World of X

Das älteste Archiv für deutsche Akte-X Fanfiction

Everything Changes

von Kjaelle

1/1

Fast schüchtern klappte sie die Tür ihres eignen Apartments zu und streife sich langsam die Schuhe von den Füßen, bevor sie im Wohnzimmer ihre Sachen auf den Tisch legte. Lächelnd atmete sie ein und ging dann mit leisen, festen Schritten auf die Couch zu, auf der sie einen Mann entdeckt hatte, der sie nicht einmal zu bemerken schien. Vorsichtig schlich sie sich von hinten an ihn heran und legte ihm liebevoll die Hände auf die Schultern und um den Hals, während sie ihn sanft küsste. „Hey“, meinte sie leise und er drehte sich gezwungen lächelnd um, während er ihr eine Strähne des roten Haares aus dem Gesicht strich. „Hat noch länger gedauert?“, fragte er klar artikuliert, doch sie erkannte sofort, dass dies nur eine rein rhetorische Frage war, um ein Gespräch zu beginnen, was sie ihm aber nicht verübeln konnte. Sie nickte und sah in seine verschwommenen, nachdenklichen Augen. Sie kam um die Couch herum und setzte sich zu ihm. „Na, was hast du gemacht?“, ihre Stimme klang ungewohnt zaghaft, während sie näher an ihn heranrutschte. „Nichts Besonderes“, er drehte sich weg und schaute nach draußen in den Regen, der schon den ganzen Tag fiel. Sie lächelte kurz auf, verdrehte aber innerlich die Augen, da sie dieses Verhalten nur zu gut kannte. Er grübelte über Dinge, die er ihr nicht erzählen wollte, da er sie schützen wollte - wie immer - und sie hasste dieses Spiel, da sie sich selbst nicht mehr für ein kleines Kind hielt, das vor schlimmen Sachen beschützt werden musste. Dafür hatte sie genug gesehen und erlebt. Behutsam stand sie auf und fuhr ihm noch einmal durch sein dichtes, dunkelbraunes Haar. „Willst du mir wirklich nicht sagen, was los ist?“, fragte sie noch einmal leise, doch er reagierte nicht sondern starrte in den Regen, als sie sich auf den Weg in die Küche machte. Kopfschüttelnd erinnerte sie sich an die vergangenen Monate, die langen Gespräche und die Offenheit. Das Gefühl der wirklichen Liebe. Sie empfand es noch immer, doch langsam machte er es ihr immer schwerer an ihn wirklich heranzukommen. Dabei wusste sie ganz genau, was ihn bedrückte, das konnte sie sich denken. Seine Schwester, ihre Schwester, die Tatsache, dass sie keine Kinder haben würden und dieser ganze Kram, wie sie ihn manchmal zu nennen pflegte, wenn sie der Tatsachen überdrüssig wurde.





Der Mond schien auf das Bett und sie lächelte kurz, als sie sah, wie er noch einmal aufstand und die Vorhänge weiter zuzog. „Warte, nicht!“, ihre Stimme klang leise, sie war müde. Müde davon sich ständig um alles zu kümmern und müde immer wieder darum zu kämpfen, dass er sie an sich heran ließ. Kurzum legte er sich wieder ins Bett und die Decken raschelten, während er sich zu ihr rüberbeugte und mit seinen Fingerspitzen Kreise auf ihrem Rücken zu zeichnen begann. Fast schon andächtig bewegten sich seine Fingerkuppen über die milchige Haut und er hörte ein leises Flüstern, das immer lauter wurde, da sie sich umdrehte und ihm ihr Gesicht zuwandte. „Hey“, meinte sie wieder, ihre Stimme diesmal verschlafen, sie schaute ihn lange an, der Mond warf sein silbernes Licht auf sein Gesicht und sie erkannte, seine Augen, die sie sehnsuchtsvoll anblickten und seine Hände, die ihre Kreise auf ihrer Brust weiterzeichneten. Doch sie schüttelte den Kopf und nahm seine Hände in die ihren. Was brauchte sie Liebe, wenn das, was sie ausmachte, nicht vorhanden war. Wenn er ihr zwar körperliche Befriedigung verschaffte, aber selbst nicht wirklich anwesend war, da er sich nicht öffnete. In keiner Weise. Eine Leere hatte sich in seinen Augen ausgebreitet, als er ihre Reaktion notierte. „Warum?“, fragte sie so leise, dass es kaum zu hören war und ihre Stimme im Raum noch nachklang. Alles das, was diesen Mann, diesen Menschen wirklich ausmachte war verschwunden. Seine Seele hinter tiefen Abgründen verborgen, eingeschlossen in einem Kerker, den er sich mit der Zeit selbst errichtet hatte. In den er sich selbst einsperrte, weil er glaubte, dass er das alles nicht verdiene. Sie streichelte seine Hände und küsste ihn sanft auf die Stirn. Sie hatte ihn so sehr geliebt, doch warum war es so schwer geworden, genau das zu tun?





