World of X

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Blutende Rosen

von Devra Lee Campbell

Kapitel 2

Etwas später, vor Sheriff Hollows Apartment

"Mulder, machen Sie schon, bevor uns noch jemand sieht!" Während Fox am Schloß von Apartment 107 herum hantierte zog Dana ständig Kreise hinter ihm. "Jetzt hören Sie mal auf hinter mir ein Loch in den Boden zu trampeln. Tadaa!" "Eines möchte ich wirklich gerne erfahren. Woher können Sie das so perfekt? Na, eine Vergangenheit, die sie mir da verschweigen?" "Meine Vergangenheit ist sauber, ehrlich." "Glaub ich nicht, aber wir sollten jetzt trotzdem zu suchen anfangen. Was überhaupt?" "Hinweise." "Worauf?" "Auf vielleicht andere Morde. Was weiß ich, irgendetwas Brauchbares!" Mit diesen Worten verschwand der dunkelhaarige FBI - Agent im Schlafzimmer von Hollow, wogleich Dana sich in dessen Wohnzimmer zu schaffen machte. "He, Scully, da sollten Sie sich mal etwas ansehen." "Was denn?" "Kommen Sie schon her!" Als Dana das Schlafzimmer betrat, glaubte sie ihren Augen nicht trauen zu können. "Fan? Das ist meiner Meinung nach ja mächtig untertrieben!" Über einem Schreibtisch, der neben dem Fenster stand hingen eine Menge Fotos, Zeitungsausschnitte und Bilder von Dana, der nun ein wenig mulmig wurde. "Auch egal, jedem das Seine. Wir sollten mal hier zu suchen anfangen. Warum sind Sie sich eigentlich so sicher, daß es mehr Morde gegeben hat?" "Hollows Gesichtsausdruck. Er verschweigt uns etwas und will nicht mit uns zusammenarbeiten. Er will uns hier weghaben, weil wir etwas herausfinden könnten, das ihn möglicherweise den Kopf kosten könnte." "Und was zum Beispiel?" "Ein ungelöster Mordfall. Ein frei laufender Serienkiller, der nur dadurch noch weiter morden kann, weil Hollow keine Spuren hat, die ihn überführen würden. So, und da kommen wir dann ins Spiel, die schlauen FBI - Agenten, die Hollow den Fall vor der Nase wegschnappen und ihn damit schlecht aussehen lassen. Wenn Sie mich fragen, hat er davor Angst. Da, Scully, eine Diskette." Auf dem Aufkleber stand in großen Buchstaben geschrieben: "Der Rosenmörder - 1996" "1996? Scully, das sind zwei Jahre!" "Zwei Jahre also schon." "Was tun wir denn jetzt?" "Sie werden diese Frau obduzieren, gleich morgen früh. Und ich stelle Hollow zur Rede." "Aber womit? Wir sind bei ihm eingebrochen, eine Straftat, Mulder, dafür könnte er uns anklagen!" "Ich werde ja nicht zu ihm gehen und ihm sagen, daß ich von ihm zufällig eine Diskette mitgehen hab lassen. Ich sag einfach, wir hätten einen Informanten, durch den wir die Wahrheit über den Fall erfahren haben. Ich werde jetzt gleich die Disk in meinen Laptop geben und sehen, was darauf ist. Wahrscheinlich eine Akte." "Lassen Sie uns besser verschwinden, bevor Brad zurückkommt, sonst haben wir ein Problem." "Gut, verschwinden wir, wo wir ja jetzt haben, was wir wollen."

