augen wieder. Sie konnte die verschwommenen Umrisse einer Frau erkennen, die neben ihrem Bett saß. *Mom?* dachte sie.

Sie wollte den Gedanken aussprechen aber ihrer Kehle entrann und ein krächzendes Geräusch. Ihr Mund war staubtrocken. Sie schloss die Augen.



"Dana?", hörte sie die sanfte Stimme ihrer Mutter.

Sie drehte den Kopf in Richtung der Stimme und öffnete die Augen. Jetzt konnte sie ihre Mutter klar sehen.

Dankbar wollte sie nach dem Glas Wasser, das ihre Mutter ihr hinhielt greifen, aber der Schmerz, der durch ihren rechten Arm schoss, hielt sie von diesem Vorhaben ab. Sie verzog das Gesicht.

"Schon gut, mein Schatz.", flüsterte ihre Mutter und hielt ihr das kühle Glas an die spröden Lippen.

Sobald das Wasser ihre Kehle hinunter rann, spürte Scully wie ihre Lebensgeister wieder erwachten. Auch die Kopfschmerzen ließen langsam nach.



"Mom?", fragte Scully nachdem sie das Wasser ausgetrunken hatte, "Was ist passiert? Wie bin ich hier her gekommen?"

Margaret Scully stellte das Glas zurück auf den Nachttisch und nahm die Hand ihrer Tochter.

"Sie haben dich auf der Straße gefunden... Oh Dana, ich hatte solche Angst um dich."

Scully hatte keine Ahnung wovon ihre Mutter redete.

"Deine rechte Schulter war ausgerenkt.", fuhr Maggie fort. *Das erklärt die Schmerzen in meinem Arm* dachte Scully.

"Außerdem hast du überall blaue Flecken und Blutergüsse...und Schnittwunden am Rücken und an den Beinen."

Margaret klang besorgt. "Und du warst bewusstlos.", schloss sie.



Eine Krankenschwester betrat das Zimmer.

"Oh. Miss Scully, schön das Sie wach sind.", sagte sie und lächelte. Sie trat an das Bett heran und maß Scullys Blutdruck so wie ihren Puls.

"Wie fühlen Sie sich?", fragte sie.

"Ich habe Schmerzen im Arm.", antwortete Scully wahrheitsgemäß. "Und mein Kopf schmerzt.", fügte sie hinzu.

Die Schwester nickte.

"Ich werde Ihnen ein Schmerzmittel verabreichen.", sagte die Schwester und zog eine Spritze auf. Nachdem sie Scully das Medikament injiziert hatte fügte sie hinzu: "Die Kopfschmerzen werden sich legen, sobald die Wirkung der Drogen nachgelassen hat."

*Drogen?! Was zum Teufel ist mit mir passiert?* fragte sie sich.

"Sie sollten noch etwas schlafen." Mit diesen Worten verließ die Schwester das Zimmer.

Margarete Scully folgte ihr.

Die Schmerzmittel zeigten schnell Wirkung und Scully fühlte sich bald schläfrig.

Sekunden nach dem sie die Augen geschlossen hatte, schlief sie ein.



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Scully wachte erst am nächsten Morgen wieder auf.

Ihre Kopfschmerzen waren verflogen. *Die Drogen haben ihre Wirkung verloren. Gut.* dachte Scully.

Die Schmerzen in ihrem Arm waren wieder zurück. *Die Schmerzmittel haben wohl auch ihre Wirkung verloren.*

Scully würde die Schwester bei Gelegenheit darauf ansprechen, aber sie würde nicht jammern. Vorsichtig, um den schmerzenden Arm nicht unnötig zu belasten, setzte sie sich auf. Sie sah sich in dem Zimmer um und stellte fest, dass sie offensichtlich mehrere Besucher verschlafen hatte. Vier Blumensträuße standen auf dem Tisch und der Fensterbank.

Irgendwer hatte die Karten, die zu den Blumen gehörten, auf ihren Nachttisch gelegt, so dass Scully sie lesen konnte.