Vorsichtig stand sie auf, um ihn nicht zu wecken. Seinen unruhigen Schlaf nicht auch noch durch unbedachte Bewegungen zusätzlich zu beeinträchtigen. Den Blick gesenkt haltend schlich sie sich aus dem Schlafzimmer und ging in die Küche, um das Frühstück vorzubereiten, sie würden heute beide einen anstrengenden Tag haben und sie war kein bisschen müde, während sie sich die Zähne putzte und sich schminkte. Nichts war mehr wie noch vor ein paar Monaten, als er ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen hatte, doch dem trauerte sie auch nicht hinterher. In keiner Weise, sie war bedacht darauf, dass sich Beziehungen veränderten, dass sie wuchsen und dass sie nicht ewig glücklich wie am ersten Tag blieben. Kein Verdruss zeigte sich in ihren Augen, keine Wut ließ sie aufblitzen, sie wusste, dass sie die Wahl hatte. Die Wahl um ihn zu kämpfen, ihn dazu zu zwingen sich ihr zu öffnen, oder sie konnte gehen, weil sie der Beziehung keine Chance mehr geben wollte. Doch sie schüttelte den Kopf. Beide Abzweigungen des Weges gefielen ihr nicht. Vorsichtig setzte sie den Eyeliner ab und schaute sich selbst fragend im Spiegel an. Was hatte sie zu lernen?

Schließlich ging sie aus dem Bad, machte das Licht aus und schaute hinaus auf die nächsten Häuser, die Backsteinfassaden und die alten, weißen Fenster. Der Himmel schien sich frei über die Stadt zu wölben, das zumindest zeigte ihr das Blau und sie entdeckte einen Vogel, der zum nächsten Baum flog. Frei und mit ausgebreiteten Flügeln.



Vorsichtig schloss sie das Fenster wieder und zog dann ihre Pumps an, heute war eigentlich ein ganz normaler Arbeitstag, aber er hatte sie noch immer nicht begrüßt und ihr einen Guten-Morgen-Kuss auf die Lippen gedrückt, wie er es sonst immer tat. Wieder schloss sie etwas, diesmal eine Tür und da, er stand genau vor ihr, sie fragend anblickend. „Guten Morgen“, ihre Stimme klang fest und freundlich, während er ihr nur missmutig zunickte. Innerlich war sie schon wieder dabei die Augen zu verdrehen oder mit dem Fuß auf den Boden zu stampfen, doch sie lächelte gleichmütig weiter. „Ich werde heute mit Tara Jasons sprechen, du kannst ja in der Zwischenzeit die Leiche von Fred Millies untersuchen.“ Das erste Mal erhob er seine Stimme und es war eine Anweisung. Sie nickte und dachte an den Fall, den sie gerade bearbeiteten. „Sicher“, dann ging er, um einen Kaffee zu trinken, während sie die Haustür leise hinter sich schloss und sich auf den Weg machte. Doch ihre Absicht, sofort nach Quantico zu fahren, ließ sie fallen und sie ging. In den Park, in dem sie eben noch den Vogel gesehen hatte. Der matschige Sandweg knirschte unter ihren Sohlen und sie schaute in den Himmel, wieder zogen Wolken auf und sie ging einen Schritt schneller, immer weiter weg von ihrem Haus, von ihm, weiter in den Park hinein, die Rasenflächen begutachtend und sich ganz auf ihren Atem konzentrierend. Sie hatte ihre Lektion gelernt, er hatte sie, die Festung, niedergebrannt. Ausgelaugt, sie bis an ihre äußersten Grenzen gereizt, das feste Gemäuer mürbe und trocken gemacht und dann wie ein Strohfeuer angezündet. Ohne, dass er irgendetwas davon gemerkt hatte. Ohne, dass er es gewollt hatte. Plötzlich merkte sie, wie Tränen aus ihren Augen fielen, ihre Wangen benetzten und dann hinunterliefen. Tief im Innern zog sich etwas zusammen, das, was zerstört worden war. Die Festung war verbrannt und zu Asche geworden, auch wenn sie das niemals zugeben würde, doch durch die Zerstörung konnte etwas Neues gewonnen werden, auch wenn sie diesen Schritt nicht wagen wollte. Gottverdammt, aber sie liebte ihn noch immer. Mehr, als alles andere. Mehr, als sich selbst. Aber der Schmerz, den sie schon lange gespürt hatte, ihn aber immer verdrängt und nicht wahrgenommen hatte, lauerte ihr auf. Sie schluckte heftig und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht. Ein tiefes Sehnen danach, dass sich bald etwas ändern würde.