Bakerscour Hotel, 16:28

Dana lag neben Fox auf dem Bett, die Hände weit ausgestreckt, geschlossen ihre Augen. Ein kurzer, studierender Blick fiel auf sie, dann wandte Fox sich wieder seinem Laptop zu. "Hab ich Ihnen eigentlich schon mal gesagt, daß Sie recht attraktiv sind?" "Nein, eigentlich noch nicht. Worauf wollen Sie denn hinaus? Hm?" "Ach, nichts Wichtiges." "Aha." Ein verlegener Grinser machte sich in Fox’ Gesicht breit während er an den Tasten seines Laptops herum tippte. "Warum grinsen wir denn so unschuldig? Haben wir etwa schmutzige Hintergedanken?" "Nein, was halten Sie denn bloß von mir?" "Mulder, wir kennen uns jetzt fünf Jahre, oder, und ich meine, wir kennen einander bereits besser als irgend jemand anders." "Worauf wollen Sie hinaus?" "Ich meine ja nur, sie würden mir doch auch ein Geheimnis anvertrauen, würden mir sagen, wenn etwas mit Ihnen nicht stimmt. Oder nicht?" "Ja, aber das kommt dann wohl darauf an, auf die Situation eben und so." "Sie sind so merkwürdig. Was ist los, Mulder? Sie wissen doch, wir können reden." Mit diesen Worten rappelte sich Dana auf und setzte sich neben Fox, der versuchte ihre Augen zu meiden, weil er wußte, seine würden ihn verraten, seine Gefühle widerspiegeln, die er für Dana empfand. "Hey, was ist denn los? Schon am Flughafen waren Sie so anders. Haben Sie vor etwas angst?" Dana legte ihre Arme um Fox’ Hals und zog seinen Kopf ihr nahe. Mit ihren Händen hielt sie sein Gesicht, streichelte in sanft und fuhr fort: "Wir können doch reden. Sagen Sie mir, was Sie bedrückt." Er mußte nun in ihre Augen sehen, konnte nicht weg, obwohl er sich am liebsten in diesen Sekunden von seiner Partnerin losgerissen hätte. Er sah sie an, traute sich kein Wort zu sprechen, keine ebenso liebe Geste ihr zu schenken. Er saß nur da, hielt inne und wartete ab, was sie als nächstes sagen würde. Doch schwieg Dana, schwieg nur und lächelte ihn nun an. Dann drückte sie Fox an sich und strich über seinen Kopf, der auf ihrer Schulter ruhte. Immer wieder fiel Fox dieser Traum ein, ein gar schrecklicher Traum, den er auch zu Hause gehabt hatte, der ihn letzte Nacht erneut gequält. Sollte er ihr denn wirklich gestehen, daß er eigentlich Angst um sie hatte, Angst, sie zu verlieren? Immer wieder hatte er sie gesehen, laufen, Tränen in den Augen, erfüllt mit Angst. Sie war gelaufen, blutig ihr Gesicht, ihre Hände, zerrissen ihr Kleid, auch blutverschmiert. Sie lief um ihr Leben und da, da war dieser Mann gewesen, hatte sie gepackt, zurück gerissen und mit ihr gekämpft. Er hatte ein Messer bei sich, stach auf sie ein, und Fox war dagestanden, hatte ihr nicht helfen können, mußte zusehen, wie dieser Mann Dana tötete. Dann wachte er auf, Angstschweiß auf der Stirn, und fühlte eine Kälte, die ihn umgab, die Kälte, die er verspüren würde, wäre es kein Traum gewesen, hätte dieser Psychopath Dana wirklich ermordet. Es war diese Leere, die er fühlte ohne sie, ohne ihre Wärme, ihre Nähe. "Scully." "Ja." "Ich habe ständig diesen Traum, ein fürchterlicher. Sie sterben darin. Ich glaube, es hat mit dem Rosenmörder zu tun." "Wie meinen Sie das." "Ich weiß nicht recht, aber ich habe doch gesagt, ich fühle, es wird etwas passieren." "Und Sie glauben, ich muß sterben? Mulder, vielleicht liegen wir falsch, gibt es diesen Mörder nicht." "Er ist der Rosenmörder, und er hat Sie ermordet, erstochen." Zärtlich küßte Dana Fox’ Stirn, sah ihn mit beruhigenden Augen an und flüsterte: "Ich habe doch einen Beschützer. Der wird mich nicht töten, solange Sie bei mir sind. Ich vertraue Ihnen ja mein Leben an." *Ihr Beschützer hat aber versagt.* Fox entzog sich ihrer Umarmung und schenkte nur noch dem Laptop seine Aufmerksamkeit, wollte er jedenfalls. "Mulder." * Mir ist so kalt, mir ist kalt ohne Sie. Sie verstehen mich ja doch nicht, auch wenn Sie die Wahrheit wüßten.* "Was machen Sie da?" "Sie ist verschlüsselt. Ich muß den Code irgendwie knacken." "Ein Paßwort, sehr schlau. Versuchen Sie es doch mal mit ‘DANA’." "Ok." Dann erschienen auch schon vier kleine Sternchen auf dem Bildschirm und eine Leiste mit dem Wort ‘CORRECT’ leuchtete auf. "Woher...?" "Weibliche Intuition. Sieh sich das mal einer an. Das sind ja mindestens fünfzig Frauennamen. Worauf sind wir da bloß gestoßen?" "Emily Barkin, 25, Lilian Jackson, 32, Diana Farlow, 33, Joanne Huskins, 29,und so weiter. Gott, das sind Listen!" "Hier, das Datum war doch vor drei Tagen!" "Sandra Wallfort, 30, Lehrerin an einer Grundschule hier in Superior. Sie galt seit dem 24. Als vermißt." "Er hatte sie nur einen Tag in seiner Gewalt." "Hier sind Fotos der Leichen aufgelistet." "Wer tut so etwas Schreckliches?" Die Tote war bis zur Unkenntlichkeit zerschnitten, völlig in Blut getränkt. Sie trug ein schwarzes Kleid, wie auch alle anderen Opfer, das ebenfalls zerrissen und zerschnitten war. Neben dem Foto war ein zweites, eines des Opfers, bevor es seinem Mörder in die Hände gefallen war. "Die Schönheit muß sterben, um ihr Leben zu erhalten." "Was haben Sie da gerade gesagt?" "Thomas Gracen." "Ach ja, der Autor. Wohnt der nicht hier in der Gegend?" "Ja, er hat ein Haus am Ufer vom Mille Lacs. Eine kleine Villa mit Wintergarten, was ich so weiß." "Ihr Lieblingsautor?" "Kann man wohl sagen." "He, meiner auch. Ich finde, er versteht es wirklich blendend sich auszudrücken und die Ängste der Menschen festzuhalten. Er konfrontiert sie mit der beinharten Realität." "Ja, das schätze ich auch so an ihm." "Wir könnten uns mal in der Gegend um den See herum umhören, ob vielleicht doch jemand etwas mitgekriegt hat. Das wär ja nicht das erste Mal, daß Hollow uns belogen hat. Und bei der Gelegenheit hätten wir dann auch einen Grund Gracen einen Besuch abzustatten." "Das wär toll." "Gut, dann lassen Sie uns gehen. Aber erst werde ich die sicher verwahren." Er holte die Diskette aus dem Laptop und gab sie in seinen Aktenkoffer, den er dann unter das Bett schob. "Gehen wir!"

