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Entscheidung aus Liebe

von XFilerN

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Sie ist so wunderschön. Ihre kleinen Hände, die meine Zeigefinger umschließen, kraftvoll, stärker als man es einem solch winzigen Wesen zutrauen würde. Ihr Haar, ist so flaumig und so weich, wie die Haut eines Pfirsichs, und dabei hat es die Farbe von Ebenholz. Ihre Augen, sind tiefblau, wie der Ozean. Ihre Lippen, voll und dunkelrosa. Ihr Lächeln, mit dem sie mich jeden Morgen begrüßt, lässt in meinem Innern die Sonne aufgehen, auch wenn es draußen noch dunkel ist. Sie ist meine Tochter, mein ein und alles.



„Na schon satt?“, fragte Scully das kleine Bündel in ihrem Arm und lächelte es an. „Hat es dir geschmeckt?“ Das Baby sah sie ratlos an, als würde es überlegen, wie es antworten sollte. Schnell zog sich Scully den BH über die freie Brust und knöpfte ihre Bluse wieder zu. Sachte hob sie ihre Tochter hoch und legte sie leicht auf ihre Schulter, auf welcher bereits ein Tuch bereit lag, und begann in kreisenden Bewegungen den Rücken der Kleinen zu massieren.



Scully schmiegte sich an den kleinen Körper und genoss die Wärme, die von ihm ausging. Leise summte sie eine Melodie, die ihre Mutter ihr, als sie noch klein gewesen war, vorgesungen hatte und erinnerte sich wieder daran, wie geborgen sie sich immer gefühlt hatte. Dieselbe Geborgenheit wollte Scully nun auch ihrem Kind geben und das Gefühl, dass sie immer für sie da sein würde.



Vor vier Tagen hatte sie ihre Tochter entbunden und war bereits am zweiten Tag wieder aus dem Krankenhaus gegangen. Sie hasste es schon immer, länger als notwendig in diesen Institutionen zu sein und nachdem sie sich nach den Werten ihrer Tochter erkundigt hatte und diese in Ordnung gewesen waren, ging sie mit dem Einverständnis des Arztes nach Hause.



Ihre Mutter hatte ihr beim Tragen geholfen und ihr auch noch einige Tipps gegeben, als diese darauf bestanden hatte, den ersten Tag zu Hause, bei Scully zu bleiben. Sie hatte ihre Mutter gerne um sich, jedoch kam es ihr vor, als traute diese ihr nicht zu, dass sie alleine mit dem Neugeborenen zurechtkommen würde.



Margaret hatte ihre Tochter auch in den Kreissaal begleitet und ihr liebevoll Mut zu gesprochen, ihr gelegentlich den Schweiß von der Stirn gewischt und sie am Ende sogar angefeuert. Mit einem Lächeln, begleitet von einem sanften Kopfschütteln erinnerte sich Scully wieder daran. Sie hatte knapp zehn Stunden in den Wehen gelegen, bis Tamara schließlich geboren war. Sofort hatte sie sich nach der Plazenta erkundigt und gefragt, ob diese vollständig ausgeschieden war. Die Hebamme hatte ihr versichert, dass alles in bester Ordnung sei, und sie die Kleine nur schnell waschen und untersuchen würden und dass sie ihre Tochter dann zum ersten Stillen bekäme.



Als Tamara zum ersten Mal an ihrer Brust gesaugt hatte, war es für Scully ein seltsames Gefühl gewesen. Sie hatte nicht geglaubt, solche Muttergefühle je empfinden zu können, doch jemand oder etwas gönnte ihr das bisschen Glück. Mit Tränen in den Augen hatte sie das kleine Mädchen beobachtet und sich gewünscht, dass dieses Gefühl ewig anhalten würde.





Behutsam zog Scully ihrer Tochter einen frischen Strampler an, nachdem sie Tamara gewickelt hatte und erzählte ihr währenddessen, dass sie am nächsten Tag zusammen einen Ausflug machen würden.



Sie hatte Skinner einen Besuch versprochen, nachdem er nicht die Zeit gefunden hatte, die Beiden im Krankenhaus zu besuchen. Er und Doggett waren wohl an einem wichtigen Fall dran, laut Skinners knapper Erklärung.

