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Surpass all Expectations

von XFilerN

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Sie beobachtete ihn aus dem Augenwinkel heraus, er sah aus dem Fenster. Das tat er schon seit einigen Minuten, eigentlich seit sie ins Taxi gestiegen waren und Monica fragte sich, ob es an ihr lag, dass sie noch nichts zueinander gesagt hatten, seit sie Danas Apartment verlassen hatten. War es wegen dem, was sie zu ihm gesagt hatte, bevor Bill in die Küche gekommen war? Weil sie ihm gesagt hatte, dass er ihr fehlte?

Sie hoffte sehr, dass das nicht der Grund für sein konstantes Schweigen war. Gerne hätte sie etwas zu ihm gesagt, um die Stimmung wieder etwas zu entspannen, denn ganz offensichtlich stand etwas zwischen ihnen. Oder war es der Kuss, war es das, was ihn so grüblerisch sein ließ? Sie schaute jetzt direkt zu ihm hinüber, vielleicht würde er ihre Bewegung bemerken und sie ebenfalls ansehen. Sie hoffte es.

„John, an was denkst du?“, erkundigte sie sich schließlich, nachdem er immer noch aus dem Fenster hinaus in die Nacht starrte.

Er zögerte einen Augenblick, bevor er sich ihr zuwandte und ihr direkt in die Augen sah. Sie hatte den Eindruck als ob er sich nicht ganz sicher war, was er jetzt sagen sollte und damit lag sie richtig. Sie hatte es schon vor einigen Jahren gekonnt und vermochte es noch immer, seine Gedanken zu erahnen, in sein Innerstes zu sehen und in seinen Augen, wie in einem offenen Buch zu lesen. „Ich denke über den Abend nach, über das was du gesagt hast, über das was da vorhin geschehen ist und...“ John brach seinen Satz ab, als er ihr Nicken sah. „Ich dachte wir hätten das hinter uns. Ich habe geglaubt, dass unsere Vergangenheit vergangen ist, aber ich habe mich geirrt.“

„Empfindest du es als Belastung?“ Sie sah ihn fragend an, studierte sein Gesicht und beobachtete dabei, wie seine Stirn plötzlich tiefe Falten bekam.

„Das was du gesagt hast oder den Kuss? Oder die Tatsache an sich, dass sich etwas zwischen uns verändert hat?“, fragte er entgegen und sah flüchtig auf die Straße hinaus, bevor sein Blick wieder an ihr festhielt.

Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, tat es dann aber doch nicht. Stattdessen tauschte sie Blicke mit John, so wie sie es früher getan hatten. Sie hatten sich viel zu sagen gehabt, aber es war nicht immer notwendig gewesen, dass sie alles laut aussprachen. Von Zeit zu Zeit hatte es genügt, wenn sie sich so wie jetzt in die Augen gesehen hatten.

Er sah sie jedoch immer noch abwartend an, so als hätte er ihr Spiel von damals nicht mehr drauf. Als hätte er verlernt in ihren Augen zu lesen, so wie sie es bei ihm tat. Möglicherweise wollte er es aber einfach nur hören, um ganz sicher zu sein. Monica räusperte sich. „Alles, John. Ich meine eigentlich alles.“

Er sah auf das Geschenk von ihr, das er in der Hand hielt und strich mit den Fingern darüber, so dass er das Material fühlen konnte. Es passte perfekt in seine Hand, als hätte sie es eigens für ihn anfertigen lassen, doch er wusste es besser. Innerlich musste er schmunzeln, denn obwohl ihm das Geschenk so sehr gefiel, hatte er es zunächst nicht annehmen wollen. Es war einfach viel zu wertvoll, etwas das er einfach nicht annehmen konnte.