Die erste Karte war von ihrer Mutter.

Darauf stand, dass sie morgen wieder zurückkommen würde. Außerdem ließ Bill sie grüßen.

Die zweite, dritte und vierte Karte kam von den Einsamen Schützen. Scully schmunzelte. Ein Strauß von den dreien zusammen hätte ihr völlig gereicht.

Auf den Karten standen nur ein paar Grüße und Genesungswünsche. Frohike versprach außerdem, noch einmal vorbei zu schauen.



Ein Klopfen unterbrach die Stille im Krankenzimmer. Wenig später öffnete sich die Tür und Assistant Director Skinner trat ein.

"Agent Scully? Wie geht es Ihnen?", fragte er vorsichtig als er sich auf den Stuhl neben ihrem Bett setzte.

"Gut. Mein Arm schmerzt noch ein bisschen, aber ich werde das überstehen." Sie lächelte.

"Das freut mich.", antwortete Skinner knapp. *Er wirkt nervös.* dachte Scully.

*Er ist sonst nie nervös.*

"Sir, darf ich fragen was los ist?"

Skinner sah sie verwundert an, dann seufzte er.

"Sie können sich an nichts erinnern?", fragte er.

"Nein. Das hat wohl mit der Wirkung der Drogen zu tun.", sagte Scully. Sie klang ruhig, aber innerlich versetzte sie der Gedanke daran nicht zu wissen was passiert war in Aufruhe.

"Ehrlich gesagt, hatte ich gehofft, dass Sie mir einige Fragen beantworten können."

Skinner schüttelte den Kopf.

"Ich weiß nur, dass Sie an einem Fall gearbeitet haben. Sie haben einen Termin nicht eingehalten und waren nicht zu erreichen. Agent Mulder und Sie waren verschwunden... bis sie vorgestern wieder aufgetaucht sind.

*Mulder!* dachte Scully. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er sie noch nicht besucht hatte und auch keine Nachricht für sie hinterlassen hatte. Das sah ihm nicht ähnlich.

"Wollen Sie damit sagen, dass..."

"Agent Mulder ist noch immer verschwunden."

Scully schluckte. Tränen stiegen in ihr hoch. Sie war wahrscheinlich die einzige die wusste, was Mulder zuletzt vorgehabt hatte, wo er gewesen war. Aber sie konnte sich an nichts erinnern!



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Eine Woche zuvor.

Scully betrat das kleine Büro im Keller. Sie hielt zwei Kaffeebecher in der Hand.

Mulder war wie immer schon da. Er saß an seinem Schreibtisch, auf dem mehrer Akten ausgebreitet waren. Er war so vertieft in eine der Akten, dass er seine Partnerin gar nicht wahrnahm bis sie ihm einen Kaffeebecher vor die Nase hielt. Er erschrak.

Scully grinste.

"Das muss ja sehr spannend sein."

"Ja.", sagte er, "Und dabei ist es nicht mal eine X-Akte."

Scully hob eine Augenbraue. Mulder interessierte sich normalerweise nicht für "normale" Fälle, selbst wenn sie in einen Fall verwickelt waren, bei dem es sich offensichtlich nicht um eine X-Akte handelte, suchte er akribisch nach Verbindungen zum Übernatürlichen.



"Es handelt sich um einen Serienmord. Vier Opfer. Der Täter schneidet ihnen die Kehle durch.", sagte Mulder und rollte dabei mit seinem Stuhl zur Seite, so dass Scully sich hinter den Schreibtisch stellen konnte um die Akten zu näher betrachten.

"Was interessiert Sie denn an dem Fall?", fragte sie als sie die Bilder der Opfer ansah.

Die Opfer waren allesamt weiß und weiblich. Sie schienen attraktiv gewesen zu sein - zumindest hatten alle eine gute Figur. Vielleicht waren sie früher auch einmal hübsch gewesen, aber das ließ sich anhand der Tatortfotos nicht mehr feststellen, denn die Gesichter der Leichen waren brutal verstümmelt worden. *Hoffentlich sind ihnen diese Verletzungen post- mortem zugefügt worden* dachte Scully.