Es war ungewohnt für Scully, dass Skinner ihr nicht alle Einzelheiten erklärt hatte, und ungewollt gab er ihr somit das Gefühl nicht mehr dazu zu gehören. Sie wusste, dass es keine Absicht war und dass sie in gewisser Weise immer zum FBI gehören würde, aber dennoch löste es ein Gefühl der Leere in ihr aus.



Mit Tamara auf dem Arm ging Scully in die Küche, um sich einen Tee zu kochen und ein Sandwich zu machen. Seit sie die Kleine das erste Mal gestillt hatte, überkam sie ständig dabei dieses Hungergefühl, dem sie nur bedingt standhalten konnte. Innerlich schalt sie sich, dass sie schon wieder etwas zu Essen machte, denn auf diese Weise würde sie ihre übrig gebliebenen Pfunde nie loswerden und ganz sicher niemals ihre alte Figur zurück erlangen, doch der Appetit war stärker als sie.





Wenig später, Scully hatte gerade fertig gegessen und es sich mit ihrer Tochter und einer zweiten Tasse Tee auf der Couch bequem gemacht, klingelte das Telefon. Tamara strahlte sie an, als sie eine Rassel über ihrem Kopf hielt und sie wild schüttelte, nur ungern wollte Scully das Spiel unterbrechen, doch nach dem vierten Klingeln nahm sie den Hörer ab.



„Scully.“



„Hier ist John Doggett. Wie geht es Ihnen, störe ich Sie?“, erkundigte er sich mit freundlicher Stimme.



Scully lächelte, angenehm überrascht, dass er es war, auch wenn Doggett es nicht sehen konnte. „Hey, das ist ja eine Überraschung. Nein, Sie stören nicht.“



„Wie geht es Ihnen?“, wiederholte John Doggett seine offensichtlich überhörte Frage.



„Uns geht es wunderbar. Was macht die Arbeit? Kommen Sie allein zurecht?“ Sie wusste, dass Doggett ein guter Agent war und ganz sicher auch ohne ihre Hilfe zurecht kam, aber dennoch hoffte sie, dass man sie vermissen würde oder ihren Rat benötigte.



„Schön, das freut mich, Agent Scully. Die Arbeit ist okay. Skinner und ich kommen zurecht.“ Auch nachdem Scully nicht mehr für das FBI tätig war, fügte Doggett grundsätzlich das ‚Agent’ vor ihren Namen. Es war wohl die Macht der Gewohnheit, dachte Scully. Oder er wollte sie nicht einfach nur Scully nennen, ebenso wenig wie ‚Miss’ Scully. Keine dieser Anreden schienen ihm passend und so blieb er bei dem ‚Agent’. Es zauberte ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht und gab ihr wenigstens für einen kleinen Augenblick das Gefühl, immer noch ein Teil des Bureaus zu sein.



Wieder schüttelte Scully die Rassel und schenkte ihrer Tochter einen Augenblick lang Aufmerksamkeit.



„Sagen Sie, Agent Scully“, meldete sich Doggett nach einem kurzen Moment des Schweigens wieder zu Wort, „hätten Sie etwas gegen einen Besuch einzuwenden?“



„Nein, nicht im Geringsten“, sagte Scully schnell und unterbrach das Spiel mit ihrer Tochter. „Wann würden Sie kommen?“



„Ich könnte in einer Viertelstunde bei Ihnen sein. Ich hatte gehofft, dass ich kurz vorbeikommen könnte und mich bereits auf den Weg gemacht. Ich würde allerdings nicht allein kommen.“



Scully zögerte einen Augenblick, meinte dann aber: „Ist trotzdem okay. Dann mache ich uns schnell einen Kaffee.“



„Gut, vielen Dank, bis gleich.“



„Bye“, entgegnete Scully noch und legte dann den Hörer auf. Wieder nahm sie Tamara behutsam auf den Arm und stützte ihr beim Anheben den Kopf. Das Baby gluckste vor sich hin, während Scully schnell den Kaffee aufsetzte und drei Tassen aus dem Schrank nahm.