Ob ihr Vater nichts dagegen hatte? Schließlich war es etwas, das ihm viel bedeutet hatte und er hatte es ihr gegeben. Ihr Vater hatte immer gehofft, dass sie eines Tages einen Polizisten heiraten würde, so wie er einer gewesen war. Er hatte ihr die Waffe gegeben, die ihm jahrelang das Leben gerettet hatte, bis er in Rente gegangen war. Monica sollte sie dem Mann schenken, den sie sich zum Ehemann ausgesucht hatte und da saß er nun, die Waffe in der Linken haltend und wusste nicht so recht, was er davon halten sollte.

War es ein Zeichen, etwas das sie ihm ohne Worte hatte vermitteln wollen? War das ihre Art zu sagen, dass sie sich ihn als Ehemann wünschte? Oder hatte Monica bereits die Hoffnung verloren, obwohl sie erst zweiunddreißig war, dass sie einen geeigneten Mann finden würde? Niemand dem sie diese Waffe schenken wollen würde? Wie – wie sollte er das auffassen?

John räusperte sich und sah von dem Geschenk auf. „Ich weiß nicht, wie ich all das deuten soll. Das Gespräch, das Geschenk und den Kuss... – Etwas in mir sagt mir, dass du...“ Er stockte, unfähig das auszudrücken, was er vermutete, ohne dabei zu direkt zu sein. Vor allem versuchte er das Gespräch rauszuzögern, das wurde ihm mit jeder verstreichenden Minute bewusster. Was wenn es Wunschdenken war und er rein freundschaftliche Gesten und Worte falsch auslegte, weil er sich besonders zu dieser Jahreszeit so schrecklich einsam fühlte?
Eine Stimme in seinem Kopf widerlegte seinen letzten Gedanken, denn schließlich hatte sie ihm ja gesagt, dass er ihr fehlen würde.

„Das mit dem Gespräch und dem Geschenk kann ich dir erklären, John. Der Kuss allerdings ist eine andere Sache. Es ist ein Brauch, dem wir nachgekommen sind, weiter nichts. Der Kuss ist völlig harmlos gewesen. Und wenn ich dich daran erinnern darf: Du warst es, der keine Sekunde gezögert hat.“ Monica versuchte völlig gelassen nach vorn auf die Straße zu sehen, anstatt in Johns Augen. Sie wusste welcher Blick kommen würde, noch ehe er seine Gesichtszüge entsprechend formte.

Er lächelte und kratzte sich am Hinterkopf. „Du hättest zurückweichen können, niemand hat dich zu diesem Kuss gezwungen.“

„Das war auch nicht nötig und das weißt du genau.“ Nur für einen flüchtigen Augenblick sah sie ihn an und erwiderte sein Lächeln, bevor sie sich wieder nach vorn wandte. „Du wolltest es genauso sehr wie ich selbst. Und warum auch nicht, John? Es ist nichts dabei, wenn zwei Menschen sich einig sind.“

„Woher willst du so genau wissen, dass ich es ebenso sehr wollte, Monica?“ Seine Augen hafteten auf ihrem Hinterkopf und er wartete einige Zeit, doch sie drehte sich nicht zu ihm um.

„Du siehst mich anders an als Dana oder eine andere Kollegin. Du sagst Dinge, die du so niemals zu deiner *Partnerin* sagen würdest.“

John lachte leise auf. „Was denn für Dinge?“, erkundigte er sich, bemüht das Lachen zu unterdrücken.

„Du flirtest mit mir. Das hast du schon lange nicht mehr getan. Nicht mehr, seit ich...“ Sie wollte das Wort „verlassen“ nicht in den Mund nehmen, denn sie hatte ihn nicht gern zurückgelassen in Washington, während sie Hunderte Kilometer entfernt eine einmalige Chance ergriffen hatte. Selbst diese Entfernung hatte es ihr unmöglich gemacht ihn zu vergessen. Es war zuviel geschehen, in der relativ kurzen Zeit in der sie sich kennen und lieben gelernt hatten. Der Mord an seinem Sohn hatte sie einander quasi vorgestellt und der tragische Selbstmord seiner Frau nur kurze Zeit später hatte sie einander näher gebracht.