Mille Lacs Lake, 19:30

"Wow, jetzt haben wir alle 13 Rentner durch, zwei davon sind schon lange unter der Erde und das letzte Haus ist endlich das von Gracen." "Sieht wunderschön aus. In dem Spukhaus käme ich mir vor wie Ottisha Addams." "Scully, wenn wir mal verheiratet sind, dann kaufen wir uns auch so was!" "Ja, ja, träumen Sie nur weiter!" Dana drückte auf den Knopf der Sprechanlage, aus welcher sogleich eine Frauenstimme ertönte. "Ja?" "Mein Name ist Dana Scully, ich bin FBI - Agentin, und mein Partner, Fox Mulder, und ich möchten Mister Gracen nur ein paar Fragen stellen. Es wird auch nicht lange dauern." "Haben Sie denn einen Termin?" "Termin? Na hören Sie mal, braucht die Polizei bei einem Autor denn einen Termin?" "Nein, ist schon gut, kommen Sie herein!" Ein lauter Ton kam aus der Anlage und das schmiedeeiserne Eingangstor öffnete sich mit lautem Knarren. Dahinter erschien ein riesiges Anwesen, viel zu futuristisch für diese altertümliche Umgebung. Kohlrabenschwarz, rote Fensterrahmen. Vier Wände, in denen sich nicht mal die Addams Family wohl fühlen könnte. Als sie an der hohen Türe angelangt waren, wurde diese gleich geöffnet, und ein großgewachsener, schwarzhaariger junger Mann kam zum Vorschein. "Guten Tag, ich bin Thomas Gracen. Kommen Sie doch herein!" Nachdem die beiden eingetreten waren und ihre Mäntel an einem Haken in der Garderobe abgehängt hatten, begleiteten sie den freundlich lächelnden Autor in sein Wohnzimmer, wo sie sich mit ihm auf eine Couch setzten. "Möchten Sie etwas trinken?" "Nein, danke. Wir wollen Ihnen ja nur ein paar Fragen stellen, über diese Morde, die in den letzten zwei Jahren vorgefallen sind, hier in der Umgebung. Wird nicht lange dauern." "Wissen Sie, ich bekomme nur sehr selten Besuch, deshalb freue ich mich darüber besonders, daß Sie hier sind. Ich habe mich schon gewundert, was das FBI hiermit zu tun hat. Sheriff Hollow und seine Deputies haben doch damit zu tun, dachte ich jedenfalls." "Sie haben auch noch damit zu tun, nur wurden wir zu dem Fall hinzugezogen, weil man noch immer im Dunkeln tappt." "Aha, noch immer nicht. Ist ja interessant. Ich dachte, sie hätten den Mörder ja schon." "Davon ist mir und Agent Mulder nichts bekannt." "Vor einem Monat oder so, da haben die einen erschossen, den Mörder, wie in allen Zeitungen davon berichtet wurde. Dann hat es aufgehört, das Morden. Keiner wollte mehr davon wissen. Ich hab es von den Leuten hier erfahren. Einen Fernseher oder Radio habe ich nicht, das lenkt nur ab, aber die Leute reden gerne. Wissen Sie, jetzt brauche ich immer sehr viel Ruhe, denn ich schreibe an einem neuen Buch, das bald fertig werden wird. Und deshalb habe ich mich in letzter Zeit nur sehr selten außer Haus gewagt, aber dann das Wichtigste doch erfahren, über die Zeitungen und so." "Wir dachten nur, vielleicht könnten Sie etwas gesehen haben, letzte Nacht." "Warum das? Ich dachte, die hätten ihn." "Nein, der Mörder läuft noch frei herum, tötet weiter. Gestern Nacht hat er erneut zugeschlagen, wieder eine junge Frau, nicht weit von hier, im Wald. Er hat sie den Felsen hinunter gestoßen." "Sie nennen ihn den Rosenmörder, weil er der Toten eine Rose hinterläßt. Auch dieser?" "Ja, neben ihr lag eine Rose." "Dann ist er es also doch. Ich frage mich nur, wie lange das noch so weiter gehen soll. Diese Brutalität. Als ich es in der Zeitung gelesen habe, da konnte ich es nicht glauben. Ich würde Ihnen ja sehr gerne helfen, aber ich war gestern Nacht hier, habe geschrieben, aber nichts gehört. Nachts gehe ich außerdem nicht mehr außer Haus." "Sie sehen sehr müde aus. War es gestern denn eine lange Nacht?" "Wie man’s nimmt. Ich bin so um halb Zehn dann schlafen gegangen. Normalerweise gehe ich erst später schlafen, aber ich war ziemlich geschafft von der Versammlung gestern. Sie wissen schon." "Die Autoren Zusammenkunft in St. Paul?" "Ja, genau die." "Ich glaube, für’s Erste war es das mal. Danke für Ihre Hilfe, denn ob Sie es glauben oder nicht, Sie haben uns weiter geholfen." "War mir doch ein Vergnügen Agent Scully." "Gut, dann gehen wir jetzt mal wieder. Auf wiedersehen, Mister Gracen." "Auf wiedersehen Agent Mulder, Agent Scully." "Ach, ah...naja, könnten Sie vielleicht, wenn es Ihnen nichts ausmacht?" Dana hielt Gracen ein Buch hin. "Scully, wo bleiben Sie denn?" Fox war schon zur Tür hinaus und auf halben Weg zum Tor. "Mein Buch, äm, signieren?" "Aber gern. Wenn Sie möchten, dann spiele ich auch kleiner Spion und hör mich ein wenig in der Gegend um. Möglicherweise kann ich etwas für Sie in Erfahrung bringen. Ich will Ihnen ja helfen. Sie müssen diese Bestie finden." "Das werden wir schon noch, verlassen Sie sich darauf. Danke für Ihr Autogramm. Auf wiedersehen." Dana schlüpfte in ihren langen Mantel und verließ nun ebenfalls das schaurige Haus. Gracen stand noch da, sah ihr nach, bis sie schließlich zu Fox in den Wagen stieg, und dieser wegfuhr. "Nett." "Ich weiß nicht so recht, zu nett, wenn Sie mich fragen, aber ich glaube, er wollte nur seine Ruhe haben und uns deshalb schnell loswerden. Ist aber sauber, denke ich." "Ja, ich auch. Er macht einen eher schüchternen, kaum nervösen Eindruck, also glaube ich nicht, daß er etwas mit der Sache zu tun hat." "Wenigstens konnte er uns ein bißchen weiter helfen. Immerhin wissen wir jetzt, daß Hollow uns in noch einer Sache angelogen hat." "Der Mann, der von seinen Leuten erschossen worden ist?" "Genau. Und ich bin der Meinung, wir statten unserem Lügenfreund mal einen kleinen Besuch ab."

