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Freitag, der 13te?

von Steffi Raatz

Kapitel 2

Später...

Zur Wiedergutmachung hatte ich mich entschlossen, diesmal auf die Pommesbude zu verzichten und hatte statt dessen ein italienisches Restaurant vorgeschlagen. Scully war sehr erstaunt, unterließ es aber, mich darauf hinzuweisen, daß sie wußte, daß mein schlechtes Gewissen Schuld war.

Einmal mehr an diesem Tag war ich ihr dankbar dafür, daß sie mich ertrug.

Das Essen war gut, der Wein ausgezeichnet und ich hatte mich - oh Wunder - nicht ein einziges mal bekleckert. Auch hatte ich dem Kellner nicht aus Versehen ein Bein gestellt oder gar meiner Partnerin etwas peinliches angetan, nein, der nachmittag verließ außergewöhnlich ruhig.

"Sind die Pannen jetzt vorbei?", sie nippte genüßlich an ihrem Glas Wein und sah zu mir hinüber.

Ich lächelte: "Scheint so, doch beschwören möchte ich es nicht."

"Gut, dann werden wir das Thema jetzt meiden!", murmelte sie in ihr Glas und trank den letzten Schluck aus.

Ich hob die Hand, um den Ober zu rufen. Wir hatten nun mehr als zwei Stunden in diesem Restaurant gesessen und unsere Mittagspause sehr überstrapaziert, es wurde an der Zeit, zurück zur Arbeit zu kehren.

Noch während ich zahlte, stieg in mir erneut ein sehr ungutes Gefühl auf, ich ließ mir jedoch nichts anmerken, wollte ich meine Partnerin doch nicht beunruhigen.

Doch es blieb unvermeidlich. Während ich meine Geldbörse hervorholte, sprang diese auf und jegliches Kleingeld, welches ich bei mir hatte, suchte sich seinen Weg über den Tisch, den Boden und quer durch den Raum.

Murrend und fluchend ging ich in die Knie, sammelte jeden Heller wieder ein und stieß mir prompt den Kopf an einem der Nachbartische, was zur Folge hatte, daß der Dame, die dort saß, ihr Essen in den Schoß und über das gesamte Kostüm kleckerte.

Ich war untröstlich... und peinlich war das ganze. Ich ließ meinen Blick zu Scully schweifen, die sich die Hände vor den Mund geschlagen hatte und meines Erachtens sogar am Kichern war.

Peinlich berührt entschuldigte ich mich mindestens tausend mal bei der Damen, gab ihr für die Reinigung Geld und schlich mich anschließend zu meinem Tisch zurück.

Ich haßte diesen Tag... ich haßte ihn wirklich.

Scully hatte währenddessen bereits den Ober bezahlt und reichte mir meinen Mantel. Wir redeten nicht, aber ich konnte Scullys Grinsen sehen.



Später...

Für den restlichen Arbeitstag verkroch ich mich in die hinterste Ecke meines Büros. Dort saß ich und schwieg, bewegte mich keinen Zentimeter von der Stelle und hoffte, den Tag heil zu überstehen. Einzig und allein die Tasse Kaffee durfte in meine Nähe, wurde mir aber ebenso zum Verhängnis wie mein Bücherregal, von dessen Brettern sich zwei Bücher lösten und meinen Kopf ins Visier nahmen.

Aber was sollte es schon.... es war sowieso ein hinlänglich fürchterlicher Tag. Ich war bedient, ich war mit den Nerven am Ende und doch irgendwie auf alles vorbereitet. Ich war nur froh, daß mir ein Wochenende bevor stand, um mich zu regenerieren.

Erneut schickte ich einen giftigen Blick zu Scully, die mich immer wieder mitleidig ansah. Verdammt, ich brauchte kein Mitleid, vielmehr ein Wunder, doch das war vermutlich zu viel verlangt.

"Wollen sie nicht endlich ins Wochenende starten?!" Scully's Stimme drang durch mein Selbstmitleid und ich warf einen Blick auf die Uhr und anschließend auf den Kalender.

"13.?", entfuhr es mir fast hysterisch und ich muß sagen, in diesem Augenblick glaubte ich verrückt zu werden.