Es hatte ihr zu dieser Zeit gut getan gebraucht zu werden. Sie war das, was man das klassische schwarze Schaf nennt und ihre Kollegen hatten ihr den Spitznamen Blacky gegeben. Niemand hatte es ihr jemals ins Gesicht gesagt, aber sie hatte es eines Tages erfahren als sie unbemerkt zwei weibliche Kollegen belauschen konnte. Sie galt auch als Grünschnabel, weil sie noch relativ wenig Erfahrung auf dem *Feld* hatte. Kurz: Sie war damals nicht gerade sehr angesehen.

Und dann bekam sie diesen Fall zugeteilt, weil man sich sicher war, nur sie konnte aufgrund ihres ausgezeichneten Abschlusses helfen den Entführer zu schnappen. Sie hatten sich in ihr geirrt, aber dafür hatte sie wenigstens John helfen können, indem sie für ihn da gewesen war, seine Fragen beantwortet und ihm Trost zugesprochen hatte. Wenn man in einem Fall wie diesem selbst die Hauptrolle übernimmt, die des Überlebenden, des Hinterbliebenen, dann sind all die psychologischen Seminare vergessen zu denen man während der Ausbildung gehen muss. Es schießen einem Fragen durch den Kopf, deren Antworten man eigentlich bereits kennt, aber nicht wahrhaben will. Denn es kann doch nicht sein, dass einem selbst so etwas zustößt, das passiert doch nur anderen.

„...seit ich nach New Orleans zurück bin“, schloss sie ihren Satz ab, nachdem sie in seine fragenden blauen Augen sah. Es fiel ihr selbst heute noch schwer zu begreifen, welchen Schmerz er durchgestanden haben musste und dann hatte auch sie ihn noch verlassen. Es gab Tage an denen sie sich gefragt hatte, wo er diese Kraft hernahm, mit all dem fertig zu werden. Und dann hatte sie es nicht mehr ausgehalten, wollte zurück nach Washington, zurück zu ihm. Sie wusste nicht, ob das Verlangen ihn zu stützen oder ihre Sehnsucht nach ihm selbst stärker gewesen war.

Nachdenklich rutschte John in Richtung des Fensters, wandte sich Monica jedoch nicht ab. Er musterte sie eingehend, bis er schließlich den kleinen Schock ihrer Darlegung von Tatsachen überwunden hatte. Das war etwas, das ihn schon immer besonders an ihr fasziniert hatte, ihr offenes Wesen. Nicht nur offen dem gegenüber, was er selbst nicht bereit war als Gegebenheit hinzunehmen, sondern ihre Art offen auszusprechen, was in ihrem Kopf vor sich ging. Ihre Lebendigkeit hatte ihm damals, nach Lukes Tod und dem Selbstmord seiner Frau, die Kraft zurückgegeben, die sie mit ins Grab genommen hatten.

Sie hatte ihm klar gemacht, dass es kein Zeugnis von Schwäche ist, wenn man sich einem solchen Schmerz hingibt und offen trauert, auch wenn dies bedeutete als Mann zu weinen, wann immer es als Ventil für die angestaute Trauer dienlich sein konnte. Sie hatte ihm bewusst gemacht, dass das Beweis für Stärke war und das nur Männer von falschem Stolz es nicht in der Öffentlichkeit wagen wirklich Trauer zu zeigen. Solche Männer, das hatte sie ihm mehrere Male gesagt, bevor er es wirklich glaubte, zerbrachen an ihrem Schmerz und dies wollte sie um jeden Preis vermeiden. Sie wollte verhindern, dass er zu einem seelischen Wrack wurde und es war ihr gelungen.

„Ich denke, dass sich seit damals vieles geändert hat, Monica.“

Sie nickte. „Einiges, aber manches ist auch gleich geblieben. Soweit es mich betrifft zumindest.“

Als sie ihm gesagt hatte, dass er ihr fehlen würde, da hatte er gleich gewusst, dass sie in diesem Augenblick den Mann von damals ansprach. Der in den sie sich verliebt hatte und der auch für sie nach einiger Zeit tiefe Zuneigung empfunden, in ihrer Gegenwart aber niemals das Wort Liebe erwähnt hatte.