"Das ist das letzte Opfer.", sagte Mulder als Scully das letzte Bild in die Hand nahm.

"Sie ist der Grund warum mich der Fall interessiert."

Scully sah kurz zu Mulder, konzentrierte sich dann aber wieder auf das Bild.

Die Frau trug Joggingkleidung. Man hatte sie unter einem Busch im Park gefunden - neben einer Joggingstrecke.

"Jennifer Morrison.", begann Mulder die Akte vorzulesen, "Geboren am 25. März 1964, hier in Washington. Sie wurde direkt neben ihrer Lieblingsjoggingstrecke gefunden - und das ist zufällig auch die Strecke, die ich jeden Morgen laufe."

"Sie haben sie gekannt?"



"Na ja, ich habe sie nicht wirklich gekannt. Wir haben uns nur manchmal zufällig beim Joggen getroffen. Einmal waren wir anschließend einen Kaffee trinken.", sagte er und prostete Scully mit seinem Becher zu.

"Das ist aber noch nicht das Seltsamste."

Scully sah in fragend an.

"Die Polizei war sich bisher nicht sicher welche Verbindung zwischen den Opfern besteht, oder ob es überhaupt

eine gibt.", erklärte er, "Und sie würden wahrscheinlich immer noch rätseln, wenn ich nicht zufällig heute Morgen am Fundort der Leiche vorbei gejoggt wäre."

"Wollen Sie damit etwa andeuten, dass Sie die Verbindung sind?", Scully konnte kaum glauben, was er da sagte.

"Ich habe mir die Akten der anderen Opfer angesehen, Scully. Die Leichen wurden jeweils an Orten gefunden, an denen sich die Opfer häufig aufhielten. Die Polizei dachte, dass der Täter die Leichen an den Ort zurückbringt an dem er die Opfer kennengelernt hat. Der Fundort ist nämlich nicht der Tatort."

"Soweit klingt das doch ganz logisch.", warf Scully ein. *Mulder geht aber nie den logischen Weg* wurde ihr klar.

"Wahrscheinlich ist das soweit auch richtig." Mulder nippte an seinem Kaffee. "Nur wusste die Polizei nicht, dass ich die Orte an denen die Leichen gefunden worden auch häufig aufsuche."

Er deutete auf verschiedene Fotos. "Das Café in dem ich manchmal sonntags frühstücke, die Bar in der ich mit den Schützen rumhänge, die Reinigung in der ich meine Sachen abgebe."



"Soll das etwa heißen, dass Sie alle Opfer kannten?"

Mulder nickte.

"Flüchtig, aber ja, ich kannte sie.", sagte er traurig, "Scully, irgendjemand läuft in dieser Stadt umher und bringt Menschen um, die Kontakt zu mir hatten."

*Irgendjemand bringt Frauen um, die Kontakt zu mir haben* verbesserte er sich in Gedanken.

Er blickte in Scullys wundervolle blaue Augen und musste schlucken.

Scully bemerkte es nicht.

"Mulder, das klingt sehr weit hergeholt. Gibt es denn keine andere Verbindung?", fragte Scully.

"Bis jetzt ist das die einzige Spur die wir haben. Aber vielleicht finden Sie ja bei der Autopsie noch etwas.", sagte er. "Ich habe alle vier Leichen für Sie bereitstellen lassen."



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Scully hatte Mulder allein im Büro zurückgelassen um sich auf den Weg in die Gerichtsmedizin zu machen.

Mulder saß an seinem Schreibtisch, vor ihm lag ein Notizblock und in der Hand hielt er einen spitzen Bleistift. Er hatte sich vorgenommen an dem Täterprofil zu arbeiten, aber bis jetzt befanden sich auf seinem Zettel nur zwei Stichpunkte: Männlich und Weiß.

Das half ihm aber nicht wirklich weiter. Dass die meisten Serienmörder männlich sind, war allgemein bekannt. Das Serientäter sich meist Opfer mit der gleichen Hautfarbe aussuchten war ebenfalls kein Geheimnis.