"Bitte?", der Blick meiner Partnerin zeigte wieder deutlich den Zweifel an meinem Verstand.

"Freitag, der 13.!", entfuhr es mir entgeistert.

Natürlich, das war es! Deshalb hatte ich all diese schrecklichen Pannen, deshalb geriet ich ständig in jegliche Fettnäpfchen.

"Sie glauben doch nicht etwa, daß der Tag mit ihrer Pechsträhne zusammen hängt?", entgegnete sie ungläubig, doch ich ließ mich nicht beirren.

Es konnte nur an dem Datum liegen.

Wir begannen eine Grundsatzdiskussion über Paranoia und Aberglaube, die unweigerlich damit endete, daß ich nach gab: "Verdammt, lassen sie mir doch meine Illusionen! Ich werde sonst noch wahnsinnig!"

Vermutlich hatte sie Recht, vermutlich war es die beste Lösung, doch ich fühlte mich irgendwie entmündigt, als sie beschloß, mich in ihr Auto zu verfrachten und nach Hause zu fahren.

Gut, sicherlich, ich war kurz vorm Nervenzusammenbruch, ich trat in ein Fettnäpfchen nach dem anderen, aber war das ein Grund mich so zu behandeln?

Ja, natürlich war es das! Ich schaffte es ja schließlich nicht einmal heil bis zum Parkplatz. Zwei Mülleimer und ein Pflanzenkübel fielen mir zum Opfer und Scully konnte uns gerade noch vor schlimmen Stürzen bewahren. Ja... uns, denn ich hätte sie wiedermal fast mit mir zu Boden gerissen.



Später...

Es schien mir fast wie ein Wunder, als wir unbeschadet vor meiner Wohnungstür hielten. Scully löste ihren Gurt und sah zu mir hinüber.

Ich war ein Wrack, ein körperliches und seelisches Wrack. Ich wollte nicht wissen, was zu diesem Zeitpunkt in ihrem Kopf vorging, welche Gedanken sie sich über mich machte. Vermutlich waren es nicht gerade die schmeichelhaftesten.

"Der Tag ist nicht mehr lang und wenn sie sich ausgeschlafen haben, wird es ihnen wesentlich besser gehen!"

Ich verzog mürrisch das Gesicht: "Ihre Worte in Gottes Ohr!"

"Das wird schon wieder", versuchte sie mich zu beruhigen und drückte meine Hand in einer tröstlichen Geste.

Eigentlich konnte ich ihr dankbar sein, daß sie meine Launen und mein Pech so über sich ergehen hatte lassen. Immerhin hatte ich sie zweimal zum Gespött aller werden lassen.

"So und nun steigen sie aus! Sehen sie mich nicht mit einem so leidvollen Blick an und hören sie auf an diesen dummen Aberglauben von Freitag, dem 13. zu glauben", ihre Stimme war sanft und energisch zugleich.

Ich hätte schwören können, sie redete mit mir, wie mit einem kleinen ungezogenen Kind. Na gut, ich wollte mich ja nicht streiten, also nickte ich brav, öffnete die Tür und wurde plötzlich in meinen Sitz zurück gerissen.

Es gab einen lauten Knall und ein Ruck fuhr durch den Gurt, den ich glatt vergessen hatte zu lösen. Doch diesmal schien eigenartiger Weise das Glück auf meiner Seite zu stehen. Der Gurt hielt mich davon ab, einen Segelflug durch die Frontscheibe zu veranstalten, was mich irgendwie jedoch nicht verwundert hätte, wäre es doch geschehen, so ein Glück wie ich derzeit hatte.

Einen Blick zurück über den Sitz werfend, erkannte ich die Ursache des Ruckes. Ein Kleintransporter hatte das Heck von Scullys parkendem Wagen getroffen, vielmehr Platz in dessen Kofferraum genommen.

Ich konnte von Glück sagen, daß ich den Gurt vergessen hatte. Vielleicht war meine Pechsträhne vorbei, vielleicht hatte das Martyrium jetzt ein Ende.

