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Beyond the Truth

von XFilerN

Kapitel 6

~* 6 *~



Montagabend, 23.11.2006

Scullys Haus



„Amber, ich gehe jetzt.“ Dana Scully hastete die Stufen ins Untergeschoss hinab. Von der Gardarobe nahm sie ihren Mantel, den sie sich in aller Eile überzog und ebenso den Schal. Um diese Jahreszeit genoss sie die frische Luft besonders gerne, aber sie bedachte auch der Gefahr sich eine Erkältung einzufangen, wenn sie sich nicht warm anzog. Ob es sexy aussah oder nicht war ihr in dieser Hinsicht egal. Und der Blick in den Spiegel verriet ihr, dass sie durch die warme Kleidung dicklich aussah.

Schnell schüttelte sie den Kopf und belächelte sich selbst. John hatte sie schließlich schon einmal getroffen, aus seinem eigenen Wunsch heraus, er wusste also, dass sie nicht wirklich dick war.

Ihr Herz schlug ihr hart gegen die Rippen als sie sich für einen kurzen Augenblick gestattete sich den Verlauf des Abends und speziell sein Ende vor ihrem inneren Auge auszumalen. Wie ein Teenager fühlte sie sich momentan. So als hätte sie in wenigen Minuten das erste Date mit ihrem Schwarm. Und in gewisser Weise war es auch so. Sie kannte John, nein, sie korrigierte sich, Mulder, aber er lernte im Grunde zum ersten Mal Dana Scully kennen. Ihr Mulder, der Mann von damals hatte immer nur die Scully in ihr gekannt, die Kollegin, die FBI-Agentin. Jetzt war es an der Zeit den nächsten entscheidenden Schritt zu machen, selbst wenn dieser Mann sich nicht an ihre gemeinsame Vergangenheit erinnerte. Tief in diesem Mann, das wusste sie, da war irgendwo ihr Mulder versteckt, ihr Freund, ihr Partner – ihr Seelenverwandter.

Amber kam aus dem Wohnzimmer, wo sie mit Kathy einige Barbiepuppen aufgestylt hatte und lächelte verschmitzt. „Soll ich auf dich warten?“

„Lieber nicht“, entgegnete Dana mit demselben Lächeln. „Es sei denn, du willst alle Details sofort wissen, wenn ich zurück bin.“

„Wirst du denn nicht bei ihm übernachten?“ Amber sah Dana fragend an und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Hey, das ist unser erstes richtiges Date. Wir sind nicht mehr in dem Alter, in dem man gleich zur Sache kommt und ich habe einen solchen Ausklang für den Abend überhaupt nicht vor“, verteidigte sie sich schnell und langte bereits nach dem Türknauf.

„Du redest, als seiest du sechzig Jahre alt, weißt du das. – Ich hoffe du hast dennoch was zur Verhütung mit. Nur zur Sicherheit.“ Amber wackelte mit den Brauen, sah dann aber Danas verwarnenden Blick und verzog das Gesicht. „Ich hab nichts gesagt, vergiss es.“

„Das ist auch besser so...“

„Ich warte trotzdem auf dich, du kennst mich – ich muss alles wissen.“



Gerade als sie das Haus verlassen hatte und in die kalte Abendluft von Seattle trat, kam John wie aus dem Nichts aus dem Dunkel hervor und blieb nahe einer Straßenlaterne stehen. Abermals beschleunigte sich ihr Herzschlag und sie konzentrierte sich angestrengt darauf, es ihn nicht merken zu lassen, wie nervös sie war.

„Hallo“, grüßte sie und ging zu ihm hinüber.

Er lächelte. „Sie sehen toll aus.“

Es war ein Standardkompliment und sie selbst fand ganz und gar nicht, dass sie in dem dicken Wintermantel und dem Schal um den Hals toll aussah, aber sie akzeptierte seine Meinung und war dankbar für das Kompliment. Dana nickte verlegen und lächelte zurück. „Vielen Dank.“

Höflich bot er ihr seinen linken Arm an und sie hakte sich ein. „Wohin gehen wir?“, fragte sie schließlich als sie zum Wagen gingen. John hatte es ihr nicht verraten, als sie beim letzten Telefonat einem Date zugestimmt hatte. Er hatte gesagt, dass er sie überraschen wollte und auch nachdem Dana eine Zeitlang unnachgiebig gewesen war, hatte sie es nicht in Erfahrung bringen können.

„Sie werden schon sehen, Dana. Nur die Ruhe“, kam es verschwörerisch aus seinem Mund.