Bringt Doggett etwa Skinner mit, um mich zu überraschen?, fragte sie sich und nahm dann Zucker von der Anrichte und Milch aus dem Kühlschrank, die sie zu den Tassen auf den Tisch stellte. Dann müsste ich morgen nicht ins Hauptquartier fahren, überlegte sie. Auch nicht schlecht.



Als Scully wieder zu ihrer Tochter sah, musste sie lächeln. Tamara war in ihrem Arm eingeschlafen und gab seltsame Geräusche von sich, beinahe so wie ein Hundewelpe.

Das hin und herlaufen musste Tamara in den Schlaf gelullt haben und so brachte Scully sie schnell ins Schlafzimmer, wo ihre Wiege stand und legte sie sachte hinein, sodass sie nicht aufwachen würde.

Ein Teddy saß in der Wiege, dicht neben Tamaras Kopf und Scully nahm ihn heraus. Er war ein Geschenk von Doggett gewesen, das er ihr im Büro gab, kurz nachdem er von der Schwangerschaft erfahren hatte. Ein kleines Tonbandgerät war in die Bauchdecke des Bären gesteckt und auf dem Band war Scullys Herzschlag aufgenommen.

Kein Zweifel, Doggett war sehr einfallsreich, wenn es um Geschenke ging. Scully schaltete das Tonband ein und legte den Plüschbären wieder neben ihre Tochter, sodass sie den Herzschlag ihrer Mutter hören konnte.





Es klingelte an der Tür und Scully öffnete sie schnell. Wie erwartet war es Doggett, der erst nach ihrer Aufforderung eintrat. Hinter ihm stand Skinner – damit war ihre Vermutung bestätigt.

„Das nenne ich eine Überraschung!“, sagte Scully freudig und bat auch Skinner herein.



„Ich freue mich auch Sie wiederzusehen“, erwiderte der Assistant Director, „doch nicht ich bin die Überraschung...“



Noch während Scully ihren ehemaligen Vorgesetzten fragend ansah, trat dieser in die Wohnung. Erst jetzt kam Mulder hinter der Ecke der Flurwand hervor und lächelte Scully an. Sie schluckte hart und blinzelte schnell die Tränen fort.



„Hey, Scully.“ Langsam, als wollte er sie nicht erschrecken, trat er einige Schritte auf sie zu.



„Mulder...“, wisperte Scully ungläubig und ging ihm entgegen. Sie konnte es nicht fassen. „Gott, Mulder – bist du es auch wirklich?“



Er nickte und sein Lächeln wurde größer. „Ja, selbstverständlich... Wie geht es dir?“



„Diese Frage wollte ich dir eben stellen.“ Scully schaute zu Doggett und Skinner, die dicht hinter ihr, inmitten ihres Wohnzimmers, standen. Sie nickten ihr beide zu – es war wirklich Mulder. „Ich bin verwirrt“, beantwortete sie seine Frage offen. „Aber ich bin... es ist schön, dich wiederzusehen. Wo warst du all die Monate? Was ist passiert?“



„Tja, wo ich war, weiß ich selbst nicht... Doggett, Skinner und ich versuchen es aber herauszufinden. Ich weiß nur noch, dass ich plötzlich in einer dunklen Seitenstraße mitten in Washington stand. – Das ist jetzt zwei Tage her“, sagte Mulder und schloss die Tür hinter sich.



Erneut wandte sich Scully zu den beiden Männern um und schaute sie nachdenklich an. Doggett, Skinner und Mulder arbeiten zusammen? Meine Güte..., schoss es ihr in den Sinn.



„Hey, Doggett meinte, dass du Kaffee machen würdest, also...“, griente Mulder und zog Scullys Aufmerksamkeit wieder auf sich.



Sie erwiderte das Grinsen und schüttelte etwas den Kopf. Da war er wieder, nach über einem halben Jahr – Mulder war zurück. Ihm schien es nichts auszumachen, dass soviel Zeit vergangen war. Er war noch immer der Alte, nur dass er nichts über sein Verschwinden wusste. Scully wusste noch nicht so recht, wie sie mit dieser Situation umgehen sollte... Sie entschloss sich erst einmal, die drei an den Esstisch zu bitten und goss jedem eine große Tasse Kaffee ein.