Sheriff Office, Superior, 20:10

Als Dana und Fox die Polizeistation betraten fiel ihr Blick sofort auf die Braunhaarige Frau, mittleren Alters, die sich hinter einem Computer ihre Fingernägel lackierte und die beiden kaum bemerkte. "Guten Abend, ist Sheriff Hollow hier?" "Was, wer? Scheiße, jetzt hab ich den Lack verschmiert! Zu wem wollen Sie?" "Sheriff Brad Hollow." "Der ist nicht da." "Und wann kommt er wieder?" Fox fiel es schwer noch freundlich zu klingen, aber er versuchte es zumindest. Die Frau in Uniform schob sich mit ihrem Drehsessel hinter dem Computer hervor, um sich die beiden genauer anzusehen, und kaute weiter an ihrem Kaugummi. "Der ist nicht da, oder sehen Sie ihn irgendwo? Ich nicht, also suchen Sie ihn woanders." Dana warf Fox einen genervten Blick zu, den er sogleich erwiderte. "Und wann kommt er zurück?" "Vor morgen früh sicherlich nicht. Der ist weg, auf irgend so’ner Konferenz für Schleierschwänze. War das alles?" "Ja, danke, und auf nimmer wiedersehen." Dann machten Dana und Fox so schnell sie konnten einen Abgang, und setzten sich zurück in den Wagen. "Wohin jetzt?" fragte Dana geschafft. "Ins Hotel zurück. Vor morgen werden wir nichts tun können. Vor allem aber müssen wir mehr über diesen Fall herausfinden, und Hollow scheint uns da gerade recht zu kommen." "Ich bin müde. Dieses ewige Herumlaufen, da und dann dorthin, hat mich echt geschafft." "Ach, wirklich?" Fox zog eine Hand vom Steuer und drehte seinen Kopf ein Stückchen zu Dana, um sie aus dem Augenwinkel betrachten zu können. Dann streichelte er über ihre Wange und lächelte: "Wir sind ja bald da, dann können sie sich ausruhen."