Bemüht, verärgert auszusehen, rutschte ihr bei seinem frechen Gesichtsausdruck letztlich doch ein Lachen heraus. Sie lachte so ungehemmt, wie schon lange nicht mehr. Hier mit ihm die Straße entlang zu seinem Wagen zu gehen, zu wissen, dass sie Mulder in gewisser Weise zurück hatte, erleichterte sie auf eine unbeschreibliche Art und Weise. Es fühlte sich an, als hätte man ihr eine Tonnenschwere Last von ihrem Herzen, nein, von ihrer Seele genommen. Es schien als würde die Sonne nach all den Jahren doch wieder einen Weg gefunden haben hinter dieser unbeschreiblich dicken Wolkenwand hervorzubrechen, die stets über ihrem Gemüt gehangen hatte.

Dana sah sein Gesicht an, während sie sich praktisch blind von ihm führen ließ und musterte dabei seine Züge. Eben als er mit diesem verschwörerischen Ton zu ihr gesprochen hatte, war es ihr für einen Augenblick gelungen zu vergessen. Sie hatte vergessen, dass ihm jedwede Erinnerung fehlte und sie hatte diesen Sekundenbruchteil eingefangen und in ihrem Herzen eingeschlossen, denn sie wollte dieses Gefühl jeder Zeit wieder erleben können. Sie wollte ihren Mulder aus diesem Mann herausholen, der mit ziemlicher Sicherheit noch immer tief in ihm steckte. Er schlummerte lediglich und es bedarf ihrer Hilfe ihn aufzuwecken und zurück an die Oberfläche zu holen.





Wenig später



Er schob den Stuhl, auf den sie sich setzte, näher an den Tisch und nahm anschließend selbst Platz. Dana musterte ihn erneut, etwas überrascht durch diesen Kavaliersakt. Wie lange war es her, dass ein Mann zuletzt die uralten Regeln der vollkommnen Höflichkeit angewandt hatte? Gab es überhaupt schon einmal jemand, der sich wie ein richtiger Gentleman in ihrer Gegenwart verhalten hatte? Sie konnte es wirklich nicht sagen.

„Ich hoffe, Ihnen gefällt dieses Restaurant?“ Er sah über das Blumengesteck hinweg, das in der Mitte ihres Tisches stand.

„Es ist wunderschön“, entgegnete sie, während ihr Blick durch die Räumlichkeiten schweifte. Es war ein romantisches Restaurant, nicht besonders hell beleuchtet. Überall auf den Tischen standen Kerzen, kleine Blumengestecke und von irgendwo her drang leise Klaviermusik zu ihnen herüber. Dana konnte nicht ausmachen, aus welcher Richtung die Musik kam, ob sie aus irgendwelchen Boxen drang, oder ob jemand tatsächlich vor einem Klavier saß und spielte. Es hörte sich an, als würde tatsächlich jemand spielen, aber mit der richtigen Anlage konnte man diesen Effekt auch vortäuschen. „Sie haben einen exzellenten Geschmack, John.“

Das Licht der Kerzen spiegelte sich in ihren Augen und er versank träumerisch darin. Dass er mit dieser Frau zusammengearbeitet hatte, sie Freunde waren und vielleicht auch mehr als das, konnte er sich nur schwer vorstellen. Sie wirkte nicht wie eine FBI-Agentin. Seiner Vorstellung nach waren Bundesbeamte langweilig und bieder. Sie kam ihm verträumt, gefühlsbetont und lebhaft vor. John vermochte es nicht, sich diese Frau mit einer kalten und schweren Waffe in der Hand vorzustellen. Das passte nicht zu ihr.

„Darf ich Ihnen etwas zu Trinken bringen, während Sie sich für das Dinner entscheiden?“, riss die Stimme des Ober ihn aus seinen Gedanken und John nickte eilig.

„Was möchten Sie trinken, Dana?“

Für einen Augenblick dachte sie nach und meinte dann: „Ein Glas Wasser.“

„Wir haben französisches, mit Kohlensäure und stilles, welches aus der Schweiz...“, begann der Kellner, doch Dana bat ihn mittels einer Handbewegung zu stoppen.

„Einfach irgendein stilles Wasser.“

„Schreiben Sie zwei auf“, sagte John. Zunächst wollte er das Menü aussuchen, bevor er sich für einen Wein entschied.

Der Ober nickte und reichte jedem der Beiden eine Karte. Mit einem kleinen Lächeln nahm Dana sie entgegen und schlug sie auf. Ihr Atem stockte für einen Augenblick, als sie die Preise sah. Mit großen Augen sah sie John über den Rand der Speisekarte hinweg an, als wollte sie sagen ‚das ist doch viel zu teuer’. Er zwinkerte sie lediglich an und studierte dann die Menükarte, auf der Suche nach etwas, auf das er Appetit hatte.

