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Der letzte Kampf (Teil 1)

von XFilerN

Prolog

DELAWARE, WILMINGTON

 

Die Sonne, warm und hell, schien über den Straßen. Es war ein schöner Tag, denn kaum ein Wölkchen bedeckte den beruhigend blauen Himmel über Wilmington. Ruth Stockwell, eine Frau mittleren Alters, lächelte dem jungen Paar freundlich zu, als dieses aus dem Auto gestiegen war. Dann führte sie es durch eine kleine Seitengasse.

„Folgen Sie mir einfach durch den Hintereingang. Wir müssen in die erste Etage.“

Bereitwillig gingen die kleine rothaarige Frau und ihr Begleiter dem Wunsch der Frau nach. Während sie Ruth folgten, flüsterte der dunkelhaarige Mann mit der Frau, zu seiner Linken: „Hey, Scully, ich hab doch gesagt, dass es nicht gefährlich wird.“

Die junge Frau blickte zu ihm auf und fasste sich rechts an die Hüfte. „Nenn es von mir aus weibliche Intuition, aber ich bin jedenfalls auf alles vorbereitet“, antwortete Scully mit einem ernsten Gesichtsausdruck. Dieser Blick riet ihrem Gegenüber sich ebenfalls die Waffe zu entsichern. Sie gingen durch einen langen, dunklen Korridor. Scullys Mimik wurde zusehends skeptischer.

Ruth drehte sich nach den Beiden um als sie stehen blieb.

„Mr. und Mrs. Matthews, das ist, wie ich zugeben muss, nicht der richtige Eingang. Ich führe Sie nur durch den Hintereingang, weil der Haupteingang renoviert wird.“

„Bald haben wir unser eigenes Baby, Liebling.“ Der dunkelhaarige Mann ergriff die Hand seiner vermeintlichen Ehefrau.

„Folgen Sie mir hier durch.“ Ruth Stockwell lotste das junge Paar durch einen weiteren dunklen Gang. Sie gingen einige Schritte weiter nach hinten und folgten der Frau. An Hand der Art wie sich Mrs. Stockwell umsah und fortbewegte, unbeholfen und suchend, schloss Scully, dass sie sich nicht auskannte.

Kurz nachdem die Agenten das Gebäude betreten hatten, stellte noch jemand sein Auto in der Gasse ab. Der Mann verließ seinen Wagen, nahm ein Gewehr vom Rücksitz und folgte ihnen. Der Schweiß rann ihm von der Stirn. Fest entschlossen seinen Plan durchzuführen, ging er durch die dunklen Flure hinter ihnen her. Als er ihre Stimmen hören konnte, atmete der Mann tief durch. Vollkommen lautlos gelang es ihm, sich bis auf wenige Meter an das Paar heranzuschleichen. Dann blieb er stehen und hob die Waffe an. Niemand durfte sein Lebenswerk zerstören, ohne dafür zu zahlen. Dann feuerte er auf den Mann an Scullys Seite. Während dieser sofort zu Boden ging, drehte sich die die Agentin erschrocken um, zog ihre Waffe aus dem Halfter und gab nach kurzem Zielen einen Schuss auf den unbekannten Schützen ab.

Der Mann griff sich aus Reflex an seine linke Brustseite, wo er von Scully getroffen wurde, und fiel stürzte zu Boden.

Erneut drehte Scully sich um, zielte auf Ruth Stockwell und rief während sie auf die Frau zuging: „FBI, Sie sind verhaftet! Legen Sie sich auf den Boden! Und nehmen Sie die Hände über den Kopf, so dass ich sie sehen kann!“ Völlig mechanisch legte die Agentin der Frau Handschellen an, und erklärte Ruth ihre Rechte, während sie zurück zu ihrem verwundeten Partner lief.

Sie kniete sich neben ihn, lockerte seine Krawatte und riss ihm sein Hemd auf. Fassungslos über das Ausmaß seiner Verletzung presste sie eine Hand auf die Wunde und griff mit der anderen zu ihrem Handy. Sie wählte 911 und wartete nervös und angespannt auf eine Antwort als, „Notruf-Zentrale“, eine Stimme am anderen Ende der Leitung erklang.

„Special Agent Scully.FBI. Mein Partner ist schwer verletzt. Er hat eine Schusswunde in der Lunge und ist bewusstlos. Schicken Sie einen Helikopter zur Madison Street 32. Wir sind in einer Art Lagerhaus, das durch eine Seitenstraße erreichbar ist.“ Ohne auf eine Reaktion zu warten, ließ Scully das Handy fallen und suchte angestrengt nach einem Puls. Sie fand keinen. Sie stellte mit Entsetzen fest, dass ihr Partner nicht mehr atmete, er hatte keinen Herzschlag mehr und daher begann sie sofort mit den Wiederbelebungsmaßnahmen. Jede Minute zählte. Sie durfte nicht auf die Sanitäter warten.