„Kannst du dir vorstellen, wie blöd ich geschaut habe als meine Wohnung leer war?“, fragte Mulder nach einer Weile des Schweigens.



Scully nickte. Offenbar nahm er das alles mit Humor. „Ja, das kann ich mir sogar sehr gut vorstellen.“



„Er stand plötzlich bei mir im Keller und verlangte eine Erklärung dafür, dass ich mich in seinem Büro aufhielt. Als ich versuchte mit ihm zu reden, ihm die Sache zu erklären, reagierte er heftig und stürzte wieder hinaus“, fügte sich Agent Doggett in das Gespräch ein.



„Selbstverständlich war mein Büro sein nächster Halt“, schmunzelte Director Skinner. „Er machte keine Anstalten mir zu erklären, wo er gewesen ist, sondern verlangte, dass ich ihm die X-Akten zurückgebe.“



Scully musste leise Lachen. Es war typisch für Mulder, mit dem Kopf durch die Wand, ohne die offensichtlich wichtigen Fragen zu stellen... Aufmerksam hörte sie den Männern auch weiterhin zu.



„Ich war völlig außer mir, bis Skinner mir dann plötzlich sagte, ich solle die Klappe halten und ihn auch mal etwas dazu sagen lassen“, erklärte dann Mulder weiter und Scully nickte. „Ich wollte es zunächst nicht glauben. Ich kann mich wirklich an nichts mehr erinnern... Ich weiß nur noch, dass wir alle uns über den derzeitigen Fall beraten haben und wir zwei dann nach draußen auf den Flur sind. Danach verschwimmt alles und wird undeutlich.“



„Mulder, du wolltest nicht, dass sie mich erneut holen. An meiner Stelle haben sie dann dich mitgenommen... zumindest ist es das, was Skinner und ich damals angenommen haben. – Was hat dich denn letzten Endes überzeugt, dass Skinner die Wahrheit sagt?“, fragte Scully abschließend.



„Ich habe den Kalender gesehen und mich gefragt, wieso Skinner mich derart täuschen sollte. Da habe ich begonnen zu glauben, was er erzählte.“



„Und wie geht es jetzt weiter?“, fragte Scully als nächstes und sah dabei alle drei Männer fragend an.



„Tja, ich habe jetzt wohl einen neuen Partner“, sagte Doggett und blickte kurz zu Mulder. Skinner schwieg einfach, hielt es für unnötig noch etwas dazu zu sagen.



„Und weshalb bist du weg vom FBI?“ Mulder sah Scully fragend an. Unbehagen breitete sich in ihr aus, als sie merkte, dass Skinner und Doggett ihm noch nichts von Tamara erzählt hatten.



Sie räusperte sich leise und blickte hilfesuchend zu Skinner. Wieso hatte er es ihm nicht erzählt? Glaubte er, dass das ihre Angelegenheit war und sie es ihm sagen sollte? Sie nahm einen ordentlichen Schluck des Kaffees, als würde er ihr Mut und Kraft geben, um das folgende auszusprechen. „Ich habe den Erziehungsurlaub in Anspruch genommen, der mir zusteht, Mulder.“ Ihre Stimme war leise, kaum mehr als ein Flüstern.



„Offensichtlich hab ich mehr verpasst als ich dachte“, entgegnete Mulder etwas sarkastisch. „Du bist Mutter? Wie ist das möglich?“ Er wusste ja, dass sie keine Kinder bekommen konnte und nach dem Sim-Fall war ihm auch schmerzlich bewusst, dass Scully dank ihres Jobs und des Krebs nicht einmal ein Kind adoptieren durfte.



„Ich weiß nicht genau, wie es möglich ist, dass ich schwanger geworden bin. Eigentlich bin ich unfruchtbar, dass weißt du ja. – Ich habe es einfach als ein Geschenk hingenommen, ohne die Gründe zu hinterfragen.“



Skinner und Doggett lauschten der Unterhaltung und sahen sich währenddessen immer wieder an. Sie beide fühlten sich ein wenig fehl am Platz und versuchten sich im Hintergrund zu halten, so als seien sie nicht da.