Bakerscour Hotel, 20:21

Im Flur standen Dana und Fox sich noch kurz gegenüber. "Ich werde mir noch die Diskette fertig ansehen. Vielleicht finde ich noch eine Information, bezüglich des Täters oder so." "Gut, und ich werde mein Buch weiterlesen." "Von Gracen?" "Jep." "Welches?" "Totengräbernacht." "Ist gut, hab ich auch. Sagen sie mal, was haben sie eigentlich noch so lange bei ihm gemacht?" "Och, nichts." Fox grapschte nach dem Buch, das sie in den Händen hielt. "He!" "Oh, klein Dana wollte ein Autogramm von ihrem Schatz? HA,ha,ha." "Das ist gemein, hören Sie auf mich auszulachen! Das ist fies, Mulder! Geben Sie mir mein Buch zurück!" "Holen Sie es sich doch!" Da er viel größer war als Dana konnte sie das Buch kaum erreichten, auch nicht wenn sie sich auf ihre Zehenspitzen stellte. Sie hopste wütend vor ihm hin und her, wobei sie versuchte ihr Buch wiederzubekommen. "Na los, hopp! Ja, Scully, Sie machen mich heiß!" "Mulder hören Sie auf, geben Sie das Buch her! Mulder!" Fox legte die andere Hand um ihre Taille und drückte Dana an seinen starken Oberkörper. Sein Gesicht näherte sich ihrem und fast schon, so berührten sich ihre Lippen, doch eben nur fast, denn dann mußte Fox wieder zu lachen anfangen. "Da haben Sie es wieder, Daaaanaaaa." hauchte er ihr ins Ohr und verschwand in seinem Hotelzimmer. Dana starrte verwirrte auf die Tür, welche die Nummer 12 hatte, dann wieder auf das Buch in ihren Händen. Das Hotel war nicht sehr groß, hatte nur wenige, dafür aber schön ausgestattete, Zimmer und ein recht freundliches Aussehen. Auch die ältere Dame an der Rezeption war sehr nett. Die Hotelzimmer erschienen einem wie kleine Apartments mit einer Küche, einem Fernseher und auch teilweise mit einem offenen Kamin. Sie waren gemütlich und warm, sehr passend zu einer so kalten und düsteren Jahreszeit. Dana zog ihre Schuhe aus, und spazierte ins Badezimmer. Eine heiße Dusche würde sie jetzt schnell wieder wärmen. In der Zwischenzeit hatte auch Fox sich für’s Bett fertig gemacht und arbeitete an der Akte weiter, doch war er im Gedanken ständig im Nebenzimmer. *Jetzt schminkt sie ich ab, jetzt geht sie duschen, jetzt putzt sie ihre Zähne, und jetzt schlüpft sie womöglich gerade unter ihre Bettdecke. Scheiße, was habe ich denn jetzt gemacht? Ups, jetzt fehlt eine Datei.* Fox schluckte mal kräftig und schaltete schnell den Laptop aus. Dann legte er sich auf sein Bett und überlegte, ob er nicht zu Dana gehen sollte, wo er ja doch nicht schlafen konnte. Nach ein paar Minuten beschloß er dann einen Tee zu kochen, vielleicht mochte Dana doch auch einen. Als dieser also fertig war, schnappte er sich die beiden Tassen und schlich sich aus dem Zimmer, geradewegs vor Danas. Er klopfte an. "Ja?" "Zimmerservice." "Was?" Dana wickelte sich aus ihrer Bettdecke wieder aus, um Fox die Tür zu öffnen. Verzwickt sah sie ihn an, zwei Tassen in seinen Händen. "Was haben Sie denn vor?" "Eigentlich hab ich mir nur gedacht, na, eben, ich wollt nicht so allein sein." "Ok, kommen Sie rein. Und die andere ist für mich?" "Mhm." "Lieb. Setzen Sie sich doch." Beide machten es sich auf Danas Bett gemütlich und nippten an den Tassen. Dana zitterte ein bißchen, da ihr Schlafanzug nicht gerade für Wintermonate gedacht war, und es trotzdem bei ihr zu Hause wärmer war. "Sie frieren ja." Fox stellte seine Tasse auf das Nachtkästchen und dann ihre. Er setzte sich ganz nah an Dana und legte seine Arme um sie, worauf sie sich dicht an ihn kuschelte und die Augen