Die Tatsache, dass der Täter seine Opfer aus seinem Umfeld aussuchte, musste er nicht notieren, da sie sich bereits in sein Hirn eingebrannt hatte. Auch die Tatsache, das da draußen eine Frau unterwegs war, die ihm mehr als irgendjemand sonst bedeutete, obwohl er das weder ihr noch sich selbst gegenüber eingestehen konnte.

*Wenn Scully etwas zustößt, dann werde ich mir das nie verzeihen* dachte er und versuchte sich wieder auf das Täterprofil zu konzentrieren.



Aus den Polizeiberichten und von den Beobachtungen, die er am Fundort gemacht hatte, wusste er, dass der Täter sehr brutal vorgegangen war. Die Leichen hatten große Blutergüsse und mehrere Schnittwunden. Er hatte die Gesichter seiner Opfer völlig verstümmelt.

*Er muss die Frauen gehasst haben.* dachte Mulder. Er fragte sich, ob der Täter Frauen im Allgemeinen hasste oder ob sich sein Hass nur auf Frauen in seiner Umgebung beschränkte - er war sich nicht sicher welche Variante er bevorzugte.

*Gott, wenn Scully etwas zustößt...* Er zwang sich den Gedanken nicht zu Ende zu denken.



Mulder musterte die Akten erneut. Vielleicht hatte Scully ja Recht und es gab noch eine andere Verbindung zwischen den Opfern, die sie bis jetzt übersehen hatten. So gut kannte er die Opfer nun auch wieder nicht.

Er musste allerdings zugeben, dass ihm die Frauen aufgefallen waren. Sie waren... attraktiv gewesen.



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Scully betrat den Autopsiesaal.

Sie hatte sich die Akten der Opfer genau angesehen. Sie hatte sofort bemerkt, dass alle vier Frauen attraktiv gewesen waren. Obwohl sie nicht wusste wie gut Mulder sie gekannt hatte, war sie sich sicher, dass ihr Partner einem kleinen Flirt nicht abgeneigt gewesen wäre.

Sie seufzte und machte sich an die Arbeit.

Sofort fiel ihr auf, dass der Täter unglaublich brutal vorgegangen war.

Die Schnittwunden der Opfer waren sehr tief, was darauf hindeutete, dass der Täter stark war. Die Opfer zeigten kaum Abwehrverletzungen. Allerdings glaubte Scully nicht, dass sie den Täter gekannt hatten. Wahrscheinlicher war, dass er sie überrascht hat.

Durch seine körperliche Überlegenheit hatte er vermutlich leichtes Spiel.



Es stellte sich heraus, dass die Schnittwunden den Opfern vor ihrem Tod zugefügt wurden. Bei dem Gedanken an die Schmerzen, die die Opfer erlitten hatten, lief Scully ein Schauer über den Rücken. Es tröstete sie kaum, dass die Opfer vorher betäubt worden waren.



Nachdem Scully die Leichen mit Hilfe eines Assistenten wieder in den Gefrierschränken verstaut hatte, zog sie die Schutzkleidung aus und ging in den Nebenraum.

Dort setzte sie sich an einen Schreibtisch und begann, die Autopsieberichte auszufüllen.

Es war bereits spät und sie hatte den Assistenten nach Hause geschickt, da sie nun alleine war, war es still in der Gerichtsmedizin.

Außer dem Ticken der Wanduhr und des gleichmäßigen Summens der Gefrierfächer war nichts zu hören.



Plötzlich wurde die Stille von einem Geräusch durchbrochen.

Scully war zu erschrocken, um zu merken, dass das Geräusch von ihrem klingelnden Handy ausging.

Nachdem sie sich wieder gefasst hatte, nahm sie den Anruf an.

"Scully, ich bin's", ertönte eine wohl bekannte Stimme am anderen Ende der Leitung.

"Mulder, gut das Sie anrufen. Ich bin mit den Autopsien fertig und wollte mit Ihnen über das..."