Sie verfluchte es ein wenig, dass sie kein französisch verstand. Einige der Gerichte klangen reichlich exotisch und sie fragte sich, was sich hinter den fremden Worten verbarg.

„Cerveau de veau“, las sie angestrengt vor. „Was ist das?“

John blickte von seiner Karte auf. „Kalbshirn.“

Dana verzog fast schon angewidert das Gesicht. „Und was ist Escargot?“

„Wollen Sie das wirklich wissen?“ Dana nickte zögerlich. „Das sind Schnecken.“

„Franzosen essen doch bestimmt auch Fisch, nicht wahr?“, erkundigte sie sich und klappte die Speisekarte zu. „Ich werde einfach irgendeinen Fisch essen.“

John lachte leise und wandte sich wieder der Karte zu. Er suchte nach etwas, das zu Danas Gericht passen würde. Etwas zu dem man Weißwein bestellen konnte.



Sie blieben noch sitzen, nachdem sie gegessen hatten. Dana drehte verspielt der Glas Wein im Kreis und schien gedankenversunken darauf zu starren.

„Woran denken Sie?“, erkundigte John sich und lehnte sich etwas vor, stützte dabei sein Gesicht auf den Händen ab.

Sich dessen bewusst werdend, dass sie seit einiger Zeit geschwiegen hatte, schaute sie zu ihm auf und ein kaum sichtbares Lächeln formte ihre Lippen. „An nichts bestimmtes.“

„Das kaufe ich Ihnen nicht ab.“

„Es ist schon eine Weile her, dass wir zusammen essen waren. Und ich habe mich an einen ganz bestimmten Abend erinnert. Ich hatte Geburtstag und Sie hatten mir einen Schlüsselanhänger geschenkt.“ Wieder versank ihr Blick im Glas, das sie zwar nicht mehr drehte, aber nicht losließ.

„Ich muss ein unheimlich kreativer Mann gewesen sein“, spottete er über sich selbst.

Dana registrierte seinen sarkastischen Ton und schüttelte den Kopf. „Es war ein tolles Geschenk. Einfach, aber mit einer großen Bedeutung.“

„Und was bedeutete dieser Anhänger Ihnen?“ Die Neugierde stand im deutlich ins Gesicht geschrieben.

Sie erzählte ihm von dem Apollo Anhänger und seiner Bedeutung. Wie immer hörte er ihr aufmerksam zu, wohl immer noch mit der Hoffung, dass auch ihm irgendwann die Erinnerung zurückkommen würde. Jedes Mal, wenn sie ihm von der Vergangenheit erzählte, hatte John das Gefühl, als spreche sie über einen vollkommen fremden Mann. Jemand, dem er selbst nicht sonderlich ähnlich war. Schon allein dieses Geschenk wäre ihm nie in den Sinn gekommen. Doch obgleich dieser Anhänger in seinen Augen vollkommen wertlos schien, ihr bedeutete er sehr viel.





Gegen Mitternacht

Vor Scullys Haus



„Da sind wir, Cinderella.“ John stoppte den Wagen am Straßenrand und lächelte sie an.

„Vielen Dank für den ausgesprochen schönen Abend und das Essen.“ Er winkte ab, als wolle er sagen ‚Gern geschehen, nicht der Rede wert’, sagte jedoch nichts. Während er so da saß, und sie einfach nur schweigend ansah, und sie in seinen Augen sehen konnte, dass darin Unsicherheit stand, fragte sie sich, weshalb er sie so ansah? Für einen Augenblick sah sie weg, auch wenn es ihr schwer fiel, sich von seinem Blick loszureißen. Doch als sie erneut in seine Augen blickte wurde ihr klar, was ihn so unentschlossen wirken ließ. Sie lächelte ihn an und nickte kaum sichtbar, um ihm zu zeigen, dass sie keine Einwände hatte.