Erschrocken kam mir in den Sinn, daß Scully noch kein einziges Wort seit dem Aufprall von sich gegeben hatte und zu meinem Entsetzen mußte ich dann auch noch feststellen, daß sie mit dem Kopf auf dem Lenkrad lag und bewußtlos war.

Verdammt, sie hatte ihren Gurt gelöst, schoß es mir durch den Kopf.

Ich rüttelte sanft an ihrer Schulter, strich ihr über das Haar und versuchte sie zu Bewußtsein zu bekommen.

So ein Mist, ich war doch nicht der Mediziner von uns beiden, ich konnte doch nicht wissen, ob sie ernsthaft verletzt war.

"Scully... Scully hören sie mich!"



Später...

Zu meinem Erstaunen hielt meine Glückssträhne an. Während ich meine Partnerin aus dem Auto gehievt und in meine Wohnung getragen hatte, gab der Transporterfahrer alles zu und hinterließ mir seine Adresse und seine Firmenanschrift, damit ich den Schaden an Scullys Auto dort geltend machen konnte.

Wichtig war für mich jedoch nur, daß meine Partnerin wieder zu Bewußtsein kam. Ich verzichtete jedoch auf den Krankenwagen, nachdem ich festgestellt hatte, daß sie sich lediglich eine Platzwunde an der Stirn zugezogen hatte.

Da saß ich nun, dachte über diesen verrückten Tag nach und wachte an ihrer Seite. Sie konnte denken oder sagen, was sie wollte, aber ich war fest überzeugt, daß meine Pechsträhne mit dem Datum zusammen hing.

Als sie ihre Augen wieder öffnete, nahm ich das feuchte Tuch von ihrer Stirn und mußte lächeln.

"Oh.... mein Kopf", sie tastete nach ihrer Stirn und befühlte ihre Wunde. Mit einem erschöpften Seufzer ließ sie die Hand wieder fallen und sah zu mir hinüber: "Was ist passiert? Wir haben im Wagen gesessen..."

"Und dann suchte ein Kleintransporter eine Mitfahrgelegenheit und hatte sich dazu ihren Kofferraum erkoren."

Sie sah mich verständnislos an und ich seufzte resigniert: "Ein Kleintransporter ist uns hinten drauf gefahren!" Vielleicht sollte ich es wirklich unterlassen Scherze zu machen, wenn sie sowieso keiner verstand.

"Mein Auto?", ihre Stimme klang matt.

"Mir geht es gut, danke der Nachfrage, ihrem Auto hingegen... ich denke, einschläfern wäre die beste Methode!", witzelte ich und wurde mit großen Augen angesehen.

"Ich soll sie einschläfern lassen?"

"Mich doch nicht, das Auto!", erklärte ich verstört und machte dann eine wegwerfende Handbewegung, "Ich weiß gar nicht, warum ich immer wieder versuche lustig zu sein, wenn mich sowieso nie jemand versteht!"

Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen: "Ihnen scheint nichts passiert zu sein."

"Nein", ich seufzte, "meine Pechsträhne scheint vorbei zu sein."

"Dann ist ja gut! Ich dachte schon, sie steigern sich in diese 'Freitag, der 13.'-Sache hinein", lamentierte sie und versuchte sich aufzusetzen.

"Hey, so unwahrscheinlich ist das doch gar nicht", erwiderte ich, wurde jedoch mit einem schiefen Blick gestraft.

Sie schüttelte nur den Kopf und setzte sich ganz auf.

Ich wollte sie noch warnen... ehrlich, wollte ich! Doch es war bereits zu spät. Mit einem erschreckend lauten Rumps stieß ihr Kopf an die Kante meines Regals und ließ sie Sterne sehen.

Während sie mich benommen und mit leicht Schmerz verzerrtem Gesicht anblickte, gab ich ihr das feuchte Tuch zurück, welches ich im Badezimmer entsorgen hatte wollen. Es klatschte, als sie es sich schwungvoll auf die Stirn legte und ein feuchtes Rinnsal lief ihr Gesicht hinab und in ihren Ausschnitt.

"So viel zum Thema Mißgeschicke!", lächelte ich und wollte mich gerade entfernen, da hörte ich es erneut poltern.

"Haaaaaaaaaaaaeeeeisssss!", zischte sie und schüttelte ihre Hand.