„Wolltest du es niemals hören? Hat es dir nicht wehgetan, dass ich es dir niemals gesagt habe, Monica?“ Sein Blick wurde traurig, denn er hatte es sich selbst die letzten Jahre vorgeworfen, es ihr niemals gesagt zu haben. Er hatte sie geliebt, sehr sogar. Doch die Angst sie zu verlieren, erneut tiefe Wunden zugefügt zu bekommen, hatte es ihm unmöglich gemacht, das auszusprechen, was sein Herz so laut in die Welt hinaus rufen wollte.

Liebevoll legte sie ihm die rechte Hand auf seine linke und strich mit dem Daumen über seinen Handrücken. „Ich weiß, dass du mich geliebt hast, John. Ich habe es täglich in deinen Augen gesehen, habe es durch deine Berührungen gefühlt. Es war niemals nötig es mir zu sagen.“

„Trotzdem hätte ich es dir sagen sollen.“ Er legte seine rechte Hand auf ihre linke und hielt sie in ihrer streichelnden Bewegung auf. „Du bedeutest mir immer noch sehr viel, weißt du. – Nur du machst es möglich, dass ich unbefangen bin und mich einfach auch mal treiben lasse. Du bist der Grund, weshalb ich mit dir flirte.“

Ein Gefühl von Wärme durchfuhr sie als sie seinen Blick sah; darin erkannte wie aufrichtig seine Worte waren. Zunächst wollte sie etwas erwidern, etwas das seinen Worten, deren Bedeutung gleichkam, doch sie schwieg. Monica war sich sicher, dass sie nicht die richtigen Worte finden würde, die ihm all das vermitteln sollten, was sie ihm Augenblick fühlte.

Ihre freie Hand ausgestreckt lehnte sie sich John entgegen, bis sie seine Wange berühren konnte und streichelte diese. Zärtlich fuhr sie mit dem Daumen die Bögen seiner warmen Lippen nach und lächelte kaum sichtlich. Und als John sich ihr plötzlich entgegen beugte spürte sie nur noch, wie ihr Herz schneller schlug und sie zittrig wurde. Endlich, nach so langer Zeit schien ihre Sehnsucht nach diesem Mann ihre Erfüllung zu bekommen. Instinktiv schloss sie die Augen, darauf wartend, dass ihre Lippen sich berührten und das vertraute Gefühl seiner leidenschaftlichen Küsse sich einstellte.

„Wir sind da!“, verkündete der Taxifahrer mit slawischem Akzent und wandte sich seinen Gästen auf der Rückbank zu. „15 Dollar, 40 Cents.“

„Hier, bitte. Der Rest ist für Sie“, sagte John und reichte dem Mann siebzehn Dollar.

„John, das war meine Rechnung.“ Monica sah ihn ernst an. Sie hatte die Summe begleichen wollen, schließlich waren sie bei ihr vor dem Haus und nicht bei ihm. „Aber, wenn du noch mitreinkommen willst, dann – werde ich noch mal ein Auge zudrücken“, schmunzelte sie, in der Hoffung seine Geste richtig interpretiert zu haben.

„Wenn du es möchtest und ich einen Kaffee bekomme, dann gern.“ Er erwiderte ihr Lächeln und selbst der Taxifahrer konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

„Schönen Abend noch“, sagte der Mann und schob das Geld in die Börse, bevor er das Taxameter zurück auf Null stellte.

Monica stieß die Tür zu und wartete, darauf dass das Taxi fortfuhr während sie und John sich ansahen. Was erwartete er jetzt wohl von ihr? Kam er wirklich nur noch auf eine Kaffee mit hinein oder hatte er eben so wie sie selbst vor, den Abend perfekt ausklingen zu lassen? Den Anschein hatte es zumindest, immerhin war er eben kurz davor gewesen sie zum zweiten Mal an diesem Abend zu küssen.