„Und wer... ich meine... wer ist es?“, hakte Mulder stotternd nach. Er kam nicht umhin sie mit Fragen zu löchern. Offenbar hatte sie ihn schnell vergessen und ihr Leben einfach weitergelebt, ohne daran zu glauben, dass er je zurückkommen würde. Sicher, sie hatten nie eine richtig feste Beziehung gehabt – nichts außer dieser einen Nacht in seinem Apartment, die sie ganz offensichtlich vergessen und hinter sich lassen wollte. Er schimpfte sich selbst einen Idioten, dass er es damals soweit hatte kommen lassen. Sie hätten diese unsichtbare Mauer nie überschreiten dürfen – das war ihnen schon damals bewusst gewesen, aber dennoch... es schmerzte ihn.



„Was meinst du?“, Scully sah ihn verwundert an.



„Vielleicht wollen Sie jetzt lieber allein sein. Wir können alles weitere auch morgen noch klären.“ Skinner stand von seinem Stuhl auf und Agent Doggett tat es ihm gleich. Diese Unterhaltung wurde definitiv zu privat und ging die Beiden nichts an, dessen waren sie sich bewusst.



Während Mulder nur stumm mit einem Nicken zustimmte, meinte Scully: „Danke, für den Besuch. Ich zeige Ihnen Tamara dann eben ein anderes Mal.“ Wieder glitt ihr Blick zurück zu Mulder und sie wartete mit fragendem Blick auf eine Antwort.



Ohne weitere Worte verschwanden Director Skinner und Agent Doggett und schlossen die Tür so leise hinter sich, dass weder Scully noch Mulder etwas davon hörten. Sie waren auch viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie den Beiden auch nur eine weitere Minute Aufmerksamkeit schenken konnten.



„Also?“, forderte Scully ihn erneut auf, die Frage zu beantworten.



„Ich hab dir also nicht wirklich gefehlt, hm? Jedenfalls nicht lange genug“, meinte Mulder trotzig. „Wer ist es, Scully, wem hast du das Kind zu verdanken? Diesen Wunderknaben muss ich unbedingt kennen lernen.“



„Ich versuche jetzt einfach mal so zu tun, als hätte ich den Ton deiner Stimme überhört und vor allem deine Wortwahl“, entgegnete Scully scharf. „Wer der Vater ist, willst du wissen? Du möchtest wissen, wem ich das Baby zu verdanken habe, ja? – Dann schau verdammt noch mal in einen Spiegel!“



Mulder lachte durch die Nase, was sich dann wie ein leises Grunzen anhörte und sah sie belustigt an. „Und wann bitte soll das passiert sein? Daran würde ich mich doch erinnern.“



Scully warf ihm einen warnenden Blick zu.



„Ich habe einen Vaterschaftstest gemacht, Mulder, als ich im achten Monat war. Ich musste sicher gehen, dass es nicht... dass es nicht Spender war“, schloss sie und Mulder sah sie erstaunt an.



„Wieso der? Der ist doch schon zu alt, um...“



„Sei nicht so naiv und überheblich... Ich fasse es nicht, dass du dich in dieser Hinsicht kein bisschen geändert hast. Für wen hältst du dich denn eigentlich?“, unterbrach ihn Scully, und wünschte sich im selben Moment, ihre Worte zurücknehmen zu können. Sie sah seinen verletzten Blick und entgegnete denselbigen traurig.



„Okay, vergiss es...“, sagte Mulder und wurde wieder ruhiger. „Du bist dir also wirklich, absolut und hundert Prozentig sicher, dass ich der Vater bin?“



Scully nickte. „Ja, Tamara hat einiges von dir, das sich nicht abstreiten lässt.“



„Kann... darf ich sie sehen?“, fragte Mulder zögerlich. Es war ihm anzusehen, dass er sich erst an den Gedanken gewöhnen musste Vater zu sein. Scully nickte abermals, ergriff seine Hand und führte ihn in das Schlafzimmer.