schloß. Plötzlich machte es draußen einen riesigen Krach, und das Licht ging aus. "Ha, was war das?" "Der Sturm hat wahrscheinlich eine Leitung kaputt gemacht. Soll ich nachsehen gehen?" "Nein, bleiben Sie hier." "Aber wissen Sie was, wenn wir jetzt kein Licht mehr haben, dann, das heißt ja, ich muß bei Ihnen übernachten. Ich meine, wie soll ich denn durch ihr Zimmer bis zur Tür gelangen, ohne mir etwas zu brechen." "Sie werden schon hinaus finden, da bin ich mir sicher, aber vielleicht will ich das nicht." Dana hob ihren Kopf und sah Fox an, oder besser wohl nur die Umrisse seiner Gestalt. "Wirklich?" "Ja, aber das ist keine Freikarte für Rumfummeln an mir. Klar? Wenn sie auch nur ein Mal versuchen mich zu begrapschen, dann können Sie was erleben, das vergessen Sie ihr Leben lang nicht mehr." "Ok, ok, ist ja gut. Keine Sorge, ich kann mich benehmen, obwohl das in unserem Fall wirklich höchste Disziplin erfordert." "Gut, dann krabbeln wir jetzt unter die Decke und wärmen uns. Alles Weitere strengstens verboten." "Ja, Eure Eminenz." "Ha, ha, sehr witzig." Dann krochen sie beide unter die Bettdecke und schmiegten sich aneinander. "Mulder?" "Ja." "Ich kann nicht einschlafen." "Augen zu und Schafezählen." "Geht nicht." "Ich werd Ihnen aber bestimmt nichts vorsingen." "Nein, oh Gott, alles bloß das nicht. ‘Shaft’ hat mir gereicht. Falscher ging es ja gar nicht. Also, da hab ich zum ersten Mal richtig bereut, daß ich Sie diesem Vampir, Ronny, nicht ausgeliefert hab." "Jetzt sind Sie aber gemein." "Mulder." "Ja." "Nehmen Sie ihre Hand von meinem Arsch!" "Ich tue überhaupt nichts. Das ist so ein Reflex. Dagegen kann ich nichts machen." "Weg mit der Hand, oder ich schmeiß Sie raus!" Ein Weilchen blieb es still. "Mulder!" "Ja, was hab ich denn jetzt schon wieder verbrochen?" "Hören Sie auf mich zu begrapschen!" Was? Ich begrapsche Sie?" "Mulder, nehmen Sie ihre Hände von meinem nicht vorhandenem Vorbau." "Ich wollte ja nur ihrem Puls messen." "Ja, bestimmt, weil man da den Puls mißt." "Ok, Herzschlag." "Muldeeeeer. Pfoten weg." "Wieso? Wo es Ihnen doch gefällt. Oder irre ich mich? Sie mögen es doch, wenn ich Sie streichele." "Wie kommen Sie auf diesen Mist." "Würde es Ihnen nicht gefallen, dann hätten Sie mir doch längst Eine reingehauen." "Wie denn, im Finstern." "Sie müßten sich doch nur an mir entlang tasten, bis zu meinem Gesicht." "Danke, kein Bedarf." "Scully." "Ja." "Ist es nicht komisch." "Was?" "Mit jemandem das Bett zu teilen. Ich meine, ohne mit ihm, na Sie wissen schon." "Ja, irgendwie schon. Aber noch merkwürdiger ist es doch mir Ihnen ein Bett zu teilen." "Worauf wollen Sie hinaus?" "Fünf Jahre sind vergangen und wir waren uns noch nie so nahe wie jetzt, auch wenn nichts zwischen uns passiert ist und passieren wird." "Warum sind Sie sich da so sicher, daß nichts passieren wird?" "Zu kompliziert. Eine Beziehung zweier FBI - Agenten hat doch keine Zukunft, und außerdem, würden Sie das denn wirklich wollen? Würden Sie eine Versetzung, oder eine Kündigung wirklich einfach so hinnehmen dafür. Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, aber ich würde es nicht tun. Das ist mir einfach zu aussichtslos. Mulder? Ist dieser Idiot doch glatt eingeschlafen! Das gibt es doch gar nicht! Da will man ihm sein Herz ausschütten, und was macht er, pennt ein. Warum werd ich so gestraft? Gute Nacht, Mulder." Dana drückte sich noch fester an ihn, bis auch sie kurz darauf sich ebenfalls ihrer Müdigkeit beugen mußte.