John folgte ihr, als sie den Hausschlüssel hervor holte und die Tür aufschloss. „Kannst du denn überhaupt noch schlafen, wenn du so spät noch Kaffee trinkst?“, fragte sie ihn und hob ihm die Tür auf.

„Wer sagt denn, dass ich schlafen will“, zwinkerte er und ging an ihr vorbei. Sie wusste nicht so recht, was sie darauf erwidern sollte. Er sah es deutlich an ihrem leicht verdutzten Gesichtsausdruck. Diesmal hatte er es bewusst und mit voller Absicht gemacht – geflirtet.

***


Während Monica in der Küche war, um den Kaffee zu kochen, sah John sich in ihrem geräumigen Wohnzimmer um. Ihm fiel auf, wie liebevoll sie Regale und Fenster dekoriert hatte und dass sie die Möbel etwas umgestellt hatte. Bisher war er nur einmal hier gewesen und da war sie erst eingezogen. Vermutlich hatten ihr die Umzugsleute die Couch und die beiden Sessel nicht so hingestellt, wie sie es gewollt hatte.

Die Couch stand jetzt nicht mit der Rückwand zur Mitte des Zimmers, sondern am Fenster, so dass man das ganze Wohnzimmer schön im Blick hatte und auch die angrenzenden Räume. John ertappte sich bei der Frage, wo wohl ihr Schlafzimmer lag? War es hinter der Tür, die sich direkt linkerhand neben der Küche befand oder die Tür noch etwas weiter links, am Ende dieses Raums?

Ihre Einrichtung wirkte einwenig unschlüssig. Zum Teil besaß Monica antik wirkende Schränke, die Couch und die Regale jedoch wirkten eher modern. Offenbar hatte sie sich noch nicht für einen Stil entscheiden können. Oder es gefiel ihr so gemischt. Die Couch, das stellte John fest als er sich darauf sinken ließ, war sehr gemütlich. Er lehnte sich zurück, nachdem er seinen Mantel über den rechts von ihm stehenden Sessel geworfen hatte.

Er gähnte und streckte seine Arme dabei. Wenn der Kaffee nicht bald fertig würde, dann schlief er mit Sicherheit hier ein. Einladend genug war das Sofa allemal und er zwang sich in eine aufrechte Sitzposition. „Monica, ist alles in Ordnung?“, fragte er in Richtung der Küche.

„Seit wann bist du so ungeduldig?“, rief sie zurück und er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie jetzt lächelnd und den Kopf schüttelnd über ihre Schulter sah, auch wenn sie ihn aus diesem Winkel nicht sehen würde.

„Der Wein verliert allmählich seine Wirkung und mein Körper schreit schon fast nach dem Koffein“, gab er ihr zur Antwort und stand von seinem Platz auf.

Gerade als er zu ihr gehen wollte kam sie ihm mit zwei Tassen entgegen und reichte ihm eine davon. „Ich hab ihn aber nicht so stark gemacht, wie du ihn für gewöhnlich trinkst. Irgendwann müssen wir schließlich noch schlafen“, sie sah ihn neckend an und sah ihm zu, wie er den ersten Schluck trank.

„Ich kann auf den Grund der Tasse sehen“, sagte er nach einem kritischen Blick in selbige und hob eine Augenbraue. „Das nennst du Kaffee?“

Sie schubste ihn leicht mit der Hüfte an und ging zur Couch hinüber. „Kann ich dich denn gar nicht zufrieden stellen?“, fragte sie und trank ebenfalls.

„Das kannst du, nur eben nicht mit dem Kaffee.“

„Du bist dir hoffentlich darüber im Klaren, dass du es schon wieder tust. Ich lasse dir das bald nicht mehr so einfach durchgehen, John.“ Es bedarf keiner Erklärung oder direkten Aussprache, er würde schon wissen wovon sie sprach. Sehr genau sogar, dessen war sie sich sicher.