Ich hätte lachen können. Ja, lauthals lachen! Es lag mir auf der Zunge, brannte in meiner Kehle und doch versuchte ich es zu unterdrücken. Sie hatte mich schließlich auch nicht ausgelacht, als ich von einer Panne in die nächste gestolpert war.

So fischte ich nur den umgekippten Becher mit der letzten Pfütze Tee von ihren Beinen und schmunzelte leise vor mich hin.

"Das gibt’s doch gar nicht!", fluchte sie und wischte sich mit dem Tuch von ihrer Stirn die Hand ab.

"Ich glaube, jetzt sind sie vom Pech verfolgt!", warf ich ein und erntete böse Blicke.

"Das ist reiner Zufall!"

Ich nickte: "Ja genau!"

"Eine Verkettung unglücklicher Umstände!", protestierte sie.

"Ich sage nur Freitag, der 13.!", kam es lediglich von mir.

"Ich bin nicht abergläubisch... und ich glaube schon gar nicht..." weiter kam sie nicht, da stieß sie sich bereits das Knie, als sie aufstehen und ins Badezimmer gehen wollte. Dem Knie folgte der Sessel, dessen Lehne sie zu einem akrobatischen Meisterstück animierte, wie es noch vor Stunden bei mir hätte der Fall gewesen sein könnte. Kaum hatte sie sich gefangen, blieb sie irgendwo hängen - ich kann nicht einmal sagen, woran, doch der Stoff ihrer Bluse machte ein reißendes Geräusch. Mißmutig betrachtete sie den zerrissenen Ärmel, ehe sie zurück zum Sessel starrte, der ihr zum Verhängnis geworden war.

"Ich sage nur Freitag, der 13.!", griente ich und machte mich auf den Weg zur Küche.

"Niemals!", hörte ich es hinter mir.

"Freitag, der 13.!", wiederholte ich amüsiert und wartete auf ihren Protest, doch der verstummte bereits im Ansatz.

Ich hörte es wiederum poltern und warf einen Blick zurück.

Scully lag am Boden und versuchte sich gerade wieder aufzuraffen. Ein paar Schuhe waren ihr zum Verhängnis geworden und ich fühlte mich noch mehr bestärkt in meiner Theorie.

Aber da ich ja kein Unmensch war, ging ich zurück und reichte ihr meine helfende Hand. Wenngleich sie mürrisch und nicht besonders gut auf mich zu sprechen war, so nahm sie meine Hilfe dennoch an und ließ sich hochziehen.

"Glauben sie mir endlich?", ich wartete förmlich auf ihren Protest.

"Ich kann einfach nicht glauben, daß ein Tag an all dem Schuld sein kann!", erwiderte sie energisch.

Ich ließ sie los und beobachtete sie. Mein Gott, hatte ich auch so mitgenommen ausgesehen? Welch erschreckender Gedanke!

"Ich werde mich jetzt erstmal duschen, wenn es ihnen Recht ist!", murrte sie und tastete sich zum Badezimmer.

"Bitte, tun sie sich keinen Zwang an", entgegnete ich und steuerte erneut die Küche an. Plötzlich fiel mir siedend heiß ein, daß mein Heißwasserboiler nicht richtig funktionierte und ich bereits mehrmals das Vergnügen gehabt hatte, unter eiskaltem Wasser zu stehen.

Ich wollte gerade die Tür öffnen und sie warnen, da erklang aus dem Inneren des Badezimmers bereits ein Schrei: "KAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAALT!!!"

Die Hand bereits an der Klinke zog ich mich zurück, wanderte wieder in die Küche und setzte einen Kaffee auf.

Ich sah auf die Uhr. Es war erst früher Abend, der Tag war noch lang. Wenn meine Theorie stimmte, dann lagen noch viele Fettnäpfchen vor ihr, aber sie wollte mir ja nicht glauben.

Ein erneuter Schrei erklang aus dem Badezimmer und ich zuckte zusammen. Vermutlich war das heiße Wasser jetzt wieder angegangen.

Mein Blick blieb an der Tageszeitung hängen und ich mußte unwillkürlich grinsen: "Freitag, der 13.!"



Ende
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