„Komm schon, lass mich jetzt nicht im Stich, Mulder!“, entkam es Scully voller Verzweiflung als sie versuchte ihn wiederzubeleben. „Komm schon, atme. Verdammt noch mal, atme!“ Sie beugte sich erneut über Mulders Mund und beobachtete gleichzeitig seinen Brustkorb. Nichts. Gerade als sie ihren Partner nochmals beatmen wollte, erkannte Scully aus dem Augenwinkel eine Bewegung. Im selben Moment als der Angreifer sich nach seinem Gewehr streckte, ergriff die Agentin ihre Smith & Wesson und schoss ihm ohne zu zögern genau zwischen die Augen. Blut tropfte von seiner Stirn, als er erneut wie ein Sack Reis zu Boden fiel. Nur am Rand ihres Bewusstseins nahm sie die verzweifelten Schreie von Ruth wahr. Ihre volle Konzentration galt Mulder, der blutend und leblos vor ihr lag. Scully drückte ihre Jacke auf seine Wunde und führte die Beatmungen fort. Als sich kein Lebenszeichen ergab, begann sie zusätzlich Herzmassagen durchzuführen. Dann warf sie einen kurzen Blick in seine Augen; seine Pupillen reagierten kaum auf das Öffnen der Lider. Alles um sie herum verschwand. Sie konzentrierte sich ausschließlich auf die Reanimation. Tränen der Verzweiflung brannten in ihren Augen, doch sie gestattete sich nicht, die Fassung zu verlieren. Sie durfte jetzt nicht von ihrer sorgfältigen Ausbildung abweichen.

Der Agentin wurde nicht einmal wirklich bewusst, dass die Sanitäter irgendwann eintrafen. Einer der Beiden wandte sich an die Agentin, die daraufhin beinahe erschrocken herumfuhr und damit erstmals die Reanimation unterbrach. „Seit wann ist er bewusstlos?“, erkundigte sich der Sanitäter.

„Seit ein paar Minuten. Ich bin Ärztin, stillen Sie bitte die Blutung und laden Sie den Defibrillator auf 260.“ Sie griff ganz selbstverständlich nach den Paddels, als wäre es ihr täglicher Job, verteilte das Kontaktgel, während einer der Sanitäter die Elektroden für das tragbare EKG anbrachte.

„Fertig?“, fragte sie drängend.

„Ja“, sagte der Sanitäter.

„Und weg!“

Mulder durchströmte ein Elektrostoß, doch nichts geschah. Während der zweite Helfer einen Druckverband an Agent Mulders rechter Brustseite und an seinem Rücken anbrachte, befahl Scully dem anderen Sanitäter erneut: „320 Jules!“

Einige Minuten vergingen bis Scully die Paddels zur Seite legte und die, vom Sanitäter, vorbereitete Atropin-Spritze nahm. Eine gut zehn Zentimeter lange Nadel bahnte sich ihren Weg durch Mulders Haut direkt zu seinem Herz. Die Agentin drückte das Atropin langsam aus der Spritze und zog die Nadel schließlich wieder aus Mulders Herz heraus. Sie griff erneut nach den Paddels und gab ihm noch einen Elektrostoß. Erst nachdem sie zehn Minuten nach dem Schuss auf ihren Partner, einen schwachen Herzrhythmus auf dem Bildschirm neben sich erblickte, wurde Scully etwas ruhiger. „Bitte geben Sie ihm 100mg Lidocain i.v. und eine Ampulle Epinephrin. Er ist Bundesagent und darf nicht sterben.“ Die Sanitäter sahen Agent Scully wortlos an und transportierten Mulder zu dem Helikopter, der draußen auf der Straße wartete.

Von überall her aus der Nachbarschaft waren Schaulustige aus ihren Wohnungen gekommen, um sich das Spektakel anzusehen. Schließlich landete nicht jeden Tag ein Helikopter auf der Straßenkreuzung.

Scully schenkte den Leuten keinerlei Beachtung und ging zurück zu Ruth Stockwell, um dieser auf die Beine zu helfen. Die Frau hatte vollkommen angeschwollene Augen. Offensichtlich trauerte sie um den Mann, von dem Scully durchaus wusste, um wen es sich handelte. Scully hatte in Notwehr gehandelt und war sich keiner Schuld bewusst. „Kannten Sie sich etwa?“, fragte Scully wie beiläufig, während sie ihre Verdächtige abführte.

„Er war mein Ehemann. Sie haben meinen Mann erschossen.“ Ruth starrte die Bundesagentin vorwurfsvoll an, doch Scully ignorierte sie wohlwissen. Immerhin hatte Mr. Stockwell den ersten Schuss abgegeben und Mulder dabei schwer verletzt.

Inzwischen trafen auch mehrere Polizeibeamte am Tatort ein und nahmen Mrs. Stockwell in Gewahrsam. Nachdem Scully einem der Beamten die Geschehnisse nahegebracht hatte, wollte sie sofort zu Mulder in die Klinik, um sich nach seinem Zustand zu erkundigen. Ihre Knie zitterten auf dem Weg zu ihrem Wagen. Sie wusste, dass dies eine natürliche Reaktion des Körpers war, sobald der Adrenalinschub nachließ. Dennoch war sie dankbar, als sie sich endlich auf den Fahrersitz sinken lassen und einen Moment durchatmen konnte.

Unterwegs nahm sie ihr Mobiltelefon zur Hand, um auch ihren Vorgesetzten davon in Kenntnis zu setzen. Dass ihre verdeckte Ermittlung so enden würde, hätte Scully nie gedacht. Es hatte nach einem so simplen Fall ausgesehen. Routine, nichts weiter. „Nimm ab, verdammt. Mach schon, geh ran!“, schimpfte sie ungeduldig.

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