Er sah sie spitzbübisch an. „Vielleicht provoziere ich dich ja nur.“

„Ja, vielleicht. Und vielleicht lasse ich dich gerade deshalb noch ein bisschen länger zappeln.“ Sie erwiderte seinen frechen Blick und stellte die Tasse auf den Holztisch, der zwischen ihnen stand.

Sich ihr nähernd meinte er: „Wie lange wollen wir das Spiel noch spielen?“. Die Tasse abstellend ging er vor ihr in die Knie und sah ihr in die Augen.

„Ich weiß nicht“, sagte sie leise und lehnte sich etwas zu ihm. Selbst wenn es zu Beginn des Abends noch Zweifel gegeben hatte, ob er ihre Gefühle noch erwiderte oder nicht, so waren diese spätestens jetzt beseitigt.

Langsam hob er die linke Hand zu ihrem Gesicht, streichelte ihre Wange und zog sie dann zu sich herab. Jetzt oder nie, dachte er bei sich. Und obwohl er Angst hatte wieder von ihr verlassen zu werden, irgendwann, so war die Sehnsucht danach sie wieder zu küssen und zu berühren stärker. Sämtliche Ängste ignorierend berührte er ihre Lippen zärtlich mit seinen.

Als berührte er sie nur mit einer Feder, die über ihren Mund strich, so fühlte sich dieser Kuss an. Sie verharrte einige Momente und nahm das Gefühl sich berührender Lippen tief ins sich auf, bevor sie die Sehnsucht nach mehr überwältigte und sie sich hungrig seinen Küssen hingab. Ihr wurde schwindlig als ihre Zungen sich trafen. Es war als stünde die Zeit still, so wie damals, wenn sie sich einander hingaben. Es war berauschend ihn wieder zu schmecken und zu fühlen.

Er schmeckte den Zucker, den sie im Kaffee hatte heraus. Süß, so wie immer schmeckte sie auch nach Jahren noch und er fühlte, dass Hitze in ihm aufstieg. Es war unglaublich sie wieder zu küssen und von ihr geküsst zu werden, aber er war solche Zärtlichenweiten längst nicht mehr gewohnt. Seine Erektion wuchs und presste sich hart gegen die Hose.

Es kostete ihn einiges an Beherrschung dem Verlangen ihre Kleider auszuziehen nicht nachzugeben. Besser würde es für einen Neubeginn sicherlich sein, wenn sie es diesmal langsamer angingen. Er wollte die selben Fehler von damals nicht wiederholen und ihr auf keinen Fall das Gefühl geben, dass er nur das eine von ihr verlangte. Sie sollte endlich wissen, es wirklich wissen, was er für sie empfand.

Nur ungern entfernte er sich einige Zentimeter von ihr und beendete somit den Kuss, aber er wollte ihr in die Augen sehen. Sie lächelte ihn an und kaute etwas auf ihrer Unterlippe, die noch glänzend von den Küssen war. „Du bist so wunderschön, Monica.“ Liebvoll strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich habe dir das viel zu selten gesagt.“

Ihr Lächeln hielt noch an und sie war sich nicht sicher, was sie ihm jetzt erwidern sollte. Oder ob sie ihm überhaupt etwas erwidern sollte. Damals war es einfach ein schlecht gewählter Zeitraum gewesen – für jeden von ihnen. Sie hatte noch viele unerreichte Ziele vor sich und er war noch längst nicht wirklich bereit gewesen eine neue Beziehung zu führen.