Ihre Geste verstehend atmete er erleichtert die Luft aus, die er angehalten hatte und drehte sich ein wenig in seinem Sitz, so dass er ihr mehr oder weniger gegenüber saß. Er hörte das Blut in seinen Ohren rauschen, fühlte wie aufgeregt ihm das Herz in der Brust schlug. Langsam beugte er sich zu ihr vor. „Ich weiß, ich bin nicht mehr der Mann von damals, Dana. Ich kann mich an nichts erinnern, an das du dich erinnerst. An nichts, nur die Gefühle scheinen noch da zu sein. Das Vertrauen, die Sehnsucht – die Liebe. Etwas ähnliches habe ich noch nie erlebt.“

Kaum hatte er ausgesprochen und sie die Augen geschlossen, damit er die aufkommenden Tränen nicht sehen konnte, spürte sie seine Lippen auf ihren. Warme, weiche Lippen – seine Lippen. Sie öffnete ihre, um ihn zu schmecken. Tränen rannen ihre Wange entlang, doch diese Tränen waren aus Freude und nicht aus Trauer entstanden. Solange der Kuss andauerte hatte sie völlig vergessen, wo sie sich befand, was mit ihnen beiden geschehen war, einfach alles. Es schien nur sie und ihn zu geben. Doch als er sich von ihr löste und ihr die Tränen fortwischte, da war ihr wieder klar, dass es nicht nur ein Traum, sondern Realität war. War es möglich, dass durch seine Entführung nur die Erinnerung aus seinem Kopf gelöscht worden, aber nie die Liebe für sie aus seinem Herzen verschwunden waren? Funktionierte der Mensch so? Teils mit dem Verstand und teils nur mit dem Herzen? Oder hatte er ihr das eben nur gesagt, um sein Vorhaben zu rechtfertigen. Konnte er gelogen haben? – Sie wollte nicht daran glauben. So sehr hatte er sich nicht verändert, das war unmöglich. Sie hoffte es zumindest. Das tat sie wirklich.





Mittwochabend, 16.12.2006

John Donahous Haus



Sie verbrachten die nächsten Tage immer gemeinsam. Beinahe so, als ignorierten sie die Vergangenheit, darauf konzentriert im Hier und Heute zu leben. Sie sprachen nur noch selten, von dem was einmal war. Zumindest bis zu jenem Abend, drei Wochen nachdem sie sich das erste Mal geküsst hatten.

Dana lag in seinen Armen, spürte seinen Herzschlag an ihrer Brust, fühlte seinen Atem an ihrer Stirn. Liebevoll strich sie ihm über die Brust, spielte mit den wenigen Haaren dort.

„Dana?“

„Hmm“, murmelte sie gegen ihn.

„Du hast mir soviel von uns erzählt, doch niemals etwas über Kathy.“ Er streichelte über die nackte Haut ihres Rückens, und sie brummte abermals zustimmend. „Ist sie...“

Dana löste sich aus seinem Arm und stützte sich auf den Ellbogen, um ihm in die Augen sehen zu können. „Sie ist unsere Kind, John.“ Sie suchte seinen Blick, doch er starrte wortlos an die Decke.

„Du hast mir aber zu verstehen gegeben, dass zwischen dir und mir damals nichts war, wie kann sie dann unser Kind sein?“

„Ich hatte durch meine Entführung und die Folgen keine Möglichkeit jemals schwanger zu werden. Zumindest hatte ich das sehr lange angenommen. Bis zu dem Tag, an dem du damals zu mir sagtest, dass du meine Eizellen gefunden und in Sicherheit gebracht hättest.“ Sie hielt einen kleinen Augenblick inne. „Zunächst war ich damals wütend auf dich, weil du es mir nicht gleich gesagt hattest, doch dann erkannte ich, dass du es mir zu meinem eigenen Schutz nicht sagen konntest.“

„Was hast du danach getan, nachdem du davon wusstest?“

„Ich bin zu einem Arzt gegangen und habe ihn gefragt, ob es nicht möglich sein kann, dass die Eizellen unbeschädigt sind und ich doch noch die Chance bekommen würde ein Kind zu bekommen.“

„Eine künstliche Befruchtung“, stellte er nachdenklich fest. „Und ich habe dir geholfen deinen Wunsch nach einem Baby zu helfen.“

„Ja. – Du hast zwar zunächst gezögert, letztlich aber doch eingewilligt.“ Sie legte sich wieder zurück auf Johns Brust. „Das war der Moment, als ich mir sicher wurde, dass du alles für mich tun würdest. Dass da mehr zwischen uns war als Freundschaft und die Partnerschaft.“

„Sie weiß nichts davon, oder?“, hakte John nach.