"Schon gut. Sie können mir das Ergebnis gleich geben. Ich wollte nur wissen, ob sie noch in der Gerichtsmedizin sind, damit ich weiß wo ich Sie abholen soll."

"Mulder... Sie müssen mich nicht nach Hause bringen. Sind Sie mit dem Täterprofil vorangekommen?", versuchte sie das Thema zu wechseln.

"Kommen Sie Scully. Ich bin gleich bei Ihnen. Sie haben doch bestimmt Hunger, oder? Ich hab schon was vom Chinesen besorgt. Ich hole Sie ab und dann besprechen wir unsere Ergebnisse beim Essen.", sagte er und legte auf ohne ihr die Chance für eine Antwort zu lassen.



Scully seufzte. Jetzt würde sie hier auf ihn warten müssen. Dabei wollte sie eigentlich nur schnell nach Hause und schlafen. Die vier Autopsien hatten sie mitgenommen.

*Mulder hat besorgt gewirkt.* dachte sie. Sie wusste nicht was sie davon halten sollte, dass er sich Sorgen um sie machte. Einem Teil von ihr gefiel es, wenn er sich um sie kümmerte. Es gefiel ihr sogar gut. Anderseits wollte sie aber keine Schwäche zeigen und mochte es nicht, wenn er versuchte sie zu beschützen.



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Mulder hielt an einem Chinaimbiss an und bestellte. Irgendwie fand er es erschreckend, dass er genau wusste, was er für Scully bestellen musste. Anderseits verbrachte er gerne seine Zeit mit ihr. Außerdem wollte er nicht, dass ihr irgendetwas zustieß.

Da Mulder öfter bei diesem Chinarestaurant hielt, war er dort kein Unbekannter.

"Hallo Agent Mulder. Hatten Sie mal wieder einen langen Tag?", fragte die freundliche Bedienung.

Mulder nickte.

"Ich nehme das Gleiche wie immer, Becca.", antwortete er. Becca nickte lächelnd und verschwand in der Küche.

Wenige Minuten später kehrte sie mit zwei Tüten zurück.

"Setzen Sie's auf meine Rechnung.", sagte Mulder, nahm die Tüten und verschwand.



Er stieg ins Auto und überlegte, welcher Weg zur Gerichtsmedizin wohl der Schnellste wäre. Er wollte Scully nicht länger als unbedingt nötig warten lassen. *Ich will sie nicht länger als unbedingt nötig allein lassen.* dachte er.

Er ahnte nicht, dass er sich lieber um eine andere Frau sorgen sollte. Und noch viel weniger ahnte er, dass der Mörder in seinem Wagen wenige Meter hinter ihm parkte und ihn beobachtet hatte.



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*Oh Fox. Warum tust du mir das an? Warum tust du dir das an? Warum tust du ihnen das an? Ich weiß, dass du nicht willst, dass ihnen etwas passiert. Das würdest du nie wollen. Du willst es verhindern, dass weiß ich.

Ich kenne dich Fox. Ich kenne dich sehr gut. Ich weiß auch, dass du bald begreifen wirst wie du mich stoppen kannst. Ein intelligenter Mann wie du.*

Der Mörder saß in seinem Auto und beobachte wie Fox Mulder mit der Bedienung flirtete. Sie war hübsch, das waren sie alle gewesen. Er hatte Geschmack.

*Ich will sie nicht töten, Fox. Aber du lässt mir keine Wahl. Du hast es auch nicht leicht, ich weiß, aber warum machst du es mir so schwer? Warum machst du es uns so schwer?*

Auch der Mörder hatte es nicht leicht gehabt. Oft schon hatten die Menschen versucht den Mörder zu verletzen, zu töten, zu zerquetschen. Aber nie war es gelungen. Der Mörder war zu flink. Wie eine Fliege - eine gefährliche Fliege, die dem Objekt ihre Begierde überallhin folgte - eine Stalkerfliege.

Jetzt setzte Fox sich in seinen Wagen. Er fuhr los - zu ihr. Aber es gab andere Dinge, die vorher erledigt werden mussten.