Der Abend war über die Stadt hereingebrochen. Und die beiden, die uns so wohlbekannt sind, saßen noch in einem Meeting, würdigten sich jedoch keines Blickes. Nicht einmal wenn der andere sprach schienen sie einander zuzuhören. Als säßen sie in verschiedenen Räumen. Später wartete sie hinter der Ecke des Korridors auf ihn und sah ihn fest an, ihre Augen jedoch voller Mitgefühl und Geduld. „Hey, warum willst du nicht reden?“, doch er antwortete nicht und allmählich fragte sie sich, ob sie sich ein Schild mit der Aufschrift. „Hallo, ich möchte gerne mit dir reden“ umhängen sollte, um mehr Beachtung zu finden. Doch sie schüttelte den Kopf und trottete folgsam hinter ihm her.



Schließlich, als sie zu Hause angekommen waren und er das Schweigen unbedingt fortsetzen wollte, brachte sie den Mut auf, auf ihn zuzugehen und ihn noch einmal bohrend zu fragen, ihre Augen waren so starr und mutig wie die eines Tieres, das um seine Beute kämpft.

Aber er reagierte eher. „Kannst du mich verdammt noch mal in Ruhe lassen? Du trittst mit schon den ganzen Tag auf den Zehen herum und scheinst es nicht mal zu merken! Ich habe keine Lust auf deine Gespräche, keine Lust irgendetwas zu analysieren. Kannst du vielleicht eine Sekunde des Tages auch mal aus meinem Blickfeld verschwinden?“, fuhr er sie harsch an und sie zuckte im ersten Moment zusammen, holte dann jedoch zum Gegenangriff aus. „Was hast du? Warum willst du mich verletzten? Bin ich dir nichts mehr wert, oder kannst du nicht über deinen eigenen Tellerrand sehen und erkennen, dass dein Verhalten in letzter Zeit erklärungsbedürftig ist? Es bringt dir nichts, wenn du dich selbst für Dinge bestrafst, an denen du keine Schuld hast. Lass es und öffne die Augen!“ Er funkelte sie aus seinen grünen Augen an und schnappte sich mit einer unberechenbaren Schnelligkeit ihr Handgelenk, das er fest in seine Hand gepresst hielt, während er mit der anderen Hand über ihre Wange fuhr, was sie verwirrte. Mit einem starken Griff zog er sie dicht zu sich heran und legte seinen Arm, während er begann, sie stürmisch und mit einer Verzweiflung zu küssen, die ihr fast den Atem nahm. Sie schaute ihn eindringlich an, erwiderte seinen Kuss aber nicht, was ihm nicht so besonders viel auszumachen schien, da er mit seiner rechten Hand gerade dabei war ihre Bluse aufzuknöpfen und sanft über ihre Brust zu streichen, während er ihr Handgelenk mit der Linken noch immer fest hielt. „Stopp!“, rief sie. Und er hielt kurz inne, sah den gehetzten und vollkommen verwirrten Ausdruck in ihrem Gesicht und ließ sie los. Mit einem Mal, auf einen Schlag. Er wandte sich ab, ohne sie noch einmal anzusehen, sie kehrte auf dem Absatz um und zog die Tür hinter sich zu. Keine Geräusche gelangen ins Treppenhaus, alles war so still, als hätte sich Watte über das Haus gelegt, die jedes Geräusch, jede Empfindung dämpfte. Sie schüttelte den Kopf und fuhr sich mit der Hand durchs Haar, während sie nach draußen auf die Straße ging und ihr schmerzlich bewusst wurde, dass es nichts mehr zu verlieren gab. Keinen Platz, an den sie mehr flüchten konnte und es keine weiteren Verletzungen geben würde. Schnell waren ihre Schritte, als sie zurück in den Park wanderte und wieder den Vogel am Himmel erblickte, der, so friedlich und frei auf einem Baum spazierend, wahrscheinlich zu seinem Nest flog. Der Vogel der Liebe, er musste fliegen, frei sein, sich auf anderen Bäumen niederlassen können, um glücklich zu seinem Nest zurückzukehren können. Die Freiheit, der Vogel ihrer Liebe war im Käfig erstickt. Angst, Schuld und zuviel Nähe hatten ihm die Luft zum Atmen genommen, seinen Freiraum eingeschränkt. Wahrlich freudlos blickte sie dem Vogel nach und wünschte sich die Kraft zu haben diese Beziehung hinter sich zu lassen, zumindest für eine Zeit. Die Kraft etwas Neues anzufangen und einen Phoenix aus der Asche entstehen zu lassen. Sie wusste, dass in keiner Handlung mehr Kraft lag, als in der Kraft des Abschiedes.



Ende



FB ist natürlich immer willkommen: Jette1988@hotmail.com
Rezensionen