„Ich will noch warten, bis sie etwas älter ist und es besser versteht. Dann werde ich Kathy sagen, dass du ihr Vater bist. – Wenn du es mir erlaubst, versteht sich.“

John wusste nicht so recht, ob er darüber lächeln oder gekränkt sein sollte. „Ich bin auf jeden Fall damit einverstanden. Sie ist wirklich noch zu jung, um es zu verstehen. Und ich selbst kann mich somit auch erst einmal mit dem Gedanken vertraut machen, dass ich Vater bin.“

Sie hatte keinen Zweifel daran, dass er diese Tatsache akzeptieren und lernen würde damit umzugehen. Kathy vielleicht sogar eines Tages ein richtiger Vater zu sein – so als wären sie schon immer ein Familie gewesen. Eine eigene Familie, das hatte sie sich schon so lange gewünscht. Besonders seit dem Tag, als ihr gesagt wurde, dass sie diese Chance niemals haben würde.

So viel war ihr in ihrem Leben zugestoßen. Ihr und auch ihm. Und nun schien sich endlich, nach all den Jahren, alles zum Guten zu wenden. Wenn auch etwas anders als sie es sich immer herbeigesehnt hatte. Doch hier in seinen Armen zu liegen, zu wissen, dass er ihre Gefühle erwiderte und einfach da war, der Vater ihrer Tochter und sich dessen auch bewusst, ließ sie mit einem Lächeln einschlafen.





Das Geräusch ihres Piepers weckte sie aus ihrem Traum und sie brauchte einige Sekunden, bis ihr bewusst wurde, wo sie sich befand. Orientierungslos suchte sie die Wäsche auf dem Boden ab, um das Gerät abzuschalten, bevor John davon geweckt wurde. Ausgerechnet heute Nacht, wo sie Bereitschaft hatte, gab es offensichtlich eine dringende Obduktion zu machen. Sie gähnte und schnappte sich die Klamotten, die überall verteilt herumlagen.

Im Bad wusch sie sich eilig und zog sich an. Sie wusste noch nicht einmal wie viel Uhr es war. Sie fühlte sich, als hätte sie noch nicht sehr lange geschlafen. Während sie sich die Zähne putze, musste sie immer wieder ein Gähnen unterdrücken und sie seufzte innerlich. , dachte sie sich. Sie wäre gerne am nächsten Morgen in seinen Armen aufgewacht, um anschließend gemütlich mit ihm zu frühstücken, bevor der Alltag sie wieder zurück hätte. Aber das mussten sie beide wohl auf einen anderen Tag verschieben.

Sie eilte wieder zurück ins Schlafzimmer, um ihm einen flüchtigen Kuss auf den Mund zu geben. Wenigstens das, wenn sie schon keine Zeit mehr hatte, um ihm eine kleine Nachricht zu hinterlassen. Sie würde ihn jedoch später anrufen, um ihm bescheid zu sagen. Und möglicherweise würde die Autopsie auch so schnell gehen, dass sie sich unbemerkt zurück in seine Arme würde schleichen können. Sie lächelte unwillkürlich, als sie ihn für einen Moment ansah. Er sah so zufrieden aus, im Schlaf.



Als sie vor die Tür trat, kam ihr ein eisiger Schneewind entgegen und sie zog den Kragen ihres Mantels zu. Sie beeilte sich damit, die verschneiten Scheiben ihres Wagen freizumachen und stieg ein. , fluchte sie in Gedanken. Doch dann kam ihr in den Sinn, dass schon bald Weihnachten war und der Schnee gerade dieses Fest erst so richtig schön machte.

Sie fuhr los, die Scheibenwischer auf der höchsten Stufe und überlegte, was sie für John kaufen sollte. Für Amber und Kathy hatte sie die Weihnachtsgeschenke bereits vor Wochen besorgt, nur bei Johns war sie sich nicht sicher gewesen. Verschiedene Ideen kamen ihr während der Fahrt in den Sinn, als das Klingeln ihres Mobiltelefons sie plötzlich aus den Gedanken riss.

Gerade zur richtigen Zeit, denn sie stoppte an einer roten Ampel. Sie schaltete das Licht im Wagen an, um in ihrer Tasche nachsehen zu können. „Scully“, meldete sie sich schließlich, nachdem sie es gefunden hatte.

Im Augenwinkel sah sie ein grünes Licht aufleuchten und fuhr wieder an. Es war ein Kollege, der ihr mitteilte, dass sie sich bei dem Wetter Zeit lassen sollte und das Gespräch war schnell beendet. Sie legte das Handy wieder weg, diesmal auf den Beifahrersitz und sah nur für einen Augenblick nicht auf die Straße.

Sie hörte nur ein lautes Krachen, Metall das auf Metall knallt, direkt auf ihrer Seite. Durch die Wucht des Aufpralls schlug sie hart mit dem Kopf auf das Lenkrad, noch ehe sie sich des Unfalls bewusst wurde und die Welt um sie herum versank in Sekundenbruchteilen in einem tiefen Schwarz.
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