Die Fliege stieg aus dem Wagen und überquerte die Straße.

"Guten Abend.", sagte die Bedienung lächelnd.

*Wie kannst du mich nur anlächeln, du kleine Schlampe? Na warte, das Lachen wird dir schon vergehen.* dachte der Mörder.



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Scully langweilte sich. *Warum dauert das so lange?* fragte sie sich. Sie war wirklich müde und wollte ins Bett.

Auch wenn sie zugegebener Maßen gerne Zeit mit Mulder verbrachte, war jetzt eindeutig nicht der richtige Zeitpunkt dafür. *Gott, ich will ins Bett!* dachte sie.

*Mit ihm?*, fragte eine inner Stimme, die Scully - wie immer - sofort verdrängte.



Endlich hörte sie wie sich die Tür der Gerichtsmedizin öffnete. Sie nahm ihren Mantel und ging nach draußen.

Mulder stand bereits in der Tür. Er hielt die Tüten mit dem Essen hoch und grinste.

"Zu mir oder..."

Scully warf ihm einen Blick zu, der ihm sofort klar machte, dass sie nicht zu Späßen aufgelegt war.

*Na gut, dann eben nicht.* dachte er.

"Gehen wir.", sagte er und legte seine Hand auf ihrem angestammten Platz auf Scullys Rücken.



Als sie im Auto saßen beschloss Mulder kurzerhand zu Scully zu fahren. Ihre Wohnung war nicht so weit entfernt und außerdem hatte er keine Ahnung, wann er zuletzt aufgeräumt hatte. Bei Scully war es schlichtweg gemütlich.

"Also, was haben Sie herausgefunden?"

"Der Täter ist sehr brutal vorgegangen. Die Opfer wurden betäubt und dann hat er auf sie eingestochen und ihnen die Schnittwunden zugefügt. Erst danach hat er ihnen die Kehle durchgeschnitten."

"Das passt zu meinem Profil. Der Täter muss die Frauen gehasst haben."

Scully nickte.

"Es war wahrscheinlich ein Mann. Wie die meisten Serienkiller."

"Ja... er ist ihnen körperlich überlegen; sie zeigen keine Abwehrverletzungen.

Allerdings wurden sie nicht vergewaltigt.", erklärte Scully.



Sie schwiegen bis sie Scullys Wohnung erreicht hatten.

Dort angekommen setzten sie sich auf das Sofa. Und begannen zu essen.

"Und ihnen ist wirklich keine andere Verbindung zwischen den Opfern aufgefallen?", fragte Mulder.

"Nein. Das Einzige, was sonst noch auffällig war, ist, dass keines der Opfer am Fundort der Leiche getötet wurde."

Mulder nickte.

"Das erste Opfer starb eine Woche bevor die Leiche gefunden wurde. Beim letzten Opfer waren es nur zwei Tage."

"Verdammt!"



"Was ist los Mulder?"

Mulder nahm hektisch die Autopsieberichte zur Hand und blätterte sie durch.

"Shit!"

"Was ist denn?", fragte Scully erneut. Sie nahm ihm die Berichte aus der Hand.

"Scully, laut ihren Untersuchungen stimmt der Todestag der Opfer mit dem Tag überein, an dem ich sie zuletzt gesehen habe.



Scully sah ihn überrascht an.

"Wollen Sie damit sagen, dass..."

"Ich führe ihn zu den Opfern.", sagte er. "Wir müssen hier weg!"



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*Warum hab ich das zugelassen?* fragte sich Scully als sie wieder neben Mulder im Auto saß. *Ich bin sogar zu müde um mit ihm zu diskutieren.* Sie gähnte und lehnte sich in ihrem Sitz zurück.

*Sie ist müde.* bemerkte Mulder. *Ich sollte sie nicht immer zwingen so lange durchzuarbeiten. Aber wenn wir bei ihr zu Hause geblieben wären...* er wollte den Gedanken nicht zu Ende führen.



Als Mulder den Wagen auf dem Parkplatz des Motels abstellte, war Scully schon eingeschlafen.