Erkannt hatte sie es damals schnell, dass er noch nicht bereit war, aber dennoch hatte sie sich darauf eingelassen. Sie hatte ihn gewollt, mehr als alles andere, obwohl einige Jahre zwischen ihnen standen. Es hatte sie ebenso wenig gekümmert wie ihn, doch irgendwann bekamen sie dadurch Probleme. Denn während er bereits vieles erlebt und gesehen hatte, war sie noch nicht bereit gewesen richtig sesshaft zu werden. Sie hatte ihren Platz erst dadurch gefunden, indem sie fortgegangen war, um sich selbst zu finden – um herauszufinden, dass sie wirklich zu ihm gehörte und bei ihm bleiben wollte. New Orleans war zwar die schönere Stadt, aber es gab dort nur selten wirkliche berufliche Herausforderungen, die sie an ihre Grenzen und darüber hinaus brachten. In DC war diesbezüglich mehr los, insbesondere in Punkto ungewöhnliche Fälle.

Und John lebte hier. Das war der zweite Grund gewesen, weshalb sie um Versetzung gebeten und ihr Leben erneut über den Haufen geworfen hatte. Und nun saß sie ihm hier gegenüber, nachdem er sie geküsste hatte und sah in seine blauen Augen. Er hatte sich seit damals verändert, aber im positiven Sinn. War er früher meist ernst, so ließ es er jetzt viel öfter zu auch mal unbefangen zu lachen, Scherze zu machen und sie zu necken. So gefiel er ihr wesentlich besser.

„Bleib heute Nach bei mir, John“, sagte sie schließlich bittend und wartete gespannt auf seine Reaktion. Es war nicht so, dass sie jetzt sofort mit ihm schlafen wollte, doch eigentlich schon, aber sie würde sich auch damit zufrieden geben, würde er einfach nur neben ihr schlafen und ihr die Wärme spenden, nach der sie sich jede Nacht sehnte. Allein ihn zu riechen, zu hören wie er atmete – zu wissen, dass er hier war, würde ihr ausreichen.

John musterte sie unentschlossen. „Willst du das wirklich?“

Sie nickte und küsste ihn erneut. Dann sahen sie sich wieder einige Momente schweigend an, bevor sie nach seiner Hand griff und ihn zu ihrem Schlafzimmer führte. Dem Raum ganz am Ende des Wohnzimmers. Sie fühlte, wie er seine Arme um sie schlang und lehnte sich leicht gegen ihn, während sie das Schlafzimmer betraten und Monica das Licht einschaltete. „Du wirst leider nackt schlafen müssen, John, da ich keinen deiner Pyjamas mehr habe.“ Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn mit einem frechen Blick an.

„Das würde dir wohl gefallen. Ich schlafe in meinen Boxershorts und einem schlichten T-Shirt“, gab er zwinkernd zurück.

„Sorry, aber das läuft so nicht. Meine Wohnung, meine Regeln“, erklärte sie und begann damit sich auszuziehen. Sie fühlte Johns Blicke, als sie ihm den Rücken zuwandte, während sie den BH öffnete und über ihre Schulter hinweg in seine Richtung warf.

Er fing ihn auf und roch daran, ohne den Blick von ihr abwenden zu können. Ihr Parfüm hing in dem bisschen Stoff und er sog diesen Duft tief ein. „Du bist noch verführerischer geworden als damals. – Ich garantiere heute Nacht für nichts, also sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“

Den BH zum Rest ihrer Kleidung auf den Boden geworfen begann auch er damit sich auszuziehen, wobei er inne hielt, als sie ihn dabei beobachtete. In Shorts und T-Shirt ging er zurück zum Lichtschalter und betätigte ihn.

„Hey, du gönnst mir auch gar nichts“, beschwerte sie sich, doch er konnte das neuerliche Lächeln aus ihrer Stimme heraushören.

Ohne etwas zu erwidern zog er sich vollends aus und ging zum Bett hinüber. Im Mondlicht sah ihre Silhouette. Sie schlüpfte unter die Bettdecke und er tat es ihr gleich. Den Ausklang für den Weihnachtsabend hatte er sich zwar anders vorgestellt, aber er zog diese Variante seiner Vorstellung doch deutlich vor. Besonders als er Monicas Hand fühlte, die sich an seinem Bein entlang nach oben vortastete, während ihre Lippen hungrig seine suchten.


Ende
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