Er folgte ihr bereitwillig und ging auf Zehenspritzen, um das Baby auch ja nicht zu wecken. Dann als er vor der Wiege stand und vorsichtig hinein sah, beobachtete ihn Scully. Sie sah, dass er von verschiedenen Gefühlen überflutet wurde...

Zunächst schien Mulder kritisch, dann hob er die Brauen an und schließlich lächelte er fast unmerklich. Er musterte das Baby eingehend, prägte sich alles ein und sah letztlich wieder zu Scully. Sie hatte Tränen in den Augen und blinzelte diese schnell weg, als ihre Blicke aufeinander trafen. Es war ihr peinlich, dass sie plötzlich sentimental wurde, denn das sah ihr eigentlich gar nicht ähnlich.



„Sie ist wunderschön“, flüsterte Mulder so leise, dass seine Stimme brach. „Sie sieht aus wie du, Dana.“



„Das ist nicht wahr, Mulder“, entgegnete Scully ebenso leise und verließ das Schlafzimmer wieder. Nachdem Mulder ihr gefolgt war und sie beide auf der Couch saßen, fuhr sie fort: „Sie hat deine Haare, deine Ohren und...“



„Ich finde aber, dass sie dir ähnlich sieht. Ihre Nase hat sie auf jeden Fall von dir, und auch ihre Lippen“, wiedersprach er ihr und begann erneut zu lächeln.





„Hey Mulder“, Scully stand dicht neben ihm. Vor einer Stunde war er auf der Couch eingeschlafen, von den Ereignissen der letzten Tage völlig geschafft. „Mulder? – Leg dich doch in mein Bett, da hast du mehr Platz.“



„Mhm?“, brummte er und schlug dann blinzelnd die Augen auf. „Was ist?“



„Leg dich in mein Bett, hab ich gesagt. Hier ist es doch viel zu eng und dann hast du nachher nur Nackenschmerzen.“ Scully setzte sich mit Tamara auf dem Arm neben Mulder auf die Couch, nachdem er sich aufgerichtet hatte.



Er lächelte das Baby an und dann auch Scully. „Ich gehe besser ins Hotel zurück. Ich muss morgen wieder ins Büro und will euch nicht so früh wecken“, sagte Mulder mit sanfter Stimme.



Als er nach seinen Schuhen griff, hielt Scully ihn mit der freien Hand am Arm fest. „Wann musst du denn aufstehen? Ich bin mir sicher, dass ich da schon wach bin.“ Sie schmunzelte und blickte Tamara an, die ihrer Mutter mit großen Augen ins Gesicht schaute.



„Ich wollte morgen etwas früher anfangen und muss daher schon um 6:30 Uhr raus.“ Der bloße Gedanke daran, schien ihm ganz und gar nicht zu gefallen, denn plötzlich verzog Mulder das Gesicht.



„In der Regel weckt mich Tamara so gegen 6:00 Uhr. Manchmal schlafen wir dann noch etwas, aber heute sind wir auch erst mal aufgeblieben“, grinste Scully. „Sie bekommt alle 2-3 Stunden Hunger und da kann ich nun einmal nicht mehr ausschlafen. – Ich wäre also vor dir wach und könnte dich wecken.“



„Und du schläfst dann wo?“, stellte sich Mulder etwas dumm.



„Im Bett, wo sonst. Es ist groß genug für uns beide... Es sei denn natürlich, dich würde das stören?“, fragte sie entgegen.



„Hm, mal überlegen... – Wir beide in einem Bett... Glaubst du, da kann einer von uns schlafen?“ Seine Brauen wackelten frech und abermals bildete sich ein Lächeln auf seinen Zügen.