Obwohl Mulder sie ungern allein im Wagen zurückließ, machte er sich auf den Weg zum Büro.

Auf dem Parkplatz war kein anderes Auto zu sehen. Vermutlich war der Mörder ihnen nicht gefolgt und Scully war in Auto sicher.



Mulder buchte zwei Zimmer mit Verbindungstür. Als er zum Auto zurückkam schlief Scully noch immer. Er nahm leise das Gepäck aus dem Kofferraum und trug es in die Zimmer.

Dann öffnete er vorsichtig die Beifahrertür. Bevor Scully hinaus fallen konnte, fing er ihren kleinen, warmen Körper auf und trug sie vorsichtig, ohne sie zu wecken ins Motel.

*Wenn das hier jemand aus dem Büro sieht, kommen wir ganz schön in Erklärungsnot.* dachte Mulder. Er legte Scully in einem der Zimmer auf Bett – etwas das er in Gedanken fast jede Nacht tat. Nachdem er sich versichert hatte, dass sie immer noch tief und fest schlief, ging er zurück auf den Parkplatz um den Wagen abzuschließen.



Als er zurückkam, blieb er in der Tür stehen.

Scully lag noch genauso da wie er sie zurück gelassen hatte. *Sie ist wunderschön.* dachte er - mal wieder.

Er stand noch einige Minuten in der Tür - unfähig sich zu bewegen oder seinen Blick von ihr zu nehmen.

Das Mondlicht ließ ihre Haut wie Seide glänzen. Ihr Gesicht wirkte entspannt und friedlich - anders als sonst, noch schöner als sonst.

Er seufzte. Ihm wurde klar, dass er keine Sekunde länger dort stehen bleiben konnte um sie zu beobachten. Er hatte schon jetzt mit dem Verlangen zu kämpfen sich einfach neben sie zu legen.



Schweren Herzens drehte er sich um und ging. Er schloss die Tür hinter sich ab und ging in sein eigenes Zimmer.

Nachdem er seinen Mantel ausgezogen und auf dem Boden platziert hatte, öffnete er die Verbindungstür zu Scullys Zimmer um den Schlüssel auf ihren Nachttisch zu legen.



Er kam nicht so weit. Genau in dem Moment, als er das Zimmer betrat, klingelte sein Handy.

Scully wachte erschrocken auf und saß nun kerzengerade auf dem Bett.

Mulder grinste.

"Ganz ruhig, Scully. Es ist nur ein Telefon!"

"Grinsen Sie nicht so, gehen Sie lieber ran!" *Verdammt, Dana. Warum bist du nur immer so schreckhaft? Und das auch noch wenn er dabei ist!*



Mulder lächelte immer noch als er den Anruf entgegen nahm.

*Wo bin ich eigentlich?* fragte sich Scully. In einem Motelzimmer, das war ihr klar, aber wie war sie dort hingekommen?

Sie wollte gerade fragen, als sie Mulders Gesichtsausdruck sah.



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Die Fliege stand am Fenster ihrer Wohnung.

Die Wohnung war dunkel und kaum möbliert. Es war nur die Zweitwohnung des Mörders.

Um näher bei ihm zu sein.



Unten, auf der Straße, tat sich langsam etwas. Immer mehr Polizeiwagen hielten vor seiner Wohnung. Bis jetzt waren aber weder er noch seine kleine Partnerin aufgetaucht.

Die Stalkerfliege war enttäuscht. Sie hatte damit gerechnet, dass Mulder nach seinem Imbiss nach Hause fahren

würde um die Leiche zu finden. Aber er war nicht gekommen.

Die Fliege war auch zu seiner Partnerin gefahren, aber auch dort war niemand.



Nun endlich hielt ein weiterer Wagen an der Wohnung.

Der glorreiche Agent Mulder stieg aus dem Wagen aus und ging mit festen Schritten auf die Leiche zu. Wie immer wich die kleine rothaarige Frau nicht von seiner Seite.