Zimmer Nummer 13, 8:50

"Scully?" Als Fox seine Augen öffnete bemerkte er, daß das Bett leer war. Dana war nicht mehr hier, weder im Raum, noch anderswo im Hotelzimmer. Er streckte sich erst mal, sah dann auf seine Uhr und stieg aus dem Bett. Keine Nachricht, nichts, auch nicht am Küchentisch. Wo war sie bloß hingegangen? Auch egal, das würde er später herausfinden. Erst müßte er sich mal für den Tag fertig machen und die verlorengegangene Datei wieder finden. Schnell machte er das Bett und verschwand in seinem Zimmer.

Superior, Leichenhalle, 9:10

"Mulder." "He, wo zum Teufel noch mal sind Sie? Ich hab sie überall gesucht?" "Ich bin in der städtischen Leichenhalle und gerade bei der Obduktion der Toten. Es steht bereits fest wer sie war, und Brad ist auch bei mir, nicht direkt, meine ich. Ich habe mit ihm geredet, und er ist bereit uns alles zu erklären, aber nur uns beiden zusammen. Also müssen Sie bitte gleich herkommen. Brad ist rüber zum Polizeirevier und will dort etwas klären, das bestimmt länger dauern wird. Ich bin auf etwas gestoßen, daß Sie sich unbedingt ansehen müssen." "Gut, bin schon unterwegs. Wo ist das eigentlich?" "Sie können es nicht verfehlen, gleich neben der Polizei, ein Stück weiter, etwas abgelegen, außerhalb der Stadt. Sie finden es schon." "Gut, ich komme gleich." "Bye."
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