„Wenn du an das denkst, was ich meine, Mulder... dann sollte ich dir lieber sagen, dass ich noch immer Blutungen habe und die ganz sicher noch mindestens zwei bis drei Wochen anhalten können. – Hoffnungen würde ich mir also keine machen...“, entgegnete sie schmunzelnd. „Außerdem haben wir eine Abmachung, die du doch hoffentlich nicht vergessen hast?“



„Wenn es wirklich das ist, was du willst, Scully, dann halte ich mich an die Abmachung. Ich muss aber anmerken, dass wir uns damals gegen eine feste Beziehung entschieden haben, weil diese unsere Partnerschaft hätte beeinflussen können. Jetzt sind wir aber keine...“ Mulder stoppte abrupt als er sah, dass Scully etwas traurig wurde. „Dir fehlt das FBI, nicht wahr?“



„Es waren immerhin etwas mehr als sieben Jahre. Ich habe mich daran gewöhnt... Auch wenn ich Tamara noch so sehr liebe... Wenn sie schläft zum Beispiel, ist es hier zuweilen sehr langweilig und auch einsam.“



Mulder nickte und nahm Scully in den Arm. „Hey, irgendwann ist die Kleine auch groß genug, sodass du sie in den Kindergarten bringen kannst.“ Er wollte ihr damit ein Ziel vor Augen setzen, etwas woran sie festhalten konnte, doch es schien das Gegenteil zu bewirken, von dem was Mulder sich erhofft hatte.



„Sicher gebe ich sie, wenn sie groß genug ist in einen Kindergarten – aber zum FBI kann ich nicht mehr zurück. Ich will nicht, dass sie ohne Mutter aufwächst oder dass sie in Gefahr gerät, verstehst du? Das kann ich nicht zulassen...“, meinte Scully leise und sah auf Tamara hinab. Ein Lächeln zauberte sich auf ihr Gesicht, als sie in das ihrer Tochter sah und ihr sanft über das flaumige Haar streichelte. „Ihr darf nichts geschehen, Mulder.“



Neuerlich nickte Mulder verständnisvoll. „Ich werde sie, ebenso wie dich mit meinem Leben beschützen, Scully. Auch wenn ich sie heute das erste Mal gesehen habe und erst seit wenigen Stunden weiß, dass sie meine – unsere Tochter ist... ich liebe sie...“ Gerne hätte er auch Scully gesagt, dass er sie ebenfalls liebt, aber er dachte, dass sie es nicht hören wollte und ließ es lieber dabei bewenden. „Ich würde nie zulassen, dass man euch beiden etwas tut, das weißt du.“



„Ja, das weiß ich.“ Scully lehnte sich, mit Tamara auf der Brust, an Mulders Schulter und schloss die Augen. Tausend Gedanken gingen ihr durch den Kopf – Gedanken, Fragen und auch Antworten... Sie wusste, dass wenn sie mit Mulder zusammen sein würde, sie ihre Tochter in Gefahr bringen würde und nicht nur sie, sondern auch sich selbst. Die haben mehr angerichtet, als ihnen bewusst ist, dachte sie sich. Sie haben nicht damit gerechnet, dass ich je Mutter werden würde... sie haben uns die Chance auf ein normales Leben genommen. Ich darf mich meinen Gefühlen nicht hingeben. Ich darf ihn einfach nicht lieben – nicht wenn ich Tamara beschützen will.



Wieder war das Baby durch den Klang des Herzschlags ihrer Mutter auf deren Brust eingeschlafen und gab wieder diese seltsamen Laute von sich. Scully gab ihr einen gehauchten Kuss auf das weiche Haar und stand ganz langsam von der Couch auf, um Tamara ins Bett zu bringen.

„Wir sollten auch schlafen gehen, Mulder. Es war ein anstrengender Tag...“ Er nickte und folgte Scully ins Schlafzimmer, wo sie wie Freunde nebeneinander einschliefen.



Scully hatte so lange nach Mulder gesucht, gehofft ihn eines Tages wiederzusehen, doch jetzt wo er hier bei ihr war, machte es ihr Angst. War es wirklich so gut, dass er wieder bei ihr war, bei ihr und Tamara? Würden DIE es akzeptieren, dass sie eine Familie hatte und sie endlich in Ruhe lassen? Wie sollte das alles nur weitergehen? Scully wusste sich keinen Rat und beschloss, sich an Scarlett O’Haras Worte zu halten; „verschieben wir es auf morgen“. Für den heutigen Tag genoss sie es einfach den Mann zurückzuhaben von dem sie ihre Tochter hatte und den sie liebte.




Ende
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