*Es wäre ein Leichtes sie dazu zu zwingen* dachte der Mörder. *Nein, noch nicht* ermahnte er sich.

*Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns vor dem Bösen* Er müsste zuerst sicher gehen, dass alle Versuchungen beseitigt waren, bevor er sich um das Böse kümmerte.



Der Mörder warf einen hasserfüllten Blick auf die FBI Agentin, die die Leiche auf der Straße untersuchte.

Dann verließ der Mörder das Haus.



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Der Mörder mischte sich unter die Schaulustigen. Wie es für Fliegen üblich war, schwirrte sie vom einen Ende der Menge zum anderen, ohne dabei aufzufallen.

Dabei nahm die Fliege die Umgebung genauestens in sich auf. Mörder müssen auf ihre Umgebung achten.

Nachdem die Fliege mit der Untersuchung der Umgebung fertig war, machte sie sich daran, dichter an das Böse, die kleine rothaarige Agentin, heranzukommen.



Das war nicht schwer. Die Stalkerfliege war nur eine Fliege unter vielen.

Aber sie war weit gefährlicher und mächtiger als die anderen Schaulustigen, die von der Leiche und dem Geruch

des Todes angezogen wurden wie Fruchtfliegen von einem faulen Apfel.

Die Stalkerfliege hatte die Agentin fast erreicht. Sie musste sich zurückhalten, sich zwingen die Agentin nicht sofort mitzunehmen um sie zu bestrafen.



Plötzlich hörte der Mörder eine bekannte Stimme.

"Scully.", rief Fox.

Die Agentin stand auf und ging zu ihm hinüber. Die Fliege sah ihr mit hasserfülltem Blick nach, obwohl sie gut

verstand, dass sie der Stimme dieses Mannes folgte.



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Mulder und Scully betraten Mulders Wohnung.

Die Polizei hatte die Leiche bereits abholen lassen und auch die Spurensicherung war mit ihren Untersuchungen fertig, doch obwohl es nichts mehr zu sehen gab, standen immer noch viele Menschen auf der Straße.



Mulder ließ sich müde auf seine Couch fallen. Scully ließ sich neben ihm nieder.

"Mir ist noch etwas aufgefallen.", verkündete er.

Scully sah ihn erwartungsvoll an.

"Ich weiß jetzt, warum der Mörder die Opfer unterschiedlich lange hat leben lassen... Er hat sie gekidnapped, nachdem ich ihn zu ihnen geführt habe." Er schluckte. "Er hat die Leichen so platziert, dass sie schnell gefunden werden. Aber es ging ihm nicht darum, dass die Leichen schnell gefunden wurden. Er wollte, dass ich die Leichen finde."



Scully sah ihn skeptisch an.

"Soll das heißen, der Mörder hat Sie beobachtet, als Sie das Essen geholt haben und dann die Leiche hier hin gebracht..."

"...weil er davon ausging, dass ich nach Hause kommen würde um die Leiche zu finden."

"Das hätte auch geklappt, wenn wir nicht in dieses Motel gefahren wären, um dem Mörder zu entkommen.", sagte Scully. *Ich würde wirklich zu gern wissen, wie ich aus dem Auto ins Motel gekommen bin* dachte sie. Das musste warten, es gab sehr viel wichtigere Dinge zu erledigen.



"Der Mörder will meine Aufmerksamkeit. Er will mir etwas mitteilen."

"Aber was."

"Er hat die Frauen gehasst."

Scully nickte zustimmend. Mulder schwieg.

"Ich glaube, er hasst sie, weil ich sie kannte, weil ich sie mochte..." *Hoffentlich liege ich falsch.* dachte er als er Scully ansah.



"Sie sollten vorsichtig sein, Scully.", sagte er leise.

"Mulder, ich kann auf mich aufpassen. Wirklich." *Er soll sich nicht immer um mich sorgen.* dachte Scully, obwohl sie wusste, dass seine Sorgen nicht ganz unbegründet waren, wenn er mit seiner Vermutung richtig lag.

Er lag oft mit seinen Vermutungen richtig.
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