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Decretum

von XFilerN

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In ihre Augen sehen und darin den Kummer zu erkennen, der ihre Entscheidung begleitet, bereitet mir selbst einen tief sitzenden Schmerz.



Sie hat bereits einmal ein Kind verloren, eine Tochter, und nun hat sie sich schweren Herzens dazu entschlossen ihren Sohn fortzugeben – zu seinem eigenen Besten.



Selbst würde ich mich zu einer solchen Entscheidung wohl niemals durchringen können, wohl aber auch deshalb nicht, weil ich tausend Tode sterben würde, um meinen eigenen Sohn ein einziges Mal wiedersehen zu dürfen.



Es gibt viele Wege sein Kind zu beschützen. Und ich kann ihre Entscheidung, William zur Adoption freizugeben, nicht nachvollziehen, wenn gleich ich sie respektiere.



Es erfordert Kraft, sehr viel davon und nach allem, was ihr in den letzten Jahren wiederfahren ist, besitzt sie diese kaum noch. Es wird ihren Tod bedeuten, ihren Seelentod. Sie wird niemals wieder die starke und selbstbewusste Frau sein, die sie vor einem Jahr war. Niemals!



Ob er ihr das jemals verzeihen wird? Je verstehen, dass sie ihn um seinetwillen hergab? Sein noch so junges Leben beschützend, die Welt schützend – sich selbst. Er wird nicht verstehen. Kein Kind kann verstehen, egal wie triftig die Gründe auch sein mögen, weshalb eine Mutter ihr eigen Fleisch und Blut nicht bei sich haben und es persönlich beschützen wollte.



So stehe ich jetzt neben ihr, beobachte sie. Ihre Lippen berühren die Stirn des Babys und sie hält einige Sekunden den Körperkontakt aufrecht. Sie will es nicht wirklich, doch sie glaubt dies tun zu müssen.



Ich kann sehen, wie ihr Herz in abertausend Stücke bricht und ihre Seele langsam und qualvoll den Körper verlässt, der bald nichts weiter als eine Hülle darstellen wird. Sie wird weiterfunktionieren, jedoch nicht wie ein Mensch, sondern eher einer Maschine gleich.



Tränen rinnen ihre Wangen hinab und halten an ihrem Kinn für wenige Sekunden fest, bis sie schließlich hart auf den Boden fallen und sich auflösen. Ich spüre meine eigenen Tränen, hervorgerufen durch das Bild, das sich mir bietet. Ich schlucke hart, als ich zusehe, wie sie William in die Arme einer Fremden gibt und ihm nachsieht.



Plötzlich spüre ich eine Hand, die meine sucht und schließlich findet. Ein leichter Druck nur und ich weiß, dass sie ebenso wie ich mit den Tränen ringt. Monica sieht mir in die Augen und dann wieder zu Dana, die sich uns zuwendet.



Das rote Haar fällt ihr ins Gesicht, als sie dieses gen Boden neigt, in dem Versuch ihren Schmerz zu verbergen. Oder will sie uns nicht in ihre einst strahlenden Augen blicken lassen, weil sie genau weiß, dass wir sehen würden, dass sie nun seelenlos sind?



Ihre Entscheidung ist gefällt, für immer - unwiderruflich getroffen. Und in ihrem ureigensten Interesse kann ich nur hoffen, dass es die Richtige war. Die Erkenntnis einer Fehlentscheidung würde ihren wahren, absoluten Tod bedeuten, das weiß ich.



Wir drei verlassen den düsteren Parkplatz und machen uns auf den Weg, zurück ins Leben. Ein Leben, in dem ich Monica habe und sie mich. Dana jedoch muss in ein Leben ohne ihren Sohn zurück – allein.



~ FINIS ~
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